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Ausgabe:

1956 Nr. 2

Spalte:

122-123

Kategorie:

Praktische Theologie

Titel/Untertitel:

Missionierende Kirche 1956

Rezensent:

Fischer, Martin

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Theologische Literaturzeitung 1956 Nr. 2

122

sich hier auf Kierkegaards These, daß „der Mensch, den Gott schuf,
immer zugleich dieser Einzelne und die Menschheit ist". Dann
partizipiert also der Einzelne gerade in seiner Ursünde an dem
sündigen „Totalakt der Menschheit" (S. 135). Damit ist aber
jener rein aktualistisch-personalistische Ansatz der Anthropologie
durchbrochen. Dieselbe Schwierigkeit ergibt sich aus Br's. Satz,
daß in dem neuen Sein in Christus zum ewigen Leben alle Menschen
solidarisch sind, so wie sie in der Sünde solidarisch sind.
-Es ist nicht zu sehen, daß bei solcher Solidarität in der Erlösung
das Sein in der Verdammnis wirklich noch drohen könnte. Damit
erleidet allerdings die Verantwortlichkeit.. . derartige Einbußen
, daß der stetig betonte Entscheidungsgehalt des Personseins
in der Stellungnahme zu Gott um seinen Sinn gebracht sein
kann" (S. 223). Unklar findet V auch Br's. Aussagen über die
außerchristliche Gotteserkenntnis. Auf der einen Seite wird die
..Gotteserkenntnis" des Sünders auf Grund der Schöpfungsoffenbarung
als total falsch hingestellt, auf der andern erhält sie als
Erkenntnis des Gottes des Gesetzes doch einen Wahrheitsgehalt.
Von diesen Einwänden aus muß V. die Frage, ob Br. die Aporien
der reformatorischen Anthropologie überwunden habe, verneinen
(S. 227). Trotzdem sieht er in Br's. Lehre vom Menschen im Rahmen
der protestantischen Theologie einen Fortschritt, insofern
sie ganz anders als bisher den Menschen theologisch in seinem
Verhältnis zu Gott verstehen lehrt. Er scheut sich auch nicht,
von Br's. Gesichtspunkten her eine Ergänzung der bisherigen katholischen
Anthropologie zu fordern, soweit der theologische Gehalt
des biblischen Zeugnisses vom Menschen in den scholastischaristotelischen
Begriffen nicht voll augedrückt werden kann
(S. 240). Die Kritik Vi. an Br. dürfte nicht nur als solche wichtig
sein, sondern uns auf unerledigte Fragen evangelischer Anthropologie
hinweisen.

Mainz _ W. Wiesner

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PRAKTISCHE THEOLOGIE

D a n n e n b a u m, Hans: Missionierende Kirche. Hrsg. Gladbeck:^.,
Schriftenmissions-Verlag [1951]. 310 S. 8°. Hlw. DM 7.20. /K ^

Der Band bietet 3 8 Beiträge überwiegend aus der jüngeren
Generation im Kampf um eine erweckliche Verkündigung der
Christenheit heute. Gefordert wird die missionarische Ausrichtung
aller Arb eit der Kirche, ein Zurückstellen der Vorhofsarbeit und
eine Empfehlung des ersten Schrittes, „daß ein Sünder ein Christ
und ein Heilloser ein heilsgewisser Jünger Jesu wird" (S. 23). Was
vorgelegt ist, sind oft sehr eindrückliche Lebenszeugnisse von alten
und jungen Pfarrern, die durch die Erweckungsbewegung und
ihre heutigen Erscheinungsformen hindurchgegangen sind. Die Beiträge
stammen aus dem praktischen Leben der Kirche — man darf
sagen: der Kirche, denn bei allem praktischen Abstand zu ihrer
heutigen Gestalt weiß man doch, daß man im größeren Zusammenhang
des Zeugnisses von den Vätern her steht.

Die ungeduldige Kritik an der Kirche, an ihren heutigen
Gefahren in Konfessionalismus, Liturgismus, Intellektualismus
usw., ist nicht frei von Ressentiment. Vieles wird richtig gesehen
und getroffen, aber die Ungeduld läßt nicht selten ungerecht
werden. Dabei ist etwa in dem Beitrag von Köberle die Kritik
auch den pietistischen Kreisen gegenüber deutlich und herb. Immer
wieder empfiehlt sich dabei leider die fragwürdige Entgegensetzung
von Objektivismus und Subjektivismus, von bloß intellektuellem
Heilsverständnis und gläubiger Aneignung, von
bekenntnismäßig korrekter Verkündigung ohne den „Silberton"
erweckenden und erweckten Glaubens. Dabei kommt es nicht selten
zu schnellen Karikaturen, wie wir sie bei dem heftigen, ungeduldigen
Wilhelm Busch in steigendem Maße gewohnt geworden
sind. Die Frage geht durch die ganze Schrift, ob nicht in der
Verkirchlichung wesentlicher, aus der Erweckung geborener Arbeitszweige
der Kirche eine Schwächung der Vollmacht zu befürchten
sei. Die Gefahr ist nicht überall überwunden, Vollmacht
nur in tradierten Erscheinungsformen zu erkennen und den Mut
vermissen zu lassen, sie auch da anzunehmen, wo sie überraschend
und in der herrlichen Voraussetzungslosigkeit, wie Gott
zu schaffen pflegt, hervortritt. Daß es dergleichen gerade in der
Kirche und Theologie gegeben hat, könnte kräftiger hervortreten
.

Die sorgsame theologische Besinnung über die Verkündigung
und Verwaltung der Kirche ist nicht allen Mitarbeitern genügend
bekannt und eindrücklich geworden. In der Sehnsucht,
schnell die Seele zu sättigen, ist das Evangelium nicht selten
durch Gesetz und immer wieder Gesetz ersetzt. Das Gesetz wird
dadurch nicht lebenzeugender, daß es auf erweckliches Zeugnis
im pietistischen Erbe hinweist. Daß auch gesalbte Rede im Salböl
ranzig werden kann und oft geworden ist und daß der Christen-