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Ausgabe:

1956 Nr. 11

Spalte:

671-672

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Steinmann, Jean

Titel/Untertitel:

Les plus anciennes traditions du Pentateuque 1956

Rezensent:

Eissfeldt, Otto

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Theologische Literaturzeitung 1956 Nr. 11

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man nicht jeder dieser Einzelheiten seine volle Aufmerksamkeit
zuwenden müßte, auch wenn man nicht gegen dies und das, so
z. B. der Unterzeichnete gegen manche seiner ihm zu wenig konservativen
Rekonstruktionen des „ursprünglichen" Texts, seine
Bedenken anmelden müßte. Aber gerade diese Fülle verbietet es,
hier auf das Einzelne einzugehen, denn gegen jede Auswahl
könnte der Vorwurf der Zufälligkeit oder gar der Einseitigkeit
erhoben werden.

So sei denn abschließend nur wiederholt, daß es sich wirklich
um ein Opus magnum handelt, sowohl nach dem Umfang
wie nach dem inneren Gewicht. In ihm wird Prodksch auf lange
hin seine beachtliche Stimme erheben.

Zürich Ludwig Koehler

S t c i n m a n n, Jean: Les plus anciennes Traditions du Pentateuque.

Paris: Gabalda 1954. 213 S. 8°. ffr. 420.—.

Die S. 5—12 umfassende „Einleitung" zu der dann folgenden
, in 9 Kapitel gegliederten Darstellung führt aus, daß die zur
Erklärung der im Pentateuch tatsächlich vorhandenen mannigfachen
Unebenheiten und Wiederholungen vielfach angewendete
Reuß-Graf-Kuenen-Wellhausen'schen Quellenhypothese, die mit
ihrer entwicklungsgeschichtlichen Tendenz und der Bestreitung
deT Beteiligung Moses an der Gesetzgebung und der Erzählung
des Pentateuchs „in offenbarem Widerspruch zu dem Glauben der
Kirche" steht, neuerdings durch die Fortschritte der vorderorientalischen
Archäologie in den Hintergrund gedrängt und weithin
durch die Vorstellung von einer auf Mose und in noch ältere
Zeit zurückreichenden eTst mündlichen, dann schriftlichen Tradition
ersetzt worden ist. Diese Tradition ist indes nicht einheitlich
. Vielmehr lassen sich mehrere, z. T. verschiedenaltrige Paralleltraditionen
erkennen, was nicht bedeutet, daß nicht auch die
jüngeren wertvoll sein könnten. Aber den ältesten von ihnen
nachzugehen, ist doch eine besonders lockende Aufgabe, und sie
vorzuführen ist des Verfassers Absicht. Nachdem er in Kap. I
