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Ausgabe:

1956

Spalte:

725-726

Kategorie:

Religionswissenschaft

Autor/Hrsg.:

Radhakrishnan, S.

Titel/Untertitel:

Indische Philosophie ; 1.Von den Veden bis zum Buddhismus 1956

Rezensent:

Melzer, Friso

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Seite 1

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725

726

haben schien, auf die Geisteswissenschaften übertragen worden.
Heute wissen wir, daß das nur in beschränktem Rahmen möglich
ist. So ist die Wissenschaft des 20. Jhdt.s wie in vielen anderen
Fragen, auch in der Erfassung des „Heiligen" (Rudolf Otto) andere
Wege gegangen, als sie für P. W. Schmidt vom Wissenschaftsbegriff
des 19. Jhdt.s her als die gegebenen erschienen.
Offen bleiben muß die Frage, ob die geschichtliche Erklärung des
Ursprungs und Werdens der Gottesidee geeignet ist, uns der
Wirklichkeit Gottes näher zu bringen. P. W. Schmidt glaubte,
einen entscheidenden Beitrag hierzu zu leisten, indem er zeigte,
daß der Glaube an Einen Gott im Wesen des Menschen ursprünglich
gegeben ist, dann in der vielfältigen Entwicklung der Jäger-
und Pflanzervölker durch Magie und Naturmythologie verunreinigt
worden ist, aber von der Himmelsreligion der Hirtenvölker
her in Judentum und Christentum wieder auf den richtigen
Weg zurückgefunden hat. Wir wissen nicht, wie viel von der
These des Urmonotheismus in der künftigen Religionswissenschaft
erhalten bleiben wird und ob man überhaupt diese Frage
als ein entscheidendes Element unseres Verhältnisses zu Gott
ansehen wird. Auf jeden Fall hat P. W. Schmidt mit seinem Lebenswerk
uns Tatsachen und Zusammenhänge erschlossen, die
von bleibender Bedeutung sein werden.

Marburg/Lahn Heinrich H errfah rdt

? j Micklcm, Nathanael: Was ist Religion? Ein Querschnitt durch die
aA/ wesentlichen Phänomene der großen Religionslehren. Stuttgart:

Kohlhammer 1952. 214 S. kl. 8° = Lebendiges Wissen Bd. 4. Lw.

DM 8.80.

Lehrer. Die 1. Auflage erschien 1922, die 2. Auflage 1929. Nach
dieser ist die deutsche Übersetzung gemacht worden. Es ist
gut, daß dieses Werk auch ins Deutsche übersetzt wird, denn
es ist das erste und einzige Werk dieser Art aus indischer
Feder. Wenn auch westliche Gelehrte die nötige Sachkenntnis
erwerben können, der Inder schreibt doch aus einer innigeren
Vertrautheit mit der Atmosphäre dieses Gegenstandes. Deshalb
erhebt sich die Frage: Muß, wer ein indisches Werk übersetzt,
nicht selbst auch in die Geistigkeit Indiens eingetaucht sein? Sonst
gerät die Übersetzung ins Deutsche zu intellektuell und hart.
Dem wäre entgegen zu halten, daß Prof. Radhakrishnan durch
den wissenschaftlichen Geist des Westens geschult worden ist
und sich der wissenschaftlichen Darstellungsweise westlicher Wissenschaft
bedient. Sein Ideal ist, Brücken zu schlagen zwischen
Ost und West, und Rezensent ist damit einig, soweit es nicht
auf Kosten der Wahrheit geht. Der vorliegende 1. Band führt
von den Hymnen des Rg-Veda über die Philosophie der Upani-
shaden und den pluralistischen Realismus der Jaina zum Buddhismus
und dem Theismus der Bhagavadgita.

An der Übersetzung selbst hat Rez. Ausstellungen zu machen.
Englisch we begin to think of the higher life (p. 22)
ist bestimmter als deutsch „beginnen wir, über ein höheres Leben nachzudenken
" (S. 14): „ein" ist schwebend, the ist entschieden und
nimmt das höhere Leben ernster als deutsches „ein". Englisch Philo-
sophy in India is essentially spiritual (p. 24) ist
etwas anderes als die deutsche Übersetzung „Die Philosophie ist in
Indien allgemein geistiger Natur" (S.16): essentially heißt „wesenhaft
", nicht „allgemein". Englisch The problems of reli-
gion stimulate the philosophic spirit (p. 26) ist
nicht dasselbe wie die deutsche Übersetzung „Die religiösen Fragen regen
zum Denken an" (S. 17). Diese wenigen Beispiele zeigen: die
Übersetzung wird dem Original nicht gerecht, biegt es vielmehr in ein
intellektualisiertes westliches Denken um. Wer Radhakrishnan selbst
genau kennen lernen will, wird also auch weiterhin zu seinem eigenen
Werk in Englisch greifen müssen.

Künzelsau Friso Melzer

B a a r e n, Th. P. van: Het sacrale koningschap bij de primitieven.

Nederlands Theologisch Tijdschrift 10, 1956 S. 289—295.
B a 1 j o n Jr., J.M.S.: Profetisme in de moderne Islam.

Nederlands Theologisch Tijdschrift 10, 1956 S. 417—425.
Benz, Ernst: Ideen zu einer theologischen Sicht der Religionsgeschichte.

Zeitschrift für Religions- und Geistesgeschichte VIII, 1956 S. 289

bis 307.

