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1956

Kategorie:

Religionswissenschaft

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431

Theologische Literaturzeitung 1956 Nr. 7/8

432

Zunächst erscheint der Ansatz des Verfassers als bloße Konstruktion
: Er setzt Körper, Geist und Seele in Gestalt eines Dreiecks
zueinander in Beziehung; ordnet Wissen, Wollen und Handeln
in einem andern Dreieck; deckt die beiden Dreiecke übereinander
, so daß sie einen sechszackigen Stern ergeben, und gewinnt
somit eine Zwölfer-Ordnung. Man muß nachlesen, wie er nunmehr
in überaus geistreicher Weise die zwölf Yoga-Wege einordnet
. Bisher hatten wir — grob gesprochen — nur von drei solchen
Wegen gewußt, der alten Gliederung des Seelenlebens in Denken
(Erkennen), Fühlen (Erleben) und Handeln folgend: Gnana- (oder
Jnana-), Bhakti- und Karma-Yoga. Nunmehr erhebt sich vor dem
Auge des erstaunten Lesers eine Zwölfheit, und man muß zugeben
: auch wenn nicht überall in Indien am gleichen Ort und
zur gleichen Zeit diese zwölf Wege bekannt oder gar geübt werden
— damit ist die Möglichkeit gewonnen, in die unübersehbare
Vielheit der Yoga-Praxis eine Ordnung zu bringen. Rieker stellt
also nacheinander dar den Hatha-, Mantra-, Kundalini-, Yantra-,
Bhakti-, Dhyana-, Samadhi-, Kriya-, Karma-, Savikalpa-Samädhi-,
Laya- und Jnana-Yoga. Jeder Weg wird auf etwa zehn Seiten abgehandelt
, der Kundalini-Yoga dagegen auf rund 70 Seiten (hier
liegt also das Schwergewicht des Buches). Besonders wertvoll sind
die 36 Bildbeigaben, vor allem die Mandalas.

Das Buch bedeutet also eine Hilfe im gegenwärtigen Durcheinander
der Weltanschauungen und Heilswege. Aber ein Mangel
sei nicht verschwiegen: es ist zu wissenschaftlich, um populär, und
zu populär, um wissenschaftlich genannt werden zu können. Was
ist damit gemeint? Wer den mancherlei Hinweisen nachgehen
möchte, erfährt wohl Namen von Männern und Werken der indischen
Yoga-Welt, aber die Ausgaben und genauen Fundstellen
werden nicht genannt. Damit ist dem Leser verwehrt, nun seinerseits
bis zu den Quellen zurückzugehen. Er muß das Vorgetragene
auf Treu und Glauben annehmen. Zudem werden mitunter kürzere
oder längere Zitate von Eichendorff, Goethe, Hölderlin, Montaigne
, Schiller, Silesius u. a. gegeben, die nicht zur Sache gehören
und den Eindruck erwecken, hier werde eine Weltanschauung
propagiert, die bereits im Ansatz bei einigen unserer Denker
und Dichter vorliege. Bei einer neuen Auflage sollte darauf
verzichtet werden, auf diese Weise das Fremde uns nahe zu bringen
; es sollte entschlossen die Fremdheit des Fremden festgehalten
werden. Die gelegentlichen Hinweise auf Jesus, auf das Neue
Testament blieben auch besser fort, da sie mehr verwirren als erleuchten
. Yoga und Neues Testament sind zwei grundverschiedene
Welten.

Künzelsau Friso M e 1 z e r

A 11 w o h n, Adolf: Die Interpretation der religiösen Symbole, erläutert
an der Beschneidung.

Zeitschrift für Religion- und Geistesgeschichte 8, 1956 S. 32—40.

Baumgarten, Arthur: Epikur.
Das Altertum 2, 1956 S. 8—14.

Bengtson, Hermann: Über einige Gründe des Niederganges der hellenistischen
Welt.
HUt. Jahrb. 74, 1955 S. 26—37.

B ö h 1 i g, Alexander: Beiträge zur Form griechischer Wörter im Koptischen
.

Zeitschrift für Ägyptische Sprache und Altertumskunde 80, 195 5
S. 90—97.

— Die Fortführung der Arbeit am Lexikon der griechischen Wörter im
Koptischen.

Wissenschaftliche Zeitschrift der Martin-Luther-Universität Halle-
Wittenberg. Gesellschafts- und sprachwissenschaftliche Reihe V,
1955/56 S. 655—657.
Devanandan, Paul D.: The Religious and Spiritual Climate of In-
dia Today.

The Ecumenical Review VIII, 1956 S. 308—324.
F o h r e r, Georg: Orientalistik.

Der Hellenismus in der deutschen Forschung 1938—1948, Wiesbaden
1956, S. 31—50.

Jacob, Gerhard: Die Lusitanität. Ein geistesgeschichtlicher Beitrag
aus dem portugiesisch-brasilianischen Kulturkreis.
Zeitschrift für Religions- und Geistesgeschichte VIII, 19 56 S. 139
bis 164.

Kahle, P. E.: Adress to the Sixth Session of the Pakistan History
Conference. On Friday, 6th January 1956. Muslim Contribution to
Scholarship Past, Present and Future.

