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Ausgabe:

1955 Nr. 3

Spalte:

167-169

Kategorie:

Kirchengeschichte: Allgemeines

Titel/Untertitel:

Die Messe in der Glaubensverkündigung 1955

Rezensent:

Fendt, Leonhard

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Theologische Literaturzeitung 1955 Nr. 3

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19. Jhdt.; K. G. Feilerer: Das Kölner Provinzialkonzil 1860 und
die Kirchenmusik; Paul Mies: Zur Kirchenmusik der Kölner
Domkapellmeister Franz Ignaz von Kaa und Joseph Aloys Schmittbauer
; Hildegard Gocke: Zur Choralpflege in Paderborn im
19. Jhdt.), und schließlich die singulare Gestalt Max Regers, dessen
Orgelmusik in der evangelischen Kirche neuerdings leidenschaftlich
diskutiert wird (Rudolf Walter: Die Gesangbuchquellen
der Choralbearbeitungen Max Regers; derselbe: Max Regers
Choralvorspiele und ihr Verhältnis zu J. S. Bach und vorbach-
schen Meistern). Über das Lager der Kirchenmusik hinaus dürfte
der Aufsatz von Pater Wilhelm Tegethoff MSC aus Hiltrup
(Westf.) über „Lili Rabauleses" (im Jahrgang 1952) Interesse finden
, eine Kirchenliedsammlung, die 1951 für das „Archiv für
Missionsmusik der Missionare vom Hl. Herzen Jesu in Hiltrup"
angefertigt wurde und autochthone Liedmodelle enthält, denen in
improvisatorischer Kompositionsweise von kanakischen Katecheten
und Musikern neue christliche Texte unterlegt wurden.
Der Aufsatz ist ein Beitrag zu dem wichtigen Problem, das
Gerhard Rosenkranz vor einiger Zeit in seinem Buch „Das Lied
der Kirche in der Welt" (Berlin 1951) aufgegriffen hat. Die „Lili
Rabaulenses" werden vom Verfasser als der erste kirchenmusikalische
Schritt auf dem Wege der Abwehr vom exklusiven Euro-
päismus gewertet. Der Aufsatz enthält eine gründliche, mit Notenbeispielen
und tabellarischen Übersichten verdeutlichte musikalische
Analyse dieser Eingeborenengesänge, die jetzt im christlichen
Gottesdienst Verwendung finden; er verschweigt aber audi
nicht die Schwierigkeiten, mit denen ein solches Parodierungs-
verfahren in einer heidnischen Umwelt verknüpft ist.

Berlin Oskar Söhligen

Arnold, Franz Xaver. Prof., u. Prof. Balthasar Fischer: Die Messe
In der Glaubensverkündigung. Kerygmatisdie Fragen. 2. Aufl. Freiburg
: Herder 1953. XIV, 395 S., 7Taf. gr. 8°. DM 16.80; Lw.
DM 19.50.

Das ist das Festbuch, welches Freunde und Schüler zum
60. Geburtstage'dem Verfasser von „Missarum Sollemnia", Joseph
Andreas Jungmann, 1949 darbrachten, und das 1953 eine
2. Auflage erlebte. Es ist der „Messe in der Glaubensverkündigung
" gewidmet, weil Jungmann mit seinem genannten Werk als
Liturgiewissenschaftler zur Praxis redete, und weil, wie Fischer
sagt, das Eigentümliche der Zeit darin besteht: Die Liturgiewissenschaft
weiß sich für die Praxis verantwortlich, die Praxis aber
hört auf, das Museum der abgeblühten Deutungen zu benützen
und will vielmehr von der Liturgiewissenschaft Material. Umsichtig
bahnt Fischer in dieser Sache den Weg: Positiv kann die
Verkündigung von der Liturgiewissenschaft nur da Gebrauch
machen, wo diese Wissenschaft den Fortgang der liturgischen
Frömmigkeit fördert — Umstürze in den Deutungen, welche diese
Frömmigkeit zu schädigen geeignet wären, sind zu vermeiden.
Negativ dagegen muß die Liturgiewissenschaft überall da einwirken
, wo unwahre und gefährliche Traditionen in der Verkündigung
üblich sind — es sei denn, solche „sekundären" Deutungen
hätten aufgrund eines Bedeutungswandels einen eigenen Wert für
die liturgische Frömmigkeit. Das sind gute Grundsätze, die auch
Luther in seiner Art und an seinem Orte vertrat. — Gottlieb
Söhngen (München) handelt von der Glaubensgegenwart Christi
Eph. 3, 17 und ihrem Verhältnis zur sakramentalen Gegenwart:
erstere ist der Boden der letzteren. — Paul Doncoeur (Paris) weist
auf die Entheiligung aller Welt hin und fordert die Neuheiligung
nicht bloß einiger liturgischen Punkte, sondern des Ganzen. —
Johannes Pinsk (Berlin) studiert die Funktion des Wechsels in den
Meßgebeten und findet diesen Wechsel bedeutsam a.) für die
Tatsache, daß die ganze Kirche die Eucharistie durch den Priester
feiert, also jedem Glied der Kirche je seine Funktion gebührt,
b.) für den Aufweis, daß alle Momente des Mysteriums „Memoria
Christi", obwohl es wesentlich immer dasselbe ist, ex vi ver-
borum durch die wechselnden Formulare aktiv werden sollen. —
Karl Baus ordnet die eucharistische Verkündigung der alten Kirche
so: 1.) außerordentliche Arten: die Neophytenpredigt in der
Osternacht und die mystagogischen Katechesen der Osterwoche;
2.) ordentliche: die Sonntags-Predigt, Wochenpredigt, Katechese —
hier spielt die Einengung durch die Arkandisziplin mit, aber es
besteht Bibelreichtum. — Jean Danielou, (Paris) untersucht die

