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1957 Nr. 3

Kategorie:

Kirchenrecht

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Neuerscheinungen

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Theologische Literaturzeitung 1957 Nr. 3

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in äußerst scharfer Weise gegen die bekannte Schrift Hussareks: Die
Verhandlung des Konkordats (Archiv f. öst. Geschichte 109/2, Wien
1922) richtet (und dazu die Replik Hussareks, Archiv cit., 112/2,
Wien 1932, S. 378—391). Es ist schließlich ein Widerspruch, wenn der
Verfasser mit Beziehung auf den deutschen Kulturkampf von Bismarck
sagt, daß dieser den Kampf „unerbittlich durchgehalten" hat, und zwar
auch dann noch, als er einsah, daß er mit den staatlichen Mitteln nicht
zum Siege kommen werde (S. 617) und wenige Seiten später (620) von
einer „wahrhaft genialen Politik Bismarcks" spricht. —

Aber das sind alles Einzelheiten, die mein Gesamturteil, das
ich oben bereits ausgesprochen habe, nicht beeinträchtigen können
, so daß ich die außerordentlich hochwertige Leistung des Verfassers
abschließend noch einmal anerkennen möchte.

Wien Otto Weinberger

D o m b o i s, Hans: Zur Begegnung von Rechtswissenschaft und Theologie
.

Kerygma und Dogma 3, 1957 S. 61—74.
Hofmeister, P. Philipp: Bischof und Regularoberer bei exempten
Nonnen.

Zeitschrift für katholische Theologie 78, 1956 S. 421—438.
Schott, Erdmann: Neuere Versuche einer theologischen Begründung
des Rechts.

Zeitschrift für systematische Theologie 24, 1955 S. 166—193.

PRAKTISCHE THEOLOGIE

H e u b a c h, Joachim: Die Ordination zum Amt der Kirche. Berlin:
Luth. Verlagshaus 1956. 188 S. gr. 8° = Arbeiten zur Geschichte u.
Theologie des Luthertums, Bd. II. DM 13.80.

Die (Heinrich Rendtorff gewidmete) Arbeit hat die Absicht
und das Ziel, das von G. Rietschel vertretene Ordinationsver-
ständnis, das „nicht nur bei einem großen Teil unserer lutherischen
Pfarrer, sondern ebenso ... weithin in der Gesetzgebung und
Praxis unserer lutherischen Kirchenleitungen .. . weiterlebt" (9),
zu korrigieren: H. kritisiert, daß „die Ordination dem konsisto-
rial-rechtlichen Bereich zugewiesen und eine Angelegenheit des
Kirchenrechts geworden" und „damit der .theologischen' Neubesinnung
auf das Wesen der Ordination die Spitze abgebrochen"
worden ist (9).

