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Ausgabe: | 1956 Nr. 12 |
Kategorie: | Neues Testament |
Titel/Untertitel: | Neuerscheinungen |
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Theologische Literaturzeitung 1956 Nr. 12
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um die Frage „inwiefern die Forderungen Jesu über die höchste
sittliche Norm, die die jüdischen Zeitgenossen Jesu kannten,
nämlich das mosaische Gesetz, hinausgingen oder nicht"? Ich kann,
was ich meine, auch so ausdrücken: Wenn man sich nach der Lektüre
des Buches fragt, ob sie einem „Die Botschaft Jesu" lebendig
gemacht hat, so muß man sagen: so viel Richtiges und Wichtiges
P. darbietet, die Freude, die Wucht, die Herrlichkeit der
von Jesus verkündigten frohen Botschaft kommen nicht zum vollen
Klang. (Vielleicht ist es kein Zufall, daß das Abendmahl in
dem Buche völlig fehlt.)
Doch, dieses gesagt, soll das Letzte ein aufrichtiger Dank
sein. Er betrifft die wertvollen exegetischen Einzelbeobachtungen,
die das — übrigens in ausgezeichnetem Deutsch geschriebene —
Buch in reicher Fülle enthält. Dafür ein paar Beispiele für viele:
Das Schweigegebot Mk 9, 9 u. ö. ist nicht dadurch motiviert, daß
Jesus das politische Mißverständnis fürchtet, sondern durch den Umstand
, daß das Menschensohn-Geheimnis als solches nicht bekannt
werden darf. Der Menschensohn wird erst beim jüngsten Gericht
der Welt offenbar; vorher ist er nur den Auserwählten bekannt, den
Sündern dagegen verborgen (äth. Hen. 48, 6 f.; 62,7) (S. 273. 282). —
Mk. 10, 40 ist alte Überlieferung; denn die Frage der Ehrenplätze in
der Basileia beschäftigt die Urgemeinde kaum, auch stammt die Aussage
über die Beschränkung der Verfügungsmacht Jesu sicher nicht von
ihr. Diese Feststellung ist deshalb wichtig, weil der Vers einer der
Belege für das messianische Bewußtsein Jesu ist (S. 236 f.). — Zu
Mth. 5, 22: oaxa = «ffi um,,,- = rT^bttj (nicht rTrä). „Nur
diese Wörter werden nämlich in der rabbinischen Literatur als geläufige
Schimpfwörter verwendet" (S. 125 A. 4). Ich würde reqa mit
.Schafskopf, schotä mit ,Idiot' wiedergeben; die Steigerung liegt darin
, daß reqa nur Geringschätzung, das wegwerfende schotä dagegen
Verachtung zum Ausdruck bringt. — Zu Mth. 5,43b: Man soll die
Epikureer (Freigeister), die Verführer und die Denunzianten hassen
(A.R.N. 16, 7), nach der Sektenschrift (1, 9 ff.) die „Söhne der Finsternis
" (S. 154). Das ist aufschlußreich für Lk. 10, 29: die Frage des
Schriftgelehrten, wo die Grenze der Liebespflicht gegen den rea' liege,
hat sehr konkrete Veranlassung. - Zu Mk. 8, 22; Lk. 9, 60: Nachfolge
Jesu bedeutet, „in einen ganz neuen Zusammenhang, in eine ganz neue
Welt, in die Welt des Gottesreiches, des Heils hineinzukommen: außerhalb
ihrer gibt es nur Tod" (S. 169).
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KMCHENGESCHICHTE: ALTE KIRCHE
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sisch-Philolog. Studien, hrsg. v. H. Herter u. Wolfg. Schmid, H. 16.
Der Verfasser behandelt in der Hauptsache Hieronymus'
praktische und grundsätzliche Einstellung zu den nichtchristlichen
klassischen Schriftstellern, in einem zweiten (kürzeren) Teil dann
seine Stellung zur Kunst und in einer Beilage (S. 75—96) die Frage
der Priorität ep. 5 8 vor ep. 53.
Das Literaturverzeichnis enthält manche Titel, die in keinem erkennbaren
Zusammenhang mit dem Thema stehen, nur weil der Verfasser
an irgendeiner Stelle auf sie hinweisen zu müssen glaubte. Lieber
hätte man hier eine knappe (auch in der Form etwas glücklichere)
Bibliographie gesehen. Es wären dann an neueren Titeln etwa folgende
nachzutragen: E. Janreguizar, San Jcrönimo y los cläsicos. Humanidades,
Universidad Pontificia de Comillas, 1, 1949, S. 19—40; E. A. Quain,
St. Jcrome a humanist, in: A Monument to Saint Jerome, ed. by F. X.
