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1956 Nr. 12

Kategorie:

Liturgiewissenschaft, Kirchenmusik

Titel/Untertitel:

Neuerscheinungen

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Theologische Literaturzeitung 1956 Nr. 12

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Ähnlich ergeht es dem Leser bei den Abschnitten über
Schweitzers wichtige Studie „Deutsche und französische Orgelbaukunst
und Orgelkunst". Ohne Zweifel ist die Orgelbaugeschichte
in Frankreich gesünder verlaufen als in Deutschland,
ohne Zweifel pflegt man drüben überm Rhein bis heute eine hervorragende
Orgelspielkunst — beides in einer guten und kräftigen
Tradition. Aber es will uns denn doch scheinen, daß einer
der kräftigsten Impulse bei der Wiedergewinnung einer echten
Orgelbau- und Spielkunst vom Verfasser einfach unterschlagen
worden ist: Jene Wendung um 180° in den Orgelauffassungen des
Alt-Thomas-Kantors Karl Straube, der freilich in seiner Jugend
gegen Schweitzer stand, sich jedoch noch vor dem 2. Weltkrieg
mit ihm persönlich und sachlich in schönster Weise zusammenfand
. Wenn die Schrift Quoikas schon nicht bei einer ausschließlichen
Wiedergabe der Schweitzerschen Gedanken über die Orgelkunst
stehen bleiben will, vielmehr die gegenwärtige Lage der
Orgelbewegung mit einbezieht, hätten auch die einseitigen Akzente
zugunsten der französischen Orgel- und Bachtraditionen
abgemildert werden sollen, abgesehen davon, daß wir heute die
musikästhetischen Fragen der Phrasierung und Temponahme auf
der Orgel erheblich anders beurteilen als Schweitzer in seinen
Orgelschriften und in seinem Bach-Buch.

Es kann nicht verschwiegen werden, daß das Buch von
Quoika in Stil und Formulierung dem Leser wenig entgegenkommt
. Unklarheiten der Diktion, aber auch verschiedener geistesgeschichtlicher
und theologischer Aussagen erschweren das
Verständnis. Das Kapitel über Schweitzers Einstellung zu den
Fragen des Orgelbaus setzt erhebliche Fachkenntnisse voraus.
Der Laie würde sich hier eine größere Gedrängtheit der Darstellung
wünschen. Dennoch bleibt dem Verfasser zu danken, daß er
vieles zusammengetragen hat, was dazu geeignet ist, uns daran
zu erinnern, daß Albert Schweitzer eben nicht nur eine „Begegnung
" mit der Orgel gehabt hat, sondern für dieses Instrument
des christlichen Gottesdienstes um l£oyfv in Schrift und künstlerischem
Tun einen ganz großen Teil seiner unerschöpflich scheinenden
Geistes- und Lebenskräfte eingesetzt hat.

Esslingen a. N. H. A. Metzger

Lauterburg, Otto: „Nun danket alle Gott." Betrachtungen zu
Liedern des Gesangbuches der evangelisch-reformierten Kirchen der
deutsch-sprachigen Schweiz. 2., ergänzte Aufl. Bern: Haupt. 2 50 S.
u. Reg. Geb. sfr. 12.—.

Dies wertvolle Buch ist auch für Angehörige der evangelischen
Kirchen in Deutschland gut zu gebrauchen; haben doch das
neue Gesangbuch für die deutsche Schweiz und das EKG einen
umfangreichen Stamm von Liedern gemeinsam. Es sind nicht alle
Lieder des Gesangbuches einzeln besprochen, sondern nur die
charakteristischen und besonders wertvollen in jeder Liedgruppe.
Bei der Erklärung der Texte werden nicht nur die biblischen
Grundlagen aufgezeigt, sondern auch ganz grundsätzliche theologische
Ausführungen gegeben, ferner die kirchengeschichtliche
Situation der Entstehungszeit der Lieder und der Lebenslauf der
Dichter dargestellt. Hinzutreten bei einzelnen Liedern und Liedgruppen
deutende Aussprüche großer Gottesmänner, Bibelworte
und Gebete. Der Reichtum dieses Buches bedeutet nicht nur für
die Arbeit der kirchlichen Amtsträger eine große Hilfe, sondern
macht es sehr wohl geeignet, den Gemeindegliedern als Andachtsbuch
zu dienen. Es hat in seiner ausgewogenen Mischung von Belehrung
und Erbauung unter den ins neue Gesangbuch einführenden
Büchern einen ganz einzigartigen, beglückenden Charakter.

Ilsenburg/Harz Alfred Stier

Bieder, Werner: Liebe und Tod in Mozarts Leben und Werk.
Theologische Zeitschrift 12, 1956 S. 378—392.

Herrmann, Joachim: Der Widerstand gegen die Neue Musik.
Eckart 25, 1956 S. 285—294.

Holm. Sören: Mythus und Kult in Grundtvigs Kirchenlieddichtung.
Zeitschrift für systematische Theologie 24, 1955 S. 17—37.

Loewenich, Walther v.: Gedanken zur evangelischen Passionsmusik
.

