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Ausgabe:

1955 Nr. 12

Spalte:

754-755

Kategorie:

Ökumenik, Konfessionskunde

Autor/Hrsg.:

Karner, Károly

Titel/Untertitel:

Bevezetés a Teològiába 1955

Rezensent:

Spiegel-Schmidt, Friedrich

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Theologische Literaturzeitung 1955 Nr. 12

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englischen „Diakonisse" bis hin zur einfachen wenig gebildeten
..Bibelfrau" der Missionsgebiete wird die berufliche Frauenarbeit
in den Kirchen der Welt dargestellt. Sie stehen als Pfarrgchil-
rinnen, als Gemcindchelferinncn. als Lehrerinnen, als mehr oder
weniger intensiv theologisch ausgebildete Frauen in kirchlichem
j-henst. Von zahlreichen voll ausgebildeten Theologinnen in der
Mandschurei wird uns berichtet, die Pfarreraufgaben erfüllen,
oder von christlichen Lehrerinnen in den Missionsschulen in
Burma, die in Zeiten des Krieges oder der Verfolgung unter den
größten Entbehrungen ausharrten und für ihren Glauben singend
m den Tod gingen. Frauen sind in den Kirchen beauftragt mit religiöser
Erziehung der Kinder, mit der Jugendführung, mit der
Einrichtung und Leitung von Sonntagsschulen, sie sind Missionarinnen
in Asien und Afrika unter den Frauen, sie tun als angestellte
Theologinnen in ihren Kirchen Pfarrer- oder andere
Dienste, sie sind, wie Södcrblom gesagt hat: die tragenden Balken
der Kirche. Mehr als 50% der kirchlichen Arbeit in Chile
geschieht z. B. von Frauen.

Aber das Buch von Kathleen Bliss beschränkt sich nicht auf
die Darstellung der Frauenarbeit in den Kirchen der Welt. Aus
den Berichten selbst springt ja dem Leser die Frage entgegen:
Wie stellen sich die Leitungen der Kirchen zur Frauenarbeit, werden
die Gaben und Kräfte der Frauen wirklich von der Kirche zu
ihrem eigenen Wohl voll ausgenutzt? Immer wieder wird in den
Berichten diese Frage verneint. Es wird z. B. in einzelnen Berichten
bitter darüber geklagt, daß den Frauen, die arbeiten wollen,
keine genügende Ausbildung gegeben wird, daß sie hier oder da
von kirchlichen Ämtern z. B. dem Diakonenamt, das ja doch
wirklich ihren Gaben entspräche, ferngehalten werden, daß zwischen
den Stellungen, die sie im Volksleben einnehmen, und den
untergeordneten in der Kirche sich eine Kluft auftut. Merkwürdig
ist, daß in den jungen Kirchen die Mitarbeit der Frau viel
bereiter angenommen wird als in den Mutterkirchen. Die Verfasserin
zeigt, wie jede Frage nach der Mitarbeit der Frau in den
alten Kirchen eine Diskussion über das Verhältnis der Geschlechter
und über die richtige Exegese der hl. Schrift zu diesem Thema
auslöst. Man weiß zwar in allen Kirchen, daß der Leib Christi
aus Männern und Frauen besteht, die als Personen mit eigener
Verantwortlichkeit geschaffen wurden, aber diese theoretisch anerkannte
Wahrheit wird in der Praxis noch allzu häufig außer
acht gelassen.

So geht es in diesem Buch um die Probleme der kirchlichen
Frauenarbeit, um die Frage, ob und wie weit sie in den einzelnen
Kirchen angepackt und bewältigt werden oder ob man an ihnen
vorbeigeht. Die Verfasserin weist darauf hin, daß das größte
Problem, das der rechten Beziehung der Geschlechter, wie es uns
auf Grund der soziologischen Entwicklung heute ganz neu gestellt
ist, von den Kirchen kaum aufgegriffen wurde. Wenn man
die Fülle der in diesem Buch dargestellten so reich gesegneten
Arbeit der kirchlichen Frauen überdenkt und dabei die Hemmnisse
erwägt, die ihnen auf dem Wege zu freier Entfaltung ihrer
Gaben und Kräfte für die Kirche von Seiten des männlichen Geschlechts
in den Weg gelegt werden, dann muß man sich bei der
Lektüre dieses Buches immer wieder die Frage vorlegen, womit
die Leitungen von christlichen Kirchen ihren Anspruch begründen,
daß sie entscheiden, welche Aufgaben die gläubige Frau, die Person
mit eigener Verantwortung ist, aufnehmen darf und welche
nicht. Ist der Mann Wächter über das sie vor Gott verpflichtende
Gewissen der Frau? So zeigt dies Buch, daß das Problem des
Verhältnisses der Geschlechter den Kirchen heute unausweichlich
gestellt ist. Es ist ein Aufruf zur Selbstbesinnung für das Glauben
und Leben der alten Kirchen im Spiegel der jungen Kirchen.

Berlin Ma^dalene von Tiling

J^Vinay, Valdo: Facoltä Valdcsc di Tcologia 1 855-1955. Torre Pcllice:
Libr. Editricc Claudiana 195 5. 189 S. 11 Taf. gr. 8°. L. 1.000.—.

