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Ausgabe:

1956 Nr. 11

Spalte:

688-690

Kategorie:

Philosophie, Religionsphilosophie

Autor/Hrsg.:

Looff, Hans

Titel/Untertitel:

Der Symbolbegriff in der neueren Religionsphilosophie und Theologie 1956

Rezensent:

Schmidt, Erik

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Theologische Literaturzeitung 1956 Nr. 11

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ray, H. Ballou) und der Unitarier (W. Channing, R. W. Emerson,
T. Parker), wobei der Einfluß von Schleiermacher, Hegel, Sendling
, Vatke, Tholuck, Ewald, Bauer und de Wette verschiedentlich
zum Vorschein kam. Um die Mitte des 19. Jhdt.s hatten sich
die zwei entgegengesetzten Systeme des alten und eines gemilderten
Calvinismus durchgesetzt (Kontroverse zwischen B. Tyler-
Hartford und N. Taylor-Yale), wobei die vermittelnde Rolle von
Horace Bushnell für die Entstehung der späteren „New Häven
Theology" bedeutend war. Ob man der Bedeutung des zwar liberalen
Bushnells (man vgl. die Ähnlichkeiten mit Ritsehl) gerecht
wird, indem man ihn ohne weiteres in die liberale Richtung
einreiht? Seine wichtigere Bedeutung bestünde eher in seiner Abwehr
gegen den dogmatisch-confessionellen Calvinismus. Von
hier aus führt der Weg zu den verschiedenen „voraussetzungslosen
" theologischen Auseinandersetzungen im 20. Jahrhundert
(Kap. VII).

Die konservative Strömung des Calvinismus fand ihre Hauptvertretung
bei den Presbyterianern, wo in der Hochburg ihres
theologischen Seminars in Princeton (1812) unter solchen Theologen
wie A. Alexander und C. Hodge (letzter Schüler Tholucks)
die „Princeton Theology" auf eine Neubelebung des genuinen
Calvinismus hinzielte. Doch auch innerhalb des Rahmens der
Konservativen kam es zu Spaltungen. Im Jahre 18 36 wurde das
Union Theological Seminary in New York gemeinsam von Presbyterianern
und Congregationalisten gegründet. Eine liberalere
presbyterianische „New School Theology" versuchte zwischen
Princeton und der Neuengland-Theologie zu vermitteln — besonders
in den immer wieder vorkommenden strittigen Punkten von
„immediate imputation" und „limited atonement". Das zweite
Zentrum der konservativen Richtung entwickelte sich und wird
in den von der romantischen Theologie stark beeinflußten hochkirchlichen
Tendenzen der „Mercersburg Theology" erkennbar,
vertreten von den deutsch-reformierten Theologen F. A. Rauch,
J. N. Nevin und Philip Schaff. (Obwohl nicht verkannt werden
darf, daß es bei den aus der Pfalz ausgewanderten Deutsch-Reformierten
[anders als bei den streng calvinistischen holländischen
Reformierten in Amerika] auf einen durch Melanchthon gemilderten
Calvinismus ankommt.)

Wenn auf Grund des Vorhergehenden Amerika als das
„klassische Land des Neo-Calvinismus" bezeichnet werden kann,
so erübrigt sich die weitere Frage nach der Sonderstellung der
lutherischen Theologie in einer reformierten Umwelt. Besonders
aufschlußreich werden die bunt verschiedenen calvinistisch-puri-
tanischen, unionistischen, „revivalistic" orthodoxen, rationalistischen
, pietistischen, konfessionalistischen Elemente im amerikanischen
Luthertum behandelt, die unter anderem zu dem eigenartigen
Phänomen des „American Lutheranism" führten. Charakterisiert
ist z. B. das Bemühen besonders von S. S. Schmucker
(1799—1873) um eine amerikanische Rezension der Augustana,
um gewisse „Irrlehren" derselben zu vermeiden.

„In dieser neuen Variata sind Artikel 22—28 fortgelassen, ebenfalls
ist der Artikel XI ganz gestrichen; Artikel VIII ist auf den einen
Satz von der Kirche als der Gemeinde der Gläubigen, der jedoch in diesem
Leben Heuchler beigemischt sind, reduziert. Artikel IX und X bieten
die abgeschwächte Sakramentslehre der Zeit. Zu den „Irrlehren" der
Augustana rechneten die Verfasser das liturgische Gewand der lutherischen
Abendmahlsfeier (Art. XXIV), die Empfehlung der Privatbeichte
(Art. XI), die Ablehnung des Sonntags als Sabbat des Neuen Bundes
(Art. XXVIII), die Lehre von der Wiedergeburt in der Taufe (Art. IX)
und die Realpräsenz des Leibes und Blutes Christi im Abendmahl." S. 64.

Dogmatische Unbestimmtheiten führten (1866) zu der Spaltung
zwischen der Generalsynode (Gettysburg Seminary) und
dem konservativen Generalkonzil (Mt. Airy Seminary) wobei die
Spannungen zwischen einem pietistisch-melanchthonisch gefärbten
Luthertum und dem Konfessionalismus sich zugunsten des letzteren
auswirkten.

