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Ausgabe:

1956

Spalte:

675-676

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Black, Matthew

Titel/Untertitel:

An Aramaic approach to the gospels and acts 1956

Rezensent:

Jeremias, Joachim

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675

Theologisdie Literaturzeihing 1956 Nr. 11

676

NEUES TESTAMENT

Strack, Hermann L. u. B i 11 e r b e c k, Paul: Kommentar zum Neuen
Testament. Aus Talmud und Midrasch. V. Band: Rabbinischer Index,

hrsg v J. Jeremias, bearb. v. K. Adolph. München: Beck
1956. 101 S., 1 Titelbild, gr. 8°. DM 15.-; Lw. DM 18.-.

Das monumentale Werk Billerbecks ist in seinen verschiedenen
Teilen nach deren Erscheinen in der ThLZ 48, 1923, Sp. 385
bis 88; 49, 1924, Sp. 534 f.; 54, 1929, Sp. 145—47 angezeigt
worden. Wenige Jahre nach der Ausgabe des 4. Bandes ist der
verdiente Verfasser, dem einmal wirklich die, oftmals mit zweifelhaftem
Recht gebrauchten, Prädikate „einmalig" und „unersetzlich
" zugestanden haben, aus diesem Leben geschieden.

Das dankbare Staunen über das Geleistete ließ schwerlich in
vielen den Gedanken aufkommen, es könne hier noch etwas zu
tun sein. Gewiß war Kritik am Platze — wie dürfte sie ausbleiben,
wo Wissenschaft getrieben wird. Man mochte auch wohl meinen,
in mancher Beziehung wäre weniger mehr gewesen. Aber auf das
Ganze gesehen wollte uns die gestellte Aufgabe entsprechend dem
Ziel, das ins Auge gefaßt worden war, vollkommen gelöst erscheinen
.

Der Verfasser selbst ist nicht dieser Ansicht gewesen. Er bestellte
seiner Lebensarbeit in Joachim Jeremias einen Pfleger, der
ihr in der Folgezeit zur Seite stehen und über ihre Zukunft wachen
sollte. Der Nachlaß ließ erkennen, wie Billerbeck sich etwa
eine weitere Förderung vorgestellt hatte. Er wünschte die Benutz-
barkeit seines Werkes durch einen Rabbinischen Index zu erhöhen
. Dieser Plan hat im vorliegenden Buch Erfüllung gefunden.
Die etwa 40.000 außerbiblischen Zitate wurden von Vikar Kurt
Adolph verzettelt, und seine ebenso mühevolle wie sorgfältige
Arbeit ergab die Grundlage für den Hauptinhalt von Bd. 5 des
Billerbeckschen Kommentars. Das Stellenregister (S. 1—96) ist
eingerahmt vom Inhaltsverzeichnis (S. VII—XI) und von (staunenswert
wenigen) Berichtigungen zu Stellenangaben der ersten
vier Bände samt einem alphabetischen Verzeichnis der Buchtitel
und Abkürzungen (S. 97—101).

Das beigegebene, höchst eindrucksvolle Bild von Paul Billerbeck
sieht ganz so aus, als wäre er auch weiterhin entschlossen,
die Oberaufsicht selber auszuüben.

Oöttingen Walter Bauer

Black, Matthew: An Aramaic Approach to the Gospels and Acts.

2nd Ed. Oxford: Clarendon Press 1954. VIII, 304 S. 8°. 25 s.

Das Standard-Werk von Black, dessen Titel etwa mit: „Das
Aramäische als Schlüssel zum Verständnis der Evangelien und der
Apostelgeschichte" wiedergegeben werden könnte, erschien in
der 1. Auflage 1946 und wurde in dieser Zeitschrift Jahrgang 74
(1949) Sp. 527—532 mit der dieser hervorragenden Leistung gebührenden
Ausführlichkeit besprochen. Es wurde berichtet, daß
Black, der von Hause aus Orientalist (Schüler von Paul Kahle)
ist, so vorgeht, daß er zunächst einleitend als wichtigste Hilfsmittel
für unsere Kenntnis der Muttersprache Jesu das palästinische
Targum zum Pentateuch (Genizafragmente, Fragmenten-
targum und Targum Pseudo-Jonathan) sowie die aramäischen
Stücke im palästinischen Talmud und den Midraschin herausstellt,
und daß er sodann drei Wege beschreitet, um die aramäische Vorgeschichte
der Evangelienüberlieferung aufzuhellen: die Untersuchung
l) der Syntax, der Grammatik und des Vokabulars, 2) der
formalen Elemente semitischer poetischer Form, 3) der Fehlübersetzungen
und Übersetzungsvarianten. Als besonders wichtig
wurde der 2. Teil bezeichnet, der den Nachweis führte, daß die
Rückübersetzung der Worte Jesu in seine Muttersprache erkennen
läßt, in wie hohem Maße Jesus bei der Formulierung prägnanter
Sentenzen poetische Figuren wie Alliteration, Assonanz und Pa-
ronomasie benutzt hat.

