Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1955 Nr. 12

Spalte:

740-741

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Möller, Hans

Titel/Untertitel:

Sinn und Aufbau des Buches Hiob 1955

Rezensent:

Weiser, Artur

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2

Download Scan:

PDF

739

Theologische Literaturzeitung 1955 Nr. 12

740

griedi. Prov. durchgehend Bezeichnendes, gegen das Lagarde hoffnungslos
ankämpft; vnnos üi ist kennzeichnend älter als xai vii/ioc bei den
„Drei"; und die Dittographie [odovSdovs eiwuchs aus eben dem
Text, den wir jetzt erhalten haben. Hier kann also von „Annäherung"
an XXI nicht die Rede sein; im üblichen Text wirkt sich die Korruptel
als „Entfernung" von ITt aus. 8, 22 teilt, wie nicht anders zu erwarten
, mit der sonstigen Überlieferung faexiok» /u — "l?;Pr doch ist

Exzrjoatn /ie, für das Hsg. 23 252 und die „Drei" nennt, schon die Lesung
Philos, ehr. 31, dessen Zusammenhang und Gcsamtauffassung
ihm den Text mit txxiaev unverwertbar machen würde'. Wie die
Korruptel oder Interpolation Ixxiaev mit dem Gros der Überlieferung,
so teilt der Text des Pap. die Abkürzung von Vers 23 mit Origenes,
cf. S und Bo1 (Hsg., 16), so daß nur eine Zeile erratisch erscheint (Hsg.
vermutet eine an falscher Stelle eingefügte Variante von Vers 25a).
Vielleicht wird die Erklärung ähnlich wie für Wcish. 12, 8 f. sein; doch
wird man besser die vollständigen Göttinger Kollationen abwarten.

An den noch zu besprechenden Stellen ist nicht die Textform an
sich das Erstaunliche, sondern ihre frühe Bezeugung, IUP, also zu einer
Zeit, ehe die hcxaplarische LXXspalte vervielfältigt und veröffentlicht
war.

8, 32 f. hat hier die erweiterte Form, die überall außer in BS"
auftritt. Sie fügt das fehlende 32b ein (in 0 sub beläßt aber 34b,
das die LXXform von 32b ist, an seiner Stelle (in 0 sub ' ), und
trägt den ganzen Vers 3 3 (in 0 sub J£) nach. Müssen wir daraus entnehmen
, daß die Setzung von Dubletten, nämlich Eintrag des „Fehlenden
" unter Belassung des „Überschießenden", ein Brauch war, den
Origenes von ungenannten Vorgängern übernommen hat? Seine eigene
Beschreibung gibt nicht diesen Eindruck. Auch wäre der vor 32b nur
zu verstehen, wenn Origenes den Eintrag selbst vorgenommen und nicht
vorgefunden hätte; denn er bevorzugte unter seinen LXXvorlagen die
Ul am nächsten stehende (Zitat bei Field LX n. 32; vgl. D. W. Good-
ing, Recensions of the Pentateuch Septuagint, London, 1955, 1 1). Aber
in der Tat spiegeln die 0-HSS nicht immer Origenes' Absicht2. Wo
der Text des frühen Papyrus, hier der Text der Mehrheit, und der
hexaplarische ganz identisch sind, muß angenommen werden, daß die
(naheliegende) Ergänzung zweimal gleich vorgenommen wurde. Etwas
günstiger liegt es in dem großen Zusatz nach 9, 18. Hier tritt unser
Papyrus durch Weglassung von lSb, 2. Stichus, an die Seite von BS",
also denselben, die in der vorigen Stelle allein die kürzere Textform
boten. Da der Parallelisinus wahrscheinlich macht, daß diese Zeile zur
ursprünglichen Übersetzung gehörte, ist anzunehmen, daß sie früh
durch Homoioteleuton verloren und erst durch Origenes wiedereingeführt
wurde. Clem. Alex, allerdings zitiert sie mehrfach".

