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Ausgabe:

1955 Nr. 2

Spalte:

81-82

Kategorie:

Allgemeines

Titel/Untertitel:

Sacris Erudiri ; VI, 1 1954 1955

Rezensent:

Fendt, Leonhard

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Theologische Literaturzeitung 1955 Nr. 2

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arten. Ihre erste Aufgabe wird heute das Kennenlernen sein. Das
Aufnehmen oder Abweisen ist Sache liturgischen Lebens, nidit
der liturgischen Wissenschaft. Innerhalb ihrer Commission on
Faith and Order hat die ökumenische Bewegung seit einigen Jahren
eine Commission on Ways of Worship20. Die Einheit in der
Mannigfaltigkeit der liturgischen Formen wird nicht einer kommenden
Uniformität zuliebe gesucht. Eher wäre, wenn schon eine

so) Vgl. Wilhelm Stählin, Liturgische Erneuerung als ökumenische
Frage und Aufgabe, Die Zeichen der Zeit, 4., 1950, S. 65—74. 126—129.

Absicht in dieser ökumenischen Arbeit gesucht wird, daran zu
denken, daß auch dabei sich die Kirchen ihrer missionarischen Verantwortung
bewußt werden. Die Kirche Christi hat den Auftrag
zu dem einen Herrn, nicht etwa zu den Riten und Lehren einer
Konfessionskirche zu rufen. In diesem Auftrag ist die Freiheit
liturgischer Gestaltung beschlossen.

Die Liturgie hat ihr Leben allein in der Rechtfertigung, ihren
Sinn allein im Handeln Gottes durch Wort und Sakrament. Sie
wird in ihren Formen bestimmt durch Tradition und Ökumene.

ALLGEMEINES

Sacris Erudiri. Jaarboek voor Godsdienstwetenschappen. VI, 1
19 54. Uitgave van de Sint Pietersabdij, Steenbrugge. Brügge: Beyaert;
Den Haag: Nijhoff [1954]. 188 S. gr. 8°.

Auch im VI. Jahrgang, dessen erster Halbband 1954 vorliegt
, bringt das „Jaarboek" wieder beachtenswerte Aufschlüsse
und Hypothesen; die Hypothesen sind dies Mal in der Überzahl,
aber sie haben Hand und Fuß.

Alfons Kurf ess bezieht des Hieronymus Ausbruch gegen die
Leute, die „aus Vergil einen Christen ohne Christus machen" (ep. 53, 7)
auf Augustinus; zugleich hat Kurfess einen Beitrag zu der Rolle Vergils
mit seiner 4. Ecloge in der christlichen Literatur-, Kunst-, ja Musik-Geschichte
vorzubringen. Walter D ü r i g leitet den Zusatz „et martyres"
zu „unxisti sacerdotes, reges et prophetas" in der Ölweihe des römischen
Pontificale (der bis ins Gelasianum vetus zu verfolgen ist, aber
bei Hittorp und in dem [Augsburger] Clm 3909 wie im Missale Galli-
canum vetus fehlt) von der Gedankenreihe her: Das Martyrium der
Christen hat seinen Ursprung im Kreuztode Christi; es gehört zum
Martyrium eine besondere Kreuz-Gnade; und sie erscheint als „Märtyrersalbung
". In dem Aufsatz kommt auch die altkirchliche Frage vor:
Ist der Märtyrer durch das Bestehen (und Überstehen) des Martyriums
ein Presbyter schon vor der Ordination? Das „Ja" zu dieser Frage führt
bis auf Hippolyt zurück. Dom B o 11 e widmet der Epiklese in den syrischen
Anaphoren (App. Mar und Addai — „Theodor" — „Nestorius")
sorgfältige Untersuchungen mit dem Resultat: 1.) die älteste Form hat
App., die jüngste „Chrysostomus", zwischen beiden steht „Jacobus".
welcher „Basilius", „Gregor v. Nazianz" und „Chrysostomus" beeinflußte
; diese älteste Form steht Hippolyt nodi nahe und ist ein Zwischenstück
zwischen Hippolyt und „Basilius". 2.) Diese älteste Form betet
um das Kommen des Hl. Geistes auf das Opfer der Kirche — nicht
e<p' fjfiä;, nicht um neTaßdkÄsiv u. ä„ aber um Sündenvergebung und
„selige Urständ". 3.) Diese älteste Form kam in App. hinein, als die
Anaphora der App. schon fertig vorlag, darum war der Epiklese als Ort
die Stelle nach dem Fürbittgebet, welches auf die Anamnese folgte, angewiesen
. (Bott bespricht auch die Autorschaft bei den mystagogischen
Katechesen „Cyrills"). Dom Louis Brou handelt von den „Psalm-
Kollekten" der „afrikanischen Serie" (Serie „Visita nos" der Bradshaw-
Society vol. 83 von 1949); sie sind nach Brou von einem Afrikaner
verfaßt, der nach Augustins Tod in der Katholikenverfolgung der ari-
anisdien Vandalen in Afrika (5. Jhdt.) litt (vielleicht in einem „Konzentrationslager
") und betete. Der Autor war aber nicht Fulgentius von
Rüspe und nicht Verecundus von Juvenca, mit dessen Kommentar zu
den biblischen Cantica Brou die Psalm-Kollekten der afrikanischen Serie
Konfrontiert. Dom Michael H u g 1 o steuert eine hochinteressante Studie
über Handschriften des 8. bis 12. Jhdt. bei, in welchen ein Choral überliefert
oder vorausgesetzt wird, der vom „gregorianischen" derselben
^eit abweicht. Diese Abweichungen sind aber keine Depravationen, son-

