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Ausgabe:

1955 Nr. 2

Spalte:

95-97

Kategorie:

Kirchengeschichte: Allgemeines

Autor/Hrsg.:

Cassiodorus, Flavius Magnus Aurelius

Titel/Untertitel:

Cassiodori-Epiphanii Historia ecclesiastica tripartita 1955

Rezensent:

Altaner, Berthold

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Theologische Literaturzeitung 1955 Nr. 2

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L. H. G r o n d i j s, la mort du Christ et le rit du Zeon, S. 251.
H. W. H a u s s i g, Theophylakts Exkurs über die Skythischen Völker,
S. 275.

S. Wittek-dejongh, le Cesar Nicephore Bryennios, S. 463.

P. L e m e r 1 e, ä propos d'une basilique de Thasos et de Saint-Jean

d'Ephese, S. 531.
H. G. Beck, Deutsche Byzantinisten in Würzburg, S. 546.

Comptes Rendus: G. Rouillard, La vie rurale dans l'empire
553 byzantin — Habib Z a y a t, vie du patriarche melkite d'Antioche
Christophore — Runciman, a history of the Crusades tome II, III.
C a n a r d, histoire de la dynastie des Hamdanides — Thomsen tome VI
de la „Palästina Literatur".

Additions: in memoriam E. Honigmann.

Die folgenden Bemerkungen sollen auf den Inhalt der Aufsätze
hinweisen, soweit nicht die Überschriften schon Auskunft
geben. Malkin teilt eine griechische Handschrift mit, die das Leben
des hl.Nikephoros von Sebaze enthält; als Verehrer
der Bilder gehört er zu den Opfern der Ikonoklasten. Die
Handschrift, zweite Hälfte des 10. Jhdt. stammt aus Patmos.
Ebenfalls von Patmos kommt eine Sammelhandschrift von Briefen
, die in den Gegensatz der Hesychasten zu den Lateinern hineinreichen
. Mehrere Briefe, besonders von Palamas, dem Vorkämpfer
der griechischen Orthodoxen, und von dem Kalabreser
Barlaam, der zu den Lateinern vermittelt, lassen die Streitpunkte
deutlich sehen: die dogmatische Frage des „Filioque" und das
Verhältnis zu griechischer Philosophie und Bildung, d. h. dem
in Italien aufblühenden Humanismus; dargelegt von Meyendorff.
Soloview berichtet über ein Buch von Paul Ricaut aus der
2. Hälfte des 17. Jhdt., worin geschildert wird, wie in Bosnien
damals der Bogomilismus vor dem Islam zurückweicht. Beide berühren
sich in der Verwerfung der Bilder und des Kreuzes.
Ostrogorsky äußert sich zu dem livre des themes ed.
Pertusi, der nur das I. Buch dem Kaiser zuschreibt, und zieht auch
Enßlin heran. Eine lange Abhandlung ist dem Gatten der Anna
Komnena gewidmet, dem Nikephoros Bryennios;
darin griechischer Text von Gregoire ins Französische übersetzt.
Prawer setzt seine Arbeit über wirtschaftliche und
soziale Verhältnisse in einer seigneurie des 13. Jhdt. fort,
vgl. Byzantion XXII 5. In diesem Zusammenhange sei auch auf
das Buch von Germaine Rouillard, la vie sociale dans
l'empire byzantin, hingewiesen, das unter Comptes
Rendus anerkennend besprochen wird. Den größten Aufsatz steuert
Haußig bei über den Exkurs des Theophylakt. der ausführlich
die Herkunft der Awarner, Hunnen usw. behandelt; der
griechische Text wird mitgeteilt und übersetzt. Eine Inschrift auf
den hl. M e n a s findet man unter Halkins Namen; Griechische
Gedichte auf Gedenksteinen, eines in der Kathedrale
von Bari, veröffentlicht M. Mathieu; es gibt ihrer nicht
wenige aus der Zeit Manuels I. Daß die byzantinischen
Studien aufblühen und auch in Deutschland gepflegt werden,
lehrt der Überblick, den Irmscher gibt.

Halle/Saale W. Schubart

[Cassiodor:] Cassiodori-Epiphanii Historia Ecclesiastica Tripartita.

Historiae ecclesiasticae ex Socrate, Sozomeno et Theodorito in unum
collectae et nuper de graeco in latinum translatae libri mimero duo-
deeim. Recensuit W. Jacob, Ed. curavit R. H a n s 1 i k. Wien:
Hoelder-Pichler-Tempsky 1952. XXI, 767 S. gr. 8° = Corpus Script-
orum Ecclesiasticorum Latinorum. Editum consilio et impensis Aca-
demiae Scientiarum Austriacae. Vol. LXXI. DM 80.—.

