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Ausgabe:

1955 Nr. 12

Spalte:

748-750

Kategorie:

Kirchengeschichte: Allgemeines

Titel/Untertitel:

Clément d'Alexandrie, Les Stromates 1955

Rezensent:

Früchtel, Ludwig

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Theologische Literaturzeitung 1955 Nr. 12

743

(mitten in welchem Paulus doch den Paulinismus angezündet
hatte) zur Darstellung und Empfehlung zu bringen? Jenes „andere
" Christentum, welches Herbert Preisker (im Anhang zum
Jac, Handbuch 15, S. 149 f.) als ein „kirchliches Judenchristentum
" bezeichnet, hat Windisch (ebendort S. 36) als ein Christentum
beschrieben, „wie es sowohl in der apostolischen Zeit (außerhalb
Jerusalems und außerhalb der paulinischen Einfluß-Sphäre)
als auch im nachapostolischen Zeitalter bestanden hat" (er weist
auf Mt., die Paränesen der Paulusbriefe, I Clem, Hermas, die Clementinen
hin). Es darf noch dazu vermutet werden, daß jenes
„andere" Christentum gerade damals auch in Rom herrschte, als
der Rm des Paulus dort eintraf, und daß der Rm dort dies „andere
" Christentum nicht erschütterte (wie man aus I Clem und
Hermas ersehen kann).

In diesem Dilemma konnte der Bibelwoche entscheidende
Hilfe durch den Jac.-Kommentar von Heinrich Rendtorff kommen
, der den Titel trug „Hörer und Täter", und noch 1953 erschien
.

R. deckte den Graben zwischen dem Paulinismus und dem „anderen
" Christentum nicht zu, sondern blickte mit seinen Lesern in diesen
Graben hinunter. Er lehrte seine Hörer, jenes „andere Christentum"
sei unpaulinisch (oder: noch nicht paulinisch), bedeute aber an dein damaligen
und an dem heutigen Orte einen zweifellos christlichen Weg,
um aus der Mitte des Evangeliums unter Menschen christlidi leben zu
können (d. h. um weder in eine „weitabgewandte Innerlichkeit" zurückzufallen
, noch sich in eine „weltförmige Betriebsamkeit zu steigern").
Und darum sei die tragende Ebene des Jac. das Wort 1,22: „Werdet
(oder seid) Täter des Wortes, und nicht Hörer alleinl" R. wies auf die
aus dem amerikanischen Christentum herüberklingende Stimme, die
stewardship fordert, eben „Hören und Tun". Auf diese Basis zeidi-
nete dann R. das Bild des „Glaubens" (2, 14—26), wie es sidi aus dem
Jac. ergebe: Der Gott hingegebene Mensch und Christ, wartend auf das
Erscheinen des Herrn und seines Reiches, ist nicht bloß ein seinem Gott
Hingegebener und Wartender, sondern auch ein Handelnder, der nach
den Paränesen des Jac. sich christlich betätigt, besonders an den Armen.
Ist er aber kein so Handelnder, dann kann man ihm bloß einen toten
Glauben zuerkennen, also recht gesehen: keinen Glauben! Bis hierher
bliebe die Sache begreiflich. Aber nun wagt Jac. Aussprüche wie
„Der Glaube ohne Werke ist nutzlos", „Abraham unser Vater wurde
durch Werke gerechtfertigt", „Ein Mensch wird gerechtfertigt aus
Werken und nicht aus Glauben". R. suchte Hilfe in der These: Immerhin
sagt Jac. auch nicht: „Der Mensch wird gerecht allein durch Werke".
Aber Paulus spricht Rm. 3, 28 das „Allein" auch nicht aus, und doch
ineint er „allein durch Glauben". Jedenfalls hat Jac. im Sinne: „Nidit
allein aus Glauben" — und damit kann man nichts paulinisches anfangen
, ob nun Jac. vor oder nach Paulus, ohne oder mit Kenntnis des
Paulinismus geschrieben ist. Also: R. erkannte den Zwiespalt an. Das
tat nichts zur Auffüllung des Grabens, daß er den Zwiespalt zu „erklären
" wußte: Verschiedene Blickrichtung bei Paulus, bei Jac. — denn
so blieb der Zwiespalt. Er blieb auch nach dem wahrhaft „ökumenischen'
Urteil R.s: „Es gehört zum Reichtum des NT und stärkt das Zutrauen
zu ihm, daß wir hier nicht eine von einer späteren Generation auf
einen theologischen Nenner gebrachte, eine sozusagen normierte Botschaft
finden, sondern eine Fülle des Zeugnisses von der einen Wahrheit
." Mit dürren Worten: Im NT ist nicht bloß der Paulinismus bezeugt
, sondern auch jenes „andere" Christentum. Das stimmt. Aber
es kommt noch etwas hinzu: Luther ist nach Jahrhunderten des „anderen
" Christentums wieder für den Paulinismus ausgezogen, diesen hat
er seiner Kirche vermacht, eine „Bibelwoche" kann in der Kirche der
Reformation nur für den Paulinismus eintreten — auch wenn sie das
„andere" Christentum um des NT willen toleriert. „Summa, er (= Jac)
hat denen wehren wollen, die auf den Glauben ohne Werke sich verließen
und ist der Sache zu schwach gewesen" (Luthers Vorrede von
1 522). „Viel guter Sprüche sind sonst darin" — eben die Paränesen.
Es wird also Luther entsprechen, wenn man etwa formuliert: Jac. hat
einen Christen zum Verfasser (oder Redaktor), welcher zwar ein feuriger
Seelsorger, aber ein allzu unbekümmerter Theologe war! Den
Kommentar R.s: „Hörer und Täter" kann man auf diese Formel bringen
, und wenn die Bibelwoche so vorging, war sie reformatorisdi gerettet
.

