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Ausgabe:

1956 Nr. 4

Spalte:

205-210

Autor/Hrsg.:

Stegemann, Hartmut

Titel/Untertitel:

Der gegenwärtige Stand der Erforschung der in Palästina neu gefundenen hebräischen Handschriften 1956

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Theologische Literaturzeitung 1956 Nr. 4

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Abendmahlshäufigkeit im Reiche Schweden des 16. Jhdts. zu er- j higer Weise vor sich. Aber man vergesse nicht: Die Periode en-

heben, so hat unsereiner den Eindruck (dem auch Andren da und dete nicht mit dem Sieg der Abendmahlsmessen über die Hoch-

dort das Wort leiht): Diese schwedische Periode geht nicht ; ämter oder Messen ohne Gemeindekommunion — sondern mit

schlechthin nach jener Dialektik, welche Andren für die Zeit von j dem Sieg der „Hochpredigt" über beide. Dennoch wird Andren

den Kirchenvätern bis ins 15.Jhdt. aufgewiesen hat! Der Wechsel Recht zu geben sein, wenn man statt auf Schweden und das

der Auffassungen vom Sakrament und der Konsekration war im 16. Jhdt. dasjenige auf Europa und die ganze Kirchenentwicklung

16. Jhdt. und im lutherischen Schweden nicht so einflußreich, daß seit Luther bezieht, was Andren am Schweden des 16. Jhdts. zu

das Volk seine Praxis ernstlich geändert hätte. Vielleicht muß exemplifizieren unternahm — wenn man also Andrens „Schwe-

man vom Klerus, vom Königshof, von der Welt der Intelligenz denbuch"^ als ein „europäisches Lutherbuch" liest, ja als „Kir-

eine stärkere Abhängigkeit der Praxis von der Theorie annehmen j chenbuch" überhaupt. Und wenn man ebenso wie die Abhängig-

— aber auch hier scheint es nicht zu eigentlichen Gewittern ge- j keit der Abendmahlspraxis von den Lehren über das Sakrament

kommen zu sein. Vielmehr nahm seit den vierziger Jahren die j auch die Abhängigkeit dieser Lehren von der Sakramentspraxis

Abendmahlsfrequenz langsam zu, mit Rückschritten und Vor- j in Rechnung setzt. Das ist in der Tat die eigentliche Bedeutung

wärtsschritten; und auch die Periode Johanns III. schadete der des Andrenschen Werkes für uns: Er hat am Beispiel „Schweden"

Kommunionfrequenz nicht, erhöhte bloß die Zahl der Messen, die Folgen herausgearbeitet, welche auf den Wegen von Luther

auch solcher ohne Gemeindekommunion. Ein Ausnahmefall war weg oder hinter Luther zurück sich einstellen werden; und die

die hohe Kommunionfrequenz in Strängnäs-Stadt zur Zeit des Epoche Johanns III. ist da besonders lehrreich. Andren tat das

Kampfes gegen die königliche Liturgie - und das Fehlen von aber nicht als „Einpeitscher", sondern als Dogmenhistoriker und

Messen ohne Gemeindekommunion. Nach dem Konzil von Lipp- Statistiker,
sala 1593 ging der Wiederanstieg der Kommunionfrequenz in ru-

Der gegenwärtige Stand der Erforschung der in Palästina neu gefundenen hebräischen Handschriften

32. Die Risse in der Kriegsrolle von Qumrän

Von Hartmut Stegemann, Heidelberg
(aus der Heidelberger Qumrän-Arbeitsgemeinschaft von K. G. Kuhn)

Die Kolumnen XV und XVIII der Kriegsrolle von Qumrän1
sind in je zwei Hälften zerrissen, die keine unmittelbare Verbindung
mehr untereinander aufweisen. Von Kolumne XIX gar ist
nur das Mittelstück erhalten, das ganz von der übrigen Rolle
gelöst ist. Nur die Bestimmung des ursprünglichen Abstandes
dieser Textstücke voneinander kann jedoch zum Ausgangspunkt
für Ergänzungen des fehlenden Textes gemacht werden.

Diese Bestimmung ist dadurch möglich, daß die Rolle in geschlossenem
Zustand Beschädigungen erlitten hat, die teilweise
mehrere Lederschichten durchdrangen und bei dem ausgebreiteten
Lederstreifen in regelmäßigen Abständen wiederkehren. Sobald
man ihre ursprüngliche Entfernung voneinander festgestellt
hat, lassen sich auch sichere Angaben machen über die Breite eines
zwischen ihnen befindlichen Risses.

1.

Der erste solche Riß befindet sich in Kolumne XV. Die Bestimmung
seiner ursprünglichen Breite ist folgendermaßen möglich
:

In Kol. XIII befindet sich über dem ersten 1 von TD"Ö1
(ZI. l) eine kleine Einbuchtung am oberen Rand der Rolle, die
in Kol. XIV über dem r von SttaV (ZI. 2), in Kol. XV über dem
r von re (ZI. 1) und in Kol. XVI über dem 0 von dt (ZI. 1) wiederkehrt
. Sie soll hier mit A bezeichnet werden2.

