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Ausgabe:

1956 Nr. 1

Spalte:

36-39

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Conzelmann, Hans

Titel/Untertitel:

Die Mitte der Zeit 1956

Rezensent:

Winter, Paul

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Theologische Literaturzeitung 1956 Nr. 1

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des geschichtlichen Handelns Jahwes zuzuordnen (S. 69 Anm. 101).
sondern dient der Deutung der Ereignisse, die Entscheidung fordernden
Charakter trägt. Es soll sich nicht die offenbarende Selbstvorstellung
Jahwes in Gericht oder Heil erkennen lassen (S. 70),
sondern in Untergang oder Rettung soll der Mensch erfahren und
glauben, daß Jahwe es ist, der zürnend oder helfend eingegriffen
hat. Gewiß wird keine Feststellung über das metaphysische Wesen
Jahwes getroffen, aber auch nicht in geschichtlich bezogener
Aussage auf eine Tat Jahwes gewiesen, die einzig in ihm selber
begründet ist (S. 72). Vielmehr soll der Mensch die vom Propheten
angekündigten Ereignisse als göttliches Tun erleben, verstehen
und bejahen. Kann man da überhaupt noch von „Erkenntnis
" sprechen und wäre nicht treffender zu übersetzen: „erleben,
erfahren, daß ich Jahwe bin"?

Wien Georg Fohrer

Jcllinek, Johannes: Eine Handvoll Oliven aus Israel. Stuttgart:
Quell-Verlag [1955]. 174 S., 22 Zeichn. u. Kartenskizzen. 8°. Hlw.
DM 6.80.

Der Verfasser gibt Eindrücke wieder, die er von einem Aufenthalt
am schwedischen theologischen Institut im israelischen
Teil von Jerusalem mitbrachte. Er weiß fesselnd zu erzählen, hat
reizende eigene Federzeichnungen beigesteuert und sein zuerst
schwedisch erschienenes Büchlein selbst in ein flüssiges Deutsch
übersetzt; eine Übersetzung ins Holländische ist in Vorbereitung
. Der Titel „Eine Handvoll Oliven" bringt zum Ausdruck,
daß sein Büchlein keine wissenschaftlichen Ansprüche erhebt,
sondern Alltagsimpressionen wiedergeben will. Das ist ihm sehr
gut gelungen. Die von warmer Sympathie für Israel getragenen
Schilderungen werfen Schlaglichter auf die mannigfachen Probleme
des jungen Staates aus christlicher Sicht. Besonders gut gelungen
ist die Schilderung des Sabbats in Jerusalem. Ein Anhang
ergänzt die einzelnen Kapitel durch statistisches und anderes
Tatsachenmaterial.

Güttingen Joachim Jeremias

F r i t s c h. Charles T.: Herod the Great and the Qumran Community.

Journal of Biblical Literature 74, 1955 S. 173—181.
Ginsberg, H. L.: The Original Hebrew of Ben Sira 12,10—14.

Journal of Biblical Literature LXX1V, 1955 S. 93—95.
Glueck, Nelson: The Third Season of Explorations in the Negeb.

Bulletin of the American Schools of Oriental Research 13 8, 1955

S. 7-29.

Gordis, Robert: Was Koheleth a Phoenician? Some Observations
on Methods in Research.

Journal of Biblical Literature LXX1V, 1955 S. 103—114.
J a m m e, A.: Some Qatabanian Inscriptions Dedicating .Daughters
of God'.

Bulletin of the American Schools of Oriental Research 1 38, 1955
S. 39—47.

J e p s e n, Alfred: Probleme der Auslegung des Alten Testaments.

Zeitschrift für systematische Theologie 23, 1954 S. 373—386.
K e 1 s o, James L.: The Archeology of Qumran.

Journal of Biblical Literature 74, 1955 S. 141—146.
K o e h 1 e r, Ludwig: Zum Verständnis von Jes. 7, 14.

Zeitschrift für die alttestamentliche Wissenschaft 67, 1955 S. 48—50.
Kraus, Hans-Joachim: Die prophetische Botschaft gegen das soziale

Unrecht Israels.

Evangelische Theologie 15, 1955 S. 295—307.
Lambert, G.: II n'y aura plus jamais de deluge (Genese IX, ll).

Nouvelle Revue Theologique 87, 1955 S. 581—601. 693—724.
M a a s s, Fritz: Von den Ursprüngen der rabbinischen Schriftauslegung.

Zeitschrift für Theologie und Kirche 52, 195$ S. 129—161.
Milik, J. T.: Le Testament de Levi en arameen. Fragment de la

grotte 4 de Qumrän (PI. IV).

Revue Biblique 62, 1955 S. 398—406.
Parisius, Ludolf: Studie zur Form des 1. Abschnitts des DSD und

zu Brownlees Ergänzungen zu Zeile 1 und 2.

Zeitschrift für die alttestamentlidie Wissenschaft 67, 1955 S. 103
bis 106.

Pinckaers, Servais: L'esperance de I'Ancien Testament est-elle la
meme que la nötre?

Nouvelle Revue Theologique 87, 1955 S. 785—799.
Preß, Richard: Der Gottesknecht im Alten Testament.

