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Ausgabe:

1956

Spalte:

213-215

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Montgomery, James A.

Titel/Untertitel:

A critical and exegetical commentary on the books of kings 1956

Rezensent:

Alt, Albrecht

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213

Theologische Literaturzeitung 1956 Nr. 4__214

Literatur sich auseinanderzusetzen und von ihr zu lernen, auch
wo H. die Ergebnisse ablehnt, wie etwa Haldars Auffassung des
Nahumbuches oder Elligers Deutung des Deutero-Sacharja. Andererseits
nimmt H. z. B. in Zeph. 1 die These Elligers auf und
zerlegt das Kapitel jetzt in 8 Einzelstücke. Habakuk möchte H.
aus den Jahren 609 bis 605 verstehen und die Fremdmacht auf
Pharao Necho deuten. Auch bei Sach. I. findet sich manche neue
Deutung, so zum 4. Nachtgesicht u. a. Grundsätzlich scheint es
mir sehr begrüßenswert, daß bei Habakuk nun auf Grund des
Habakukkommentars von Chirbet Qumrän eine „Nachgeschichte"
geboten ist. Damit ist aber doch nur ein erster Anfang gemacht,
denn solche „Nachgeschichte" haben alle biblischen Bücher gehabt
und es wäre zu fragen, ob unsere heutigen Kommentare
nicht doch wieder etwas von dem Stoff der älteren Kommentare
aufnehmen sollten, in denen die frühe Auslegungsgeschichte sehr
viel stärker berücksichtigt war, wie sie vor allem aus den alten
Übersetzungen erkennbar wird. Gewiß liegen die Dinge nicht
überall so günstig wie heute bei Habakuk, aber die Aufgabe sollte
stärker beachtet werden, und es ist H. zu danken, daß er an diesem
einen Punkt begonnen hat, die Nachgeschichte einer Prophetenschrift
im Rahmen eines Kommentars darzustellen. Jedenfalls
wird auch der Besitzer der ersten Auflage von einer Durcharbeitung
der 2. reichen Gewinn haben, weil sie Zeugnis ablegt
von einer immer tiefer eindringenden Forschung, die nicht bei
dem einmal Erreichten stehenbleibt.

Orcitswald A. Jepsen

Montgomcry, James A., Prof.: A critic-1 and cxcgctical commen-
tary on The Books of Kings. Editcd by Prof. Henry Snyder G e h-
m an. Edinburgh: Clark 1951. XLV11, 575 S. 8°. = The International
Critical Commentary. Lw. s. 3 5/—.

Der vorliegende Kommentar, die letzte reife Frucht eines
langen und vielseitigen Gelehrtenlebens, war von seinem Verfasser
Montgomery schon im Jahre 1941 abgeschlossen und zur
Veröffentlichung bereit; aber die damaligen Kriegsläufte verhinderten
zunächst seine Drucklegung. M. nahm daraufhin bis 1944
noch eine gründliche Überprüfung des Werkes vor; doch auch
jetzt war die Zeit für seine Herausgabe noch nicht gekommen.
So sah sich M. mit Rücksicht auf sein hohes Alter (er starb 1949)
genötigt, die Fürsorge für alles Weitere, besonders für eine letzte
Revision und für die Überwachung von Satz und Druck, seinem
früheren Schüler und Freund Gchman anzuvertrauen. Dieser hat
an M.s Manuskript so wenig wie möglich geändert, aber die bibliographischen
Angaben auf den neuesten Stand gebracht und von
sich aus eine sehr eingehende tabellarische Darstellung der Chronologie
der israelitischen Königszeit sowie je einen lexikalischen
und einen topographischen Index beigefügt. Der Leser kann ihm
für dieses pietätvolle Verfahren nur dankbar sein; denn auf diese
Weise heben sich seine eigenen Beiträge deutlich von dem Werke
M.s ab und ist dem letzteren seine ursprüngliche Geschlossenheit
nahezu uneingeschränkt erhalten geblieben.

Der Schwerpunkt des Kommentars, des ersten wissenschaftlichen
Kommentars zu den Königsbüchern seit vielen Jahren,
liegt unverkennbar auf der von Wort zu Wort und von Vers zu
Vers fortschreitenden Einzelinterpretation des Textes. Mit größter
Sorgfalt und Umsicht ist eine Fülle von Material zur grammatischen
, lexikalischen und sachlichen Erklärung zusammengetragen
und besonders auch der Wert der alten Textzeugen mit
Einschluß der Übersetzungen für die Rekonstruktion des originalen
Wortlautes in jedem Fall gründlich und kritisch erwogen.
Ernstliche Lücken in dieser Beziehung wird man kaum irgendwo
m dem Werk feststellen können, und wenn es schon Punkte in
ihm gibt, in denen man anderer Meinung als der Verf. sein kann,
so wird man doch zugeben müssen, daß er seine Auffassung
immer mit beachtenswerten Gründen zu stützen weiß. Was andere
vor ihm zur Lösung der einzelnen Probleme beigesteuert haben,
!j.Ziemlidl vollständig herangezogen und in der Regel ausdrücklich
erwähnt. Eine auf die einzelnen Abschnitte des Kommentars
verteilte durchlaufende Übersetzung des Textes faßt die Ergebnisse
zusammen. So ist das Werk eine Fundgrube ersten Ranges
u.Ljser> die ihm zum Verständnis der Einzelheiten in den
nigsbuchern wohl fast alles b ietet, was bei dem heutigen
nd unseres Wissens geboten werden kann.