Murphy, New York 1952, S. 203—232; G. Bardy, St. Jerome and Greek
thought, ebd. S. 85—112 (bzw, franz. in: Irenikon 26, 1953, 337—362),
auch gehört noch hierher das vorzügliche Buch von E. Arns, La Tech-
nique du livre d'apres Saint Jerome. Paris 1953 ; ferner ist jetzt zu berücksichtigen
die Ausgabe der Hicronymusbriefe von J. Labourt (T. 1—4.
Paris 1949—54).
Es ist dem Verfasser zu danken, daß er einen Bericht gibt
über die verschiedenen Lösungsversuche der besonders im Anschluß
an das berühmte Traumversprechen viel behandelten Frage
nach Hieronymus' Stellung zur profanen Literatur. Er schränkt,
wie vor ihm Courcelle (Les Lettres grecques en occident, de Macrobe
ä Cassiodore. Paris 2I948, S. 37—115), die direkte Benutzung
durch Hieronymus stark ein und zeigt, daß dieser sein Versprechen
, heidnische Schriftsteller nicht mehr zu lesen, im wesentlichen
gehalten haben mag. Wichtig ist der Nachweis, daß fast
alle Zitate aus den lateinischen Klassikern seinem kaum zu unterschätzenden
Gedächtnis entstammen. Aus ep. 21 gewinnt E.
folgende Stellungnahme zur heidnischen Literatur: „1. Die profanen
Autoren sind notwendig zur Ausbildung der Jugend; 2. sie
besitzen eine große Schönheit der Form; 3. das Wertvolle in der
heidnischen Literatur ist unter entsprechenden Vorsichtsmaßregeln
zu benutzen" (S. 32). An dieser Haltung hat sich auch später
nichts geändert, was der Brief an Magnus (ep. 70) zeigt, in dem
Hieronymus zur Rechtfertigung der Benutzung der heidnischen
Schriften sich auf Moses und Paulus, die Apologeten und Väter
beruft und dabei die auch sonst übliche Allegorese der heidnischen
Sklavin (Deut. 21, loff.) verwendet (S. 36). Im ganzen zeigt
er ein gutes Empfinden für Formschönheit und Hochachtung vor
wissenschaftlicher Leistung, bleibt jedoch ohne Verständnis für
philosophische Probleme. „Seine Veranlagung war eminent philologisch
und rhetorisch" (S. 49).
Leider ist die Frage nach seinem Verhältnis zur Literatur
nicht in ihrem ganzen Umfang gestellt worden, was aber wohl
den gegebenen Rahmen gesprengt hätte. Die Einschränkung auf
die profane Literatur zeigt erst die Überschrift des ersten Teiles
an. Umgekehrt hatte St. v. Sychowski sein (von E. in seinem Zusammenhang
übergangenes) Buch über Hieronymus' De viris illu-
stribus, den Katalog christlicher Schriftsteller, unter dem Titel
„Hieronymus als Literaturhistoriker" erscheinen lassen (Münster
1894). Hieronymus' Stellung im literarischen Leben seiner Zeit
sieht man jetzt gut behandelt in dem genannten Buch von E. Arns
(u.a. S. 159—166 „Informations litteraires"). Auch der Aufsatz
von G. Bardy gehört hierher, dem es um die griechische theologische
Literatur geht. Eine S. 46 von E. eigens zitierte Stelle des
S. 81 ff. ausführlich behandelten zweiten Briefes an Paulinus von
Nola (ep. 53,7) hätte Anlaß werden können zu einer Untersuchung
, wie sie kürzlich A. Kurfeß vorgelegt hat („Vergils vierte
Ekloge bei Hieronymus und Augustinus", Sacris erudiri, 6, 1954,
S. 5—13). In den Worten, mit denen Hieronymus dort die Ver-
gil-Centones seiner Zeit ablehnt, vermutet Kurfeß wohl kaum
zu Recht eine Spitze gegen Augustinus. Daß dabei in erster Linie
der Ccnto der Proba gemeint ist, erscheint mir trotz der Zurückhaltung
Schenkls (CSEL XVI 1, S. 516 Anm. 1) ziemlich wahrscheinlich
, da von den drei angeführten Vergilstellen zwei im
Cento Probae zu finden sind (Aen. 1, 664 = v. 403; Aen. 2, 650