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Ausgabe:

1956 Nr. 12

Spalte:

733-735

Kategorie:

Kirchengeschichte: Mittelalter

Autor/Hrsg.:

Steinbüchel, Theodor

Titel/Untertitel:

Vom Menschenbild des christlichen Mittelalters 1956

Rezensent:

Pannenberg, Wolfhart

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Theologische Literaturzeitung 1956 Nr. 12

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der Apologia c. Orientales (p. 168, 17—19). Was den Exzerpten
fehlt, sind lediglich die extremen terminologischen Konsequenzen
— wie nach der Herkunft des Florilegs nicht anders zu erwarten
.

Bonn Luise Abramowski

Adam, Alfred: Erwägungen zur Herkunft der Didache.

ZNW 46, 1955 S. 266—267.
B a r t e 1 i n k, G. J. M.: Quelques Observations Sur le Texte de la

Vita Hypatii de Callinicus.

Vigiliae Christianae X, 1956 S. 124—126.
F a b b r i, Enrique: El bautismo de Jesus y la unciön del Espiritu en la

teologia de Ireneo.

Ciencia Y Fe XII, 1956 S. 7-42.
Fruytier, J.: Gods licht in het kwaad: Conf. II 6, 13.

Bijdragen. Tijdschrift voor Philosophie en Theologie 17, 19 56 S. 270

bis 279.

Hammerschmidt, Ernst: Bemerkungen zum koptischen Text der

sogenannten Kirchenordnung Hippolyts.

Ostkirchliche Studien 1956, S.Band l.Heft.
— Eine Definition von „Hypostasis" und „Ousia" während des 7. allgemeinen
Konzils: Nikaia II 787.

Ostkirchliche Studien 1956, S. 52—55.
Katzen mayer, Hans: Petrus in Rom?

Internationale Kirchliche Zeitschrift 46, 1956 S. 28—40.
Knott, Betty I.: The Christian „Special Language" in the Inscriptions.

Vigiliae Christianae X, 1956 S. 65—79.
Lorenz, Rudolf: Die Wisscnschaftslehre Augustins.

Zeitschrift für Kirchengeschichte LXVII, 1955/56 S. 29—60.
Menard, J.-E.: Les manuscrits de Nag Mammadi. Etüde bibliogra-

phique.

Bibliotheca Orientalis XIII, 1956 S. 2—6.
Müller, C. DetlefG.: Koptische Redekunst und griechische Rhetorik.
Le Museon. Revue d'Etudes Orientalcs LXIX, 1956 S. 53—72.

Kl RCHENGESCHICHTE: MITTELALTER

Gregorii Ariminensis O.E.AA.: Super Primum et Secundum

Sententiarum. (Reprint of the 1522 Edition) St. Bonaventure, N.Y.:
The Franciscan Institute; Louvain: Nauwelaerts; Paderborn: Schö-
ningh 1955. 130 S. gr. 8° = Franciscan Inst. Publications, Text Series
Nr. 7. DM 32.-.

Das Franciscan Institut S. Bonaventure in New York bringt
in den Text Series neben Erstausgaben mittelalterlicher Werke,
wie den lateinischen Übersetzungen des Joh. Damascenus, photomechanische
Nachdrucke älterer Ausgaben von Scholastikern, die
insbesondere in der Neuen Welt selten sind und für die eine neue
kritische Edition nicht lohnt. Der Sentenzenkommentar des Augustinereremiten
Gregor von Rimini beansprucht ein besonderes
Interesse nicht bloß als ein hervorragendes Werk der Schule Ock-
hams, sondern weil Luther an diesem Werke seines Ordenslehrers
mit der scholastischen Theologie bekannt wurde. Es handelt sich
um einen Neudruck der Ausgabe von 1522, die sich im Titel
rühmt, die Lücken der vorhergehenden Ausgaben ergänzt zu haben
. Gern hätte man in einem Vor- oder Nachwort des Herausgebers
eine kritische Prüfung des Textes der verschiedenen Ausgaben
aufgrund der Hss gesehen. Aber auch so begrüßen wir es,
daß dieses Werk uns in dieser Ausgabe bequem zugänglich gemacht
worden ist.

Bonn B. Oeyer

Steinbüchel, Theodor: Vom Menschenbild des christlichen Mittelalters
. Basel: Schwabe [1951]. 48 S. 8°. Hlw. sfr. 3.85.

Das Büchlein macht der Öffentlichkeit einen aus dem Jahre
1945 stammenden Vortrag des 1949 verstorbenen Tübinger katholischen
Moraltheologen zugänglich. S. stellt hier in gedrängter
Form einen der wesentlichen Aspekte seines großen Werkes
„Christliches Mittelalter" zusammenhängend dar.

