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Ausgabe:

1956

Spalte:

353-356

Autor/Hrsg.:

Adam, Alfred

Titel/Untertitel:

Erwägungen zur Herkunft der Didache 1956

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Theologische Literaturzeitung 1956 Nr. 5/6

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Die eigene These wird in Abgrenzung gegenüber einigen bisherigen
Versuchen, den Symbolgehalt der Kanageschichte zu bestimmen
, gewonnen: K. L. Schmidt, (a. a. O.): „Der Wein ist das
Evangelium mit seinem Feuergeist"; Joachim Jeremias (Jesus als
Weltvollender, 1930): „Erste Bekundung der Hoheit Jesu als Welterneuerer
"; Preisker (Das Evangelium des Johannes als erster Teil
eines apokal. Doppelwerkes, 1936): Die verheißene Herrschaft
des Messias offenbart sich; Stauffer (Theologie des NT, 1945):
Der Gott der Fülle offenbart sich; Bultmann (Kommentar): „Eine
spezielle Deutung hat zu unterbleiben" und vor allem Cullmann,
der a. a. O. den Wein des Kanawunders als das in der Eucharistie
dargereichte Blut Christi versteht und trotz der Einwände von
W. Michaelis (Die Sakramente im Johev, 1946) an dieser Deutung
festhält.

Geht man von den seltsamen für die kultische Reinigung bestimmten
Krügen aus, die zunächst leer sind und später mit einer
Flüssigkeit gefüllt werden, die zur Reinigung nicht verwendet zu
werden pflegt, dann ergibt sich als Sinn des Wandlungswunders
eine Proklamation des Endes der jüdischen Gesetzlichkeit. Diese
ist aber positiv des näheren dahin zu bestimmen, daß Jesus in
der Kanageschichte als der endzeitlichc Spender des Geistes verkündet
wird.

Diese These wird durch eine Reihe von Beobachtungen als
richtig bestätigt: 1. Dieo>potist im Johev d i e Stunde, in der der
Sohn durch seinen Gang zum Vater verherrlicht wird. Von dort
her aber sendet er den Geist (15, 26; 16, 7). 2. oßnco:Zu Kana
ist in der Tat die Stunde der öffentlichen Manifestation der Herrlichkeit
Jesu noch nicht gekommen, aber Jesus gibt Gelegenheit,
daß der Glaube an ihn als den, der den Geist geben wird, erwacht.
3. Ein Vergleich mit dem durchaus parallelen Wort 7, 39 zeigt,
daß es sich im Kanawunder in der Tat um die Gabe des Geistes
handelt (rdcog £cö)' ein anderes Bild für das in Wein verwandelte
Wasser). 4. Die auffällige Fülle des gespendeten Weins entspricht
der Bemerkung, daß Gott das Tivev/xa nicht ex /uezQovgibt (3,34).

5. Das im Johev gelegentlich christologisch gewendete ovx jjdet
Tld&ev foti'v (7, 27 f.; 8,14; 9, 29 f.; 19,9) begegnet in nächster
Nähe unseres Textes im pneumatologischen Gebrauch (3, 8).

6. Die Abweisung der Bitte der Mutter besagt dasselbe wie die
Bemerkung ro nvevfia Snov ftelei nvel (3,8). 7. Im Weinwunder
wird die <)6^a Jesu nhrQr}s y/iQixoq xal &kr)fte(as offenbar. Das
aber ist ja eben das Amt des im Johev. verheißenen Geist-Para-
kleten (16, 13; 16, 14).

Zur inhaltlichen Bestimmtheit des Tzvev/m-Begrifts ist zu bemerken
, daß Jesus als Spender des jrvevjua sich selbst personhaft
gibt, und damit — joh. gesprochen — vor allem das Leben und die
Wahrheit.

Zur Frage nach der Herkunft des Bildes von der Weinspende
für die Gabe des Geistes kann mit Bauer, Bultmann u. a.,
aber unter Vorbehalt, auf den Dionysoskult hingewiesen werden.
Aber sachlich angemessener und aufschlußreicher erscheinen Damaskusschrift
II, 12 (Auftreten des Messias und Spende des Geistes
; bei Rost, Kl. Texte, S. 9); 4. Esra 14, 39 ff. (Der Geist ähnlich
feuerfarbenem Wasser); Manual of Disciplin, Kol. III Z. 6 ff.
(Geist und Reinigung). Für die Assoziation von Geist und Wein
innerhalb des NT kommen in Frage Eph. 5, 18 (antithetisch) und
in gewissem Sinn Apg. 2, 13.

Der Gesamtzusammenhang des Johev. bestätigt das vorgetragene
Verständnis der Kanageschichte; denn die Geistverheißung
im Kanawunder am Anfang und die Geistmitteilung durch den
Auferstandenen am Ende (20, 22) schließen das Evangelium ringartig
zusammen. Es folgen sinngemäß aufeinander: die Proklamation
Jesu als Geist träger (1,29-34), Offenbarung Jesu als
Geist Spender (Kanageschichte), die Rede von der Wirkung
des Geistes (Kap. 3), die die Ausführungen tragenden Bemerkungen
2ur Geistlehre in den folgenden Kapiteln, ihre abschließende
Ausdeutung in den Parakletsprüchen.