Einen zweifellos nach ITt revidierten Text enthält das letzte
Prov.-fragment, fol. VII, ganz wenige Buchstaben der Zcilenmitten
von 20, 4 f. (verso) und 20, 19 f. (recto) hebr. Zählung, aber sicher zu
identifizieren. Hier gehen unsere HSS stark auseinander. Die Hauptüberlieferung
hat die Versfolge 1—9, 20—22, 10—13, 23 ff., also Umstellung
mit Auslassung von 14—19. 14—19 findet sich nur in V. 253.
260. 336. 339. 542. 613. Vers 19 steht ferner in 130. 106 nach Vers 9.
Verse 10 f. sind in denselben durch Vers 23 ersetzt, die dann 12b
13a auslassen. In 106 fehlt auch Vers 8. Hsg. erkennt nun richtig, daß
die räumlichen Verhältnisse der beiden Seiten von Folio VII zeigen,
daß hier weder 10—13 umgestellt noch 14—19 ausgelassen waren. Damit
stellt sich das Fragment zu V. 336, den einzigen, die lückenlos III
folgen. Im einzelnen aber klappt allerhand nicht in Text und erklärenden
Noten, und das trifft nicht nur da zu, wo ich aufgrund dankenswerter
Information durch das Septuaginta-Unternchmen genauer reden
kann, sondern auch da, wo man längst Bescheid wissen konnte. Lagarde
beschreibt die HSS viel exakter als Hsg., und von den Anständen zähle

') In anderem Zusammenhang wird gezeigt werden (vorläufig
The Mcaning of the Root ~-P, Journal of Jewish Studies, V, 1954,
126 ff.), daß xzäo&ai die durchgehende alte Übersetzung der LXX für
n:p ist, die nur in Prov. 8,22 teilweise und in Gen. 14,19.22
durchgehend zugunsten von xzilmv aufgegeben ist. Die Stelle, an
der das aufgezeigt werden kann, ist Deut. 32, 6, wo die LXX exzijoazo
os für ^;]3 hat; hier lehren die Varianten, daß das nur in einem
Teil der Überlieferung bezeugte sxziosv os am Ende des gleichen
Verses nicht )"P.r3? übersetzt, sondern eine hierher verschlagene Ersatzvariante
für exzrjoazö of. ist, während wir die zu erwartende richtige
Übersetzung fjzoi/moFv an dieser Stelle nur bei — Aquila finden
. Es ist die gegebene Übersetzung, und in Exod. 15, 16 ist es die
der LXX.

'*) So in I Rg 1, 1. Hier, wo sich Origenes nach den „genaueren"
HSS für nv9ßoynog ek entscheidet, liest nur A so, während die sonst
treuen hexaplar. Zeugen cx stattdessen ävt'/g ohne fi'c haben.

3) In Paed. III 72l mit zöv 'Ayjgovza (interessanten Kommentar
von O. Stählin, Progr. Nürnberg, 1901, 34), aber 93 und Strom. I 96*
= <ß.

ich nur einige auf: Von Vätern wäre anzuführen gewesen zu 8, 9 Clem.
Strom. I 58'1, zu 8,22 Philo (s.o.). Falsch wird unter Berufung auf
Toy gelehrt, die Überschrift von 10, 1 f. fehle in den griech. und syr.
MSS; sie steht aber, wie aus Field zu ersehen, in Syrhex auf syrisch
im Text und auf griechisch am Rand. Die Aufzählung zu 20, 4 „N—V
149 253 260" und sonst verkennt, daß „149 Seite für Seite und Zeile
für Zeile aus 260 abgeschrieben" ist (Rahlfs, Verzeichnis, 1914 (I), 318).
Wie die Vorgänger nimmt Hsg. seine Ergänzungen meist unbefangen,
aus Swete, auch wo er selbst sieht, daß seine Texte mit andern MSS
näher verwandt sind. Fragment 17 recto beginnt nicht mit „v. 20
(10)", sondern mit dem Vers vorher, der Entsprechung von hebr. 19.
In der 2. Zeile muß die allgemeine Lesung Anntßvtt ergänzt werden,
nicht ('nnriTiv, das vielleicht von Hsg. dem vorausgehenden unoxaXvn-roy
nachgebildet ist oder der falschen Lesung von 106 iimizüw re.

