Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1956

Spalte:

453-454

Kategorie:

Kirchengeschichte: Mittelalter

Autor/Hrsg.:

Bihlmeyer, Karl

Titel/Untertitel:

Kirchengeschichte ; 2.Das Mittelalter 1956

Rezensent:

Campenhausen, Hans

Ansicht Scan:

Seite 1

Download Scan:

PDF

453

Theologische Literaturzeitung 1956 Nr. 7/8

454

nicht des Willens, und zwar dies so, daß die letzte Seligkeit des
Menschen in einer Betätigung des intellectus speculativus besteht.
Des weiteren wird verteidigt, daß primäres Objekt der Gottesschau
Gott, sekundäres Objekt unsere Bitten und auch Kreaturen
im allgemeinen sind. Als intelligible Form für die selige
Gottesschau wird Gottes Wesen herausgestellt, zugleich aber wird
auch betont, daß die Gottesschau für die natürlichen Kräfte des
geschaffenen Intellektes unerreichbar ist und erst durch das Glorienlicht
ermöglicht wird. Schließlich wird auch die — auch heute
noch aktuelle — Frage nach der Gottesschau als jenseitiger Erfüllung
des diesseitigen menschlichen Seligkeitsbestrebens als schon
von Capreolus und seiner Vorzeit diskutiert erwiesen.

Uns ist damit eine gediegene Arbeit geschenkt, die Schritt
für Schritt den Ausführungen des Capreolus folgt, jeweils aber
auch nachprüft, ob er die Lehre des Aquinaten, aber auch seiner
Gegner richtig wiedergibt. Hier kommt der V. nun zur Feststellung
, daß die Ausführungen des Johannes Duns Scotus verschiedentlich
(z. B. S. 27, 75, 280), aber auch diejenigen des Gottfried
de Fontibus (S. 174) nicht richtig gebracht sind. Es wäre nun eingehend
zu prüfen, welche Quellen dem Capreolus für seine Zitate
vorgelegen sind. Ist es doch ganz gut möglich, daß er für
Scotus eine verderbte Handschrift benutzen mußte. V. ist einmal
(S. 281) der Meinung, daß Capreolus aus zweiter Hand genommen
hätte. Endgültiges wird sich hier erst sagen lassen, wenn wir die
unter Leitung von C. Balic günstig voranschreitende vorzügliche
Scotusedition besitzen werden.

Aufgefallen ist, daß die Darstellung der Lehre des hl. Thomas
nicht hinreichend unterbaut wird. Es wäre wohl angebracht
gewesen, dieselbe nicht bloß summarisch oder auf Grund der von
Capreolus selbst gebotenen Texte, sondern jeweils genau aus dem
Gesamtwerk darzutun. So ist es z. B. nur halb richtig, daß Thomas
die distinctio realis zwischen Wesenheit und Dasein gelehrt habe
(S. 210). Er unterliegt hier und wohl auch anderswo Schwankungen
, die vielleicht auch der Grund dafür sind, daß sogar schon alte
Thomaserklärer (S. 255) Gegensätze bei Thomas nicht abstreiten
können. Auch scheint der V. nicht ganz der besonders von
Anfängern schwer zu umschiffenden Gefahr entgangen zu sein,
in seine Thomasinterpretation zu viel von unserem heutigen theologischen
Wissen zu mischen (man vgl. z.B. S. 118 und 211).
So ist es eine Frage, ob man alte Thomaskommentatoren wie
Cajetan oder Silvester von Ferrara hätte zu Worte kommen lassen
dürfen. Gleiches gilt auch für die Erklärung des Scotus.

Zu vermerken wäre, daß man Capreolus doch nidit gut als einen der
frühesten (S. 319) Thomaskommentatoren bezeichnen kann; denn schon
im 13. und dann im 14. Jahrhundert ist eine reiche Literatur entstanden
, welche die Lehre des hl. Thomas zum Gegenstand nimmt.

Der V. sagt bald thomistisdi, bald thomasisch, meint aber in beiden
Fällen das gleiche. Der Zweck der Unterscheidung dieser beiden Ausdrücke
ist aber der, daß mit „thomasisch" die Lehre des Aquinaten, mit
„thomistisdi" die Lehre der Thomistenschule bezeichnet werden soll.
Der Ausdruck „Zweistockwerketheologie von Natur und Übernatur"
wäre besser vermieden worden, da er 1.) banal ist, und 2.) das Wesen
der Sache gar nicht trifft.

Schade auch, daß die Aufmachung, in der das Werk sich präsentiert
, nicht ganz auf der Höhe ist. Auf S. 269 z.B. suchte ich vergeblich
, wohin Anm. 271 gehört. Man liest sodann S. 198: Konlusionen
... Konklusionen ... Konlusionen .. . S. 209 dreimal: Conclusionen . ..
S 277: Konlusionen ... S. 318: Conclusionen.

Leider konnte der V. noch nidit die ausgezeichnete Arbeit von
N. Wicki, Die Lehre von der himmlischen Seligkeit in der mittelalterlichen
Scholastik von Petrus Lombardus bis Thomas von Aquin (Freiburg
-Schweiz, 1954) beiziehen, die unter Benützung der gedruckten und
ungedruckten Quellen den vorthomasischen Aufriß dieser Lehre zeichnet.

Sehr zu begrüßen wäre es, wenn der V., um dessen Erstlingsarbeit
es sich hier handelt, dem so gewählten Arbeitsgebiete
treu bliebe.