Vom dargebotenen Verständnis des Weinwunders aus erweist
sich die Pneumatologie des Johev. als eine im Grunde einheitliche.

KIRCHENGESCHICHTLICHE SEKTION

(Leitung: K. D. S c h m i d t/Hamburg und W. E 11 i g e r/Berlin)
Erwägungen zur Herkunft der Didache

Von Alfred Adam, Bethel

Die Untersuchung des koptischen Fragments aus dem 5. Jhdt.,
das Did. 10, 3—12, 2 umfaßt (Text und Übersetzung: ZNW 1925,
81—99), ergibt mit einiger Wahrscheinlichkeit, daß es sich in ihm
nicht um eine Abschrift zu liturgischen Zwecken, sondern um eine
Übersetzungsübung handelt. Die Vorlage aber war nicht griechisch,
sondern syrisch; das zeigt sich in dem Anfang („Kinder der Menschen
" für av^Qwnoig), der Übersetzung von /taQav d&ä („Der
Herr ist gekommen") und der Fassung von 11,11 („Jeder wahre
Prophet, der erprobt worden ist, indem er eine weltliche
TiaQadooi<; in der Kirche lehrt und bezeugt, der soll bei euch nicht

gerichtet werden sondern sein Gericht ist bei Gott. In dieser I Die h^tx aufgeführten Ergebnisse weisen auf eine Rezep-

die essenische Eheauffassung. Die Entfaltung findet sich in der
Zeit nach der Didache im Hirten des Hermas und in Tatians Oratio
ad Graecos. Ein scharfes Verbot ist in den pseudoklementini-
schen Briefen Ad virgines ausgesprochen, so daß danach die Didache
nur noch in der Sekte der Massalianer als „Schrift" benutzt
werden konnte. In dem messalianischen Liber graduum (um 300)
ist sie so zitiert; Did. 2, 7 ist als Herrenwort bezeichnet.

Von dieser Entwicklungslinie her gesehen, gehört die Didache
in die Zeit zwischen dem Epheserbrief und der Generation
vor Hermas, also zwischen 70 und 90 n. Chr.

Weise haben auch die Propheten der alten Zeiten gehandelt").
Diese vorauszusetzende syrische Vorlage ist gegenüber dem
Bryenniostext teils erweitert, teils verkürzt

Da einzelne ungewöhnliche Ausdrucksweisen und Vorstel

tion der Didache im ostsyrischen Raum. Für die Zeit vor 150
aber kommt dabei nur die Adiabcne in Betracht, die um 30
n. Chr. mit dem Übertritt des Königshauses zum Judentum bekehrt
wurde. Die Didache ist als Kirchenbuch für die dort ent-

lungen sich als im syrischen Sprachgebiet verwurzelt aufzeigen ' stehenden christlichen Gemeinden aufzufassen; von den Kompila-

lassen, gewinnt die Zuweisung der Didache in den syrischen
Raum an Wahrscheinlichkeit. Der Begriff yQiorffinoQog kommt
in der Form „Arbeiter, die mit Christus Handel treiben" in den
pseudoklementinischcn Briefen Ad virgines mehrfach vor; das
stellvertretende Fasten ist in der syrischen Didaskalia vorgeschrieben
, ebenso das Stationsfasten am Mittwoch und Freitag.

Die dunkle Stelle 11,11, deren koptischer Wortlaut die
bisherige Auslegung auf asketisches Zusammenwohnen von Prophet
und Jungfrau bestätigt, kann bei Heranziehung von Texten
syrischer Herkunft in eine geschlossene historische Entwicklungslinie
eingereiht werden. Vorstufe ist die Vorstellung vom himmlischen
Geheimnis der Kirche Eph. 5, ebenso im weiteren Sinne

toren sind einzelne Gewohnheiten und Zustände in diesen Gemeinden
mit berücksichtigt worden, während der Hauptinhalt in
der Niederschrift festgefügter Traditionen besteht.

Diese Beobachtung rät dazu, zwischen Bestimmungsland
und Abfassungsort zu unterscheiden. Die Adiabcne mit ihrem
Neujudentum, das nach dem Bericht des Josephus zu Anfang sogar
die Beschneidung ablehnte, ist als Bestimmungsland anzusehen
. Als Abfassungsort kann nur ein Sitz alter und fester Tradition
angenommen werden. Da Antiochien ausscheidet (die
Ignatiusbriefe weisen keine Verbindung mit der Didache auf),
kommen nur die Orte in Betracht, an die sich die Ausläufer der
Lirgemeinde bei ihrem Auszug aus Jerusalem um 68 n. Chr. zu-