Wie stark Blacks Untersuchung dazu angeregt hat, die noch
viel zu sehr vernachlässigte Aufgabe der Erforschung der Muttersprache
Jesu in Angriff zu nehmen, geht schon daraus hervor, daß
sein Buch in einer für eine solche Spezialuntersuchung erstaunlich
kurzen Zeit vergriffen war. Der Verfasser, dessen Weg inzwischen
über die Universitäten Leeds (1947) und Edinburgh (1951)
nach St. Andrews/Schottland (1954) geführt hat, wo er das Amt
eines Principal of St. Mary's College innehat, legt nun die lang
erwartete zweite Auflage vor. Sie bietet auf S. 1—230 einen Abdruck
der ersten Auflage, wobei jedoch an vielen Stellen der stehende
Satz verbessert wurde, und auf S. 231—278 zwei Appen-
dices sowie Nachträge. Über diese Erweiterungen, die die zweite
Auflage gegenüber der ersten aufweist, ist also hier zu berichten.

„Appendix C. The unpublished work of the late A. J. Wen-
sinck of Leiden" (S. 231—239) berichtet über den in den Händen
von Paul Kahle befindlichen Nachlaß des 1939 verstorbenen bekannten
holländischen Islam-Forschers. Es handelt sich um eine
vollständige Sammlung des aramäischen Vokabulars der Geniza-
Fragmente des palästinischen Pentateuch-Targums, um ein (unvollständiges
) Lexikon zu den aramäischen Teilen des palästinischen
Talmuds, sowie um eine vollständige Grammatik dieses tar-
gumischen und talmudischen Aramäisch, ferner um ein Vokabular
griechischer Worte und Ausdrücke des NT mit semitischen Äquivalenten
und Verweisen auf beide Lexika, schließlich um philologische
Notizen zu den Evangelien und zur Apostelgeschichte.
Die zahlreichen Beispiele, die Black aus diesem Material bringt,
machen seine Bearbeitung und Veröffentlichung zu einem dringenden
Desiderat.

„Appendix D. The Aramaic liturgical poetry of the Jews"
(S. 240—244) zeigt, daß sich im palästinischen Targum zum Pentateuch
poetische Stücke finden, die der Zeit vor 500 n. Chr. angehören
und uns eine aramäische Dichtkunst kennen lehren, die
Verwandtschaft mit Worten Jesu (Lk. 6, 36; 11,27; Mk. 4, 24)
aufweist.

Das Hauptgewicht der neuen Auflage liegt auf den Nachträgen
(S. 245—278), die in dankenswerter Weise die in ThLZ 74
(1949) Sp. 527 ff. geäußerte Kritik berücksichtigen. Sie behandeln
u. a. folgende Gegenstände: Literatur zur Muttersprache Jesu
(S. 245); bar nasa (S. 23 5 f. 246 f.); überflüssige Pronomina (S.
248); eis, ärdgconog und dnolex mit Gen. als semitisierender
Ersatz für ng (S. 248—252); inchoativer und auxiliarer Gebrauch
des Verbums (S. 253); generalisierender Plural (S. 253 f.); griechische
Aoriste als Wiedergabe von semitischen Perfekta (S. 254);
Quellen im 4. Evangelium (S. 256 ff.); die Seligpreisungen (S.
258 ff.); Mk. 9, 33-37 (S. 264—268); Hat Jesus beim Abendmahl
hebräisch gesprochen? (S. 268 f.); Synoptic Variants from Aramaic
(zum Problem der Übersetzungsvarianten, S. 270—278). Hinzu
kommen wichtige Änderungen am Text der 1. Auflage, z.B.
S. 126 zu Lk. 14, 5 (vgl. dazu meine Bemerkungen in: Göttinger
Gelehrte Anzeigen 210, 1956, 1. Heft); S. 170 ff. zu Lk. 22, 16;
S. 172—174 zum Problem: Passa und jüdische Messiaserwartung.

Als Beispiel greife ich die Ausführungen zu Mk. 9, 33—37
(S. 264—268) heraus. Die Schwierigkeit dieses Textes besteht bekanntlich
in dem non sequitur von V. 3 5 und V. 36 f. Black erbringt
den überzeugenden Nachweis, daß der Schlüssel zum Verständnis
der Perikope in der Doppeldeutigkeit des aramäischen
Wortes talja liegt, das 1. didxovog, 2. naidiov bedeutet. Wir
haben ein „dramatisiertes Wortspiel" vor uns, ein acted play on
words. Jesus sagt den ehrgeizigen Jüngern, daß der einzige Weg
zur Größe der ist, daß man ein talja (didxovos) wird (V. 35) und
stellt, zum Gleichnis die Gleichnishandlung fügend, einen talja
(naiölov, Kind, vielleicht als servulus des Hauses fungierend) vor
sie hin (V. 36). V. 37 wird ad vocem naibiov angefügt sein.

Wie ausgezeichnet Black die aramäischen Dialekte beherrscht,
hat er dadurch erneut unter Beweis gestellt, daß er, ebenfalls
1954, die große Ausgabe des einzig erhaltenen christlich-palästinischen
Horologion (Berlin MS. Or. Oct. 1019) vorlegte1. Sein
Aramaic Approach ist heute das grundlegende Werk für alle Arbeit
an der Erforschung der Muttersprache Jesu.

Oöttingen Joachimjeremias

*) M. Black, A Christian Palestinian Syriac Horologion = Texts
and Studies, New Series ed. by C. H. Dodd, Band 1, Cambridge 1954,
X, 458 S. 4 Tafeln.