Im L Teil des Buches (11—65) wird unter der Überschrift „Das
Ordinationsproblem in der luth. Theologie des 19. und 20. Jhdt.s" zuerst
über die Anschauungen Löhes, Kliefoths und Vilmars berichtet
(12—33). H. differenziert stärker, als es bisher im allg. geschehen ist:
Bei Löhe „findet die inhaltliche Bestimmung des Amtes bezüglich seiner
,munera' eine ungenügende Berücksichtigung, so daß das Amt nicht von
seinen Aufgaben und Funktionen her verstanden wird, und damit auch
die Ord. vornehmlich ... als consecratio (Amtsweihe) zur Amtstüchtigkeit
gewertet wird" (22 f.). Kliefoth wird dagegen sehr positiv beurteilt
: „Vom luth. Verständnis des .Wortes' her gewinnt... Kl. für die
theol. Durchleuchtung sowohl des Vokationsbegriffes als auch der Ord -
Handlung einen über die Löheschen Ausführungen hinausführenden,
wirklich das Problem lösenden Ansatzpunkt." „Mit [dem] funktionalen
Verständnis des Amtes als .Dienst des Wortes' hat Kl. einen Ansatzpunkt
gewonnen, den .Standes'- und damit den .ordo'-Begriff zu überwinden
. Es ist darum nur bedingt richtig, bei ihm von einem .institu-
tionalistischen' Amtsbegriff zu sprechen" (25). „Kl. hat... das Wesen
der Ord. als personal-funktionaler Benediktionshandlung verstanden
(26). Vilmar endlich wird kritisch beurteilt; denn für ihn „konzentriert
sich das Wesen der Ord. im Akt der Handauflegung .. ., von der, durch
die tatsächliche Mitteilung des Hl. Geistes, die ,Kraft', das .Vermögen.
die ,Gabe', die .Gewalt'... zum geistl. Amt hergeleitet werden. Kliefoths
Bemühen um die Wahrung der .ganzen Ord.' und Zusammenschau
aller ihrer Teile ist hier aufgegeben" (31). Der Gegensatz zwischen
Kliefoth und Rietschel kehrt (nach H.) im 20. Jhdt. wieder in der Meinungsverschiedenheit
zwischen Eiert und Althaus: „A. ist der dogmatische
Tradent der Ord.-Auffassung Rietschels und seiner Anhänger";
denn „er sucht das Wesen der_ Ord. in der Vokation, in der Berufung
zum Amt durch die Gemeinde" (45). „E. hat... von der Deutung der
Ord. als eines adiaphoristischen Ritus, dem keine wesentliche Bedeutung
zukäme, deutlich Abstand genommen" (48).

Die Diskussion hat, so resümiert H., noch nicht zu einer
theologischen Klärung geführt: „Die kirchenrechtlichen Bestimmungen
über die Ord. in der gegenwärtigen Rechtspraxis der
Gliedkirchen der VELKD und EKD" (5 3-58) machen deutlich,
„wie verworren die Lage" immer noch ist. „Auch die Vikarinnenfrage
zeigt, wie dringend notwendig eine eingehende Klärung

des Ordinations- und Amtsverständnisses ist" (64). Zu dieser
Klärung beizutragen ist die Aufgabe, die sich H. gestellt hat und
die er im II. Teil unter der Überschrift „Grundlegung einer theo-
logia ordinationis" zu lösen versucht (66—169). Dabei geht H.
von der für ihn entscheidend wichtigen Erkenntnis aus, daß das
ministerium ecclesiasticum „Geschehen und Vollzug" ist. „Amt
ist deshalb niemals personal-habituell. Amt ist immer personalfunktional
" (70). Diese These H.s darf auf die Zustimmung jedes
lutherischen Theologen rechnen.

„Die neutestamentliche Grundlage der Ord." (73—76) sucht
aber nun H. nicht in Schriftstellen wie Act. 6, 1—6; 13,1—3;
1. Tim. 4, 14; 2. Tim. 1, 6. „Die Frage nach dem Wesen der Ord.
muß vielmehr am Kerygma der Evangelien geprüft und als dogmatische
Frage gestellt werden" (73). „Das Amt gehört zum Wesen
des Evangeliums ... Christus selbst... ist vom Vater zum
Amt der acoxrjQin ordiniert ... Christus setzt das ordinatorische
Handeln Gottes fort" (74). „Das ordinatorische Handeln Jesu"
an seinen Jüngern hat, ebenso wie das ordinatorische Handeln
Rottes an Jesus, „drei Grundelemente": „die Berufung, Segnung
und Sendung" (74). Damit hat H. das Prinzip gefunden, das er
nun seiner theologia ordinationis zugrunde legen kann: „Beru-
Ausrüstung mit der zur Erfüllung des Auftrags erforderlichen
Gnadengabe und konkreter Sendungsauftrag sind die
^rundelemente .evangelischer' Ord." (76). „Nur das Ganze in
allen seinen Teilen von vocatio, benedictio und missio macht das
Wesen der Ord. aus. Alle Teile sind gleichwesentlich und gleichwertig
" (78). *