Doch die Hochburg des orthodox-konfessionalistischen Luthertums
bildete sich im Westen unter F. W. Walther, dem unumstrittenen
Führer der Missouri Synode, inmitten erbitterter
Lehrstreitigkeiten mit der Iowa-, der Ohio- und der Norwegischen
Synode um: 1. die Lehre von der Kirche und dem Amt,
2. offene Fragen, 3. die Lehre von den letzten Dingen, 4. die
Sonntagsfrage, 5. die Lehre von der Gnadenwahl. F. Piepers

„Christliche Dogmatik" in drei Bänden wird als „ein beachtenswertes
Kompendium orthodoxer Theologie im 20. Jhdt." bezeichnet
.

Gegenüber der konfessionalisierenden Richtung der lutherischen
Synoden sind in der Deutschen Evangelischen Synode von
Nordamerika (1840) (Mutterkirche der Brüder Reinhold und Richard
Niebuhr) — seit 1934 mit der Deutschen Reformierten Kirche
organisch vereinigt zur Evangelical and Reformed Church —
pietistische und unionistische Tendenzen gepflegt worden auf
Grund eines Consensus Bekenntnisses zur Äugustana, dem Kleinen
Katechismus Luthers und dem Heidelberger Katechismus —
„insofern als diese miteinander übereinstimmen".

Die gedrängte, grundrißartig, nach numerierten Paragraphen
geordnete Form der Darstellung sichert den festen, klaren Überblick
über das Ganze und könnte als Anregung zu weitergehenden
Untersuchungen in den vielen bloß angedeuteten Richtungen
dienen. Literaturangaben bieten weitere Anregungen hierzu, obwohl
der Fachmann sich hier eine ausführlichere Bibliographie
wünscht.

Inwieweit wird dieses Buch zu einem weiteren und tieferen
Verständnis der amerikanischen Theologie beitragen? Der deutsche
Leser wird sich über den anschaulichen Überblick über ein
Gebiet der amerikanischen geistigen Tätigkeit freuen, die sich in
dem letzten Halbjahrhundert den Ruhm einer anwachsenden
Selbständigkeit erworben hat. Man sieht eine Theologie im Werden
. Es fragt sich, ob und inwiefern die endgültige Bewertung
dieser Theologie von der reformatorischen Theologie her zu erfassen
wäre.

Trotz ihres Bedingtseins von europäischen religiösen und
theologischen Einflüssen hat sich der amerikanische Protestantismus
auf Grund der eigentümlichen Situationen in der neuen Welt
in solch eigenartiger Weise entfaltet, daß man es sogar wagte,
ihn als einen „Protestantismus ohne Reformation" zu bezeichnen.
Man ist eher geneigt, von amerikanischen Kirchen als von der
amerikanischen Kirche zu reden — so daß dementsprechend nicht
von der amerikanischen Theologie, sondern von verschiedenen
Theologien zu sprechen wäre — d. h., z. B. von Theologien, die
weniger durch ihre konfessionelle Gebundenheit als durch ihre
„preachableness" (Predigtbarkeit) bestimmt sind.

Wenn es nun immerhin zu einer „Kirchentheologie" kommt,
so ist es der ökumenische und nicht irgendein konfessionalisti-
scher Kirchenbegriff, der in Betracht käme. In gewissen Kreisen
hat sich schon der Begriff einer „ökumenischen Theologie" durchgesetzt
als eine Eigenschaft der amerikanischen Theologie.

Obwohl von einem bestimmten konfessionellen Gesichtspunkt
getragen, wird sich diese Darstellung bewähren als ein beachtsamer
Führer durch das Labyrinth des amerikanischen religiösen
Denkens.

(Webster Oroves) Wuppertal C. E. Schneider

PHILOSOPHIE UND RELIGIONSPHILOSOPHIE

Lo off, Hans: Der Symbolbegriff in der neueren Religionsphilosophie
und Theologie. Köln: Kölner Universitäts-Verlag 1955. 208 S. gr. 8°
= Kantstudien. Ergänzungshefte, hrsg. i. Auftr. d. Kantgesellschaft.
Landesgruppe Rheinland-Westfalen, 69. Kart. DM 14.—.

Seine gründliche, ein reiches Material verwertende, von
einem reifen systematischen Urteil zeugende Studie gliedert der
Verf. in zwei Teile, einen darstellenden und einen systematischen
Teil.

Der 1. Teil bietet zuerst eine terminologische Analyse und eine Bestimmung
des modernen Symbolbegriffes. Das Symbol vermittelt zwischen
Sinnenwelt und Geisteswelt, (14) es ist mehr als Allegorie, (15)
diese ist nur Vergleich, Metapher. (16) Es gibt psychologische, metaphysische
und religiöse Symbole. (21) Der Gehalt des religiösen Symbols
ist das Absolute. (22) Es hat numinosen Charakter und negiert die
empirische Wirklichkeit. (23) Das Wort ist das geistigste Symbol. (26)
Im modernen Symbolbegriff ist die systematische und die konkrete On-
tologie des Symbols, wie sie z. B. bei Goethe und in der lutherischen
Sakramentslehre vorliegt, verbunden. (31) Dieneue Symbolschau ist be-