Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1956 Nr. 11

Spalte:

673-674

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Ziegler, Joseph

Titel/Untertitel:

Susanna, Daniel, Bel et Draco 1956

Rezensent:

Meyer, Rudolf

Ansicht Scan:

Seite 1

Download Scan:

PDF

673

Theologische Literaturzeitung 1956 Nr. 11

674

lern auf die Sprache des 3. vorchr. Jahrhunderts, die völlige Unkenntnis
der persischen Geschichte, auch die mangelnde Kenntnis
der Hohenpriester, von denen Josephus bessere Nachricht hat als
der Chronist u. a. m. Stark betont T. die besondere Absicht des
Chronisten, seine Hervorhebung des echten Israel, im Gegensatz
zu den Samaritanern. Jedenfalls hat der Chronist nichts mit Geschichtsschreibung
zu tun.

Über Torreys Thesen ist seit nun 60 Jahren viel verhandelt
worden, ohne daß eine Einigung erzielt wäre. Sie wird auch durch
dieses neue Buch schwerlich erreicht werden. Gewiß wird man T.s
Argumente immer wieder prüfen; aber sie sind kaum alle von
gleicher Überzeugungskraft. Und was er jetzt hinzufügt, wie die
These, der Chron. habe auch den Nehemia-Bericht verfaßt, ist mit
den wenigen Hinweisen, die er bringt, nicht zu begründen.
Torreys Buch dürfte doch noch nicht das letzte Wort zum Werke
des Chronisten sein.

Oreifswald A. Jepsen

Ziegler, Joseph: Susanna, Daniel, Bei et Draco ed. Göttingen: Van-
denhoeck & Ruprecht 19 54. 223 S. gr. 8° = Septuaginta. Vetus Testa-
mentum Graecum auetoritate Societatis Litterarum Gottingensis ed.
Bd. XV1/2. DM 28.-; Lw. DM 32.-.

In einem Abstand von nur zwei Jahren ist auf Band XVI, 1«
der Ezechiel enthält, als zweites Heft des gleichen Bandes der
Göttinger Septuaginta Daniel mit Susanna und Bei et Draco gefolgt
.

Auch diesem Heft hat J. Ziegler eine wertvolle Einleitung
beigegeben, die, ohne das in den bereits erschienenen Heften Gesagte
zu wiederholen, den Sonderproblemen der griechischen
Daniel-Überlieferung gewidmet ist. Im ersten Abschnitt (S. 1—27)
bespricht Verf. den LXX-Text; dieser liegt vollständig nur in
der Handschrift 88 und in der Syrohexaplaris (Syh) vor, die ihrerseits
eine Schwesterhandschrift zu Hs. 88 darstellt und auch bei
Daniel die griechische Vorlage wortgetreu wiedergibt (S. 11). Die
Gruppe 88—Syh stellt freilich nicht den alten Septuagintatext dar,
„sondern die hexaplarische Rezension, die auch äußerlich durch
die Unterschriften und die Einfügung der hexaplarischen Zeichen
. . . gekennzeichnet ist" (S. 13). Dagegen liegt jetzt im ehester
Beatty Papyrus 967 ein vorhexaplarischer LXX-
Text vor, der „über 700 Jahre früher geschrieben ist als der von
88-Syh bezeugte" (S. 19). Dem Papyrus 967, den A. Rahlfs für
seine Handausgabe noch nicht benutzen konnte, widmet Verf.
seine besondere Aufmerksamkeit (S. 19 ff.). Im Gegensatz zu
A. Rahlfs, der aus Hs. 8 8 und Syh einen „kritischen Text" herzustellen
versucht hat, legt Z. seinem LXX-Text die Hs. 88 zugrunde
, läßt sie jedoch dort zurücktreten, wo der Papyrus 967
vollständig erhalten ist. Das wirkt sich, um nur ein kleines Beispiel
anzuführen, so aus, daß etwa in Da. 8, 2 die in 88-Syh mit
Asteriskus versehene Wortgruppe xcd eldov ev OQdfiart, der im
masoretischen Text pTlia entspricht, in den Apparat verwiesen
wird, da der Papyrus 967 den kürzeren Text bietet. Desgleichen
entscheidet sich Herausgeber bezüglich der Wortfolge für
Papyrus 967, wo dieser gegen 88-Syh steht, da in derartigen Fällen
die Gruppe 8 8-Syh dem masoretischen Text und „Theodo-
tion" sekundär angeglichen ist. Im übrigen werden sämtliche Varianten
dieses Papyrus, soweit sie nicht unter die „Orthographi-
ka" eingereiht sind, im LXX-Apparat angeführt.

Im Anschluß an die handschriftliche Überlieferung des LXX-
Textes werden die LXX-Zitate bei den alten Schriftstellern (S. 22
bis 27) sowie die LXX-Druckausgaben (S. 27 f.) besprochen.

Der zweite Abschnitt (S. 28—76) ist dem „Theodotion"-Text
des Daniel gewidmet. Einleitend bemerkt Verf., daß der „Theo-
dotion"-Text des griechischen Daniel, der nicht nur vollständig
vorliegt, sondern „sogar die alexandrinische Überlieferung verdrängt
hat" (S. 67), wahrscheinlich überhaupt keinen Theodo-
tion-Text darstellt bzw. als ältere Überlieferung „nur ganz oberflächlich
von ihm überarbeitet ist" (S. 28, Anm. l). Diese Feststellung
ist m. E. für die Geschichte des LXX-Textes von weittragender
Bedeutung, insofern als damit die These eines „Vor-
Theodotion", der vom LXX-Text zu unterscheiden wäre, wiederum
eine wesentliche Stütze findet. Verf. hat über dieses Problem
eine gesonderte Untersuchung in Aussicht gestellt, auf die man

nicht zuletzt aufgrund der sich aus den Qumrän-Texten neu ergebenden
Gesichtspunkte außerordentlich gespannt sein darf.

