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1955 Nr. 12

Kategorie:

Kirchenrecht

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Neuerscheinungen

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761

Theologische Literaturzeitung 1955 Nr. 12

762

Dognin, Paul-Dominique: La justice distributive.

Revue des Sciences Philosophiques et Theologiques XXXIX, 1955
S. 18—37.

Ehrhardt, Arnold: Christian Baptism and Roman Law.

Festschrift Guido Kisch. Rechtshistorische Forschungen, Stuttgart
(Kohlhammer) 1955 S. 147—166.

H oberg, Hermann: Die Diarien der Rotarichter.

Römische Quartalschrift für christliche Altertumskunde und Kirchengeschichte
50, 1955 S. 44—68.

Das Braunschweigischc „Kirchengesetz kultische Gebräuche betreffend
".

Lutherische Blätter 6, 19 54 S. 54—56.

Leeuwen, A. van: Straf- en dwangwetten.

Bijdragen. Tijdschrift voor Philosophie en Theologie 16, 1955 S. 233
bis 257.

Mayer-Mal y, Theo: Das biennium von c. 3, X, 3, 18.

Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte 72, 1955 S. 412
bis 415.

Schubart-Fikentscher, Gertrud: Kirchenrechtliches aus Arbeiten
von Christian Thomasius.

Festschrift Guido Kisch. Rechtshistorische Forschungen 1955 S. 189
bis 202.

BERICHTE UND MITTEILUNGEN
Second International Conference on Patristic Studies

Oxford, 19.-24.

In meinem Bericht über die erste internationale Patristikerkon-
ferenz 1951 (ThLZ 76, 1951, 753 ff.) sprach ich davon, daß damals eine
gute Grundlage für die internationale Zusammenarbeit auf dem Gebiet
der Patristik gelegt sei und daß man hoffen durfte, durch eine Wiederholung
einer solchen Tagung die Anfänge weiter auszubauen. Nun hat
in diesem Jahr die zweite International Conference on Patristic Studies
stattgefunden, und man darf erfreut feststellen, daß tatsächlich durch
diese beiden Zusammenkünfte die internationale Zusammenarbeit außerordentlich
gestärkt worden ist — zum Vorteil für unsere Arbeit.

Dem unermüdlichen Einsatz von Prof. Dr. F. L. Cross, Oxford, der
auch diesmal wieder der eigentliche Initiator und die Seele des ganzen
Unternehmens war, ist es zu verdanken, daß ca. 400 Teilnehmer aus
der ganzen Welt im schönen und traditionsreichen Oxford zusammenkommen
konnten und daß der Tagung ein voller Erfolg beschieden war.

Es ist für den Berichterstatter nicht möglich, einen wirklich umfassenden
Bericht zu geben, da er ja jeweils nur an einer Stelle sein
konnte. Vollsitzungen und Gruppenzusammenkünftc wechselten ab und
jedes Gebiet kam zur Sprache. Am Eröffnungsabend sprach nach der
offiziellen Begrüßung durch Dr. Kelly (im Auftrag des Vizekanzlers der
Universität Oxford) Molland-Oslo über „Jcwish Christianity and the
Apostolic Decrec (Acts XV 28 f.)" — ein inhaltsreicher Vortrag über
ein wichtiges Thema der frühchristlichen Geschichte, der zur Diskussion
herausforderte, die aber leider nur nebenbei in kleinen Kreisen stattfinden
konnte. An 2 Vormittagen tagte dann das Plenum, um zwei
größere Themen zu behandeln: „Origen and his Significance" und
„Eschatology in the Patristic Agc". Die Diskussion kam dabei etwas
schwer in Gang — eine Folge der großen Zahl der Teilnehmer. An diese
zwei Vollsitzungen schlössen sich jeweils Berichte an über „Present
Tasks in Patristic Scholarship" und „Instrumenta Studiorum" (14 Unternehmungen
legten dabei Rechenschaft über ihre Arbeit ab). In den
„Present Tasks" kamen wichtige Fragen der internationalen Zusammenarbeit
zur Sprache, die am Schluß der Konferenz zu festen Entschließungen
führten, wovon noch zu teden sein wird.

Die Nachmittage wurden jeweils eingeleitet durch einen Vortrag in
der Vollversammlung (Quispel, Boyer, Dempf, Mohrmann). Dann folgten
Arbeitssitzungen In 10 Gruppen über „Master Themes". Hier scheint
mir die wichtigste Arbeit dieses Kongresses geleistet zu sein: Nach
einem einleitenden Vortrag war die Möglichkeit zu einer ausführlichen
Debatte gegeben, und da sich in den Gruppen doch wohl diejenigen zusammenfanden
, die auf dem betreffenden Gebiet besonders gearbeitet
hatten oder an ihm speziell interessiert waren, hatten die oft recht lebhaften
Diskussionen auch ein beachtliches Niveau und bedeuteten
vielfach eine erhebliche Bereicherung für die Teilnehmer. Eine Aufzählung
der Themen dieser Gruppen mag ein Bild von dem Reichtum des
Gebotenen geben: 1. The Fathers and Biblical Exegesis. 2. The Con-
stantinian Epoch. 3. Problems in Christology. 4. Monastic Origins.
5. Early History of the Liturgy. 6. The Fathers and Hellenistic Philo-
sophy. 7. Fundamental Principles in Literary Criticism. 8. Early Christianity
and Contemporary Judaism. 9. Patristic Spirituality. 10. Patristic
Ideals and their Present Significance.

