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Ausgabe:

1955 Nr. 1

Spalte:

53-55

Kategorie:

Referate und Mitteilungen über theologische Dissertationen und Habilitationen in Maschinenschrift

Autor/Hrsg.:

Flemming, Johanna

Titel/Untertitel:

Die Ikonographie von Adam und Eva in der Kunst vom 3. bis zum 13. Jahrhundert 1955

Rezensent:

Flemming, Johanna

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Theologische Literaturzeitung 1955 Nr. 1

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dessen tiefste Nöte, aus denen seine Neurose emporwächst, Schuld.
Angst, verlorener Lebenssinn, Einsamkeit, Sorge usw. heißen. Endgültige
Hilfe kann nur das in der Seelsorge vergegenwärtigte Heilshandeln
Jesu Christi geben. Um jedoch an die oft tiefsitzende Not des Menschen
in der rechten Weise heranzukommen, muß der Seelsorger bestimmte
Kenntnisse der Tiefenpsychologie und Methoden der Psychotherapie
in seinen Dienst nehmen. Eine so ausgeübte Seelsorge wird
als Zentrum das Beichtgespräch haben. Eine von der Seelsorge gelöste
Beichte ist jedoch aus inneren und äußeren Gründen unmöglich (vgl.
hierzu die Entwicklung in der Bayrischen und Hannoverschen Landeskirche
).

Bergstraße r, Elisabeth: Monophysitismus und Paulustradition bei
Philoxenus von Mabbug. Diss. Erlangen 1953, 143 S.

Das Urteil über die Theologie der syrischen Monophysiten hat sich
infolge zahlreicher neuer Ersteditionen syrischer Quellen im letzten
halben Jahrhundert erheblich gewandelt. Seit den grundlegenden Arbeiten
von Joseph Lebon hat die Forschung naturgemäß hauptsächlich
das tradierte Bild ihrer Christologie einer Revision unterzogen. Das
Ergebnis ist die Einsicht, daß die Severianer der an Kyrill anknüpfenden
neuchalkedonischen Theologie entschieden näher stehen als dem euty-
chianischen Flügel der Monophysiten. Auch die vorliegende Dissertation
setzt die kyrillisch-alexandrinischen Grundlagen der monophysi-
tischen Theologie voraus, wendet sich jedoch vor allem der Soterio-
logie zu und überprüft die konventionelle Darstellung, wonach der
Paulinismus auf der alexandrinischen Seite so gut wie vergessen sein
soll. Philoxenus von Mabbug (gest. 523), neben Severus führender
Theologe der syrischen Monophysiten, teilt zweifellos den Gegensatz
der Alexandriner gegen die Antiochener und gegen die Nestorianer
seiner Zeit. Die Arbeit stellt das biographische und das bibliographische
Material zusammen und untersucht die bereits edierten Hauptwerke,
Briefe und Predigten. Das noch unedierte handschriftliche Material
(etwa 70 Nummern) dürfte die gewonnenen Grundzüge kaum mehr
verändern.

Die Untersuchung kommt zu einem doppelten Ergebnis. Philoxenus
steht einmal mitten in der theologischen Kampfsituation seiner Zeit.
Den Mittelpunkt seiner Theologie bildet die Inkarnation. Er nimmt
teil an der Enteschatologisierung und Spiritualisierung der Heilsbotschaft
. Er bewegt sich jedoch nicht nur in den eingefahrenen Geleisen
der zeitgenössischen Schultheologie. Er ist, und das ist das andre Ergebnis
, ausgesprochener „Bibeltheologe". Er argumentiert von der
Schrift her und verzichtet auf die sonst allgemein (auch bei Severus)
üblichen Väterzitate. Er versteht es, auch in der Form der Inkarnations-
christologie die Substanz der paulinischen Kreuzestheologie an wesentlichen
Punkten zu erhalten und die oeconomia Christi als das streng
auf den Menschen bezogene Heilswerk herauszuarbeiten. Er verschafft
gegenüber der blutleeren Abstraktion, die gerade den Monophysiten
vorgeworfen zu werden pflegt, dem Christusbild der Evangelien volle
Geltung. Auch das Verständnis für das paulinische „allein durch den
Glauben" ist bei ihm vorhanden.

Flemming, Johanna: Die Ikonographie von Adam und Eva in der
Kunst vom 3. bis zum 13. Jahrhundert. Diss. Jena 1953. 203 S.

Die vorgelegte Arbeit versucht (im Gegensatz zu A. Breymann,
Adam und Eva in der Kunst des christlichen Altertums, 1893), eine
zusammenhängende Darstellung der Ikonographie der Stammeltern von
den Anfängen der christlichen Kunst bis zum 13. Jahrhundert zu geben.
Die Fortführung der Arbeit ist vorgesehen.