Nicht von der Wirklichkeit des mittelalterlichen Menschen,
sondern von seinen Leitbildern, zu denen die Wirklichkeit immer
in Spannung, ja oft in Widerspruch stand, will S. handeln. Er unterscheidet
vier solcher Leitbilder. Das symbolistische Verständnis
des menschlichen Daseins als Gleichnis des Ewigen wird durch

Hildegard von Bingen und Bernhard von Clairvaux, aber auch
durch das christliche Ritterideal und durch die staufische Kaiseridee
repräsentiert. Die denkerische Daseinsdeutung der Scholastik
sieht den Menschen in einem gottgesetzten ordo und seinen Weg
als ein Streben zur Angleichung an Gott, welcher Ursprung und
Ziel jenes ordo ist. Aufgabe des Menschen ist seine „seinsgerechte
" Einfügung in den ordo, ermöglicht durch die Geistigkeit
des Menschen. Diese Aufgabe bedeutet aber „weder Weltflucht
noch verkrüppeltes Menschentum, sondern Weltbejahung und
Menscherfüllung in der Welt" (21). Die Forderung, sich in die
Ordnungen der Gemeinschaft einzugliedern, schließt eine starke
Betonung der Individualität nicht aus. Ein drittes Menschenbild
findet S. in der darstellenden, namentlich der architektonisch-plastischen
Kunst. Im Unterschied zu romanischer Erdnähe und Ge-
meinsdiaftsverbundenheit weist das charakteristisch gotische Ineinander
von Weltfreude und Wissen um die Zerbrechlichkeit
alles Irdischen auch Tendenzen zu Erdentrücktheit und Individualismus
auf. Das vierte Menschenbild tritt uns in der höfischen
Laiendichtung entgegen. Es ist nicht auf eine übernatürliche Überhöhung
des Menschen angelegt — wie das scholastische —, sondern
der Schöpfung Gottes, der Natur, dem Eros zugewandt —
aber der Natur als Gottesschöpfung, dem Eros in den Schranken
der Ehre. So ist auch dieses Menschenbild vom ordo-Gedanken
geprägt: Die Ehre als Wurzel der ritterlichen Tugenden ist Dienst
an Gottes Weltordnung. Die aller mittelalterlichen Anthropologie
gemeinsame Ausrichtung auf Gott wird im Schlußabschnitt
noch einmal ausdrücklich hervorgehoben. Wie das Frühmittelalter
unter dein Eindruck der Allmacht Gottes lebte, so das Hochmittelalter
in der innigen Gewißheit der Erlöserliebe des Dreieinigen
und dennoch in der Distanz der Ehrfurcht vor ihm. Noch im Spätmittelalter
sieht S. — obwohl der Nominalismus den Menschen
aus seiner sinnvollen Einfügung in den ordo gelöst habe — die
fromme Bindung des einzelnen an Gott lebendig (unter diesem
Gesichtspunkt wird S. 45 f. auch Luther positiv gewürdigt). In
der Kunst und Philosophie des Barock gewinnt das mittelalterliche
Bewußtsein der Bindung an Gott einen letzten, großartigen
Ausdruck.

Der Reichtum an auf engstem Räume durch eine meisterhaft
ausgefeilte Sprache treffend gezeichneten Einzelzügen macht die
Lektüre für den Kenner reizvoll. Zugleich ist das Büchlein durch
die Klarheit und Wärme seiner Darstellung auch vorzüglich als
erste Einführung in mittelalterliche Geistesart geeignet.

Einige Akzente möchte man wohl anders gesetzt sehen. Die
Charakteristik scholastischer Anthropologie ist allzu ausschließlich
an Thomas orientiert. Die Ausführungen zur thomistischen
Ethik (21 ff.) gehören freilich zum Vorzüglichsten der ganzen
Darstellung. Doch die Bewegtheit der vielgipfligen scholastischen
Geistesgeschichte wird durch die Konzentration auf Thomas nicht
sichtbar. Den Gott des Nominalismus würde man heute nicht
mehr nur als „Willkürgott", der „tiefere Religiosität nicht befriedigen
" kann (45), kennzeichnen. Man wird auch vorsichtiger
sein mit dem Vorwurf, der Nominalismus habe den Grund gelegt
„für die neuzeitliche Verselbstung des Menschen zu einer
von Gott sich lösenden Autonomie" (46). Die Forschungen von
Hochstetter, Vignaux, Boehner, Moody, Menges u. a. haben den
Weg gebahnt für eine gerechtere Beurteilung des Nominalismus.
Das ritterlich-höfische Menschenbild zeigt der Autor überraschenderweise
nur an deT deutschen, nicht an der provencalischen Dichtung
auf. Sein Gegensatz als Standesethos zum allgemeinmenschlichen
Ideal der scholastischen Anthropologie (33) darf, wie ein
Blick auf die mittelalterliche Diskussion um den Gedanken des
Tugendadels zeigt, nicht zu scharf genommen werden.

Die Nebeneinanderordnung von vier mittelalterlichen Menschenbildern
könnte zu der Vorstellung verleiten, als handle es
sich um gleichartige Größen. Das ist vom Autor nicht gemeint.
Der Symbolismus ist grundlegend für die ganze mittelalterliche
Anthropologie, nicht nur für eine bestimmte Richtung. Das romanische
und das gotische Lebensgefühl charakterisieren je eine
ganze Epoche. Grundsätzlich verschieden geartete Leitbilder des
Menschlichen treten uns nur im scholastischen Menschenbild
einerseits, im ritterlich-höfischen andererseits gegenüber. Diesen
beiden hat S. denn auch die ausführlichste Behandlung zuteil wer-