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Ausgabe:

1955 Nr. 2

Spalte:

87

Kategorie:

Bibelwissenschaft

Autor/Hrsg.:

Parrot, André

Titel/Untertitel:

Entdeckung begrabener Welten 1955

Rezensent:

Eissfeldt, Otto

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Theologische Literaturzeitung 1955 Nr. 2

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die Neuausgabe eines höchst wichtigen altlateinischen Paulustextes
beschäftigt, feststellen mußte, daß dieser Text selbst bei Words-
worth-White fast ebenso oft falsch wie richtig verzeichnet ist,
weil man sich mit schlechten Ausgaben begnügte, statt auf die
Hss zurückzugehen. Wenn der vorliegende Genesisband jetzt
bereits 44 Seiten „Nachträge und Berichtigungen" — der letzteren
sind wenige — bringt, wie mag der Stoff im Laufe einiger Jahrzehnte
angewachsen sein? Natürlich findet man die Ergänzungen
zum Genesistext gern im Genesisband, aber es bleibt doch zu erwägen
, ob man die Nachträge nicht besser für den Schlußband
aufspart.

Sehr dankenswert ist das beigegebene Register, welches die
Stellen verzeichnet, an denen die einzelnen Hss, bzw. die Autoren
angeführt werden. Als nächster soll Band 26 mit den katholischen
Briefen folgen.

Bonn Heinrich Vogels

Parrot, Andre: Entdeckung begrabener Welten. Aus dem Französischen
übersetzt von Ernst Jenni. Zollikon-Zürich: Evangelischer
Verlag AG. 1954. 112 S., 20Taf. mit 30 Abb. 8°. DM 10.50.

Der — in der wissenschaftlichen Welt vor allem durch seine
1933 begonnene und bis in die Gegenwart fortgeführte ungemein
ertragreiche Ausgrabung von Mari am mittleren Euphrat
rühmlichst bekannte — Leitende Konservator der nationalen Museen
Frankreichs und Professor an der Ecole du Louvre Andre
Parrot hat 1952 das für einen weiteren Leserkreis bestimmte Buch
„Dicouverte des Mondes Ensevelis" veröffentlicht und diesem
bald mehrere, ebenfalls für ein breiteres Publikum bestimmte
„Cahiers d'Archeologie Biblique" folgen lassen, nämlich 1. „De-
luge et Arche de Noe", 2. „La Tour de Babel", 3. „Ninive et
l'Äncien Testament" und 5. „Le Temple de Jerusalem". Diese
Bücher sollen nun erfreulicherweise auch in deutscher Ausgabe
erscheinen. Die „Entdeckung begrabener Welten", die Ernst Jenni
zu dankende gute Übersetzung von „Dicouverte des Mondes
Ensevelis", bildet den Einführungsband zu der Übersetzungsreihe,
dem, zum Sammelband „Bibel und Archäologie" zusammengefaßt,
„Sintflut und Arche Noahs", „Der Turm von Babel" und „Ninive
und das Alte Testament" folgen sollen. Daß so Parrots Beiträge
zur biblischen und altorientalischen Archäologie auch dem
deutschen Leser bequem zugänglich gemacht werden, ist überaus
erfreulich. Denn sie verstehen es ausgezeichnet, in diese Welt
einzuführen und verdienen daher, über den Bereich der französischen
Sprache hinaus verbreitet zu werden.

Das erste Kapitel des vorliegenden Buches zeigt, namentlich
am Beispiel von Mari, „Wie eine vom Erdboden verschlungene
Stadt wiederersteht". Das zweite erzählt — mit Bottas Schürfung
an der Stätte des alten Ninive 1842 oder eigentlich schon mit
Napoleons Ägyptischer Expedition beginnend und mit der Wiederaufnahme
der Ausgrabungen nach dem zweiten Weltkrieg
schließend — „Das Epos der Archäologen (1842—1952)". Das
dritte Kapitel schildert „Fünftausend Jahre Kultur" in Vorderasien
und verfolgt dabei die von der vorgeschichtlichen Kultur
des nordirakischen Hassuna bis zu den hellenistisch-römischen
Sandstein-Facaden von Petra reichende Entwicklung. Das vierte
Kapitel „Biblische Vergangenheit und ihre orientalische Umgebung
" schließlich legt dar, wieviel die in Palästinas Umgebung
vorgenommenen Ausgrabungen zum Verständnis der Bibel beigetragen
haben. Veranschaulicht wird die lebendig geschriebene
und so auch in der Übersetzung wirkende Darstellung außer durch
die guten Tafelabbildungen auch durch 5 ebenso gut ausgeführte
Kartenskizzen, und eine geschickte Auswahl aus der reichen Literatur
über den Gegenstand der Darstellung erleichtert dem Leser
die gründlichere Beschäftigung mit ihm.

Halle/Saale__Otto Eißfeldt

B o n f a n t e, Giuliano, and Metzger, Bruce M.: The Old Slavic

Version of the Gospel aecording to Luke.

Journal of Biblical Literature LXXIII, 1954 S. 217—236.
S c h u 11 z, Werner: Die Grundlagen der Hermeneutik Schleiermachcrs,

ihre Auswirkungen und ihre Grenzen.

Zeitschrift für Theologie und Kirche 50, 1953 S. 1 58—184.
Vogel, P. H.: Dänische und norwegische Bibelübersetzungen seit der
Reformation.

Internationale kirchliche Zeitschrift 24, 1954 S. 235—240.