Im Teil A dieses Abschnittes (S. 28—43) werden die Zeugen
für den „Theodotion"-Text behandelt. Begonnen wird mit den
Unzial- und Minuskelhandschriften, wobei Verf. betont, daß dieselben
„vom Septuaginta-Unternehmen neu kollationiert" worden
sind (S. 28). Hierauf folgen die griechischen Väterkommentare
und die alten Versionen: die altlateinische, koptische (sahidische,
bohairische, fajumische), syrische, syropalästinische, äthiopische,
arabische und armenische Übersetzung. Für die indirekte Überlieferung
verweist Verf. auf Band XVI, 1, S. 21-23. 84 f.

Der Teil B (S. 44-66) enthält die Gruppierung der Textzeugen
in folgender Anordnung: I. die Unzialen B, A und Q
samt den hiervon abhängigen Minuskeln, II. die hexaplarische
Rezension, wobei sich die Frage erhebt, ob Origenes überhaupt
den „Theodotion"-Text bearbeitet hat (S. 51 f.), III. die luki-
anische Rezension, IV. die Catenen-Gruppen und schließlich
V. das Ganze der Textüberlieferung des Danielbuches. Hierbei
kommt Verf. zu dem Ergebnis, daß der ursprüngliche, d. h. noch
nicht durch hexaplarische Ergänzungen aufgefüllte Text des Va-
ticanus (B) eine „vortheodotianische" Stufe im oben angedeuteten
Sinne darstellt. Damit aber ergibt sich, „daß der B-Text die
ursprüngliche Übersetzung am reinsten bewahrt hat" (S. 62).
Dementsprechend hat Verf. den Vaticanus zur Grundlage seines
„Theodotion"-Textes gemacht, wobei gilt, daß gerade für Daniel
der Codex B im besonders starken Maße bei der Textgestaltung
ausschlaggebend geworden ist.

Im Teil C (S. 67 f.) werden die jüngeren griechischen Übersetzungen
besprochen; hierauf folgen in D (S. 68-76) die „Ortho-
graphika" mit Bezug auf H. St. J. Thackeray, A Grammar of the
Old Testament aecording to the Septuagint I (Cambridge 1909),
und in E (S. 76) die Zeichen und Abkürzungen. Ein Nachtrag zur
Ezechiel-Ausgabe (S. 78 f.), angeregt durch P. Katz und enthaltend
die Lesarten der Antinoopolis Papyri (The Antinoopolis
Papyri. Part I. Ed.... by C.H.Roberts [London 1950]), sowie
ein Stellenregister beschließen die Einleitung.

Der Text selbst (S. 80-223) ist nach den Grundsätzen, wie
sie zuletzt O. Eißfeldt in Band 78 (1953), Sp. 275 f. dieser Zeitschrift
angezeigt hat, ediert. Gegenüber der Handausgabe von
A. Rahlfs fällt auf, daß die Bedeutung der „Theodotion"-Über-
lieferung dadurch hervorgehoben wird, daß dieser Text samt Apparat
über dem LXX-Text abgedruckt ist.

Es bedarf nicht des besonderen Hinweises, daß auch dieses
Heft Zeugnis ablegt von der tiefgründigen Gelehrsamkeit des
Herausgebers. Eine zuverlässige und wissenschaftliche Bearbeitung
der Septuaginta-Probleme ist ohne Z.s Meisterleistung nicht mehr
denkbar, zumal da er in der Textbearbeitung selbst dem Benutzer
nie seine eigene Meinung aufzwingt, sondern das Material so
vorlegt, daß auch jederzeit eine andere Entscheidung möglich ist.

Jena Rudolf Meyer

Hessen, Johannes, Prof. DDr.: Piatonismus und Prophetismus. Die

antike und biblisdie Geisteswelt in strukturvergleichender Betrachtung
. 2. Aufl. München: Reinhardt 1955. 240 S. gr. 8°. Kart. DM9.— ;

Lw"DMl1-- st.G^Jj.'i9 .i

Ich habe ThLZ 69, 158 f. die erste Auflage des nunmenr^neu^
erschienenen Werke dankbar begrüßt. Der jetzt vorliegende Text
unterscheidet sich nur ganz unwesentlich von dem damaligen. Der
bedeutsamste Eingriff ist wohl die Tilgung von zwei Hinweisen
auf H. Schuster, Das AT heute (1935!). Es ist bedauerlich,
daß H. nicht die Gelegenheit genutzt hat, sich mit der gerade für
seine Fragestellung aufgeschlossenen neueren Forschung auseinanderzusetzen
, etwa mit O. C u 11 m a n n, Christus und die Zeit,
Zürich 1946, vor allem S. 43 ff. (Die lineare Zeitauffassung der
biblischen Offenbarungsgeschichte und die zyklische des Hellenismus
) und namentlich mit Th. B o m a n, Das hebräische Denken
im Vergleich mit dem griechischen, Göttingen 1952, 2. Aufl.
1954. Möchte das angekündigte Werk: „Griechische oder biblische
Theologie?" diese Lücke ausfüllen!

Salzgitter-Lebenstedt Joh. Hempel