B i a n c h i, Ugo: Monoteismo e dualismo in Zaratustra e nella tradi-
zione mazdaica.

Studi e Materiali di Storia delle Religioni XXVI, 1955 S. 83—105.
Buchholz, Walther: Abracadabra.

Zeitschrift für Religions- und Geistesgeschichte VIII, 1956 S. 257
bis 259.

E h n m a r k, Erland: General Revelation According to Nathan Söder-
blom.

The Journal of Religion XXXV, 1955 S. 218—228.
Fascher, Erich: Gott und die Götter. Zur Frage Religionsgeschichte

und Offenbarung.

ZNW 46, 1955 S. 270—272.
Grimm, Gerhard: Rudolf Franz Merkel (mit Bibliographie).

Zeitschrift für Religions- und Geistesgeschichte VIII, 1956 S. 364—368.
Haenchen, Ernst: Aufbau und Theologie des „Poimandres".

Zeitschrift für Theologie und Kirche 53, 1956 S. 149—191.
Haq, S. Moinul: Pakistan History Conference (Sixth Session, 1956).

Journal of the Pakistan Historical Society 1956 S. 77—98.
H u a r t. Albert: Hindouisme et tolirance religieuse.

Nouvelle Revue Theologique 88, 1956 S. 834—852.
Kahle, P.E.: Piri Re'is. The Turkish Sailor and Cartographer.

Journal of the Pakistan Historical Society 1956 S. 99—108.

NEUES TESTAMENT

V i s c h e r, Lukas, Dr.: Die Auslegungsgeschichte von I. Kor. 6, I—11,

Rechtsverzicht und Schlichtung. Tübingen: Mohr 1955. 139 S. gr. 8° =
Beiträge zur Geschichte der neutestamentlichen Exegese 1. DM 10.50.

Jede lebendige Forschungsarbeit bedarf von Zeit zu Zeit
der Rückschau auf das Geleistete und damit der Aufzeigung der
noch unerfüllten Aufgaben. Dementsprechend sind auch in der
ntl. Wissenschaft immer wieder Forschungsberichte und geschicht-

Es handelt sich um den Versuch einer vereinfachenden Darstellung
der verwirrenden Vielfalt religiösen Lebens, wie es die
Geschichte der Religionen zeigt, ausgehend von der „einfachen"
Grundstruktur aller Religion und von der Einfachheit der
menschlichen Natur „in ihrem Grundwesen" (S. 12). Ob der Autor
mit diesem Optimismus im Recht ist, bleibe dahingestellt.
Aber er bekundet einen scharfen Blick für die psychologische
Eigenart der religiösen Erlebnisse und ihrer Gemeinsamkeit (die
man natürlich ebenso aus der Kompliziertheit der menschlichen
Natur ableiten kann) und legt eine wohltuende Nüchternheit in
der Sicht der Dinge an den Tag.

Eigentümlich ist die hier vorgenommene Kombination des historischen
Stoffes mit systematischen Gesichtspunkten. So werden „Hinduistische
Philosophie", „Buddhistische Philosophie" und „Epikur" im Kapitel
„Das unpersönliche Heilige" zusammengefaßt; oder „Der Islam",
„Mosaismus" und „Thomas von Aquin" unter „Willensreligionen".
Dabei ergeben sich recht kühne Sichten. Insofern handelt es sich um
eine neue interessante „Phänomenologie" der Religion, über deren Disposition
man gewiß streiten kann.

Im einzelnen muß heute manches als überholt erscheinen, so z. B.
der Abschnitt „Die Sprache der Mythologie", wo behauptet wird, daß
„die Mehrzahl der Mythen Naturprozesse widerspiegele" (S. 18 3). Hier
wirkt noch das 19. Jahrhundert nach.

Insgesamt ist hier eine Darlegung religiöser Zentralprobleme
und religionsgeschichtlicher Haupterscheinungen in großer
Eindringlichkeit, schlichter Sprache und auf knappstem Räume
geliefert, bei der manche beherzigenswerten Erkenntnisse auch
für den Theologen zutage treten (z.B. S. 185: „Die Wahrheit
von Dichtung und Religion muß unterschieden werden von wissenschaftlicher
oder geschichtlicher Wahrheit"). Indirekt und unbeabsichtigt
sind einige erhellenden Beiträge zur Entmythologi-
sierungsfrage gegeben. Besonders wertvoll wird das Büchlein in
der Hand des Pfarrers und Religionslehrers für schnelle erste
Orientierung sein können.

Den Übersetzern (J. W. Hauer und O. Rühle) ist für die Zu-
gänglichmachung dieses in der Oxford University Press zuerst
erschienenen reichhaltigen Werkchens lebhaft zu danken.

Marburg/Lahn K„rt Goldammer

Radhakrishnan, S.: Indische Philosophie. Band 1. Von den Ve-

den bis zum Buddhismus. Aus dem Englischen übersetzt v. Dr. Rudolf
Jockel. Darmstadt: Holle o. J. 593 S. gr. 8°. Lw. DM 45.—.

Sir S. Radhakrishnan ist der erste indische Professor, der in
Oxford Vorlesungen gehalten hat: im Sommer in Oxford, im
Winter in Calcutta. Seine zweibändige „Indische Philosophie"
ist das Hauptwerk seines Wirkens als akademischer Forscher und