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Ausgabe:

1956 Nr. 10

Spalte:

625-626

Kategorie:

Praktische Theologie

Autor/Hrsg.:

Iwand, Hans Joachim

Titel/Untertitel:

Die altkirchlichen Episteln für das Kirchenjahr 1955/56 1956

Rezensent:

Fendt, Leonhard

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625

Theologische Literaturzeitung 1956 Nr. 10

626

nämlich der Verpflichtung zu CA und Apologie, wie sie in der
Ordination ihrer Amtsträger festgehalten ist, aufgebaut wird.

Folgende Druckfehler sind zu verbessern: S. 41, Z. 6 1. „und"
(statt „an") und Z. 7 1. „ab" (statt „an"); S. 64, Z. 7 1. „Niederhessen
" (statt „Niedersachsen").

Die von innerer Leidenschaftlichkeit bewegte Darstellung
spricht den Leser, dem das Thema ein Anliegen ist, unmittelbar
an. Die methodisch geführte Untersuchung erreicht klare Ergebnisse
; insbesondere hat die Einführung des Begriffes „Bekenntnisentwicklung
" auflockernd gewirkt. Der Preis, der dafür bezahlt
werden mußte, berührt freilich den grundlegenden Begriff des
„Bekenntnisstandes", der ganz in den Fluß der geschichtlichen
Entwicklung hineingenommen erscheint: „Der Bekenntnis s t a n d
einer Landeskirche ist ganz aus ihrer Entwicklung zu entnehmen
" (S. 11). Es wäre wohl hilfreicher gewesen, wenn der
Begriff des Bekenntnisstandes, der zugestandenermaßen wegen
allzu starrer Handhabung selber erstarrt ist, wieder nach dem ursprünglichen
Sinn des begründenden Willens, der in dem Rechtsakt
der Rezipierung niedergelegt wurde, verstanden und gebraucht
würde: als Eingehen und Bestehen einer bindenden Verpflichtung
, als Eintritt in einen Bund, der auf einer formulierten
Grundlage ruht. Daher sind der reformatorische Anfang einer
Kirche und ihr Bekenntnisstand untrennbar miteinander verknüpft
, und der Fortgang der Geschichte entscheidet darüber, ob
die begründende Verpflichtung des Anfangs festgehalten oder
verlassen, entfaltet oder zerbrochen wird. In der Einführung von
Agende und Katechismus, in der Ordination der Amtsträger und
in der Berufung der theologischen Lehrer vollzieht sich diese fortwährende
Entscheidung der innerhalb der Geschichte lebenden
Kirche ihrem Bekenntnis gegenüber. Dabei erweist es sich, daß
ein Verlassen des Weges, den die ursprüngliche Entscheidung gewiesen
hat, stets eine eigentümliche Unruhe mit sich bringt, eine
Unklarheit in der Theologie, eine Oberflächlichkeit im kirchlichen
Handeln. Der Historiker hat nach den tieferen Gründen einer
solchen Entwicklung zu fragen, und der Verf. hat sie uns am Beispiel
der kurhessischen Kirche gezeigt. Möchte seine Schrift, die
nicht sehr umfangreich, aber um so gewichtiger ist, ähnliche Untersuchungen
in anderen Landeskirchen anregen!

Bethel Alfred Adam

PRAKTISCHE THEOLOGIE

Iwand, Hans Joachim, Prof. D.: Die altkirdilidien Episteln für das
Kirchenjahr 1955/56. Reminiscere bis Pfingsten. Berlin: Evangelische
Verlagsanstalt (Lizenzausgabe des Verlags Vandenhoedc & Ruprecht
, Göttingen) [1956]. 91 S. gr. 8° = Göttinger Predigt-Meditationen
H. 2. DM 2.—.

Dieses Heft gibt uns einen Ausschnitt aus der für die DDR
bestimmten Ausgabe der nun schon berühmten „Göttinger Predigt
-Meditationen". Hier erhält der Prediger für seine Predigt-
Vorbereitung eine saubere exegetische Präparation des Textes,
sowohl vom Standpunkt des technischen als auch des praktischen
Exegeten aus, und zwar mit den Mitteln der gegenwärtigen Facharbeit
. Das Anliegen aber, in welches hinein die Texte „gepredigt
" werden sollen, wird zumeist nur vom Text her gesehen —
es bleibt also dem Prediger vorbehalten, die konkreten Nöte
einer Gemeinde, z. B. in Magdeburg, Halberstadt, Wanzleben.
Berlin, mit dem Text zu konfrontieren; und das ist gut so. Problematisch
bleibt doch in allen solchen „Predigt-Meditationen",
und gerade auch in den „Göttinger", die Rolle, welche die Dog-
matik a.) für die Vorbereitung, b.) für die Predigt spielen darf.
Es handelt sich da um nichts geringeres als um die Bedeutung
der „doctores" für die Feststellung des Offenbarungscharakters,
also der Qualität (oder virtus) „Wort Gottes" und für die Herausarbeitung
des geoffenbarten Gotteswillens aus dem Text!
Einst hat im Reformationsjahrhundert der Spanier Melchior Cano
(t 1560) diese Aufgabe für die biblisch schwer erschütterten Katholiken
in seinem Werk „De Iocis theologicis" auf sich genommen
, nicht ohne gerade an der „Doctoren-Stelle" mannigfachen
katholischen Widerspruch zu erfahren. Bei uns wäre doch wohl
eine Neudurchforschung der Selbstverständlichkeit nötig, mit

welcher z.B. Barth, Bonhoeffer, Kähler u.a. als Finder des Gotteswortes
in den „Predigt-Meditationen" (und in den Predigten)
figurieren (denn daß die „Doctores" als „Anmerkungen" zu der
anderweit geschöpften Entscheidung angerufen werden, das ist
ungefährlich; wenn auch andere Zeiten wieder andere anrufen!).
Es ist da nicht auf eine „Lex Doctorum" abgesehen, sondern auf
die Treffsicherheit der Predigttext-Präparationen von dem Gewicht
der „Göttinger".

