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Ausgabe:

1956

Spalte:

577-586

Autor/Hrsg.:

Prenter, Regin

Titel/Untertitel:

Die systematische Theologie und das Problem der Bibelauslegung 1956

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Begründet von Emil Schürer und Adolf von Harnack
Unter Mitwirkung von Professor D. Ernst Sommerlath, Leipzig
HERAUSGEGEBEN VON PROFESSOR D.KURT ALAND, HALLE «BERLIN

NUMMER 10 81. JAHRWANG OKTOBER 1956

Spalte

Die systematische Theologie u. das Problem
der Bibelauslegung.Von R. Prenter 577

Christus, das All und die Kirche.

Von E. Käsern ann............ 585

Der gegenwärtige Stand der Erforschung
der in Palästina neu gefundenen hebräischen
Handschriften

34. Die Loblieder von Qumr&n II.

Von H. Bardtke............. 589

AI br igh t, W. F.: Recent Discoveries in Bible

Lands (O. Eißfeldt)............. 611

Arens, H.: Sprachwissenschaft (F. Melzer) . . 603

Berbuir, E.: Das Kirchenjahr in der Verkündigung
. I-III (J. Konrad).......... 626

Brune, E.: Der Kampf um eine evangelische
Kirche im Münsterland 1520—1802
(R. Stupperich)............... 620

Debrunner, A.: Geschichte der griechischen
Sprache. II.: Orundfragen und Orundzüge
des nachklassischen Griechisch (P. Katz) . . 607

— s. Hoffmann, 0.............. 607

— s. Stolz, F................. 607

Spalte

Eidlitz, W.: Die indische Gottesliebe
(F. Melzer)................. 609

Farn er, O.: Huldrych Zwingli. I-III (E. Kahler) 622

Fremgen, L.: Offenbarung und Symbol
(K. Goldammer).............. 608

Hoffmann, O. u.Debrunner. A.:Geschichte
der griechischen Sprache. L: Bis zum Ausgang
der klassischen Zeit (P. Katz)..... 607

Hommes, J.: Der technische Eros (O. Holtz) 613

(wand, H.J.: Die altkirchlichen Episteln für
das Kirchenjahr 1955/56 (L. Fendt)..... 625

Jahrbuch der Österreichischen Byzantinischen
Gesellschaft II und III (I- Irmsclier).....

Lähteenmäki, O.: Sexus und Ehe bei Luther
(E.Schott)................. 621

Lasaulx, E.V.: Neuer Versuch einer alten, auf
die Wahrheit d. Tatsachen gegründeten Philosophie
der Oeschichte. Hrsg. u. eingel. von
E. Thurnher (F. Delekat).......... 615

Maurer, W.: Bekenntnisstand und Bekenntnisentwicklung
in Hessen (A. Adam)...... 624

616

Spalte

Mussner, F.: Christus, das All und die Kirche
(E. Käsemann)............... 585

Stolz, F.: Geschichte der lateinischen Sprache.

3. Aufl. v. A. Debrunner (P. Katz)..... 607

Thurnher, E., s. Lasaulx, E. v........ 615

Vetus Latina. Bd.26: Epistulae Catholicae.

Apocalypsis. Lfg. 1: Epistula Jacobi (H.Vogels) 612
Wackernagel, J.: Kleine Schriften. I. u. II.

(P. Katz).................. 603

Referate über theologische Dissertationen
in Maschinenschrift:

Pietz, R.: Der Mensch ohne Christus . . . 627

Reichert, E. O.: Amsdorff und das Interim 628

Richter, H.: Studien zu Hiob....... 629

Ripke, F. L.: Paradoxe Einheit durch Integration
bei Klemens von Alexandrien . . . 631

Von Personen:

Friedrich Karl Schumann zum 70. Oeburtstag 631
Zur Bibliographie F. K. Schumanns..... 633

Neue Bücher ...........637

Die systematische Theologie und das Problem der Bibelauslegung

Von Regin Prenter, Äarhus

Viele und vielerlei Probleme bereiten der Auslegung von
Bibeltexten Schwierigkeiten, u.a. Probleme philologischer, religionsgeschichtlicher
und literarischer Art. Die exegetische Forschung
muß zu all diesen Stellung nehmen.