Der nächste Papyrus, 9, auch IUP, aber viel plumper geschrieben,
hat auf der Rückseite Prov. 2, 9—15, auf der Vorderseite 3,13—17.
Hier läßt sich / xfi. t<jc zno/ifas e] yftsiadfr vor 2, 9b mit nichts bekanntem
identifizieren, „since rnnyln sic and e&th'<s do not appear
in combination in Proverbs". Dem gegenüber sei auf Vers 13 verwiesen
, wo Pap. (nfinhc) Anlinc statt rvArtnc liest, also eine unsrer sonstigen
Überlieferung fremde Freiheit des Austauschs beweist. Auch hier
mag Clem. das frühere Stadium darstellen, wie sich bei Dubletten mit
freien und sklavischen Bestandteilen erweist. Zu den LXX-stellen mit
TQOxiä = ^W», 2,15; 4,11.26; 5, 6. 21; 4, 27 ohne hebr. Grundlage
, treten bei Clemens im Zusatzvers 9, 12b, ohne hebr. Unterlage
in XU, zag Ss xnnytäi (<0 rou? iYe ä£ovac), Strom. I95e; 9,15 rac
famt&p rnnyids (fö fv raic o<$o*c avz<ov) Paed. III 714; dazu 2, 18
in der Textform von @txt V 109 2 52 al znoytal nvtiic, f^rng = ö5
xdbe nSovaq ovrij;. Hsg. selbst stellt fest, daß in 3, 13 Pap. mit
2 54 Clem. itri'/n für ärfyKmtOG BAS lese. Leider ist das Fragment zu
kurz für weitere Schlüsse.

Pap. 10, IVP, bietet reichliche Stücke aus Ezek. 33 f. Joseph Zicg-
ler hat seither im Nachtrag zu seiner Ezechielausgabe, der sich auf
S. 77 f. der Danielausgabe findet, alles Erforderliche genau erörtert.
Der Text ist mit Chester Beatty 967 (frühes IUP), einem vor Origenes
an HT angenäherten Text, eng verwandt und geht darin eher noch weiter
. Diese Tendenz bestand also noch, als B entstand, der keine Spur
davon aufweist (Theol. Zeitschr. 5, 1949, 10).

Damit ist der Kreis der Texte, auf die wir uns beschränken
mußten, durchlaufen. Wie Hsg. freundlichst mitteilte, bietet dieser
1. Band alles, was an biblischen Stoffen vorhanden war. Es ist in
allen Stücken lehrreich, und überall hat Ausgabe und Erläuterung
die Grundlage geboten, auf der sich weiterbauen läßt. Dank muß
daher das letzte Wort sein.

Cambridge Peter Katz

ALTES TESTAMENT

Möller, Hans, Pastor Lic: Sinn und Aufbau des Buches Hiob. Hrsg
im Einvernehmen mit der Ev.-Luth. Freikirche. Berlin: Evangelische
Verlagsanstalt [1955]. 123 S. 8°. Hlw. DM4.20.

Die Schrift, die „im Einvernehmen mit der Evang.-Luth.
Freikirche herausgegeben" ist, verfolgt die Absicht, die literarische
und theologische Einheitlichkeit des Buches Hiob gegenüber
den verschiedenen Versuchen literarkritischer Aufteilungen
zu verteidigen. Zu diesem Zweck faßt der Verfasser die mannigfachen
Fragestellungen, die in der Hiobforschung aufgetaucht
sind, unter drei Hauptthemen zusammen: I. Das Verhältnis von
Erzählung und Dichtung (S. 9-28); II. Die Einheitlichkeit der
Teile in sich (S. 29-83); III. Die Bedeutung der Einzelteile im
Gesamtzusammenhang des Buches (S. 84—119), indem er das Für
und Wider der bisherigen Diskussion weitgehend zu Wort kommen
läßt und überprüft, ohne freilich das Gewicht der Gegenstimmen
immer hinreichend zu würdigen. Unter der umsichtig
herangezogenen Literatur vermißt man den Kommentar von Stier,
aus dem der Verfasser noch weitere Gesichtspunkte für seine
Grundauffassung hätte gewinnen können. Im ersten Teil setzt
er sich neben anderen besonders mit Stevenson auseinander und
folgt weithin dem Kommentar von Dhorme; im zweiten Teil
nimmt die Front gegen die formgeschichtliche Analyse Baum-
gärtels breiteren Raum ein; ebenso wird auf die Deutungsmöglichkeiten
der bekannten Stelle 19,25—27 ausführlicher eingegangen
. Wird man dabei dem Bestreben des Verfassers im allgemeinen
mit Zustimmung folgen können, so erheben sich bei