Eine andere charakteristische Beschädigung findet sich in
Kol. XIII über dem zweiten 1 von UMrtl (ZI. l) und kehrt wieder
in Kol. XIV über dem Dvon TO»1 (ZI. 2), in Kol. XV über demb
vonbx (ZI. l) und in Kol. XVI über dem erstem von ">wnp31
(ZI. l). Diese Beschädigung soll hier mit B bezeichnet werden.

Die Entfernung A-B beträgt in Kol. XIII 80 mm, in Kol.
XIV 82 mm und in Kol. XVI 85 mm'. Das Wachsen der Entfernungen
mit steigender Kolumnenzahl rührt davon her, daß sich
in dem zusammengerollten Lederstreifen Kol. I im Inneren befand
, so daß dort Beschädigungen gleichen Ursprungs am dichtesten
zusammenliegen. Daraus ergibt sich, daß die Entfernung

*) Herausgegeben von E. L. Sukenik, niTIMfl mV<3»n "ttiTKi Jerusalem
1955.

2) Vgl. dazu die in Sukeniks Textband auf Tafel 9 abgebildete
Photographie der geschlossenen Rolle, wo die rechte Hälfte von Kol.
XIV den Abschuß bildet (vgl. den Bruchrand!) und die Beschädigung A
in Kol. XIII und XIV deutlich zu erkennen ist.

J) Dieser Vergleich ist möglich, weil alle Photokopien im gleichen
Maßstabverhältnis zum Original wiedergegeben sind, wie sich an Hand
von Tafel 24 in Sukeniks Textband kontroll ieren läßt, wo die gesamte
Kolle in verkleinertem Maßstab zusammenhängend wiedergegeben ist.

Uie oben angegebenen Maße haben eine Fehlergrenze von etwa
x 1 mm.

A—B in Kol. XV zwischen 82 mm und 85 mm gelegen haben
muß, also etwa bei 83,5 mm. Auf Tafel 30 der Photokopienbeilage
zu Sukeniks Edition (s. Anm. l) ist die Entfernung aber
mit 97,5 mm angegeben, muß dort also um 14 mm verringert
werden! In seiner Transkription bietet Sukenik diesen richtigen,
verringerten Abstand im Gegensatz zur Photokopientafel 30.
Auf Bildtafel 27 seines Transkriptionsbandes, wo er wegen zwei
Ergänzungsfragmenten noch einmal ein kleines Stück von Kolumne
XV abbildet, hat Sukenik die beiden Bruchstücke der Kolumne
ebenfalls (richtig) näher aneinandergerückt als auf der
Photokopienbeilage 30, gibt nun aber den Abstand sogar um
3 mm z u schmal wieder.

Der von uns errechnete 14 mm engere Zwischenraum zwischen
beiden Kolumnenhälften auf der Photokopienseite 30 erleichtert
wesentlich das Ergänzen des fehlenden Textes und die
richtige Interpretation des erhaltenen Textes. Da in den bisher
herausgegebenen Übersetzungen der Kriegsrolle der Abstand der
beiden Kolumnenhälften voneinander stets so akzeptiert worden
ist, wie ihn Photokopientafel 30 bietet, also um 14 mm zu groß,
sind die vorgeschlagenen Ergänzungen in sämtlichen Zeilen zu
umfangreich. Unsere Übersetzung dieser Kolumne lautet:

(l) „Denn dies ist eine Zeit der Not für Isra[el und (eine
Zeit) der] Kriegs [heimsuch]ung4 durch die Gesamtheit der Völker
; aber das Los Gottes ist in ewiger Erlösung, (2) während
Vernichtung allem Volk der Ruchlosigkeit (geschieht). Und alle,
die w[illig sind]5 zum Kampfe, sollen gehen und sich lagern gegenüber
dem König der Kittäer6 und gegenüber aller Streitmacht
(3) Belijaals, die mit ihm versammelt sind zum Tage [ihrer Vernichtung
]7 durch das Schwert Gottes8.

*) Erg. wahrscheinlich zuPHipm bn] Wb. Zu rTTipE in diesem Sinne
vgl. DSD III H; IV 6. 11 und DST I 17 (D7:bl2 mips)- Speziell zu
dem Ausdruck 3 rnipE im Sinne von ,.Heimsuchung durch" vgl. DSD
IV 11 (-p3). Dje Ergänzung rrnpB erklärt auch, daß das von rronbu
abhängige und ursprünglich in der Handschrift stehende b? getilgt und
durch 2 ersetzt wurde, das grammatikalisch richtig vom nomen regens
der Konstruktusverbindung !-i?:nb70 nnps abhängt. H. Bardtke
(„Die Kriegsrolle von Qumrän" in ThLZ 80, 1955, Sp. 401—420) und
J. van der P 1 o e g („La regle de la guerre" in Vetus Testamentum V,
1955, S. 373—402) ergänzen vor 7TOnb72 das Wort rmyn.

6) Erg. wahrscheinlich tnvitf- Vgl. dazu DSW VII 5; X 5.

°) Vgl. hierzu DSW I 4, wo wahrscheinlich der Zeilenanfang zu
DTOtl Vfya nsl zu ergänzen ist.

7) Erg. sinngemäß einen Ausdruck wie [Cnibsl- Vgl. dazu DSW
HI 9; VIII l.

8) Vgl. dazu CK Nlb mro in DSW XI 11 (Zitat von Jes 31,8)
und bN STD in DSW XIX 11.