BlmberK A. M. Landgraf

raturnachträge. Von ihr ist die gegenwärtige, 14. Auflage, ein,
soweit ich sehe, sachlich unveränderter Neudruck. Eine nähere
Besprechung ist daher nicht erforderlich. Wir freuen uns, daß dies
zuverlässige und bewährte Arbeitsbuch wieder zu haben ist — um
so mehr, als wir ihm von evangelischer Seite in neuerer Zeit leider
immer noch nichts Gleichwertiges an die Seite zu stellen
haben.

Heidelberg _ H. v. Campenhausen

Acht, Peter: Die Gesandtschaft König Konrads III. an Papst Eugen III.
in Dijon.

Hist. Jahrb. 74, 1955 S. 668—673.
Bader, Karl Siegfried: Kaiserliche und ständische Reformgedanken
in der Reichsreform des endenden 15. Jahrhunderts.
Hist. Jahrb. 73, 1954 S. 74—94.
B i s c h o f f, Bernhard: Theodulf und der Ire Cadac-Andreas.

Hist. Jahrb. 74, 195 5 S. 92—98.
D ö I g e r, Franz: Der Anteil des mittelalterlichen Griechentums ander
geistigen Wende zwischen Mittelalter und Neuzeit.
Hist. Jahrb. 74, 1955 S. 150—163.
Grane, Leif: Gabriel Biels Lehre von der Allmacht Gottes.

Zeitschrift für Theologie und Kirche 53, 1956 S. 53—75.
Griff iths, J. Gwyn: Leonardo and the Latin Poets.

Classica et Mediaevalia XVI, 1955 S. 267—276.
H e 11 m a n n, Manfred: Die Synode von Hohenaltheim.

Hist. Jahrb. 73, 1954 S. 127—142.
Hüffe r, Hermann Josef: Die spanische Jacobusverehrung in ihren
Ausstrahlungen auf Deutschland.
Hist. Jahrb. 74, 1955 S. 124-138.
Hut ton, Lewis J.: Teresa de Cartagena: A Study in Castilian Spiri-
tuality.

Thcology Today XII, 1956 S. 477—483.
J e d i n. Hubert: Sanchez de Arevalo und die Konzilsfrage unter
Paul II.

Hist. Jahrb. 73, 1954 S. 95—119.
J ° r i s s e n, Hans: Messerklärung und Kommuniontraktat — Werke
Alberts des Großen.

Zeitschrift für katholische Theologie 78, 1956 S. 41—97.
Mayer, Anton L.: Das Grabtuch von Turin als typisches Beispiel
spätmittelalterlicher Schaudevotion.
Ardiiv für Liturgiewissenschaft IV, 1956 S. 348—364.
Ohnsorge, Werner: Die Legation des Kaisers Basileios II. an
Heinrich II.

Hist. Jahrb. 73, 1954 S. 61—73.
Pedersen, Jorgen: La Recherche de la Sagesse d'apres Hugues de
Saint-Victor.

Classica et Mediaevalia XVI, 1955 S. 91—133.
Raedemaeker, F. de: Het desiderium naturale videndi Deum.
Bijdragen. Tijdschrift voor Philosophie en Theologie 17, 1956 S. 56
bis 80.

Stadtmüller, Georg: Das Abendland und die Welt der östlichen
Christenheit.

Hist. Jahrb. 74, 1955 S. 164—174.
Valous, Guy de: La Poesie amoureuse en langue latine au Moyen-
age.

Classica et Mediaevalia XVI, 1955 S. 195—266.
Walz, Angelus: Des Aage von Dänemark „Rotulus Pugillaris".
Classica et Mediaevalia XVI, 1955 S. 136—194.

KIRCHENGESCHICHTE: REFORMATI0NSZE1T

Luther, Martin: Ausgewählte deutsche Schriften, hrsg. v. Hans V o 1 z.

Tübingen: Niemeyer 1955. IV, 168 S., 3 Taf. 8° = Deutsche Texte,
hrsg. v. R. Alewyn u. L.E.Schmitt, 3. DM8.—.

Den in der Weimarer Gesamtausgabe geborgenen Schatz des
Lutherwortes weiteren Kreisen in Auswahl zugänglich zu machen
, ist von den Herausgebern stets als besondere Pflicht empfunden
worden. Ich erinnere hier an die Ausgaben von G. B e-
bermeyer, A. E. Berger, G. Buchwald und O. C I e-
»en. Das Bändchen der von H. V o 1 z „ausgewählten deutschen
Schriften" stellt sich diesen in würdiger Form zur Seite. Reichhaltiger
als die Ausgaben von Bebermeyer (Göschen) und Berger
. (Deutsche Literatur in Entwicklungsreihen), handlicher und wohl-
Die letzte neubearbeitete Auflage des anerkannten Werkes feiler als die dem Geldbeutel des Studenten doch nicht ganz anerschien
1948; die 13. Auflage brachte eine Erweiterung der Lite- I gemessene achtbändige „Studentenausgabe" von Clemen, füllt

Bi hl meyer, Karl, Prof. D. Dr.: Kirchengeschichte. Neu besorgt von
Prof. Dr. Hermann T ü c h 1 e. II. Teil: Das Mittelalter. 14. Aufl.
Paderborn: Schöningh 1955. XVI, 530 S. gr. 8° = Wiss Handbibliothek
. DM 20.-; Lw. DM 24.—