Monatschrift für Pastoraltheologie 45, 1956 S. 214—223.

PHILOSOPHIE UND liELIGIONSPHILOSOPME

Lötz, Johannes B., S. J.: Kant und die Scholastik heute, hrsg. Pullach
b. München: Verlag Berchmannskolleg 1955. VIII, 279 S. gr. 8° =
Pullacher Philos. Forschungen, hrsg. von W. Brugger u. J. B. Lötz.
Bd. I. DM 16.-.

Das Vorwort zu diesem Buch entwickelt den Plan einer Monographienreihe
: „Darin soll sich ein aus der heutigen Situation
vollzogenes scholastisches Philosophieren entfalten, und zwar in
steter Auseinandersetzung mit den nicht-scholastischen philosophischen
Richtungen und den einschlägigen Einzelwissenschaften,
Errungenschaften, vor allem der Gegenwart". Der erste Band ist
der Auseinandersetzung mit der Philosophie Kants gewidmet und
soll „noch eine späte Gabe zu dem Kant-Jubiläum des vorigen
Jahres sein. Die Verfasser, die hier zusammen wirken, sind von
dem Anliegen bewegt, dem Grundzug des kantischen Philosophierens
gerecht zu werden und es unter den je nach dem Problemkreis
mehr oder minder tiefgreifenden kritischen Scheidungen
im scholastischen Raum fruchtbar werden zu lassen. Sie sehen in •
ihrem Bemühen einen Dienst an dem bleibenden, überzeitlichen
Kern nicht nur des scholastischen, sondern auch des kantischen
Denkens. (Vorwort)

Der erste Beitrag ist unter dem Titel: „Kantische und Tho-
mistische Erkenntnistheorie" von Joseph de Vries S. J. verfaßt
(S. 1—34). Gegenüber der früheren gegenseitigen Ablehnung
beider Richtungen ist jetzt die Zeit für eine „ruhigere, sachliche
Beurteilung" gekommen. Verf. weist vor allem auf eine Arbeit
von Joseph Marechal hin: „Le point de depart de la metaphysique"
(5 Bände). Dies Werk ist geradezu der Versuch einer Synthese
von Thomas und Kant (S. 2).

Es leuchtet ohne weiteres ein, daß die im Titel gegebene
Gegenüberstellung von entscheidender Bedeutung sein muß. Ausdrücklich
macht Verf. das Zugeständnis, daß „die Fragen der Erkenntniskritik
bei Thomas nicht so im Mittelpunkt des Interesses
stehen wie bei Kant" (S. 3). Das Gemeinsame beider Denker
wird nun in folgenden Lehren gesehen. Das menschliche Denken
hat einen diskursiven Charakter und ist nicht ein Schauen
im platonischen Sinne. Es vollzieht sich in Urteilen des Verstandes
, deren synthetischer Charakter damit anerkannt wird. Bedeutsam
für das Folgende ist die Zustimmung zu Kants Fragestellung:
„Mit welchem Recht nehmen wir an, daß unser Denken im Urteil
den an sich bestehenden Sachverhalt (das .Sein') trifft"? (S. 7).
Anerkannt wird auch Kants Unterscheidung von Anschauung und
Verstand.

Das Hauptinteresse muß sich aber auf die Frage richten, ob
Thomas eine „apriorische Formung der Sinnbilder
kenne" (S. 10). Verf. nennt vier Arten der Formung: 1. den
Gemeinsinn, 2. das Gedächtnis, 3. die vis aestimativa, 4. die
vis cogitativa und stellt Analogien mit den kantischen Begriffen
fest.

In dem „Das Trennende" überschriebenen Abschnitt (S. 19
bis 34) nennt Verf. noch andere Elemente der menschlichen Erkenntnis
. Es ist das Selbstbewußtsein, in dem wir das Sein der
Seele erfassen. Abgelehnt wird Kants Lehre vom inneren Sinn
als Erscheinung. Hier wird ein Satz von Thomas zitiert: „Die
.Seele' wird durch ihre Akte erkannt. Denn dadurch nimmt jemand
wahr, daß er eine Seele hat und lebt und ist, daß er seine
Wahrnehmung und sein Denken und andere Lebensbetätigungen
in sich erfährt" (S. 25).

Weiter wird auch Kants Lehre von der räumlich-zeitlichen
Welt als Erscheinung abgelehnt. Für die natürliche Theologie
wird die Annahme eines metaphysischen Kausalprinzips gefordert.
Das ist möglich, wenn die theoretisch gesicherte Erkenntnis des
An-sich-Seienden gilt. Kants Lehre, das Kausalprinzip gelte nur
innerhalb dem Felde der Erfahrung, ist abzulehnen.

Es ist nicht möglich, die folgenden Abhandlungen mit gleicher
Ausführlichkeit zu behandeln. Die zweite hat den Titel „Die
transzendentale Methode in Kants Kritik der reinen Vernunft
und in der Scholastik (Johannes B. L o t z S. J.). Verf. gibt einen
Unterschied der Methoden, die er terminologisch so bestimmt:
Die objektive, die Angleichung des Subjekts an das Objekt (scho-