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Ausgabe:

1955 Nr. 2

Spalte:

99

Kategorie:

Ökumenik, Konfessionskunde

Titel/Untertitel:

Der heilige Berg Athos 1955

Rezensent:

Onasch, Konrad

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99

Theologische Literaturzeitung 1955 Nr. 2

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liehen Gemeinschaft beleuchtet und gegliedert. Eine Art Nachtrag
und ein Schlußwort, all das in den letzten Kapiteln, führen nun
anscheinend zum Ende.

Aber eine Reihe sogen. Exkurse zu verschiedenen Kapiteln
bedürfen besonderer Aufklärung, — deren sind es nicht weniger
als fünfzig, — und gerade in diesen liegt eine Fülle von Gelehrsamkeit
und wissenschaftlicher Aufklärung seitens des Verfassers
geborgen. Die geschichtlichen Quellen des gesamten Ordenlebens
der älteren Zeit sprechen hier eindrucksvoll zum Leser
, von den Altvätern der Wüste und nachherigen Mönchsgestalten
und Vertretern des geistlichen Lebens bis auf den heiligen
Benedikt. Und was wollen eigentlich die Exkurse anders sein
als Nutzanwendungen aufgrund der vielfachen Lesefrüchte, die
aus ungezählten Väterschriften geschöpft wurden. Und deren
Zweck und Ziel ist, Gott und den Nächsten zu lieben, in genauer
Befolgung der göttlichen Gebote.

Zweifellos hat der Bearbeiter dieses Buches, das weit mehr
bietet als eine einfache Sammlung von Väterzitaten, eine Arbeit
von außergewöhnlicher Bedeutung geleistet. Möge das kostbare
Werk viel Verständnis und entsprechend auch Abnahme finden!

Beuron Juslinus Littenweiler

KIRCHENKUNDE

Ell er, Karl: Der Heilige Berg Athos. München-Planegg: Barth-Verlag
1954. Text: S. 1—36; Taf.: S. 37—239. 4°. Lw. DM 28.50.

Dieser vom Verlag hervorragend ausgestattete Band verfolgt
keine eigentlich wissenschaftlichen Ziele. Nach einem Vorwort
von Prof. Dr. Louvaris, Athen, betont der Verf. die Absicht seiner
Veröffentlichung: ,,So will denn auch dieses Buch Zeugnis
geben von der Inbrunst religiösen Lebens des Athos-Mönches,
von der Einfalt seines demütigen Seins und von dem hohen Rang,
den die heilige Ikone im Leben des Mönches einnimmt" (S. 11).
Den einführenden Kapiteln S. 11—36 kann man sich bis auf wenige
Einzelheiten anvertrauen. So ist die Darstellung des gekreuzigten
Christus keineswegs so selten, wie der Verf. S. 13 meint.
Im Literaturverzeichnis S. 239 fehlt das für die Kunst des heiligen
Bergs immer noch grundlegende Werk von Heinrich Brockhaus
: Die Kunst in den Athosklöstern. Leipzig 1924.

Der Hauptwert des Buches von Eller liegt aber in seinem
Bilderteil. Bereits Pabel und Dölger hatten uns wertvolle Fotos
vermittelt. Aber was uns hier der Verf. vorführt, geht über das
dort Gebotene hinaus. Vor allem die Buntfotos sind der anerkennenden
Erwähnung wert. Das erste von ihnen, eine Aufnahme
des Klosters Grigoriu, zeigt uns die ganze eigentümliche
farbenprächtige Natur, in der die Athos-Mönche leben. S. 145
bringt eine Farbaufnahme der berühmten Wandmalereien der
Trapeza von Xenofondos. S. 217 zeigt die Buntaufnahme einer
Gottesmutterikone aus Watopedi, und aus Pantokrator wird
S. 221 eine Ikone in Buntdruck gebracht, die die Gottesmutter
mit dem Kinde und Johannes den Täufer darstellt. Abgesehen
von den herrlichen Aufnahmen der Klöster (Buntfoto von Pan-
teleimon S. 109, eine Einsiedelei zwischen Himmel und Erde
S. 117, das hochragende Dionisiu in einer überraschenden Perspektive
S. 121) bringt E. eine Reihe guter Fotos von Ikonen,
Ikonostasen und Handschriften, die auch der Forscher gerne gebrauchen
wird. Ob man einen Athosmönch während der meditativen
Schau im Foto wiedergeben soll und darf, wie es S. 165 geschieht
, möchte ich persönlich bezweifeln.

Halle (Saale) Konrad Onasch

Die Kirche in der Welt. Wegweisung für die katholische
Arbeit am Menschen der Gegenwart. Ein Loseblatt-Lexikon. V. Jahrg.
1952. Münster: Aschendorff 1952. IV, 392 S. 8°. DM 11.—.