Augsburg Leonhard Fendt

Berbuir, Eucharius: Das Kirchenjahr in der Verkündigung. T. 1—3.
Freiburg: Herder [1950]. 8°.

1. Septuagesima bis Pfingsten. VII, 340 S. Lw. DM 8.50.

2. 1—17. Sonntag nach Pfingsten. IV, 302 S. Lw. DM 8.50.

3. 18. Sonntag nach Pfingsten bis letzter Sonntag nach Epiphanie.
IV, 464 S. Lw. DM 12.50.

In diesem auf zwölfjähriger Bemühung und Erfahrung aufbauendem
Werk einer homiletischen Auslegung der Texte des
Kirchenjahres legt uns der Franziskanerpater Eucharius Berbuir
(Bonn) einen „Versuch" vor, wie er seine Arbeit bescheiden
nennt, dem auch innerhalb der katholisch-theologischen Literatur
eine besondere Bedeutung zukommt. Es geht nicht nur um einen
der üblichen praktischen Kommentare zu den laufenden Texten
als Hilfsmittel für den Prediger — das auch! —, sondern um eine
dahinterstehende und die kommentatorische Arbeit programmatisch
bestimmende Theologie der Verkündigung. Darum ist der
meditierenden Auslegung der Texte des Jahreszyklus auch eine
Einführung vorangestellt (Bd. I, S. 5—49), die über die theologischen
Grundlagen und Absichten der folgenden Ausführungen das
Wichtigste sagt.

Der Forderung der Encyclica „Mediator Dei" Pius' XII., geistliche
Erkenntnis der Heilsmysterien zu gewinnen, soll hier betonterweise
durch Verkündigung Genüge geleistet werden. Der
Veräußerlichung und dem Glaubensverfall gegenüber wird die
Wichtigkeit der Predigt des Wortes Gottes hervorgehoben, und
zwar gerade im Hinblick auf die Zubereitung zur Eucharistie:
» • • . ohne Verkündigung eröffnet sich nicht das Mysterium des
Glaubens und dann auch nicht die Möglichkeit einer erleuchteten
Mitfeier des liturgischen Mysteriums" (S. 14). Es geht dem Verf.
darum, seine Verkündigung von der dhristologischen Mitte des
fleischgewordenen, erhöhten und im Sakrament der Kirche präsenten
Kyrios-Logos her zu entfalten und über die Perikopen
des Kirchenjahres die Glaubenserkenntnis von Stufe zu Stufe zu
dieser ihrer Fülle im Mysterium des Meßopfers zu führen. Das
Wort der Lehre und der Glaubenserkenntnis ist dem Sakrament
gegenüber nichts Selbständiges, sondern seinem inwendigen und
geistlichen Verständnis nach ganz in das liturgische Heilsgeschehen
einbezogen und als dessen Sinn und ausstrahlendes Leben
verstanden. Heilsgeschichte, liturgischer Jahreskreislauf und sakramentale
Christuspräsenz bilden eine geistliche, in sich gegliederte
Einheit, in der sich die Verkündigung und das Leben der
Christen vollzieht. Verkündigung ist Einweihung in das Mysterium
, die Texte sind recht verstanden Kommentar zur Liturgie.
Die Predigt muß herauswachsen aus jenem „Wesenswort, wie es
uns die Mutter Kirche für die Mysterienfeier je und je besonders
darbietet" (I S. 38).

Das hat notwendig hermeneutische Konsequenzen. Wir
„müssen uns thematisch um den im Literalsinn eingehüllten heilsgeschichtlichen
Sinn der Worte und Taten des Herrn bemühen"
(I S. 39). Erst von der Transparenz dieses inwendigen Sinns her,
den es durch Gebet, ehrfürchtig liebende Hingabe und Meditation
zu erfassen gilt, erschließt sich die Ganzheit der Heiligen Schrift.
Und — was für P. Berbuirs heilsgeschichtliches Denken besonders
bedeutsam ist: — für dieses Werk der Auslegung ist nicht eine
theologische Schule, sondern die „Wolke der Zeugen" aus der
ganzen Kirchengeschichte des Westens und Ostens mit ihren in
solchem Sinne erleuchtenden Beiträgen (cf. Register!) zugezogen;
mit besonderer Vorliebe allerdings Origenes, Chrysostomus, Augustin
, Leo der Große und Bonaventura.

In der Form von „Kontemplationen", die der Predigtdiktion
stark angenähert sind, vollzieht sich nun als Stufengang die Erörterung
der Perikopen. Die verschiedenen Texte des gleichen
Tages werden von ihrer liturgischen Einheit her, die als gegeben