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Ausgabe:

1956

Spalte:

351-352

Autor/Hrsg.:

Nauck, Wolfgang

Titel/Untertitel:

Probleme des frühchristlichen Amtsverständnisses 1956

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Theologische Literaturzeitung 1956 Nr. 5'6

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so an jedem Freitag auch an Karfreitag erinnerte. Wir stehen i schon heute wird man sagen dürfen, daß das Ganze wohl auf

damit an der Wurzel der Vigil. Auf ihre Entfaltung wirkte, wie , Ps. 92, 3 u. a.s zurückweist und die frühchristliche Agrypnie die

das Referat betonte, später wohl auch anderes ein. Aber der An- Brücke zwischen einem jüdischen Brauchtum und den späteren,

satz weist zunächst auf Christliches und darüber hinaus wohl auf auch durch anderes noch mitbestimmten, christlichen Vigilien bildet.

Jüdisches zurück. Hier werden wir wahrscheinlich einmal klarer -

sehen, wenn die Splitter von Qumrän ediert sein werden1. Aber 2) Vgl. Ps. 22, 3; 42,9; 134, 1 usw.

*) Vgl. schon heute Man. VI6 ff.___

Probleme des frühchristlichen Amtsverständnisses

Von Wolfgang N a u c k, Tübingen

In l.Pt 5,2 f. liegt eine urchristliche Amtsanweisung vor, ; polyt: didövai xXriQovg); oder: die Presbyter sollen nicht
die die Amtsträger zur rechten Führung des Amtes ermahnt. Die j eigenmächtige Entscheidungen fällen (vgl. Sekt. 5, 3; 6, 16).

stilistische Gleichförmigkeit (Obersatz: weidet die Herde Gottes
wird in einem antithetischen Dreizeiler entfaltet), die im l.Pt
sonst nur noch in 2, 22 f. und 3,18 (formelhaftes Bekenntnisgut
) begegnet, läßt auf übernommene Tradition schließen. Nur
die beiden — auch textkritisch unsicheren — Wendungen bliaxo-
novvxfi; und xard &eov scheinen nachträglich, möglicherweise
vom Vf. des l.Pt selbst, eingefügt worden zu sein. Ausgehend
von dieser Amtsanweisung werden unter Heranziehung spätjüdischer
und frühkirchlicher Parallelen vier Probleme des frühchristlichen
Amtsverständnisses erörtert:

1) Die Lesart ijuoxoxovvTt* in l.Pt 5,2 ist auf dem
Hintergrund einer fast durchgängig zu beobachtenden Assoziation
der beiden Stämme huoxox- und noifiar- zu beurteilen.
Sie begegnet im NT in Act 20, 28 und ist auch dem Vf. des 1. Pt
geläufig gewesen (2, 25). Da die gleiche Wortverbindung, die auf
atl. Stellen zurückgeht (Jer 23, 2; Sach 10, 3; 11, 16; Hes 34, 12),
auch in der Amtsanweisung für den Ml'baqqer in der Damaskusschrift
(13, 7 ff.) vorliegt (np: bzw. ip: und -:"), darf der
Ursprung des urc h r i s11ichen Bischofstite 1 s
im Aufseheramt der essenischen Gemeinschaft gesehen werden.
Das wichtigste Bindeglied für diese Ableitung ist das Bischofs

Der Skopos der Amtsanweisung: Alles soll
xard ihuv geschehen: Die Hirten der Gemeinde Gottes sollen
sich als solche verstehen, die sich Gott willig zur Verfügung gestellt
haben und ihren Dienst nicht aus eigener Machtvollkommenheit
, sondern in der Vollmacht Gottes versehen. Dann werden
sie Vorbilder sein. (Der Kontext nimmt den Skopos auf).

4) In einem vierten Abschnitt wird der frühchristlichen
Klerus-Vorstellung nadigegangen. xirjQOS
gewinnt erst im ausgehenden 2. Jhdt. die Bedeutung eines festumgrenzten
Kreises offiziell bestallter kirchlicher Amtsträger im
Unterschied zu den „Laien". (In Hippolyts Apostolischer Tradition
findet sich neben diesem späteren kirchlichen Sprachgebraudi
noch die ursprüngliche Bedeutung „Rangstufe").

Fragt man nach den Vorstufen des „klerikalen" Klerus-Verständnisses
, so kommt man mit einer Untersuchung des Begriffes
xAfjQOS nicht aus. Denn er begegnet nur in Act 1, 17; 1. Pt 5, 3
und dann erst wieder in Hippolyts Kirdienordnung. Neben x)S-
qo; sind noch heranzuziehen: xonoq (Act 1,25; Apost. K. O.
1 und 23), rdyfia (l. Gern 37, 3 ff.; 41, 1; vgl. Sekt. 5, 23-25;
2, 23) und ßafrjuo; (vgl. 1. Tim 3, 13 mit Apost. K. O. 22 und

weihegebet in der Apostolischen Tradition des Hippolyt (Dix ,Sekt 5' 23~2S)- D/e mit diesem Begriffen verbundene Vorstel-
S. 5), dessen traditionsgeschiditliche Beziehungen zu der Amts- lunf. ein,er Rangordnung innerhalb der Gemeinden läßt sidi b.s
anweisung für den Aufseher in der jüdischen Sekte augenfällig i l™"5 a,,tesJtc ^der Kirche zurückyerfolgen und weist im Hinsind
(vgl. auch ps.-clem. Horn. III 72, 1-4). Die Entwicklung im I bh* a"f. jj,c yerfassungsgeschichtliche Tradition terminologisch

frühen Christentum in Richtung auf ein monarchisdies Bischofsamt
ist analog der in der jüdischen Sekte.

