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Ausgabe:

1956 Nr. 10

Spalte:

611

Kategorie:

Bibelwissenschaft

Autor/Hrsg.:

Albright, William Foxwell

Titel/Untertitel:

Recent discoveries in Bible lands 1956

Rezensent:

Eissfeldt, Otto

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611

Theologische Literaturzeitung 1956 Nr. 10

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stus-Offenbarung den weiteren Weg weist und jene alten Gestalten
indischer Religion, wie zauberhaft sie einst auch erschienen
, ablöst.

Künzelsau F»so Melzer

BIBELWISSENSCHAFT

Albright, William Foxwell: Recent Discoveries in Bible Lands. Pu-
blished by the Biblical Colloquium by special arrangement with Funk
& Wagnalls Company, New York, 1955. 136 S., 1 Falttafel (Chronolo-
gical Table). 8°. $ 2.

Die vorliegende Übersicht über die während der letzten anderthalb
Jahrhunderte und namentlich während der letzten Jahrzehnte
in den Ländern der Bibel gemachten Entdeckungen, die
^ ein Supplement zu Y o u n g' s Analytical Concordance to the
Bible bildet und mit dieser erstmalig 1936, in zweiter Auflage
1955 erschienen ist, handelt, nachdem sie in Kap. I die Arten und
Methoden der vor etwas mehr als einem Jahrhundert in den
Ländern der Bibel begonnenen archäologischen Arbeit beschrieben
hat, in Kap. II—VII zunächst von der Wiederentdeckung Alt-
Ägyptens, Alt-Mesopotamiens, Alt-Palästinas, Alt-Syriens, Alt-
Kleinasiens und Alt-Arabiens. Mit Kap. VIII tritt dann an die
Stelle des geographischen Ordnungsprinzips das chronologische,
indem die Folge der biblischen Geschichte den Rahmen für das
abgibt, was von neueren Entdeckungen mitgeteilt wird: VIII Die
Schöpfung der Welt in den altorientalischen Literaturen; IX Die
Menschheit vor und nach der Flut; X Die Völkertafel; XI Das
Zeitalter der Patriarchen; XII Die Kanaanäer und ihre Kultur;
XIII Mose, Exodus und Eroberung Kanaans; XIV Die Richter und
das geeinte Königreich; XV Das Königreich von Samaria;
XVI Juda vor dem Exil; XVII Das Exil und die Wiederherstellung
; XVIII Die interfestamentliche Periode: Macedonier und
Makkabäer; XIX Die Herodianische Renaissance. Die Kapitel XX
(Erhellung des Neuen Testaments durch ägyptische Papyri), XXI
(Kleinasien und Griechenland zur Zeit des Paulus), XXII (Erhellung
der biblischen Textgeschichte durch neue, d.h. 1843—1948
gefundene Manuskripte), XXIII (Die Rollen vom Toten Meer)
sowie die dem kurzen Kap. XXIV, das zeigt, wie die wissenschaftliche
Erforschung der Bibel ihre religiöse Bedeutung nicht
schmälert, sondern erhöht, folgenden und damit das Buch abschließenden
„Zusätzlichen Bemerkungen" aber handeln von
wichtigen Textfunden der letzten 150 Jahre, die in besonderem
Maße zu vertieftem Verständnis der Bibel beigetragen haben.

Eine bessere Übersicht über die in den Ländern der Bibel
gemachten neueren Entdeckungen als die hier gebotene ist kaum
denkbar. Wie es sich bei Albright von selbst versteht, verbindet
er die objektive Mitteilung des Tatbestandes mit Ausdeutungen
, die, wenn auch gewiß weithin subjektiv und insofern
nicht immer endgültig, den Tatbestand doch erst verstehen und
durchdringen lehren. Die S. 14 ausgesprochene Vermutung, daß
das Prov. 22, 17—24, 22 sehr ähnliche Weisheitsbuch des Amen-
emope den Israeliten durch die Vermittlung der Phönizier bekannt
geworden sei, hat viel für sich, und dasselbe gilt wohl von
der Erklärung der zwischen Psalm 104 und Echnatons „Sonnenlied
" bestehenden Verwandtschaft daraus, daß der Psalm auf
ein ägyptisch beeinflußtes kanaanäisches Lied zurückgehe (S. 14 f.).
Beachtet sein will auch die S. 70 zur Völkertafel Gen. 10 gemachte
Bemerkung, daß dieses Kapitel keinerlei Material enthalte,
das später als das 9. Jhdt. v. Chr. angesetzt werden müßte; freilich
ist hier kritische Nachprüfung unerläßlich. Daß ein paarmal
Angaben stehen geblieben sind, die für die Zeit der ersten Ausgabe
des Buches, 1936, gültig waren, aber jetzt überholt sind
(S. 8: Stand des Erman-Grapow sehen Lexikons der ägyptischen
Sprache; S. 113, wo gesagt wird, daß seit 1897 vierzig
Jahre vergangen sind), stört den Genuß des Buches nicht und
wird auch von den meisten Lesern kaum bemerkt werden. In einer
neuen Ausgabe sollten diese Versehen aber doch beseitigt werden
, wobei dieser Wunsch insbesondere auch eine deutsche Ausgabe
im Auge hat. Denn es ist dringend erwünscht, daß die vorliegende
Schrift so bald wie möglich auch den zahlreichen Bibelfreunden
, deren Muttersprache die deutsche ist, bequem zugänglich
gemacht werde.