Pakistan Historical Society. Printed by The New Tide Printing Press,
McLeod Road, Karachi 10. S.

M ö n n i c h, C. W.: De pastorale en het einde der tijden.
Nederlands Theologisch Tijdschrift 10, 1956 S. 129—160.

S i e r k s m a. F.: Religie en politiek leiderschap in primitieve culturen.
Nederlands Theologisch Tijdschrift 10, 1956 S. 209—236.

Uttschenko, Sergei: Über die althistorische Forschung in der Sowjetunion
.

Das Altertum 2, 1956 S. 3—7.
Zwi Werblowsky, R. J.: Kabbalistische Buchstabenmystik und
der Traum (Joseph ben Abraham Gikatilas Exkurs über Herkunft und
Bedeutung der Träume).

Zeitschrift für Religions- und Geistesgeschichte VIII, 19 56 S. 164

bis 169.

ALTES TESTAMENT

C h a r y, Th.: Les Prophetes et Ie Culte ä partir de 1'exfl. Autour du
second temple. L'ideal cultuel des prophetes exiliens et postexiliens.
Paris-Tournai-New-York-Rome: Desclee & Co., 1955. X, 314 S. 8°. =
Bibliotheque de Theologie. Serie III: Theologie Biblique sous la di-
rection de L. Cerfaux, A. Gelin et H. Cazelles. Vol. 3.

Bei dem gegenwärtigen Stande der Prophetenforschung erwartet
man, wenn man ein Buch über „Die Propheten und der
Kultus seit dem Exil" zur Hand nimmt, wohl zunächst eine Untersuchung
der Frage nach Existenz, Art und Betätigung der Kultpropheten
, also der berufsmäßig mit dem Tempelkultus verbundenen
Charismatiker. Diese Frage wird auch gelegenlich gestreift,
so S. 211, Anm. 1. Aber in der Hauptsache behandelt das vorliegende
Buch nicht die soziologische Stellung der Propheten im
kultischen Bereich, sondern ihre theologische Haltung zum Kultus
, mit dem Ziel, zu erkennen, ob und wieweit bei ihnen die
spirituelle Auffassung des Kultus vorbereitet ist, wie sie Joh 4,
21—24 zum Ausdruck kommt. In Anbetracht des starken Einflusses
, den einerseits Hesekiel, anderseits Deuterojesaja auf die
nachexilischen Propheten ausgeübt haben, handelt der Verf., ehe
er sich seiner eigentlichen Aufgabe zuwendet, in Kap. I—IV, § II
(S. 4—93) ziemlich ausführlich von Hes und Dtjs, indem er den
Tempelentwurf Hesekiels mit dem Salomonischen Tempel, dem
von P entworfenen und dem von den Chronikbüchern vorausgesetzten
Tempel vergleicht und — nach Erörterung der mit Jes
40—66 gegebenen literarkritischen Probleme — Deuterojesajas
Verhältnis zum Kultus darstellt. Dann folgt die Untersuchung
der nachexilischen Propheten auf ihre Stellung zum Kultus hin;
Kap. IV, § III (S. 93-117) Tritojesaja, Kap. V (S. 118-159)
Haggai und Sacharja, Kap. VI (S 160-189) Maleachi, Kap. VII
(S. 190-216) Joel, Kap. VIII (S. 217-235) Deuterosacharja, Kap.
IX (S. 236-274) Daniel. Kap. X (S. 275-290) faßt das Ergebnis
der Untersuchung zusammen, und Autoren- sowie Stellen-
Register und Inhaltsverzeichnis (S. 291—314) beschließen das
Buch.

Was die der Darstellung des Hauptgegenstandes vorangeschickte
Behandlung Hesekiels und Deuterojesajas angeht, so muß
hier die Bemerkung genügen, daß der Verf. über die zum Verständnis
der Tempelvision Hesekiels erforderlichen archäologischen
Kenntnisse verfügt und daß er die literarische Komposition
von Jes 40—66 ebenso besonnen beurteilt wie Deuterojesajas
Stellung zum Kultus. Offenheit für gesunde Kritik an der Tradition
, wie sie des Verfassers Auffassung von der Komposition der
Kapitel Jes 40—66 auszeichnet, gibt seinem ganzen Buche das Gepräge
, indem etwa in ausdrücklicher Ablehnung überholter Meinungen
Sach 9—14 im 4. Jahrhundert, Daniel 165 v.Chr. angesetzt
wird. Hier und da wird solch historisch-kritische Haltung
freilich etwas durch dogmatische Beurteilung der Dinge beeinträchtigt
, so, wenn S. 286 die Unmöglichkeit völliger Ablehnung
des Kultus durch Jeremia damit bewiesen werden soll, daß Jeremia
doch ebenso wie Hesekiel inspiriert gewesen sei und daß der
Geist, der diesen zur Bejahung des Kultus veranlaßt habe, nicht
jenen zu dessen Ablehnung bestimmt haben könne. Aber aufs
Ganze gesehen, stellt das vorliegende Buch mit seinem Versuch,
von Deuterojesaja bis zu Daniel eine, wenn auch nicht geradlinige
, so doch zielstrebige Entwicklung zu der Joh 4, 21—24 zum