2) Die Mahnung „nicht gezwungen, sondern freiwillig" hat
ihre Parallele in dem Gedanken der willigen Hingabe (m:) der
Glieder (Sekt. 1, 7. 11; 5, 1. 6; 6, 13; vgl. 5, 8. 10) und Leiter
(Sekt. 1,21) der Gemeinde des Bundes Gottes. Sie geht zurück

und sachlich auf die Ordnung der essenischen Gemeinde (vgl. die
Begriffe: b"ns, thpn, yon, Tara, aro, -pc).

Der Klerus-Begriff hat in den beiden ersten Jhdtn. der Kirche
eine bedeutsame Veränderung erfahren: Aus dem Gedanken, daß
jedem Gemeindeglied ein bestimmter Rangplatz zukomme, entwickelte
sich die Unterscheidung von Klerus und Laien als zwei

^exr. i, zi) aer uememae aes Dunaes oorres »e genr zurucK ualitativ verschiedene Stände. Dieser Entwicklung scheinen zwei
auf die atL-spatjud. Vorstellung des W 1111 g k e 11 s o p f e r s, . Umstände besonders günstig gewesen zu sein: 1. Die aus dem
das von jedem fre.en Israeliten für den Heiligen Krieg Jahwes er- Judentum übernommene Vorstellung des kultischen Priester-

wartet wird (vgl. 1. Mkk 2, 42 ff.).

3) Die Worte „nicht als solche, die über die Lose herrschen"
sind eine Warnung vor Mißbrauch der Amtsgewalt
. Auf dem Hintergrund der bl"-Vorstellung der Sektentexte
besagt die Mahnung entweder: die Presbyter sollen nicht
herrschsüchtig über die Rangplätze in der Gemeinde verfügen
(1. Pt4, 10 f.; vgl. Sekt. 9, 7; 2, 23; Bischofsweihegebet bei Hip-

dicnstes bestimmter kirchlicher Amtsträger (die Anfänge dieser
Entwicklung schon 1. Clem 40, 5 und Apost. K. O. 23). 2. Die
einigen Amtsträgern zuweilen zugeschriebene prophetische Funktion
ihres Amtes, das sich dadurch von der Gemeinde auch qualitativ
unterscheidet (vgl. Did 15, 1 und die ostsyrische Tradition
des Kirchenbaues: Cahiers archeol. V, Paris 1951, 98. 107. 118).
(Das vollständige Referat erscheint in der ZNW.)

Nachdem das Gesamtproblem der joh. Pneumatologie zuletzt
von Hans Windisch 193 3 in Amicitiae Corolla bearbeitet
worden ist, wird versucht, von der Kanageschichte Joh. 2, 1—11
aus einen neuen Zugang zu ihm zu finden, da die Parakletsprüche
bereits durch Mowinckel 1933, Nils Johannsson 1940, Wilhelm
Michaelis 1947 und Günther Bornkamm 1949 monographisch behandelt
worden sind.

Mannigfache Seltsamkeiten der Kanageschichte, zu denen exegetisch
Stellung genommen wird, legen den Gedanken nahe, daß
wir es bei ihr im Sinn des Evangelisten nicht mit einer bloßen

Zur Pneumatologie des Johannesevangeliums

Von Gerhard Schulze-Kadelbach, Jena

vom Evangelisten übernommene Tradition von ihm durch seine
Gestaltung des Stoffes seinem im ganzen Evangelium verfolgten
Verkündungszweck dienstbar gemacht (K. L. Schmidt, Der joh.
Charakter der Erzählung vom Hochzeitswunder in Kana, in Har-
nack-Ehrung 1921), wie Johannes durch Verwendung des atjflftov-
Begriffes selbst zu verstehen gibt. Der angedeuteten Intention
des Evangelisten kann nur ein symbolisches Verständnis des Weinwunders
gerecht werden. Trotz Bultmanns Bedenken (Kommentar
S. 8 3,4) ist aber mit Cullmann (Urchristentum und Gottesdienst
, 2. Aufl. 1950) daran festzuhalten, daß bei Johannes histo-

Wiedergabe eines gelegentlichen Vorganges innerhalb des irdi- risch und symbolisch nicht als sich ausschließende Gegensätze zu
sehen Wirkens Jesu zu tun haben; vielmehr wird offensichtlich ' verstehen sind.