Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1956

Spalte:

430-431

Kategorie:

Religionswissenschaft

Autor/Hrsg.:

Rieker, Hans-Ulrich

Titel/Untertitel:

Die zwölf Tempel des Geistes 1956

Rezensent:

Melzer, Friso

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2

Download Scan:

PDF

429

Theologische Literaturzeitung 1956 Nr. 7/8

430

lieh zu machen, entsprechend bringt der vorliegende Band nach
einer von Mendelsohn geschriebenen kurzen Einführung
in das sumerisch-akkadische Pantheon (S. IX—XXIV), einer Auswahl
aus der für die sumerisch-akkadische und für die ugaritische
Religion in Betracht kommenden Literatur (S. XXV—XXVIII) und
der Mitteilung, daß die dann folgenden Übersetzungen mit Ausnahme
der vom Herausgeber übersetzten Surpu- und Maqlu-Texte
den von Pritchard herausgegebenen Ancient Near Eastern
Texts Relating to the Old Testament, 1950 entnommen seien
(S. XXIX), diese Übersetzungen, nämlich I. „Sumerische Mythen
und epische Erzählungen", übersetzt von S. N. Kramer (S. 3—14);
II. „Akkadische Mythen und Epen", übersetzt von E. A. S p e i s e r
(S. 15—126); III. ,.Akkadische Rituale", übersetzt von A. S a c h s
(S. 127—150); „Sumero-akkadische Hymnen und Gebete", übersetzt
von Ferris J.Stephens (S. 151—178); V. „Akkadische
Didaktik und Weisheitsliteratur", übersetzt von Robert H.
Pfeiffer (S. 179—208); VI. „Akkadische Beschwörungstexte",
(Surpu- und Maqlu-Texte), übersetzt von I. Mendelsohn
(S. 209-220); VII. „Ligaritische Mythen und Epen", übersetzt von

H. L. Ginsberg (S. 221—280). Eine Liste der großen Götter,

I. der sumero-akkadischen, II. der ugaritischen, sowie ein Verzeichnis
der Bibelstellen bilden den Beschluß (S. 281-284). Das
Buch ist zur Erfüllung seines Zweckes vorzüglich geeignet. Fragen
muß man nur, ob die Einbeziehung der ugaritischen Texte in den
im übrigen der sumerisch-akkadischen Religion geltenden Band
bedeuten soll, daß der kanaanäisch-phönizischen Religion ein besonderer
Band versagt bleibt? Stehen für diese auch viel, viel
weniger Texte zur Verfügung als für die sumero-akkadische, so
enthalten die phönizisch-punischen Inschriften und die bei Eusebius
, Praep. ev. erhaltenen Fragmente der Phönizischen Geschichte
des Philo Byblius-Sanchunjaton doch viel Angaben über die kana-
anäisch-phönizische Religion. Den hier in Betracht kommenden
Texten sollte also doch ein besonderer Band gewidmet werden,
wobei zu überlegen wäre, ob dieser etwa zugleich auch die von
der Religion der Aramäer zeugenden Texte, wie Lucian, De Syria
dea, vorführen könnte.

Halle/Saale Otto EiBfeldt

Cnmcr, Maria: Das altägyptisdie Lebenszeidien ^ im christlichen
(koptischen) Ägypten. Eine kultur- u. religionsgeschichtliche Studie
auf archäologischer Grundlage. 3., neu bearb. u. erweit. Aufl. Wiesbaden
: Harrassowitz 1955. VIII, 64 S. m. 74 Textabb., 60 Abb. auf
29Taf., l Kte. gr. 8°. DM 16.-.

Diese Studie konnte schon 1943 in zwei sehr kleinen Auflagen
erscheinen, welche bei den Fachleuten leider nicht genug
bekannt wurden. So muß man es begrüßen, daß jetzt eine neu
bearbeitete und erweiterte Auflage vorliegt über die Geschichte
eines Symbols, das jedem Ägypten-Reisenden vertraut ist und
dessen Rezeption in das ägyptische Christentum seine Bedeutung
hat.

Die Verfasserin schließt sich der Auffassung Schäfers an, das
„Lebenszeichen" sei ursprünglich als magischer Knoten aufzufassen
. Dann bespricht sie die allerdings noch immer recht dun-
kelen Stellen bei Sokrates, Sozomenos und Rufin übeT die Zerstörung
des Serapeums 389, aus denen hervorgeht, daß damals
das „Henkelkreuz" als vita futura gedeutet wurde. Daß
das Signum Crucis, welches damals die „Thoraces Serapis" ersetzte
, das sei, ist wahrscheinlich. Das würde dann aber bedeuten
, daß die Christen in Alexandrien schon damals dieses
Zeichen längst übernommen hatten; zu der Frage Kirchers und
Zoegas, warum die Christen nicht eher auf den Gedanken gekommen
sind, das altägyptische Lebenszeichen dem Schatz ihrer
symbolischen Formen einzugliedern, besteht m. E. keine Veranlassung
. Eine sehr sorgfältige und ausführliche archäologische Erörterung
, worin das Material, (Grabsteine, Stoffe, Kirchenwände,
Kleinkunst und Handschriften) übersichtlich geordnet wird, führt
zum Ergebnis, daß das Lebenszeichen öfters die Stelle des Kreuzes
vertritt und in der Bedeutung dem Kreuz gleichgesetzt werden
kann. Bei der großen Menge der übrigen Denkmäler, die das
Kreuz in Verbindung mit dem Lebenszeichen schmückt, mag man
ruhig von einer Doppelbedeutung sprechen und ohne Scheu im
^ das Symbol des Lebens sehen. Das eine schließt das andere

nicht aus, weil bis heute Kreuz und Leben in der christlichen
Symbolsprache auf das innigste miteinander verknüpft sind. Man
fragt sich da allerdings, inwieweit ganz konkret die altchristliche
Auffassung des Kreuzes als Lebensbaum die Rezeption des Symbols
gefördert hat.