Bis zum Jahre 1848 ist die Kirche der Waldenser eine
schwer bedrängte, kleine, im wesentlichen auf die Täler der Kottischen
Alpen in Piemont beschränkte Gemeinschaft gewesen,
nach vorübergehender Freiheit in der napoleonischen Zeit noch
■n der l. Hälfte des 19. Jahrhunderts heftig angefochten. Das
tmanzipationsedikt Carlo Albertos IL vom 17. Februar 1848 eröffnete
der Kirche starke Verbreitungsmöglichkeiten und hatte
erhebliche räumliche Ausweitung im Gefolge. In jeden Staat, der
sich dem Königreich Sardinien-Piemont anschloß, drang sie ein,
um bald in ganz Italien evangelische Diasporakirche (nicht die
einzige!) zu werden. Im Zuge dieser starken Ausweitung machte
sich die Schaffung einer eigenen Pfarrerbildungsanstalt nötig. Sie
ist 1 85 5 in der einzigen Stadt Italiens, die heute noch einen beträchtlichen
evangelischen Bevölkerungsanteil hat (50%), im alten
Waldenser-Zentrum Torre Pellice gegründet worden, ist schon
1860 nach Florenz übergesiedelt und befindet sich seit 1922
in Rom.

Das 100jährige Bestehen der Fakultät hat ihrem gegenwärtigen
Dekan, dem Kirchenhistoriker Valdo Vinay, Anlaß gegeben
, die Geschichte dieser Bildungsstätte zu schreiben. Vinay beschränkt
sich nicht auf die Zeit, da die Fakultät bestanden hat,
sondern beginnt mit einem ausführlichen Abschnitt über die
Theologenbildung bei den Waldensern von der Reformation bis
zum 19. Jahrhundert; von daher ist die Widmung des Buches
insbesondere an die Fakultäten Genf, Lausanne und Basel zu verstehen
. Die eigentliche Geschichte der Fakultät stellt Vinay in
Zusammenhang mit der Geschichte der Theologie im 19. Jahrhundert
überhaupt dar. Verdienstlich ist, daß die ehemaligen und
gegenwärtigen Mitglieder der Fakultät mit ihren wesentlichen
Veröffentlichungen vorgestellt werden; nur ein Teil ihres
Schrifttums, nämlich der, der sich auf die Waldensergeschichte
bezieht, läßt sich ja ohne weiteres aus der Waldenserbibliographic
von Hugon und Gönnet nachweisen.

Die Geschichte der theologischen Arbeit ihrer Fakultät ist
ein einzigartiger Ruhmestitel der Waldenserkirche. Es dürfte
nicht viel Fälle geben, in denen eine so kleine und so elementar
um ihre äußere Existenz ringende Kirche mit solcher Zielstrebigkeit
und solchem Erfolg theologisch gearbeitet hat. In wie hohem
Maße die gegenwärtigen Lehrstuhlinhaber in lebendiger Auseinandersetzung
mit den Fragen stehen, die überall die evangelische
Theologie beschäftigen, kann deutlich werden etwa an Vinays
Lutherstudien, Miegges großer italienischer Lutherbiographie,
an der Auseinandersetzung mit Karl Barth in den Spalten von
,,II Protestantesimo" oder an der Mitarbeit von Oskar Cullmann
in der Fakultät. Die Waldensergeschichte, gegenwärtig vertreten
durch Giovanni Gönnet, wird in alter Weise weiter gepflegt; dazu
kommt seit einiger Zeit auch die Beschäftigung mit der Geschichte
des Methodismus, denn Waldenserkirche und Methodistenkirche
sind in Italien jetzt einander sehr nahe gekommen.
Möchte, was in der Stadt des Papsttums an redlicher evangelisch-
theologischer Besinnung vor sich geht, im zweiten Jahrhundert
des Bestehens der Waldenserfakultät überall noch stärkere Beachtung
finden als bisher!

MarkkleekerK/Leipzig Franz Lau

KIRCHEN- UND KOWESSIONSKVNDE

Kam er, Kdroly, Lic. theol. Dr. phil.: Bcvezetes A Teolögiäba (Einführung
in die Theologie). Budapest: Evangclikus Egyetcmcs Saj-
toosztaly 1954. 212 S. 8°.

In diesem Buch liegt uns ein wertvolles theologisches Werk
der ungarischen lutherischen Kirche vor. Die Haltung ist durchwegs
bewußt — lutherisch — kirchlich ausgerichtet. Die thcologie-
geschichtlichen Ausführungen zeigen, wie stark bis heute die
deutsche Theologie auf die östlichen Diasporakirchen wirkt, und
wie groß daher ihre Verantwortung für diesen Raum ist.

Daneben aber hat das Buch Züge, die ausgesprochen die Besonderheit
des ungarischen Kirchenbewußtseins darstellen. Die
ausgesprochene missionarische Ausrichtung des geistlichen Amtes,
die fühlbare Wärme der Bruderschaft unter den Amtsbrüdern in
der Kirche machen hier jede Verwechslung des geistlichen Amtes
mit irgendeiner Form des Beamtetseins unmöglich und geben bei
aller Klarheit und Nüchternheit lutherischer Haltung der Mitwirkung
der Gemeinde breiten Raum. Diese Zusammengehörigkeit
von Pfarrer und Gemeinde ist eine echte, das ganze kirchliche Denken
beeinflussende Frucht der Diaspora. So geht auch Karner vom