Schon diese Titel zeigen wohl, daß hier die Patristik in voller Breite
zur Debatte stand. Neben den literarkritischen Fragen wurden die Dogmengeschichte
, die Geschichte der Auslegung und der Liturgie, aber
auch die Beziehung der Vätcrliteratur zur heutigen Theologie und zur
Kirche der Gegenwart diskutiert.

2 Vormittage waren den „Communications" reserviert: ca. 115
kleinere Berichte (20 Minuten Dauer!) aus allen Gebieten in 6 Sektionen
. Auch hier war es natürlich unmöglich, den ganzen angebotenen

. September 1955

Reichtum auszuschöpfen. Immerhin boten diese „Communications"
Gelegenheit, Einzelprobleme zu erörtern, die dann im Einzelgespräch
vertieft werden konnten (zur Diskussion blieb bei den Vorträgen natürlich
kaum Zeit).

Eine besondere Freude war es wohl, daß nicht nur die klassischen
Länder der patristischen Wissenschaft (England, Frankreich, Belgien,
Holland und Deutschland) stattlich vertreten waren, sondern daß auch
Teilnehmer aus USA und UdSSR sich einfanden. Die russischen Gelehrten
berichteten in einer Sonderveranstaltung über die patristischc
Arbeit in der Sowjetunion.

An den Abenden waren allgemeinere Themen Gegenstand von 3
Vorträgen, und eine musikalische Veranstaltung bildete den Abschluß
der Tagung, die dann durch eine Exkursion nach Cambridge ergänzt
wurde.

Eine Gesamtbeurteilung dieser Konferenz wird zunächst einmal
Freude und Dank zum Ausdruck bringen dürfen. Es ist wirklich erfreulich
, wie hier eine internationale Zusammenarbeit und ein internationaler
Zusammenhalt sich anbahnt und sich Ausdruck verschafft. Natürlich
waren nicht alle 400 Teilnehmer aktive Patristiker. Aber ein
großer Teil der Mitglieder dieser Konferenz ist auf unserem Arbeitsgebiet
tätig, und sie alle fühlten sich doch als eine große Familie. Das
wird natürlich der Arbeit zu Gute kommen! Dank gebührt vor allem
Dr. Cross, der es verstand, diese Konferenz so zu organisieren, daß sie
erfolgreich ablaufen konnte. Auf die Dauer wird er allerdings die Last
dieser Arbeit — in 4 Jahren soll der nächste Kongreß wieder in Oxford
stattfinden — nicht allein tragen können. Es ist daher begrüßenswert,
daß eine Art Fortsetzungsausschuß gebildet wurde, der aus 14 Personen
(Vertreter der verschiedenen Länder) besteht und der den Zusammenhalt
wahren und die nächste Tagung vorbereiten soll. Man kann nur
hoffen, daß dieses Gremium zu wirklicher Arbeit kommt. Es gibt ja
sicher manches in der internationalen patristischen Arbeit zu koordinieren
, und manche Arbeit kann gemeinschaftlich besser getan werden
als von einem Einzelnen. Andererseits hat man doch wohl auch gut
daran getan, keine zu feste und zu starre Organisation zu bilden.

Für die nächste Tagung wird man vielleicht ein paar Punkte bedenken
müssen: Nach Meinung des Berichterstatters sollte man die
Form der „Master Themes" noch weiter ausbauen und die „Communications
" etwas einschränken. Die Konferenz, die ja der Arbeit dienen
soll, würde dadurch nur gewinnen. Außerdem sollte das Programm nicht
ganz so überreich sein, wie es diesmal der Fall war. Denn es ist ja auch
äußerst wichtig, daß genügend Zeit zu persönlichen Gesprächen bleibt.

Aber das sind nur kleine Verbesserungsvorschläge, die nichts an
der Tatsache ändern, daß auch diese Konferenz höchst lehrreich und
wertvoll war. Erstaunlich war es, wie sehr die Patristik in die heutigen
Fragen hineinreidit. Die Konferenz war sehr viel stärker als das vorige
Mal nicht nur von historischen Fragen, sondern auch von theologischen
Problemen (etwa der Einheit der Kirche) bewegt. Um so bedauerlicher
ist es, daß die deutsche evangelische Theologie doch recht schwach
vertreten war. Offenbar meint man hier, die Patristik als eine überflüssige
, antiquarische Sache abtun zu können — sehr zum Schaden von
Theologie und Kirche!

Der Wortlaut der Vorträge wird dank dem Entgegenkommen der
Kommission für spätantike Religionsgeschichte der Deutschen Akademie
der Wissenschaften in den „Texten und Untersuchungen" erscheinen.
Erst wenn diese Bände vorliegen, wird man die Bedeutung und den
ganzen Reichtum dieser Tage recht beurteilen und würdigen können.

Bonn W. Schneemelcher