Verfasserin ist der Meinung, daß man das Lebenszeichen
im christlichen Sinne zuerst auf sakralen Stoffen vermerkt hat

(4.-6. Jhdt.): dief Malereien in El Bagauät, „dem altchristlichen
Pompeji in der libyschen Wüste", dürften ungefähr derselben
Zeit angehören. Die Stellen mit sind schwierig zu datieren
: eine der frühesten dürfte dem 4.—5. Jhdt. entstammen.

Bei aller Bewunderung für die gründlichen Kenntnisse und
den ungeheuren Fleiß der Verfasserin kann mich diese Auffassung
nicht ganz befriedigen, weil eine exakte Datierung koptischer
Stoffe nicht gut möglich scheint. Mir scheint es, daß das
Lebenszeichen schon früher zu belegen ist, allerdings in unorthodoxer
Umgebung.

J. Drescher hat in Coptic Studies in Honor of Walter Ewing
Crom (Boston 1950, S. 267, 1. 31), ein koptisches Amulett aus
dem IV.—V. Jhdt. veröffentlicht, wo man das Lebenszeichen in

einer Contractio von azavgög liest (Abb. III: c ^ c). Das bestätigt
die Auffassung Cramers, das Henkelkreuz sei an die
Stelle des Kreuzes getreten, zeigt aber auch, daß diese Gleichung
in synkretistischen Kreisen vorkam. Und es scheint nun, daß der
älteste Beleg für die altchristliche Deutung des Symbols in dem
gnostischen Jungkodex zu finden ist, welcher um die Mitte des
IV. Jahrhunderts zu datieren ist (H.-Ch. Puech — G. Quispel, Les
ecrits gnostiques du Codex Jung, Vig. Chr. VIII, 1-2, S. 2). Man
muß sich fragen, ob dieses frühe Vorkommen des Lebenszeichens
in häretischen Kreisen für die Problematik der Rezeption in das
Christentum nicht seine Bedeutung hat.

Utrecht O. Quispel

Kieker, Hans Ulrich: Die zwölf Tempel des Geistes. Weisheit und
Technik der Yoga-Systeme. Zürich: Rascher 1955. X, 258 S., 36 Taf.
8". Lw. DM 19.-.

Als nach dem eisten Weltkriege die asiatischen Religionen
in unsere Kulturwelt hereinzuwirken begannen, half der damalige
Tübinger Privatdozent Dr. J. W. Hauer, die Welt des indischen
Yoga zu verstehen durch eine religionsgeschichtliche Untersuchung
, die auch heute noch lesenswert ist: „Die Anfänge der Yogapraxis
im alten Indien" (1922). Nach dem zweiten Weltkrieg
hat gleichfalls ein Einströmen asiatischer Religion nach Deutschland
begonnen. Dessen sind die zahlreichen Yoga-Bücher unserer
Zeil Zeuge. Da sie alle sich aber an den nicht vorgebildeten Leser
wenden, droht hier die Gefahr des geistigen Betruges. Was wir
brauchen, ist sachlich gegründete Kenntnis des Yoga und seiner
mannigfaltigen Wege. Hier bietet H. U. Rieker mit dem vorliegenden
Buche eine Hilfe an. Der Verfasser hat sich bereits mit
seinem Buche „Das Geheimnis der Meditation" (1953) als sachkundig
erwiesen. Hat er doch dieses erste Buch unter dem Eindruck
indischer Methoden geschrieben! In ihm bietet er vor allem
jenen Lesern, die außerhalb der christlichen Kirchen stehen, eine
Hilfe an. Zudem legt er auf das genaueste dar, welche Voraussetzungen
zu erfüllen sind, damit einer Yoga üben könne (Atmung
, Sitzhaltung, Kleidung, Ernährung). Auf dieses erste Buch
bezieht er sich in seinem neuen immer wieder; was dort praktisch
dargelegt wurde, fehlt natürlich im neuen Buch. Deshalb hat
es keinen Wert, nur das neue durchzuarbeiten; der Leser würde
mehr verwirrt als geklärt.

Überaus dankenswert ist, daß Rieker dem Leser die Vielzahl
indischer Fachausdrücke zumutet, sie jeweils natürlich erklärend.
Dadurch entsteht und bleibt erhalten der Eindruck großer Fremdheit
. Und das ist wichtig. Keiner kann Yoga unbesehen übernehmen
oder auf eigene Faust nachahmen. Der Verlag teilt dem Leser
mit, der Verfasser habe selbst die „Initiation im Shri-Vidya
Siddhi Kendra, einer Schule des Kundalini-Yoga" erfahren. Leider
sagt der Verfasser in seinem Buche darüber nichts Näheres (vielleicht
darf er es auch nicht; wozu dann aber das lockende Wort
des Verlages?).