Die systematische Theologie dagegen beschäftigt sich wesentlich
nur mit einem Problem der Bibelauslegung, nämlich folgendem
: gibt es eine, in der Substanz unveränderliche biblische
Wahrheit, die sich heute verkündigen läßt?

Auf diese Frage braucht der Exeget nicht zu antworten. Er
kann sich damit begnügen, die Bibeltexte als historische Dokumente
zu deuten und hat es dann nicht nötig, sich um die Frage
zu kümmern, wieweit diese Dokumente eine für ihn selbst und
andere heute gültige Wahrheit bezeugen.

Der Systematiker dagegen kann einer Beantwortung dieser
Frage nicht aus dem Wege gehen. Kann er sie nicht bejahen, hat
er eo ipso über seine eigene Arbeit das Todesurteil gefällt. Existiert
für die Verkündigung heute keine eindeutige biblische
Wahrheit, hat die systematischeTheologie weder ein Objekt noch
eine Aufgabe mehr.

Das Problem der Schwierigkeiten der Bibelauslegung ist
doppelter Art. Zum ersten handelt es sich darum, inwiefern es
überhaupt eine eindeutige biblische Wahrheit gibt. Wir nennen
diese Seite des Problems die Frage nach der Ganzheit und Einheit
der Bibel. Besitzen die verschiedenartigen biblischen Schrif
ten einen inneren Zusammenhang? Enthält die Bibel, angenommen
, daß all ihre Schriften in einem solchen inneren Zusammenhang
stehen, eine eindeutige Wahrheit?

Die andere Seite des Problems ist, wieweit die Wahrheit der
Bibel, vorausgesetzt daß sie als eindeutige Größe existiert, mit
der Sprache unserer Zeit verständlich ausgedrückt werden kann.
Diese andere Seite des Problems nennen wir die Frage der Reproduktion
der biblischen Botschaft.

577

U.- 3 . Ü J.

Und eben diese andere Seite des Problems hat in der systematischen
Theologie des letzten Jahrzehnts die größte Aufmerksamkeit
erregt. In der Diskussion um die Entmythologisierung
handelt es sich, recht besehen, um die Möglichkeit der Reproduktion
der Bibel.

Zwecklos allerdings wäre es, das Problem der Reproduktion
der biblischen Botschaft zu erörtern, solange man sich nicht
einig darüber ist, was man zu reproduzieren wünscht oder ob
überhaupt etwas zu reproduzieren ist. Vermutlich ist diese Uneinigkeit
über die Voraussetzungen der Reproduktion daran
schuld, daß die Debatte der Entmythologisierung oft so unklar und
inkonsequent geführt wird. Daher erscheint es mir notwendig,
wenn diese Debatte überhaupt vom Fleck kommen soll, daß man
der ersten Seite des Problems der Bibelauslegung, der Frage
nach der Ganzheit und Einheit der Schrift größere Aufmerksamkeit
widmet. Das Folgende wird gerade hierzu einige Gesichtspunkte
bringen.

L

Für die vorkritische Bibelauffassung existierte im Grunde
nicht das Problem der Ganzheit und Einheit der Bibel. Die historisch
-kritische Bibelforschung dagegen hat sowohl die Ganzheit
als die Einheit der Bibel ein für allemal zu einem Problem gemacht
.

Es mag sein, daß die Exegeten von heute im allgemeinen für
den Zusammenhang zwischen dem AT und dem NT und für die
Einheit des heilsgeschichtlichen Inhalts, der die verschiedenen
Schriften verbindet, mehr Blick haben. Aber prinzipiell besteht
die Spannung weiterhin genau so stark zwischen der historischen
Betrachtungsweise, die auf die Einmaligkeit des einzelnen historischen
Phänomens Gewicht legt, bis zur Auflösung der Ganzheit
und Einheit, und dem systematischen Interesse, das sich eben um
die Ganzheit und Einheit bemüht, dem der Historiker mit Skep-

578

28.N0V.i%6