Nicht ganz so befriedigend erscheint mir in dem Kommentar
die Behandlung der Fragen der literarischen Komposition, die
doch gerade bei diesen Büchern in Anbetracht ihres Aufbaus aus
einer Vielheit sehr verschiedenartiger Überlieferungen im Rahmen
eines sie alle umfassenden Schemas von besonderer Wichtigkeit
sind und sich notwendig auch in der Interpretation der Einzelheiten
auswirken müßten. M. war sich der Bedeutung dieser
literarischen Probleme durchaus bewußt und hat ihnen denn auch
den weitaus größten Teil der umfangreichen Einleitung gewidmet
, die er dem eigentlichen Kommentar voranstellte. Aber in
dieser zusammenfassenden Darstellung, die sich hoffentlich kein
Leser entgehen läßt, war naturgemäß für eine nähere Begründung
seiner Ansichten über den Bestand und die Abgrenzung der in die
Königsbücher aufgenommenen Vorlagen kein Raum. Um so mehr
sollte man erwarten, die Begründung in dem Kommentar selbst
im Zusammenhang mit der Einzelinterpretation nachgeholt zu
finden. Da erlebt man jedoch eine Enttäuschung; denn der Kommentar
erwähnt die Probleme der literarischen Analyse höchstens
nebenher und bemüht sich besonders an den Stellen, wo die verschiedenen
Vorlagen hart aneinanderstoßen, entweder überhaupt
nicht oder wenigstens für meine Begriffe nicht ausreichend um den
Nachweis der Notwendigkeit ihrer Scheidung von einander. Einleitung
und Kommentar stehen sich also in dieser Hinsicht merkwürdig
unverbunden gegenüber.

Das führt gelegentlich sogar zu sachlichen Unstimmigkeiten
zwischen ihnen. So bezeichnet M. in der Einleitung (S. 41) richtig
die kurze Erzählung von der Berufung Elisas durch Elia l.Kön.
19, 19—21 als das erste Glied in der Reihe der Elisageschichtcn;
aber im Kommentar z. St. (S. 315 f.) kommt er nicht darauf zurück
, und im Kommentar zu der Entrückung Elias und dem Eintritt
Elisas in seine Nachfolge 2. Kön. 2 (S. 3 5 3) liest man sogar,
hier beginne der Zyklus der Erzählungen von Elisa. Dies wiederum
steht im Widerspruch zu der Angabe der Einleitung (S. 40),
2. Kön. 2 bilde den Abschluß der Eliageschichten. Eine eindringende
Interpretation unter literarischem Gesichtspunkt führt aber
notwendig zu dem Ergebnis, daß die letztere Angabe nicht stimmt
und daß 2. Kön. 2 vielmehr zwar nicht als erstes, wohl aber als
zweites Glied in die Reihe der Elisageschichten gestellt werden
muß. Hier scheint sich also in der Unausgeglichenheit der Abgrenzungen
der Mangel an organischer Verknüpfung zwischen
Einleitung und Kommentar und an entsprechender Vertiefung der
E'nzelinterpretation nach der literarischen Seite hin zu spiegeln
und zu rächen.

Auch die Behandlung der Überlieferungen über die Regierung
des Königs Josia in 2. Kön. 22—23 (S. 523 ff.) wird meines
Erachtens dem literarischen Tatbestand dieser Kapitel nicht ganz
gerecht. M. betrachtet sie als eine geschlossene literarische Einheit
und scheidet nur ein paar Verse als sekundäre Zutaten aus, weil
ihre Aussagen mit denen benachbarter Verse nicht übereinstimmen
. Nun hat aber Oestreicher schon vor dreißig Jahren die These
aufgestellt, daß in 2. Kön. 22—23 vielmehr zwei sehr verschiedenartige
Elemente vorlägen, nämlich einerseits eine dramatisch
aufgebaute Erzählung von der Auffindung eines Buches im Tempel
von Jerusalem und von seinen Auswirkungen auf König und
Volk (22, 3—23, 3. 21—23. 9. 24 f.) und andererseits eine völlig
undramatische nüchterne Aufzählung kultuspolitischer Aktionen
Josias (23, 4—8. 10—20). Diese These ist gerade nach der literarischen
Seite hin so gut begründet und so einleuchtend, daß sie
von jedem, der sich näher mit den Kapiteln beschäftigt, mindestens
zur Kenntnis genommen werden sollte. Aber die Leser von
M.s Kommentar erfahren von ihr im Zusammenhang der Interpretation
von 2. Kön. 22—23 überhaupt nichts, sondern finden
sie erst hinterher in einer Anmerkung zu einem Exkurs erwähnt,
der es mit ganz anderen Dingen zu tun hat (S. 546 Anm. 3), und
auch da nur so flüchtig, daß sie keine Vorstellung davon bekommen
, warum und wie Oestreicher seine Analysen durchgeführt
hat.

Dabei hat diese Analyse, ihre Richtigkeit einmal vorausgesetzt
, sehr bedeutende Konsequenzen für die Interpretation. Denn
wenn die Aufzählung von Josias kultuspolitischen Aktionen ursprünglich
ein literarisches Gebilde für sich war und erst sekundär
in die Erzählung von dem aufgefundenen Buch eingeschaltet worden
ist, so verliert die sogar doppelte Datierung der letzteren