jf" .?in ei2ener Sti'> und Huglo nennt diesen Choral den „altrömi-
. ™ • weil er in Rom zuhause war (doch auch im deutschen und englischen
Gebiet bezeugt ist). Der „altrömische" Choral folgt dem „Psal-
tenum Romanum" wie der „gregorianische" dem Psalterium Gallicanum.
W> gibt es auch den „mailändischen" und den „alt-beneventischen"
Choral). In den auch nach Deutschland geholten „gregorianischen" Choral
wurde in der Ottonenzeit „altrömisches" Gut infiltriert. Eigentlich
siegte der „gregorianische" Choral erst im 13. Jhdt. durch die Franziskaner
und Papst Nikolaus III., und alles „Altrömische" wurde durch das

x" von Avignon ausgelöscht. Zum Thema „Franziskaner" gehört in
e wa auch der Beitrag von S. I. P. van D i j k über das „Missale La-
MS nSu'i (deS MS 65 der Basilika San Giovanni im Lateran). Dieses
Kar enl ,^en Versuch zu einem Vollmissale; die Rubriken für die
minut 6 S'n<* einem Franziskanerbuch entnommen. Van Dijk zeigt in
Zeu '°Sfen Hntersuchungen, daß wir im „Missale Lateranense" einen
durch61!)' "p un8cheure Liturgie-Umwälzung haben, die im 13. Jhdt.
Iah h A anziskaner kam und in etwa 50 Jahren die Tradition von
T?"'1! wegfegte; zugleich haben wir in diesem Buch Reste der
..römischen Liturgie, wie sie im 12. und 13. Jhdt. in Mittelitalien,

speziell in Cittä di Castello, vor der liturgischen Erneuerung durch die
Franziskaner gebraucht wurde. Davon gibt es nur wenige Zeugen. Der
letzte Aufsatz von VI 1, von I. Noterdaeme, der einzige in niederländischer
Sprache (die anderen sind deutsch, französisch, englisdi) behandelt
ein Stück ältester Brüggischer Kirchengeschichte, nämlich die
Frage: Wie kam die Kirche von Sijsele und ihre Tochterkirche, die
Frauenkirche von Brügge, zum Bistum Utrecht und nicht zum heimischen
Bistum Noyon-Doornik? Es spielt da ein Stück „große Geschichte" herein
, nämlich die Befreiung der Kaisertochter Judith durch Graf Baudouin I.
von Flandern im Frühjahr 862 — und die Feindschaft Hinkmars von
Rheims gegen Baudouin und Judith; gerade diese Feindschaft machte der
Bischof von Doornik mit.