Vogel, P. H.: Eine neue katholische Übersetzung des Neuen Testamentes
in Dänemark.

Bibel und Kirche 1954 S. 116—118.

NEUES TESTAMENT

Beasley-Murray, CR.: Jesus and the Future. An Examination
of the Criticism of the Eschatological Discourse, Mark 13, with Special
Reference to the Little Apocalypse Theory. London: Macmilian
& Co. 1954; 287 S. S. 25/-.

Der Verfasser vertritt die Ansicht, daß wir in Mk. 13, 3—37
die Wiedergabe von Aussprüchen besitzen, welche der historische
Jesus (i) entweder bei verschiedenen Anlässen oder (ii) im
Zuge einer einzigen längeren Rede getan hat, die von verschiedenen
Zuhörern und Zeugen fragmentarisch festgehalten wurde,
wobei sich durch die Verflechtung der Berichte mehrerer Zeugen
gewisse Unstimmigkeiten in der Wiedergabe der Rede als eines
Ganzen ergaben (212). Um diese Ansicht zu begründen, setzt
B.-M. sich polemisch mit den Vertretern der Theorie einer nach
dem Tode Jesu (zur Zeit Caligulas oder zur Zeit des jüdischen
Aufstandes) entstandenen und bei der Niederschrift des Markus-
Evangeliums diesem einverleibten „Kleinen Apokalypse" auseinander
. Er bespricht auch andere neuere Theorien von der Entstehung
der in Mk. 13 und Par. enthaltenen Traditionen. Gestützt
auf große Belesenheit versucht B.-M., die diesbezügliche
Literatur von Strauß bis Colani und von Colani bis Lohmeyer
, Schniewind und Dodd zu verarbeiten. Es ist sein Bestreben
, den Nachweis zu führen, daß es sich bei Mk. 13 nicht um
eine nach dem Tode Jesu „vom Herrn empfangene" Offenbarung
handle, sondern um die auro<pa>vr] des historischen Jesus, wenn
auch zwischen dem historischen Augenblick der Aussage Jesu und
dem Moment der literarischen Niederschrift durch den Markusevangelisten
Zwischenstufen gelegen sein mögen (111).

Das Buch ist mit Verve geschrieben und durch einen in englischer
theologischer Literatur seltenen, aber erfrischenden Sar-
kasmus gekennzeichnet.

Dabei sind leider dem Verfasser häufig Unebenheiten und methodische
Unklarheiten unterlaufen. Zu dem in Apg. 1,7 mitgeteilten
Ausspruch des auferstandenen Herrn bemerkt B.-M., die Niederschrift
des Spruches sei „sound testimony to the faithfulness of the disciplcs
in preserving words of the Lord which they did not really understand
and with which they had not come to terms" (78). Anschließend
hieran handelt B.-M. vom Inspirationsbegriff. „The early Church knew
the inspiration of the Spirit in fuller measure than most generations
since; the proof of that is its produetion of the New Testament...
It is conceivable that the gift of inspired utterance, in (the) . . . name
of the Holy Spirit, was the means of the greatest distortion of the
teaching of Jesus that ever took place .. ." (79). Hier weiß man nun
wirklich nicht, was der Vf. meint: knapp vorher hatte er betont, daß
die Jünger Worte Jesu (oder des erhöhten Herrn) aus ihrer
Erinnerung genau aufbewahrt hätten, selbst wo es ihnen an dem
richtigen Verständnis dieser Worte gebrach — nun aber ist es die
Geistesinspiration, welche die Jünger erfüllt und sie zur
Niederschrift der Evangelien befähigt, offenbar ihnen auch die Worte
Jesu eingibt. „The inspiration of the Holy Spirit is a phenomenon to
be reckoned with" (89). Zweifellos — und es ist Beasley-Murrays
fundamentaler kritischer Fehler, daß er zu wenig mit dieser Inspiration
gerechnet hat. Wer das Problem des Verhältnisses zwischen der geschichtlich
verkündeten Lehre Jesu und der Geistesinspiration ernsthaft
in Frage ziehen will, darf an Belegstellen wie z.B. l.Kor. 14, 37 nicht
blind vorübergehen. Paulus stellt hier eindeutig seine eigene vom
Geist eingegebene Lehre — denn er hatte ja keine auf Jesus direkt zurückgehende
Tradition — als das oberste Prinzip und Kriterium evangelischer
Verkündigung auf. Die Stelle im ersten Korintherbrief beweist
zugleich, daß die Verkündigungen verschiedener jiQotpijxai und ävöyei
nvevfiaztxoi sich gelegentlich nicht in Einklang bringen ließen. Das
Prinzip der Geistesinspiration als höchster Norm gelangte innerhalb
der Urkirche überall zum Sieg, auch wo es sich nicht um den Apostel
Paulus und spezifisch paulinisdie Doktrinen handelte. Was „vom Geist
empfangen" war, wurde auf den historischen Jesus zurückgeführt — von
den Jüngern in Palästina und ihrem Kreise nicht weniger als von den
Missionsaposteln in der Heidenwelt. B.-M. hätte daher zunächst der
Frage nachgehen müssen, ob die „Synoptische Apokalypse" sich eher
aus der Lebenslage Jesu oder eher als vom Geist empfangene Verkündigung
aus der Lebenslage der Urgemeinde verstehen lasse. Diese
Erwägungen gelten für Lukas 17 (Q) natürlich ebenso wie für Markus
13 — man kann also nidit, wie B.-M. es tut, Zitate aus Lk. 17 als