Zeitschrift für die alttestamentlidie Wissenschaft 67, 1955 S. 67—99.

NEUES TESTAMENT

Conzelmann, Hans, Prof.: Die Mitte der Zeit. Studien zur Theologie
des Lukas. Tübingen: Mohr 1954. VIII, 210 S. gr. 8° = Beiträge
zur historischen Theologie, hrsg. von G. Ebeling, Bd. 17.
DM 20.60.

Das neuerlich rege wissenschaftliche Interesse am Lukasevangelium
ist zwiefacher Natur und in diversen Erwägungen begründet
: einerseits ist es auf die Frage der Quellenbenützung durch
den Evangelisten eingestellt, andererseits ist es dem persönlichen
Anteil des Verfassers des Evangeliums zugewandt und befaßt
sich mit der schriftstellerischen Leistung und theologischen Konzeption
des Verfassers, also seinem ureigensten Beitrag zur Zielrichtung
der jungen Religion des Christentums. Historisch sowie
literarisch gesehen, gehören beide Fragen zu den wichtigsten
Problemen, die der objektiv-wissenschaftlichen Erforschung der
Urgeschichte des christlichen Glaubens aufgegeben sind.

Das stoffliche Interesse an der Quellenbenützung des Lukasevangelisten
erklärt sich zur Genüge aus der Tatsache, daß sich
in dem nicht von Markus abhängigen in Lk. verarbeiteten „Sondergut
" eine Auffassung von dem Wirken und der Bedeutung
Jesu vorfindet, die in charakteristischen Zügen von der marcini-
schen Auffassung abweicht. Es gibt hier, im lukanischen Sonderstoff
, keine doctrina crucis. Das hat dazu Anlaß gegeben, zu
vermuten, daß dem Lukasevangelium vorpaulinische Quellen
palästinensischer Herkunft einverleibt sind, welche den Glauben
der Urgemeinde in mehr ursprünglicher Gestalt zum Ausdruck
bringen, als dies der Theologie des zweiten Evangelisten entsprach
. Berechtigterweise ist jedodi darauf hingewiesen worden,
daß sich auch in der Apostelgeschichte keine Darstellung der Notwendigkeit
des Kreuzestodes Jesu aufzeigen läßt, — und man
hat daraus geschlossen, daß die im lukanischen Sondergute zutage
tretende Auffassung auf die persönliche schöpferische Leistung
des Evangelisten, seine Theologie, sein eigenes Geschichtsbild
, und nicht auf Quellenbenützung zurückzuführen sei. Das
Interesse an dem persönlichen gedanklichen Beitrag des Evangelisten
, seiner bewußt-schriftstellerischen Komposition, an seiner
Interpretation und Umgestaltung des überlieferten Stoffes, ergibt
sich schon daraus, daß der Verfasser des Lukas die Naherwartung
stark in den Hintergrund treten läßt: ein ursprünglich
eschatologisch eingestelltes Lebensgefühl paßt sich im dritten
Evangelium einem Weltverständnis an, das mit der Fortdauer der
Geschichte rechnet. Obwohl dem zweiten Evangelium näher als
dem vierten, vermittelt Lukas das Abbild einer Station auf der
Strecke des Übergangs von Markus zu Johannes.

Beide Gesichtspunkte, der stoffliche sowohl wie der persönliche
, lassen sich sehr wohl vereinigen. Unter beiden erweist sich
das Studium der lukanischen Schriften höchst wichtig.

In seinem Buch „Die Mitte der Zeit" fragt Hans Conzelmann
„nach dem Ganzen des jetzigen Bestandes", ohne „spezielle
literarische Theorien" entwickeln zu wollen. Sein Ziel ist „nicht
die Erforschung der Vorlagen und Quellen als solcher" (S. 4),
sondern eine Darstellung des diese Quellen übernehmenden und
umdeutenden heilsgeschichtlichen Schemas des Verfassers. Indem
C. den lukanischen „Rahmen" abgesondert vom Überlieferungsgut
betrachtet und den „Rahmen" „als Größe sui generis" behandelt
, versucht er aufzuzeigen, was der Evangelist in seinem
Werk zu erzielen beabsichtigte. Für C. ist es die eigene schriftstellerische
Leistung des Evangelisten, die überall den Ausschlag
gibt und die zur „Gestaltung eines neuen Geschichtsbildes aus
den vorgefundenen, nun als Steinen zu einem neuen Mosaik verwendeten
Bestandteilen" (S. 4) führt. „Lukas nimmt das vorhandene
Material auf, gestaltet es aber in bezeichnender Weise
um" (S. 14) ist ein Urteil, das in manchen Abwandlungen immer
wieder ausgesprochen wird. Das leitende Bild des Evangelisten
von Wesen und Wirksamkeit Jesu läßt sich „nicht aus der Benützung
verschiedener Quellen erklären, sondern stellt konsequente
redaktionelle Gestaltung durch den Verfasser" (S. 63)
voraus. In der Tatsache, daß im Lk.-Evgl. „das nicht-Marcinische"
den Rahmen bildet, erblickt C. den Nachweis, daß es der Evangelienverfasser
war, der bewußt den marcinischen Stoff „gerahmt"