Halle Saale otto Eißfeldt

Vetus Latin a. Die Reste der altlateinischen Bibel nach Petrus
Sabatier neu gesammelt und hrsg. v. d. Erzabtei Beuron. 26. Band:
Epistulae Catholicae. Apocalypsis. 1. Lieferung: Epistula Jacobi.
Freiburg: Herder 1956. 64 S. 4°. DM 14.—.

Da aller Voraussicht nach noch manches Jahr dahin gehen
wird, bevor auch nur das AT der in dieser Zeitschrift (1951, 230 f.;
727 f.; 1955, 86 ff.) angezeigten Vetus Latina vollendet sein
wird, so war die Leitung des hochbedeutsamen Werkes, auf das
sich später alle geisteswissenschaftliche Forschung gelegentlich angewiesen
sehen wird, wohl dabei beraten, gleichzeitig auch das
NT in Angriff zu nehmen. Der vorletzte (26.) Band soll das bisher
wenig untersuchte Corpus Catholicum und die Apocalypse
bringen. Davon erhalten wir hier den ersten Fascikel mit dem
Jacobusbrief.

Die Anlage ist die gleiche wie bei der Genesis, und wer sich
dort eingelesen hat, wird sich auch hier leicht zurechtfinden. Die
erste Zeile trägt den griechischen Text (nach Nestle), mit den
Varianten in kleineren Typen, soweit sie in der lateinischen Überlieferung
zum Vorschein kommen. Dann folgen in mehreren Zeilen
die führenden Lateiner. Gewöhnlich sind es bei Jak zwei,
nämlich F, jetzt durch die Ziffer 66 bezeichnet, der früher ff genannte
Text, den eine in Leningrad ruhende Hs des 10. Jhdt. bietet
, und V, die Vulgata, welche Fischer in einer von Wordsworth-
White mitunter abweichenden neuen Rezension vorlegt. Für
einige Partien erscheint an der Spitze noch eine weitere Zeile S,
ein Text, der durch den Codex Legionensis (67), das pseudo-
augustinische Speculum und Priscillian als in Spanien beheimatet
erwiesen wird. Daneben findet man noch die Buchstaben T (für
einen anderen spanischen Text, Lesarten in der spanisch-gallischirischen
Vulgataüberlieferung), A (für Korrekturen aus Augustinus
) und G (für gallische Sonderlesarten).

Der erste Apparat begründet die Texteszeilen; er weist die
griechischen Varianten nach, rechtfertigt die durch S, T, A, G bezeichneten
Textesstücke als solche und nennt die lateinischen Hss
und Schriftsteller, bei denen diese Lesarten erscheinen. Neben der
griechischen Überlieferung hat man auch die armenische, syrische,
bohairische und sahidische Version berücksichtigt, sobald dort die
betreffenden Varianten auftauchen. Der zweite Apparat bietet
dann in alphabetischer Folge den Text der Schriftstellerzitate mit
Angabe des Fundortes.

Bekanntlich ist Jak im Abendland erst spät zu kanonischer
Geltung gekommen, man weiß nicht, wo und wann zuerst. Sicher
ist, daß weder die afrikanische noch die römische Kirche während
des 3. Jhdt. ihn unter die hl. Schriften gerechnet haben; und ob
man in den Tagen Cyprians überhaupt den Brief kannte und in
lateinischer Übersetzung besaß, darf man bezweifeln. Auch die
Frage nach dem Alter und der Heimat der lateinischen Übersetzung
und die andere wichtige, ob des Hieronymus Hand an unserem
Vulgatatext gearbeitet hat, sind für uns vorläufig noch ganz
ungeklärt. Allzuschnell glaubte Harnack auf das wiederholte
Novum testamentum Graecae fidei reddidi hin diese Hand
zu erkennen. Er nimmt an (Zur Revision der Prinzipien der neu-
testamentlichen Textkritik, Leipzig 1916, 119 ff.), daß unser früher
mit s, jetzt mit 53 bezeichneter Palimpsesttext des 6. Jhdt. aus
Bobbio ein Altlateiner sei, den Hieronymus ausgebessert habe,
ohne die griechische Überlieferung zu berücksichtigen, ein etwas
merkwürdiges Verfahren, wenn man sich rühmte, den Lateiner
dem Urtext angepaßt zu haben. Gleichwohl erscheint Harnacks
Annahme, daß s die Vorlage für die Vulgata darstellt, nicht unbegründet
; und wer diese Anschauung teilt, sähe natürlich gern
den s-Text in einer Vollzeile über der Vulgatalinie statt in kleinerer
Schrift zu deren Füßen. Man wird an diesem Beispiel sehen,
wieviel bei der Anordnung der führenden Zeilen von dem Bild
abhängt, das man sich von der Textgeschichte gemacht hat. Die
Andeutungen, welche wir darüber S. 6 finden, werden späterer
Ergänzung bedürftig sein, wie man auch wohl, nachdem die In-
eipit der Hss mitgeteilt sind, erwarten darf, daß die nicht uninteressanten
Explicit (z. B. in 66) nachfolgen werden.

Für die F-Zeile würde es sich empfohlen haben, einen unveränderten
Abdruck dessen zu geben, was die Hss 66 bietet. Daß
ein solcher Jak-Text um 400 in Italien gebräuchlich war, lehren
uns kürzere Zitate bei Papst Innozenz und Chromatius v. Aqui-
leja. Damit ist freilich noch keineswegs erwiesen, daß wir den