Augsburg Leonhard Fendt

Wort und Dienst. Jahrbuch der Theologischen Schule Bethel.

N.F. l.Bd. 1948. Hrsg. v. Robert F r i c k. 144 S. Kart. DM 4.80.
N. F. 2. Bd. 1950. Hrsg. v. Wilhelm B r a n d t. 188 S. Kart. DM 5.80.
N.F. 3. Bd. 1952. Hrsg. v. Johannes F i c h t n e r. 196 S. Kart.
DM 6.25; Lw. 7.75. Bethel bei Bielefeld: Verlagshandlg. d. Anstalt
Bethel. 8°.

Es bedeutet etwas, daß die Theologische Schule Bethel in
Fortführung ihrer bewährten Tradition regelmäßig wieder — und
das schon so bald nach dem Kriege — ihr wertvolles „Jahrbuch"
herausgibt. Das letzte (neunte) der alten Folge kam 193 8 heraus.
Der Eingriff der Geheimen Staatspolizei setzte dann am 23. 3. 1939
der Arbeit der Theologischen Schule zunächst ein Ende. Sie konnte
— nachdem schon im Sommer 1945 theologische Kurse für heimkehrende
Vikare und Hilfsprediger gehalten worden waren — erst
am 31. 10. 1945 wieder aufgenommen werden. Betrug die Zahl
der Studierenden im WS 1945/46 124, so erreichte sie im SS 1948
die Höchstzahl 249, um dann — entsprechend der allgemeinen
Tendenz — wieder etwas abzufallen: SS 1952 = 206. 1952 gehörten
zum Dozentenkollegium a) die planmäßigen Dozenten:
Dr. Alfred Adam (KG), Lic. Johannes Fichtner (AT), Mag. Hellmuth
Frey (AT), Dr. Gerhard Friedrich (NT), D. Dr. Herbert Gir-
gensohn (Pr. Theol.), D. Heinrich Greeven (NT), Helmut Krämer
(Griechisch u. Geistesgesch. d. Antike), Lic. Hans-Heinrich
Wolf (Syst. Th.); - b) die außerplanmäßigen Dozenten: D. Wilhelm
Brandt (NT u. I. M.), Dr. Hans-Joachim Staebe (Hebräisch
u. AT-Hilfswiss.); - c) die Lehrbeauftragten: Dr. Georg Müller
(Philosophie u. Geistesgesch.), Ronicke (Missionswiss.), D. Dr.
Hans Rust (Syst. Th., Rel. Gesch., Phil.), Dr. Gerhard Schorch und
Dr. Walter Schulte (Psychiatrie u. Charakterologie), Adalbert
Schulz (Liturgie u. Kirchenmusik), - d) die Assistenten. - In den
ersten Semestern des besonders schwierigen Neubeginns nach dem
Kriege gehörten der Theologischen Schule noch an: Edmund
Schlink, Günther Bornkamm, Robert Frick.

Wie intensiv die Arbeit angegriffen worden ist, davon legen
nicht zum wenigsten die in den Jahrbüchern enthaltenen „Arbeitsberichte
", „Vorlesungsverzeichnisse" und „Veröffentlichungen der
Dozenten" Zeugnis ab.

Man verschließt sich nicht der „Problematik" einer „Kirchlichen
Hochschule". Man weiß um die Grenzen einer theologischen
Ausbildung, die nicht wie an den theologischen Fakultäten
im Räume der Universitas geschieht. Doch ist versucht worden, die
fehlende universitas litterarum durch zahlreiche Vorträge von
Männern der verschiedensten Fakultäten sowie des öffentlichen
und des kirchlichen Lebens zur Geltung zu bringen (ein Studium
universale — wie etwa an der Kirchlichen Hochschule Berlin-Zeh-
lendorf — zu errichten, konnte man sich nicht entschließen). Das
Positivum ist die - für Bethel immer schon wichtige — Einfügung
in die universitas einer tragenden Gemeinde, nämlich in das dia-