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Ausgabe:

1955 Nr. 12

Spalte:

752-753

Kategorie:

Kirchengeschichte: Allgemeines

Autor/Hrsg.:

Bliss, Kathleen

Titel/Untertitel:

Frauen in den Kirchen der Welt 1955

Rezensent:

Tiling, Magdalene

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Theologische Literaturzeitung 1955 Nr. 12

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des Buches gewidmet ist, Ziel und Schwerpunkt der Darstellung
bildet. Während die Ägypterin und Römerin kürzer behandelt
werden, erfährt man viel kulturgeschichtlich Interessantes über die
Griechin, auch die Jüdin ist nach den Quellen sehr plastisch dargestellt
. Beim Urchristentum ist vollständige Behandlung des
Stoffes erstrebt. Einem Text von 235 Seiten stehen 40 Seiten mit
fast 720 Anmerkungen gegenüber, seien es Zitate, Quellenbelege,
kurze Begründungen von Behauptungen, die in der Darstellung
aufgestellt wurden, oder Texterläuterungen.

Man darf bei der Fülle des gebotenen Stoffes auf so knappem
Raum nicht erwarten, daß der Autor in Auseinandersetzungen
über Spezialprobleme eintritt. Was er bietet, sind immer eigene
Urteile über die Texte bzw. die in ihnen dargelegten Verhältnisse.
Und diese Urteile sind zum guten Teile auf Untersuchungen
moderner Gelehrter gegründet. Es kann daher nicht Aufgabe dieser
Besprechung sein, durch Einzelkritik an ein Buch heranzugehen,
das in seiner Eigenart die Frucht jahrzehntelangen Umgangs mit
antiken Quellen darbietet und dabei selbstverständlich (gelegentlich
mit leichter Ironie gewürzte) Urteile fällt, über die man
anderer Ansicht sein kann. Aber zur Frauenfrage im weitesten
Sinne (von der Ehefrage bis zur Betätigung der Frau in der Öffentlichkeit
, als Dichterin oder gar Prophetin), zur Frage der Freiheit
und Unfreiheit der Frau in Familie und öffentlichem Leben erfährt
der Leser aus dem weiten Umkreis der großen Kulturvölker des
Mittelmeergebietes soviel interessante Einzelheiten, daß er für
diese ungemein vielseitige Belehrung nur dankbar sein kann, auch
da, wo er im einzelnen anders urteilt oder sich durch eine kurze
Bemerkung zu weiterer Forschung angeregt fühlt.

16 in der Reproduktion wohlgelungene Bildbeigaben veranschaulichen
manches im Text Gesagte.

Berlin Erich Fase Ii er

S c h m o 1 d t, Benno: Die deutsche Begriffssprache Meister Eckharts.

Studien zur philosophischen Terminologie des Mittelhochdeutschen.
Heidelberg: Quelle & Meyer 1954. 119 S. 8°. DM 8.50.

Als der Plan für die Gesamtausgabe der lateinischen und
deutschen Werke des Meister Eckhart, die unter der Ägide der
Deutschen Forschungsgemeinschaft erscheint, entworfen wurde,
war man sich dessen bewußt, daß ein nicht zu überschätzender
Vorteil dieser Ausgabe darin bestehen würde, daß hier die deutschen
und lateinischen Texte zur gegenseitigen Interpretation
nutzbar gemacht werden könnten. Das hat sich bei der Editionsarbeit
bisher sozusagen von Zeile zu Zeile bewährt und bewährt
sich ständig, indem der Quellen- und Parallelenapparat der Ausgabe
die Textparallelen zwischen lateinischen und deutschen Texten
fortlaufend notiert. Dieses Verfahren kommt am stärksten
der Interpretation der deutschen Texte zu gute, deren weniger
präzise Terminologie durch die präzisere der lateinischen in den
meisten Fällen eindeutig festgelegt werden kann. Die Ausgabe
sieht vor, den letzten Band mit einem vocabularius latino-ger-
manicus (lat.-mhd.) de rebus philosophicis et theologicis abzuschließen
, in welchem das Gesamtergebnis dieses gegenseitigen
Interpretationsverfahrens als erschöpfendes Repertorium der
Eckhartschen Theologie vorgelegt werden wird.

Von derselben Erkenntnis ausgehend hat Schm. — auf den
kritischen Studien Quints zur Pfeiffer-Ausgabe und auf den bereits
erschienenen Teilen der Gesamtausgabe fußend — in seiner
Arbeit sozusagen einen kleinen Ausschnitt dieser lexikographischen
Arbeit vorausgenommen. Seine Auswahl umfaßt etwa 20
deutsche Termini, ,,für die die vorhandenen Wörterbücher nicht
ausreichen" und deren Bedeutung er durch Vergleichung mit lateinischen
Paralleltexten sicherstellen will. Es handelt sich vorwiegend
um ontologische und gnoseologische Termini, also Termini
aus den Bereichen, in welchen die mystische Theologie Meister
Eckharts beheimatet ist.