„Mose im Rahmen der Geschichte" (S. 1—30) unter Gleichsetzung
von 'ibrim mit 'apirü und Erklärung dieser Bezeichnung als „nomadische
Räuber" den Übertritt der Hebräer nach Ägypten als
einen mit dem Eindringen der Hyksos in dieses Land zusammenfallenden
Vorgang um 1730, den Beginn ihrer Versklavung als
durch die Austreibung der Hyksos bedingt um 15 80 und Moses
Auftreten in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts v. Chr. angesetzt
hat, zählt er in Kap. II—VIII zunächst die Gesetze, dann
die Erzählungen auf, die von Mose verfaßt oder, soweit es sich
um ältere Traditionen handelt, von ihm gestaltet worden sind,
und teilt in der Regel die jeweiligen Texte in französischer Übersetzung
mit. Dabei werden die Gesetz und Rechtsprechung angehenden
Traditionen auf drei Stätten verteilt, der kultische Dekalog
(II = S. 31—40) nämlich vom Sinai-Horeb, die Rechtsprechungsanordnungen
(III = S. 41—60) von Kadesch und der
ethische Dekalog (IV = S. 61—74) vom Nebo hergeleitet. Im
einzelnen sieht die Verteilung des Gesetzesstoffes auf jene drei
Stätten etwa so aus: Zum Sinai-Horeb gehören Ex 18, 1—12;
24, 1. 9—11; 34, 1-5. 8. 10. 14. 17. 19-21. 23-26; 23, 13-
19. 10-13; zu Kadesch Ex 18, 13-27; 21,1-22,16; 23,4-5;
zum Nebo Ex 20, 23-26;; 22, 27-30; 21, 15-17; 22 17-19.
20—26; 23, 1—3. 6—9; 20, 2—17. Den ältesten Traditionen erzählender
Art aber, als welche die von den Ursprüngen (V = S.
75—94), die von Mamre und Sodom (VI = S. 95—116), die von
Isaak und Jakob (VII = S. 117—154) und die von Mose und Exo-
dos (VIII = S. 155—194) gelten, werden diese Stücke zugerechnet
: zur Urgeschichte Gen 2, 4—7. 9. 15. 18—24; 3, 17. 19. 21.
20; 4, 1. 17-24; 6, 1-4; 9, 20—27; 11, 2-8; 10, 18. 19. 30; zur
Mamre- und Sodom-Erzählung Gen 12, 1.3.4.6—8; 13, 2.5.
7—13; 18, 1-22.33; 19, 1-38; 25, 1-6.11; zur Jakob- und
Isaak-Erzählung Gen 26, 1-3.6-33; 25, 21-25.29-34; 29,
2-14.31-35; 30, 1.3-5.9-24; 30, 25.27. 29-32.35-43;
31, 1. 3. 19. 21-23. 26. 27. 31. 36. 38-40. 44. 46. 48. 51-53; 32,
24-32; 33, 18; 34, 2. 3. 5. 7. 11. 12. 14. 19. 25. 26. 29-31; 49.
5—7; 35, 5. 21—22; 49, 3—4; 38, 1—30; zur Mose- und Exodos-
Erzählung Ex 1, 6-10. 14; 2, 1-3. 5. 6. 10. 11-23; 4, 19; 3, 21.
22:4,1-9.20-26.30.31; 7,15.17.20; 12, 21-23.27.33-39;
13,3.12.13; 14, 5.6.8.11.15.25.27.31; 15, 20-21.22-25;