all. !) Bi' der,"Belufung zum Amt" (85-101) ist für H. vor
ai em wichtig, daß Christus selbst der eigentliche Ordinator ist: „Christus
wirkt die Bereitschaft zum Amt" (89). „Die entscheidende Voraussetzung
der Ord. ist nicht das ,scio', sondern das ,credo" des Ordinan-
si*hf u- * d'e vocatio Cnristi gewirkt ist" (92). Es geht, wie man
Ch ' • w "m die vocatio interna, die, was niemand bezweifeln wird,
v-nristi Werk ist. Aber auch die vocatio externa ist seine Sache: „Christus
ruft ins Amt durch berufene Diener des Amtes" (96). Daraus re-

rhertj H': "In jeder °rd- wird- -mit dem Amtsauftrag zugleich
21 n Ordinationsauftrag . . . dem Ordinanden anbefohlen" (99).

1..Der Segen zum Amt" (101—113) wird „seit den Tagen der
^Postel in der Ord. durch Gebet und Handauflegung erteilt" (105).

..Uer bei der Ord----erteilte Segen ist.. .geglaubter Realsegen. Er

rn °ptativ" (107)- H- beruft sidl' wie P- Brunner in Leituigia
i. 202, auf Luthers Auslegung von Gen. 27, 28 (WA 43, 524 f.). „Unnötig
istmejnt H., „jede Sorge vor sog. .magischen' Vorstellungen,

ie hier vorhanden sein oder sich einschleichen könnten" (Iii). Er ist
utozeugt, daß dieser „reale Segen Gottes" „für das Amt unumgänglich
erforderlich", daß er aber auch „unabänderlich" (113), „indelebilis"
vsic!) (H2) ist unci daß er bei einem untreuen Ordinierten notwendiger-
WeiSe,"2um Fluch für den Gesegneten" (113) werden muß. 3) „Die
j>c-ndung zum Amt" (114—127) ist „Beauftragung mit dem kon-

reten Auftrag, das Evangelium neu und immer wieder zu aktualisieren"
n j Nachdrückliche Zustimmung verdienen folgende Sätze: „Wo die
Urd. als Evangeliumsmissio verstanden wird, da gibt es keine Trennung
von einer missio zum Wort-Dienst und einer missio zum Sakraments
-Dienst . . . Diese grundsätzliche Feststellung ist sehr bedeutsam.
we" der Unterschied zwischen der sog. .Iicentia concionandi' und der
Erteilung der .Rechte der Sakramentsverwaltung' nicht vertretbar ist"
(116). Bedenken sind dagegen anzumelden, wenn H. behauptet, daß
man aus dem bei Ord. übernommenen Dienst „grundsätzlich nicht wieder
entlassen werden kann" (118). daß man „diesen Auftrag nie wieder
loswerden kann" (120). Luther war jedenfalls hierin anderer Meinung
(WA 6,408)1 Im übrigen betont H., daß „die Ord. .Inpflicht-
nahme' zum Amt der Kirche ist, aber „keine .geistlichen Rechte' ver-
,e'ht" (122).

Zuletzt wird noch von der „Kirchlichkeit" (127—135), der
-Apostolizität" (136—150), dem „Ort" (159—164) und der
„Rechtsbedeutung der Ord." (165—167) gehandelt. H. kommt
zu dem Ergebnis: „Wir werden in der luth. Kirche die bisher
durchgängig rechtliche Betrachtungsweise der Ord. prinzipiell
aufzugeben haben und werden lernen müssen, die Ord. von der
Christologie, der Pneumatologie und der Ekklesiologie her zu
sehen" (165).

Das Buch enthält eine Fülle wertvoller Einsichten, die sich
der Leser dankbar zu eigen machen wird. Aber man wird nicht
sagen können, daß H. die von ihm erstrebte Klärung wirklich
erreicht hat. Es erscheint mir methodisch bedenklich und terminologisch
verwirrend, wenn der Begriff Ordination so weit gefaßt
wird, wie es durch H. in dem Buche geschieht: Der Ausdruck