Das jährlich in Lieferungen erscheinende Loseblatt-Lexikon
(LL) ist inhaltlich nach Sachgebieten in sieben Sektionen eingeteilt
:

A. Das religiöse Leben im engeren und weiteren Sinne.

B. Philosophie und Naturwissenschaften.

C. Anthropologie, Bildung und Erziehung.

D. Recht.

E. Staat und Politik.

F. Gesellschaft und Wirtschaft.

G. Literatur, Kunst und Film.

Diese sind im vorliegenden Jahrgang mit je neun (C und G)
bis fünfzehn (B und E) Beiträgen bedacht. Um einen Eindruck
von der Vielseitigkeit des LL zu geben, seien einige Themen und
ihre Bearbeiter genannt:

Das Alte Testament in seiner Bedeutung für die Gegenwart
(H. Eising).

Verkündigung heute (H. Elfers).

Öffentliche Meinung in der Kirche (K. Rahner).

Von der Struktur der christlichen Ehe (H. Volk).

Die Einteilung der Philosophie (H. E. Hengstenberg).

Moskau, das dritte Rom (W. Szylkarski).

Überwindung nominalistischen Halbdenkens in der organischen

Welterklärung (H. Andre).
Neuaufbruch katholischer Religionsphilosophie bei Max Sdieler

(G. Scherer).

Physikalisches Weltbild und christlicher Glaube (P. W. Büchel S. J.).

Probleme der Schulreform (W. Rest).

Über sowjetrussische Pädagogik (W. Rest).

Ist unsere Schule volkstümlich? (B. Bergmann).

Die Gesetzgebungszuständigkeit in der Bundesrepublik Deutschland
(W. Henrichs).

Naturrecht und Bonner Grundgesetz (E. von Hippel).

Zum Entwurf eines Familienrechtsgesetzes (H. Konrad).

Das moderne französische Eherecht (A. Woopen).

Das Betriebsverfassungsgesetz (W. Henrichs).

Familienbewegung in Deutschland (E. Martin).

Bürgschaft und Gefährdung der politischen Freiheit im Abendland
(K. Thieme).

Die Christenheit und die Demokratie (W. Dirks).

Partei — Wesen und Merkmale (W. Henrichs).

Wirtschaftssystem und sozialer Katholizismus (J. Meßner).

Bischof Ketteier als sozialer Erwecker (P. Jostodc).

Arbeitslosigkeit und Vollbeschäftigungspolitik (R. J. Willeke).

Gabriel Marcel als Dramatiker (A. Franke).

Filmübersidit 1951/52 (W. Mogge).

Das Drama des 20. Jahrhunderts (G. Hasenkamp).

Einblick in die Welt von morgen (Rauchs Welttraumbücher in

kritischer Sicht) (H. Hilleke).
Priester im Buch und auf der Leinwand (A. Spiegel).

Das Niveau ist erfreulich hoch, die Polemik im ganzen
maßvoll, über die Bindung an das Lehramt wird bei aller Weltoffenheit
kein Zweifel gelassen.

Wenigstens ein Aufsatz soll etwas näher beleuchtet werden.
R.Kleine widmet dem Mariendogma von 1950 eine grundsätzliche
Erörterung unter der bezeichnenden Überschrift: „Der Buchstabe
allein?" Er geht davon aus, daß Theologie „über das, was
in Christus und durch die Apostel .offenbar' geworden ist, nicht
hinausgelangen" kann (3). Aber Offenbarung sei nicht schlechthin
Wortoffenbarung. „Mag der Herr auch noch so vollendet die
Sprache gemeistert haben, so war sie dennoch nicht und konnte
ihm nicht sein das restlos zureichende Werkzeug seiner Offenbarung
." „Seine Inkarnation umfaßt mehr als das, was er gesprochen
hat. Und das, was er sprach, ist nicht seine ganze Frohbotschaft
" (7). Die Bibel sei also in doppelter Hinsicht ergänzungsbedürftig
: einmal hinsichtlich dessen, was sich von der Offenbarung
nicht in Worte fassen läßt, und dann hinsichtlich des
von Christus noch nicht ausgesprochenen Teils der Frohbotschaft.
Daher das römisch-katholische Stehen zur Tradition, deren (wenn
auch einzigartiger) Bestandteil die Bibel im Grunde sei (10), und
zur Kirche; denn in ihr „setzt sich in einem geschichtlichen Vollzug
die Inkarnation fort" (278). Weder grundsätzlich noch methodisch
könne sich der Katholik „auf den Standpunkt des alleinigen
Rechts der Bibel stellen" (281), wiewohl er überzeugt sei,
„daß das tiefere Verständnis der Bibel sich nicht wider unsere
eigene katholische Gläubigkeit wenden kann" (282). Aber die
Parole: „Der Buchstabe allein" erdrücke das Pneuma (277).

K. nimmt merkwürdigerweise auch Luther als Kronzeugen
in Anspruch: „Luther, angewidert von der logizistischen Spätscholastik
, steht da ganz auf unserer Seite, ohne sich dessen voll
bewußt zu sein" (10). Aber wird damit nicht Luthers Anliegen
verkannt? Freilich kann das reformatorische Schriftprinzip schwerlich
auf die Formel „Der Buchstabe allein" gebracht werden. Man
denke etwa an Luthers Wertlegen auf die viva vox evangelii!
Aber eben diese viva vox ist ein durch die Zeiten hin lebendiges