In nicht allzu ferner Zeit wird das von der Wiener Akademie
der Wissenschaften getragene und seit 1866 mit dem Erscheinen
des 1. Bandes ins Leben getretene Corpus Scriptorum Ecclesiasticorum
Latinorum ( = CSEL) seine Säkularfeier begehen dürfen.
Selbst die zwei großen Weltkatastrophen (1914 ff. und 1939 ff.)
vermochten nicht den Zusammenbruch des großen Unternehmens
einer kritischen Edition der altchristlichen Literatur herbeizuführen
. Angesichts des gewaltigen Umfangs der Aufgabe wird das
Wiener Corpus in seiner Bedeutung weder bedroht noch überflüssig
gemacht, wenn in jüngster Zeit immer häufiger größere
oder kleinere altchristliche Texte unabhängig und neben dem
durch ausgezeichnete Leistungen längst ausgewiesenen CSEL erscheinen
. Auch das gewaltige von der belgischen Benediktinerabtei
Steenbrugge getragene noch viel weiter greifende Corpus
Christianorum, Series Latina (vgl. die in der Clavis Patrum Latinorum
vorliegende Bestandaufnahme der zu edierenden Texte
von E. Dekkers, 1951) darf und wird die Weiterarbeit der Wiener
Textreihe nicht lahm legen. Daß man in Wien auch weiterhin
mit neuem Mut an der alten Aufgabe arbeiten will, lassen
die in den letzten Jahren erfreulicherweise erfolgten Editionen
erkennen; denn in den Jahren 1951 und 1952 sind drei neue
Bände des CSEL erschienen: 1951 edierte P. McKinlay den Dichter
Arator (t. 72); 1952 Ae. Kroymann (f) als t. 70 den Schlußband
der Tertullianschriften und in demselben Jahre wurde uns der
im wesentlichen von W. Jacob (1941 im Kriege
gefallen) bearbeitete kritische Text der Historia Ecclesiastica Tripartita
des Cassiodorus-Epiphanius als t. 71 beschert. Diesem
starken Band gilt die folgende Anzeige.

Da zu Lebzeiten von Jacob erst etwa die Hälfte des Textes
ohne den kritischen Apparat gesetzt war, übernahm R. Hanslik
im Auftrage der Direktion des CSEL die weitere Betreuung der
Edition. Abgesehen von der Druckkorrektur und von, aufs Ganze
gesehen, geringfügigen Textemendationen und der orthographischen
Angleichung an das Regulativ des Wiener Corpus, hat Hanslik
unter Benützung der Dissertation Jacobs „Untersuchungen der
handschriftlichen Überlieferung der sogenannten Historia tri-
partita des Epiphanius-Cassiodor", die soeben in den Berliner
„Texten und Untersuchungen" erschienen ist, die Prolegomena
(S. VIII—XX) und vor allem die umfangreichen, ausgezeichnet
gearbeiteten Indices beigesteuert, die einen Index nominum,
orthographicus und Index grammaticus bringen (S. 685—766).
Der Wiener Gelehrte hat die Prolegomena sehr kurz gefaßt, weil
er über die hier einschlägigen Fragen an anderer Stelle ausführlich
zu handeln gedenkt. Wir erhalten inzwischen hinreichend
Aufschluß über die handschriftlichen Grundlagen des neuen Textes
und auch des Textes älterer Ausgaben, ferner über die Arbeitsweise
des Epiphanius, über die Benützung der Quellen von
Seiten des Kompilators und die Überlieferungsgeschichte des
Werkes. Die Historia tripartita war neben der von Rufin besorgten
Übersetzung der Kirchengeschichte des Eusebius die wichtigste
Quelle des mittelalterlichen Abendlandes für seine Kenntnis
der altchristlichen Kirchengeschichte bis zum Jahre 439.

Der Mönch Epiphanius, der in dem von Cassiodor gestifteten
Kloster Vivarium lebte, übersetzte im Auftrage Cassiodors vor
560/566. die kirchengeschichtlichen Werke des Sokrates, Sozo-
menus und Theodoret ins Lateinische und kompilierte aus Texten
, die diesen Quellen entnommen sind, ein neues Werk. Außerdem
hatte er noch die um 530 von Theodor Lector aus denselben
drei Autoren zusammengestellte griechische Historia
tripartita zur Hand; sie war ihm nicht nur Vorbild für
die zu treffende Auswahl von Texten, sondern diente z. T. auch
als Quelle, d. h. sie wurde streckenweise unverändert übernommen
. S. XIII—XV zeigt Hanslik, daß die lateinische Historia
tripartita das Werk des Epiphanius ist. Cassiodor hat nur die
Vorrede zu diesem Werk geschrieben, nicht aber die von Epiphanius
übersetzten griechischen Quellen bearbeitet und darum
auch nicht die so gewonnenen Textteile zu dem heute vorliegenden
Werk zusammengefügt.

Welch außerordentliche Arbeit und Gelehrsamkeit in dem
neuen Bande des CSEL steckt, erhellt schon daraus, daß W. Jacob
bei der Sammlung und Durchforschung des handschriftlichen Materials
nicht weniger als 137 Codd. ausfindig gemacht und für die
Textgestaltung herangezogen hat. Das von ihm aufgestellte
Stemma der Handschriften hat Hanslik übernehmen können. Jacob
unterscheidet sechs verschiedene Klassen von Handschriften.
Die erste dieser sechs Klassen, zu der 27 Codd. gehören, wird
in drei Gruppen eingeteilt. Drei Codd., die als die besten dieser
drei Gruppen eruiert wurden, sind als führend und maßgebend
der Textgestaltung zu Grunde gelegt: ein cod. Carnutensis
saec. X, ein cod. Lenigrad. saec. IX und ein cod. Neapolit. saec. X.
Natürlich wird auch der griechische Urtext jeweils gewissenhaft
herangezogen und ausgewertet. In der Orthographie schließt sich
Hanslik nicht so eng an die handschriftliche Überlieferung an,
wie dies Jacob beabsichtigt hatte, sondern er will nach Möglichkeit
die im 6. Jahrhundert übliche Schreibweise zur Geltung brin-