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Ausgabe:

1957 Nr. 3

Spalte:

187-188

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Hesse, Franz

Titel/Untertitel:

Das Verstockungsproblem im Alten Testament 1957

Rezensent:

Eichrodt, Walther

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187

Theologische Literaturzeitung 1957 Nr. 3

188

erster Linie zustrebt, wie er zugleich auch von dem vorhergehenden
Abschnitt abhängig ist und einen Beitrag für den folgenden
Abschnitt liefert. Wegen dieser dynamischen Einheit, die auf den
Messias zustrebt, ist eine Typologie möglich. Sie besteht darin,
rückblickend jeden atl. Text daraufhin zu betrachten, worauf er
zustrebt, indem man in jedem Text das Zeichen des Messias sucht.
Nur muß sie recht begründet, gerechtfertigt und begrenzt sein.
Wie es die Verfasser des Matth, und des Hebr. getan haben, muß
man die Richtigkeit des wissenschaftlichen Ergebnisses einer Untersuchung
des AT von der Offenbarung in Christus aus nachprüfen
. Daher läßt sich wissenschaftlich sagen, daß Christus das
AT erfüllt hat, und glaubensmäßig, daß das AT Christus vorbildet
.

Es ist auffällig, daß Lys von rein dogmatischen Setzungen ausgeht
, die seine Grundhaltung in § 1—2 festlegen, und sein Problem
ausschließlich theoretisch und denkmäßig weiterbehandelt, ohne
das AT selbst einmal heranzuziehen. Tatsächlich gibt er nur vor,
die Meinung des AT zu erfragen, während er in Wirklichkeit
letztlich diejenige der Orthodoxie und insbesondere des Coccejus
über es erneuert. An sie knüpft er in dem an, was er über den
Kanon und die kanonische Einheit des AT, über die Einheit der
Offenbarung und ihre fortschreitende Dynamik bis zum Gipfelpunkt
in Christus schreibt. Wir finden ihre Gedanken vom Offenbarungsfortschritt
und von der Verwendung der Typologie ebenso
wieder wie die harmonisierende Betrachtung der Bibel; denn
der Satz, daß man den einzelnen Augenblick der Offenbarung
nicht betrachten kann, wenn man das Ganze der biblischen Geschichte
nicht beachtet, führt als theologisches Prinzip unweigerlich
zu einer unzulässigen Harmonisierung. Es war offenbar ein
Irrtum zu glauben, daß all dies überwunden sei; es lebt mitten
unter uns. Ist es aber wirklich das ernüchternde Ergebnis der
neuerlichen Bemühungen um ein theologisches Verständnis des
AT, daß eine wissenschaftlich-kritische Untersuchung durch eine
orthodox-coccejanische Betrachtung angereichert wird?

Wien Oeorg Fohrer

Hesse, Franz: Das Verstockungsproblem im Alten Testament. Eine
frömmigkeitsgeschichtliche Untersuchung. Berlin: Töpelmann 1955.
VIII, 107 S. gr. 8° = Beihefte zur Zeitschrift für die Alttestamentl.
Wissenschaft 74. DM 18.—.

Der Verf., der schon eine vortreffliche Studie über die Fürbitte
im AT vorgelegt hat, gibt hier eine ausgezeichnete Darstellung
eines wichtigen Problems der alttestamentlichen Theologie
. Seine intensive Durchdringung des Materials zeigt sich
ebenso in der sorgfältigen Durchforschung und Darbietung des
philologischen Tatbestandes wie in der mit gedanklicher Schärfe
entfalteten theologischen Problematik. Sehr eindrücklich wird
vorgeführt, wie sich in der Stellung zur Verstodcung Israels verschiedene
Auffassungen von Gottes Wirken und verschiedene
Konzeptionen der Heilsgeschichte kundgeben. Deutlich heben sich
die Propheten von den altisraelitischen Erzählern einerseits, von
den Schriftstellern der jüdischen Gemeinde andererseits ab. Dabei
werden aber auch die feineren Unterschiede in diesen Perioden
treffend dargestellt und alle vorschnellen Harmonisierungsversuche
abgewehrt, um den ganzen Spannungsreichtum in den
Äußerungen zum Verstockungsproblem zur Geltung kommen zu
lassen.