Homilien des Chrysostomus „Über die Unbegreiflichkeit Gottes"
(P. G. 48) auf den Gedanken: „Kairos der Messe." Er findet:
Repraesentation des Opfers am Kreuze — Gegenwart Christi und
der Engel — Versammlung der Gemeinde Gottes. — Leo Eizen-
höfer erhebt aus den Sermonen Leos des Großen die Forderung
der Opfergesinnung der Gläubigen in der Messe (die auch Luther
in den Dictata super Psalterium kennt). — Alban Dold bringt
im Auszug einen Sermo patristicus des 5. Jhdt., nicht von Augustin
, aber von einem afrikanischen Bischof verfaßt, der eine
neophytis debita informatio über die Messe darstellt, aber mit
Bezug auch auf die Taufe, die uns zu „Propheten und Königen"
macht. Für diesen Zug verweist Dold auf das Missale von Bobbio
(P. L. 72). — Ein für die Liturgiegeschichte wie die Unterrichtsund
Katechismusgeschichte bedeutsamer Beitrag ist der von Franz
Xaver Arnold (Tübingen): „Vorgeschichte und Einfluß des Tri-
entiner Meßopferdekrets auf die Behandlung des eucharistischen
Geheimnisses in der Glaubensverkündigung der Neuzeit." (Vgl.
auch Arnolds „Untersuchungen zur Theologie der Seelsorge",
1948 und 1949, in der ThLZ angezeigt 1953 Nr. 10). Vor dem
Tridentinum stand die Sache so: Es herrschte (nach Pralle) im
16. Jhdt. eine starke liturgische Bewegung, deren sich Luther annahm
(Pralle fügt bei: „und damit hat er tragischer Weise eine
katholische Lösung für Jahrhunderte verschoben"). Arnold legt
nun den Nachdruck darauf, daß Luther sich nicht um die Thesen
der großen Scholastiker, an deren Spitze Thomas steht, kümmerte
, sondern sich als Seelsorger um die katholische Vulgärpraxis
, Vulgärpastoral, Vulgärfrömmigkeit sorgte (und da kann man
ihm nur Recht geben!). Dieser katholischen Vulgär-Frömmigkeit
und Vulgär-Pastoraltheologie war aber (nach Franz) die Messe
eben ein unfehlbar wirkendes Allheilmittel in den leiblichen und
geistigen Nöten, dessen offizieller Vollzug die Hauptsache blieb
— opus ©peratum im naturhaften Sinn. In der Tat verstand man
in diesen Volkskreisen (und wer gehörte nicht dazu!) nichts mehr
von der Sakramentalität des Meßopfers, man machte ein Naturopfer
daraus (wie es nur das Kreuzopfer, corporalis et realis ob-
latio, einzigartig war). Und gegen das Naturopfergebaren mit der
Messe kämpfte Luther. Die Gegner Luthers vor dem Trienter
Konzil hatten genug eigentlichen katholischen Geist, um gegen
Luthers Auffassung der im Volke mißbrauchten Messe nun auf
das sakramentliche Denken einzuschwenken: ihnen ist die Messe
nicht naturhaftes, sondern sakramentales, „rekordatives", „bedeutliches
" Opfer. Und zwar so: Sakrament als Hauptbegriff.
Speise und Opfer als Momente enthaltend. Heinrich VIII. von
England: Uno sacramento missae wird Kommunion und Opfer
gefeiert. Dazu: Christus gibt die Gnade ex opere operato nur,
wenn das opus operantis in Abtuung der Sünde vorhanden ist;
die Notwendigkeit des Glaubens wird betont. Überdies: Die
Messe ist die Gedächtnis-Lobes-Danksatrungs-Funktion der K i r-
c h e. Hingegen das Tridentinum wurde schließlich rein anti-lutherisch
in der Sache der Messe: es bemühte sich, das theologisch
zu sichern, was Luther angegriffen und gestrichen hatte! So wurde
die Meß-Lehre der Folgezeit antiprotestantisch statt urkatholisch.
Ja naturhaft, statt sakramental, naturhaft bis zu den fatalen Versuchen
: aliquo modo moritur et a sacerdote mactaturf Was hatte
Luther gesagt? Und es entschwand der Oberbegriff Sakrament
(für Mahl und Opfer), es entschwand die Sicht: Opfer der Kirche,
die lobt und danksagt und Gedächtnis hält uno sacramento —
der Priester allein wurde Subjekt, und die Messe das „Mittel, wodurch
". So erst begreift man die Revolution, welche durch die
Enzyklika Mediator Dei kam: Rückkehr zum Ur-Katholischen!
(Aber wieder darf moniert werden: War dann nicht Luther auch
urkatholisch geeen den heimlichen Niedergang?). — Josef Casper
spricht eindringlich über den Verkündigungscharakter der orientalischen
Liturgie. Jede dieser Liturgien kündet in ihrer Art die
Heilsmysterien, die große HeuVeschichte der Menschheit, aber
auch ihre eieene Kirchen- und Volkseeschichte. Die Litureie hat
mehr zum Unterricht (Doema und Ethos) beigetragen als der absichtliche
Unterricht. — Johann Hofinger (Pekine-Manila') handelt
von der Messe in der missionarischen Verkündigung. Der Aufsatz
hat denselben Inhalt wie Hofingers Referat in Lugano (vgl.
Lit. Jahrbuch III [1953]) — nur daß hier der katechetische Weg
besonders gezeigt wird. — Franz Schreibmayr (München) berichtet
über die Eucharistielehre im Entwurf zum neuen deutschen Ein-