16, 4-5.13-15.21.27-30.35; 17,1.8-13.15-16; 19,2.20;
24,1.9-11.13-15; 32,17-18.25-29; 33, 3; Num. 10, 29-33.
35-36; II, 1-6.10.13.31-35; 12, 1.9.10; 13, 17.22-23.
27.29; 14, 1.3.8-9; 20, 1.7.9.11.13.14.19—21; 21, 1—3.
21-25.32; 25,1-2.4; 21, 33-35; 32,1.5.20—27.39.41-42.

Auf die den Hauptteil des Büches ausmachende Analyse der
gesetzlichen und der erzählenden Stücke, wie sie in Kap. II—VIII
gegeben wird, folgen noch Kap. IX (S. 195—202) „Die Theologie
der ursprünglichen jahwistischen Tradition", ein Anhang mit den
Artikeln des Codex Hammurabi, die denen des Bundesbuches
verwandt sind (S. 203—210), und ein Verzeichnis der behandelten
Bibelstellen (S. 211-212).

Was die Verteilung der hier in Betracht kommenden gesetzlichen
Stücke auf Sinai-Horeb, Kadesch und Nebo angeht, so muß
die Bemerkung genügen, daß sie mehr eine Vermutung darstellt,
als daß sie sich auf tragfähige Argumente stützen könnte, was
keineswegs bedeutet, daß nicht auch in diesem Teil des Buches
einzelne gute Beobachtungen vorkämen. Bei den als die ältesten
in Anspruch genommenen Erzählungskomplexen aber wird es jedem
, der auch nur einigermaßen mit den Dingen vertraut ist, sofort
auffallen, wie sehr sie mit dem Stoff zusammenfallen, den die
mit zwei Jahwisten rechnende Pentateuchkritik dem älteren Jah-
wisten zuweist. Wird trotz der Beibringung einzelner wichtiger
Argumente das Ergebnis auch im allgemeinen mehr thetisch dargeboten
als in eingehender Beweisführung, erarbeitet, so bleibt
es doch auch so sehr beachtenswert, um so mehr, als es von einem
herrührt, der, wie wir sahen, gegen die Reuß-Graf-Kuenen-Well-
hausensche Pentateuchkritik starke Vorbehalte hat und damit
auch die auf deren Boden erwachsene Zerlegung des J-Stoffes in
zwei Parallelfäden mit Mißtrauen betrachten muß. Offenbar ist
über Bejahung oder Ablehnung der gangbaren Pentateuchkritik
hinaus das zu erklärende Material, also der Pentateuch, von der
Art, daß auch Vertreter verschiedener Standpunkte sich zu einer
ähnlichen Erklärung des Tatbestandes genötigt sehen.

Halle/Saale Otto Ei ß fei dt

Torrey, Charles C.i The Chronicler's History of Israel. Chronicles-
Ezra-Nehemia Restored to Its Original Form. New Häven: Yale Uni-
versity Press 1954. XXXIV, 207 S. 8°. $ 5.—.

In diesem Buch faßt Torrey noch einmal seine Arbeiten am
chronistischen Geschichtswerk zusammen, die er 1896 mit seinem
Buch über „The Composition and historical value of Ezra-Ne-
hemiah" begonnen und in den „Ezra Studies" sowie vielen Aufsätzen
weitergeführt hatte. Diese ArBeTf'Festeht aus drei Teilen;
S. IX—XXXIV bringen eine Einführung, betitelt: The Chroniclers
history; S. 1—139 den hebräischen Text der Bücher Chronik-
Esra-Nehemia; S. 143—207 die englische Übersetzung von
2. Chr. 3 5-Neh. 13 nach der King James Bible von 1611. Schon
diese Inhaltsangabe zeigt, worum es T. hier geht, nämlich um die
Darbietung des chron. Werkes in seiner ursprünglichen Gestalt.
Vor allem liegt ihm einmal daran, die alte Reihenfolge der Kapitel
in Esra-Nehemia, wie er sie schon 1896 angegeben hatte,
anschaulich werden zu lassen; zum anderen fügt er die beiden Abschnitte
ein, die er inzwischen als alten Bestand des Werkes erkannt
hat, nämlich 1. Esr. 1, 21. 22 nach 2. Chr. 35, 20, sowie
1. Esra 4, 47b—56. 62. 63; 5,1-6 nach Esr. 1,11. Damit glaubt
er zum ersten Mal seit langer Zeit, seit bald zwei Jahrtausenden,
das Chron. Werk in seiner alten Form dem Leser darzubieten.

Der hebr. Abdruck hält sich sonst genau an den alten Baersdien
Text, unter Fortlassung der Akzente, aber nicht der linea makkeph, mit
einer besonderen Form für das Kamaes hatuph. Für den eigentlichen
Sinn dieser Ausgabe ist das ohne Belang; die grundsätzlichen Bemerkungen
über das Verhältnis von Vokalen und Akzenten sind mir aber
sehr zweifelhaft.

Die Einführung bringt noch einmal eine Zusammenfassung
seiner schon früher vertretenen Thesen, freilich in einer letzten
radikalen Zuspitzung: Alles, was nicht nachweisbar älteren Quellen
entnommen ist, stammt vom Chronisten, also nicht nur die
Esrakapitel, sondern auch die sog. Nehemiamemoiren. Dem chron.
Werk kann man keine authentische Nachricht über die nachexi-
lische Zeit entnehmen! Zum Beweis werden die früheren Beobachtungen
kurz zusammengefaßt. Hingewiesen wird dabei vor al-