Freilich, wenn Schm. meint (S. 12), daß die lateinische Scholastik
„normative Termini mit eindeutigen Inhalten" gebrauche,
so befindet er sich in einer optimistischen Täuschung, die er bei
seiner Arbeit eigentlich selbst durchschaut haben muß. Denn
nicht nur, daß Bonaventura, Thomas und Eckhart, die er nach seiner
Angabe (S. 14) zur Aufhellung des Sinnes der deutschen Worte
herangezogen hat, in ihrer Terminologie untereinander Differenzen
aufweisen — weswegen es doch nicht unbedenklich ist, wenn
Schm. z. B. Thomastexte als Parallelen zur Aufhellung Eckhart-
scher deutscher Termini benutzt—: auch innerhalb der lateinischen
Werke Eckharts ist der Wortgebrauch von Schwankungen nicht
frei. Aber das zu durchschauen, erfordert ein sehr genaues Eindringen
in die Gedanken der jeweiligen Texte und intime Kenntnis
der scholastischen Philosophie und Theologie überhaupt, die
man nur beim Fachmann erwarten darf. Schm. jedenfalls stellt z. B.
im Artikel „bekanntnisse" die lateinischen Termini für die höchste
Intellektualität der Seele ohne Rücksicht auf ihre wichtigen
Differenzen als gleichsinnig nebeneinander (intellectus agens, ratio
superior, imago dei). Und das Problem des Ungeschaffenen in der
Seele läßt sich in der Kürze dieser lexikographischen Stoffsammlung
keineswegs mit der erforderlichen Akribie behandeln. Auch
sonst enthält die Interpretation, die Schm. den von ihm herangezogenen
Texten gibt, einzelne Ungenauigkeiten und Unklarheiten
, um nicht von Fehlern zu sprechen. Das hebt aber — zumal
für den Kenner, der es kritisch benutzt — die Nützlichkeit dieses
kleinen „vocabularius latino-germanicus", die in der bequemen
Zusammenstellung gleicher und verwandter deutscher und lateinischer
Texte zu dem jeweiligen Begriff liegt, nicht auf.

Man wird Schm. auch darin recht geben dürfen, daß er gegenüber
den Begriffsdeutungen, die Th. Schneider mittels der Trier-
schen Wortfeldtheorie gegeben hat, mit seinem Verfahren zu präziseren
Ergebnissen gelangt ist und einzelnes richtiger gesehen
hat, wenn auch in die Diskussion darüber der Eifer gewisser Schulgegensätze
eingeflossen zu sein scheint.

Rostock K. Weiß

B 1 i s s, Knthleen: Frauen in den Kirchen der Welt. Nürnberg: Lactare-
' Verlag [1954]. 260 S. 8°. DM 3.90.

Das Buch ist erwachsen aus Berichten über die Funktion und
Stellung der Frauen, die der Weltrat der Kirchen von seinen
Gliedkirchen angefordert hatte. Kathleen Bliss hat den Inhalt der
Berichte aus mehr als 100 Kirchen nicht nur geordnet und übersichtlich
dargestellt, sondern auch die Probleme, die sich aus
ihnen ergeben, immer wieder herausgehoben. Überraschend ist
die Fülle der verschiedenen Möglichkeiten, wie Frauenarbeit in
den Kirchen geschieht, aber ebenso die Verschiedenheit ihrer
Ausbildung für den Dienst in und für ihre Kirche, merkwürdig
wie verschieden die Leitungen der Kirchen sich zu dem Dienst
der Frau in der Kirche stellen.

Ein Kapitel des Buches ist dem freiwilligen Dienst
der Frauen gewidmet. Dieser geschieht in den alten Kirchen meist
in kleineren oder größeren Zusammenschlüssen der Frauen. Eine
erstaunliche Fülle der verschiedenartigsten freiwilligen Arbeit
der Frauen in den Kirchen der Welt zieht an uns vorüber: Frauen
bringen enorme Geldmittel für die Bedürfnisse der Kirche auf,
sie tragen wesentlich die Arbeit der Inneren Mission an Armen,
Kranken, Alten, an der gefährdeten Jugend oder an sonstigen
Hilfsbedürftigen aller Art. Frauenorganisationen stehen in der
Fürsorge für Mütter, sie arbeiten für die Stärkung oder — in den
jungen Kirchen — an dem Aufbau eines christlichen Familienlebens
: so besteht in Südafrika eine große Organisation christlicher
eingeborener Frauen, die sich das Ziel setzen, christliches
Familienleben zu leben und zu lehren. In manchen jungen Kirchen
sind die Frauen ganz erfüllt von dem Trieb, das Evangelium
weiter zu sagen; so gibt es Frauenverbände in Burma oder in
Sumatra, die sich die Evangelisation zur Aufgabe gemacht haben
. — Es gibt freilich andrerseits Kirchen, so vor allem die orthodoxen
Kirchen, wo die freiwillige Arbeit der Frauen ganz
ohne Organisation oder nur in kleinen freien Arbeitsgruppen
unter der Bevölkerung geschieht. Ergreifend ist ein hier zum
ersten Mal veröffentlichter Bericht aus Griechenland über die
aufopfernde Hilfstätigkeit der christlichen Frauen in einem hungernden
Lande unter der Leitung des Erzbischofs. Immer wieder
begegnen wir ferner in den verschiedenen Ländern dem Einfluß
und der Wirksamkeit des YWCA.

In weiteren Kapiteln des Buches wird eine Übersicht über
die berufliche kirchliche Frauenarbeit mit entsprechender
Ausbildung gegeben. Von der Diakonisse des deutschen Typs
und der mehr zum Bibeldienst und der Seelsorge bestimmten