Ein anderes Gesicht aber bekam die Bibelwoche, wenn sie
sich allein auf die „Handreichung" (die ebenfalls Rentdorffs Namen
trägt, aber nun ist er bloß als Herausgeber verantwortlich)
gründete.

Der Zwiespalt Paulus-Jac. wurde nur in der „Einleitung" (S. 7 ff.)
im Sinne des Kommentars von R. besprochen. Die „Handreichung" selbst
beschäftigte sich ausschließlich mit den pastoralen Winken des Jac:
Durch Anfeditung zur Bewährung (1,2—12); Von der Sünde zum neuen

Leben (1,13—18); Vom Hören zum Tun (1, 19—27; 2, 14. 17. 240;
Vom Schwatzen und Zanken zum Gotteslob (3, 1—18); Vom Streiten
und Sorgen zum demütigen Gehorsam (4, 1—17); Im Warten auf die
Zukunft des Herrn (5,7—12); In Fürbitte und Bruderhilfe (5, 13—20).
Die „Handreichung" bestätigt also Luthers Wort vom Jac: „Viel guter
Sprüche sind darin" — und hier ist sie wirklich ausgezeichnet. Aber
im Absdinitt „Vom Hören zum Tun" wird unter no. 4 (S. 3 3) die
„Tapferkeit" von uns gefordert, „uns zusammen mit der Gemeinde den
harten Urteilen aus dem zweiten Kapitel des Jac. zu stellen: Glaube
ohne Werke ist tot, kann nicht retten" — und nun beigefügt: „daß dadurch
der reformatorischen Botschaft von der Rettung allein aus Gnaden
, allein durch den Glauben nidits abgebrochen wird, daß sie im Gegenteil
ganz ernst genommen wird"! Diesen Optimismus teilen nachweisbar
weder die Reformatoren noch die Exegeten des Jac. (den Kommentar
„Hörer und Täter" mit eingeschlossen). Hier war die Bibelwoche
in Gefahr, das „andere" Christentum zu vertreten, was nicht
unbiblisch (S. 9), aber unreformatorisch und unpaulinisch hätte ausgehen
können.

Augsburg Leonhard Fendt

Bieder, Werner: Das Geheimnis des Christus nach dem Epheserbrief.

Theologische Zeitschrift 11, 1955 S. 329—343.
M o u 1 e, C. F. D.: St. Mark. 16, 8 once more.

New Testament Studies 2, 1955 S. 58—59.

— Some Reflections on the „Stone" Testimonia in rclation to the Name
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New Testament Studies 2, 1955 S. 56—58.
Scheidweiler, Felix: KA1IIEP nebst einem Exkurs zum Hebräerbrief
.

Hermes. Zeitschrift für klassisdie Philologie 83, 1955 S. 220—230.
S c h i 11 e, Gottfried: Das Leiden des Herrn. Die evangelische Passionstradition
und ihr „Sitz im Leben".

Zeitschrift für Theologie und Kirche 52, 1955 S. 161—205.
S e 1 w y n, E. G.: Image, Fact and Faith.

New Testament Studies 1, 1955 S. 235—247.
S e v e n s t e r, J. N.: Einige Bemerkungen über den „Zwischenzustand"

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— Waarom spreekt Paulus nooit van vrienden en vriendschap? (naar
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Nederlands Theologisch Tijdschrift 9, 1955 S. 356-363.
Steck, Karl Gerhard: Über Johannes 8, 31—36.
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— Über Matthäus 1 1, 25—30.

Evangelische Theologie 1 5, 1955 S. 343—349.

Kl HC tl EN GE SC Hl CHT E

Clement d'Alexandrie: Les Stromates. Stromate I: Introduc-
tion de Claude Mondesert S. J., Traduction et Notes de Marcel Ca-
ster. Stromate II: Introduction et Notes de P. Th. Camelot, O. P.»
Texte Grec et Traduction de Cl. Mondesert S. J. Paris: Editions du
Ccrf 1951 und 1954. 43 S„ S. 44—177 doppelt (links griech., redits
franz.) u. 29 S., S. 32—144 doppelt = Sources Chretiennes Nr. 30. 38.

Der Le Cerf-Verlag in Paris veröffentlicht in seinen Sources
Chretiennes eine griechische und eine lateinische Reihe patristischer
Texte mit französischer Übersetzung. Von Clemens sind schon im
Jahre 1948 die Excerpta ex Theodoto (bearbeitet von F. Sagnard)
und im Jahre 1949 die 2. Auflage des Protrepticus (bearbeitet von
Cl. Mondesert) erschienen; nunmehr liegen die beiden ersten
Bücher der Stromateis, jedes einen Band füllend, vor.

Da über das Leben des Clemens schon in der Einleitung zum
Protrepticus berichtet ist, befassen sich die Einleitungen der neuen
Bände mit den besonderen Problemen der Stromateis. Die Einleitung
des 1. Bandes beginnt mit einer schwungvollen captatio
benevolentiae für dieses die schwierigsten Themen behandelnde
Werk des Clemens: „Aufbau des Glaubens und sein Verhältnis
zur Philosophie, Stellung der jüdischen und christlichen Offenbarung
in der Geschichte, Ziel des Menschen, Kosmologie, Symbolismus
in Natur und Heiliger Schrift, Vorhandensein einer rechtgläubigen
Gnosis, Wege und Stufen der Gotteserkenntnis und der
Vereinigung mit Gott . . . man soll das Werk lesen und immer
wieder lesen." Dann wird die Titelfrage behandelt; die vorliegende
Ausgabe bedient sich auf dem Titelblatt der Form Stromate, Plur.
Stromates (auch in deutschen Büchern überwiegt die bequemere