Dieses Bemühen führt zuweilen etwa zu überspitzter Formulierung
der Gegensätze. Vor allem leuchtet die Ausspielung des Verstockungs-
auftrags in Jes. 6 gegen die Gerichts- und Bußpredigt des Propheten
nicht ein (S. 59 u. 83 ff.), besonders wenn die Würdigung seiner Heilsverkündigung
(S. 86 ff.) im Recht ist, woran kein Zweifel besteht. Es
ist dabei wohl auch zu wenig in Anschlag gebracht, daß lahves Möglichkeiten
allezeit auch für das Urteil der Gerichtsboten über alles
menschliche Vorstellen hinausgehen und daß bei Jesaja speziell die geheimnisvolle
Verschlungenheit von Verderben und Heil eine besondere
Eigentümlichkeit bildet. Bei der Verstodcung der Heiden (S. 31 ff.) aber
wäre wohl zu fragen, ob sich wirklich so einfach sagen läßt: Jahve macht
die Menschen sündigen, um einen Rechtstitel für ihre Vernichtung zu
haben. Denn schon für das alte Israel ergibt sich eine andere Betrachtung
der Verstockungsstrafe, wenn man die allgemeine Verpflichtung
auch der Heiden auf eine Gottesordnung (Gen. 9, 4 ff., 25 ff.; 15.16;
Am. 2.1 f.; Hes. 5. 6 f.) und ihre ebenso allgemeine Verurteilung als
bekannter Übertreter derselben (Gen. 12. 12; 20. 11 usw.) in Rechnung

stellt: Die göttliche Vergeltung, die jene an sich schon verdienen würden
, zieht durch die Verstodcung nur die ganze Gottfeindschaft ans
Licht und läßt die furchtbare Majestät des Richters im Gegensatz zu
seiner sonstigen Langmut hervortreten.

So ist diese Studie als anregender und die Diskussion fördernder
Beitrag zu einer wichtigen Frage der alttestamentlichen
Theologie zu begrüßen.

Basel W. Eichrodt

Bruno, Arvid, D.: Die Bücher Josua, Richter, Ruth. Eine rhythmische
Untersuchung. Stockholm: Almqvist & Wiksell [1955]. VIII. 245 S. ' >
gr. 8°. Schw. Kr. 22.-.

— Das Hohe Lied. Das Buch Hiob. Eine rhythmische und textkritische ^
Untersuchung nebst einer Einführung in das Hohe Lied. Stockholm: "*
Almqvist & Wikseil [1956]. 193 S. gr. 8°. Schw. Kr. 20.—.

Bei Hinweis auf die Würdigung der früher von Bruno vorgelegten
rhythmisch-textkritischen Untersuchungen von Jes, Jer,
Gen-Ex, Ps, wie sie ThLZ 79, 1954, Sp. 551—554; 80, 1955,
Sp. 15 3 f. gegeben worden ist, muß hier die Mitteilung genügen,
daß Bruno nun auch Jos, Rieht, Ruth, Hohes Lied und Hiob nach
denselben Prinzipien behandelt. Was Jos angeht, so wird nicht
nur Abschnitt „A: Die Eroberung des Westjordanlandes Dt 34
—Jos 12", sondern auch ,,B: Die Verteilung des Landes 13—24"
mit seinen vielen Grenz- und Ortsangaben in einigermaßen gleichartig
gebaute Strophen zerlegt, jener in 173, dieser in 114, während
das Buch Richter auf 320 und Ruth auf 40 derartige Strophen
aufgeteilt wird. Das Hohe Lied, das, wie das zum Titel des
hier in Betracht kommenden Bandes hinzugefügte „nebst einer
Einführung in das Hohe Lied" anzeigt, auch seiner literarischen
Art nach gewürdigt, nämlich als ein einheitliches, fest geschlossenes
dramatisches Werk aus der Zeit Salomos aufgefaßt wird, gliedert
sich nach Bruno in die beiden Hauptteile „A: Bei Salomo
1, 2—5, 1" und „B: Im Harem mit den Töchtern Jerusalems 5, 2
—8, 14" mit zusammen 64 Strophen. Hiob wird in die beiden
Hauptteile „A: Hiob und die drei Freunde Kap. 1—31" mit 234
und B, der wiederum in zwei Unterteile „B: 1 Die Reden des Eli-
hu 32, 1—37, 20" und „B: 2 Jahve greift ein 38, 1—42, 16" zerfällt
, mit 103 Strophen zerlegt. Wie in seinen früheren Arbeiten
muß Bruno auch in den vorliegenden nicht selten zu Textänderungen
und zu Umstellungen greifen, die an sich keineswegs nahe
liegen, vielmehr unwahrscheinlich sind. So wird Dt 34, 7 hinter
34, 4 und Dt 34, 9 hinter Jos 1, 9 gestellt. Beim Hohenlied aber
hängen die Textänderungen mit der Auffassung dieses Büchleins
als Drama zusammen. Das gilt, obwohl Bruno erklären kann,
„daß die hier vorgeführte Auffassung des Hohen Liedes nicht auf
die von mir vorgeschlagenen Textänderungen baut. Vielmehr wird
diese erst durch sie ermöglicht".

Halle/Saale _ Otto Ei ß fei dt

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