Im ersten Teil, der sich mit den altchristlichen Jahrhunderten beschäftigt
, werden alle erreichbaren Denkmäler dieser Zeit besprochen
und die ikonographischen Typen nach ihrer zeitlichen Aufeinanderfolge
und örtlichen Sonderprägung herausgearbeitet. Im zweiten, das Mittelalter
betreffenden Teil war bei der Fülle des Materials zunächst eine
Beschränkung notwendig. Die alte Frage nach der Herkunft der mittelalterlichen
Ikonographie schien mir die wichtigste zu sein. Sie wird für
einige mittelalterliche Denkmälergruppen von der sicheren Grundlage
der im ersten Teil der Arbeit gefundenen Typen her neu beantwortet.

Auf Sarkophagen (Kap. I), Katakombenmalereien (Kap. II) und
Gläsern (Kap. III) erscheinen Adam und Eva ausschließlich in jeweils nur
einer Szene, die mit Szenen anderer Thematik zusammengestellt ist.
Die Werkstätten müssen in enger Fühlung miteinander gestanden haben,
denn ganz unscheinbare formalikonographische Besonderheiten tauchen
gleichzeitig in den verschiedenen Kunstgattungen auf. Im 4 Jhdt. gehörten
zum Bilderkreis: Schöpfung, Sündenfall, Bestrafung der Stammeltern
und die später wieder verloren gegangene Zuweisung von Lamm
und Ahrenbündel. Weitaus am häufigsten kommt die Sündenfallszene
vor. An ihr lassen sich deshalb die ikonographischen Veränderungen
am besten vorführen.

Die Arbeiten des 3. Jhdts. überraschen durch treffende Wiedergabe
des Seelenzustandes der sündigen Stammeltern. Der Baum der Erkenntnis
hat einen hohen schlanken Stamm und reicht mit einer voll entwickelten
Krone weit über die Köpfe der Menschen hinaus.

In der konstantinischen Zeit ist von dem Baum nur ein langer
glatter Stamm mit einer Astgabelung und einer Andeutung von Blättern
und Früchten übrig geblieben, die wenig oder nicht über die Köpfe
der Stammeltern hinausragen. Die Schlange fehlt sehr oft, denn sie ist
zum Verständnis der Szene nicht unbedingt erforderlich. Statt um psychologische
Durchbildung bemüht man sich um knappe, formelhafte
Prägung. Adam und Eva bedecken sich mit beiden Händen oder greifen
nach den Früchten des Baumes. Die Bildelementc sind eng zusammengeschoben
. Adam steht fast ausnahmslos links und Eva rechts vom Baum.

Seit 330 etwa wird die Szene wieder aufgelockert und bereichert.
Nicht nur wird die Schlange wieder unentbehrlich, sondern zu Füßen
der Stammeltern erscheinen Lamm und Ahrenbündel als ihre Attribute,
die aus der Zuweisungsszene hierher übertragen werden. Die Baumkrone
wird wieder vollkommener ausgeführt. Adam und Eva dürfen ihre
Plätze vertauschen und bewegen sich wieder freier. Mehrmals sind sie
in erregtem Wortwechsel dargestellt. Auf dem Bassussarkophag haben
sie ihre Nacktheit erkannt und wenden sich mit gesenkten Köpfen von
einander ab.

Gegen Ende des 4. Jhdts. wird besonders ihre Abwehr vor der Versuchung
betont. Sie heben die Hände vor die Brust oder weichen mit
dem Oberkörper vor der versuchenden Schlange zurück. Auch Baum und
Schlange erfahren eine charakteristische Umbildung: Die Baumkrone
wird schirmartig breitgezogen und zeigt einzeln nebeneinander gereihte
große Blätter, und die Schlange legt sich in eigentümlich weit abstehenden
Windungen um den Baumstamm.

Stand bei den bisher besprochenen, auf wenige Kunstzentren beschränkten
Denkmälern die Frage nach der zeitlichen Aufeinanderfolge
ihrer Typen an erster Stelle, so wird bei der Behandlung der weit verstreuten
Werke der Miniaturmalerei (Kap. IV), der Monumentalmalerei
(Kap. V), der Elfenbeinbildnerei (Kap. VI) und der handwerklichen Kleinkunst
(Kap. VIII) der Unterscheidung der Typen nach Ländern besondere
Beachtung geschenkt, ohne daß doch die Datierungsfragen vernachlässigt
würden. Es handelt sich hierbei vorwiegend um illustrierende Zyklen,
d. h. die Variationsmöglichkeiten sind reicher als bei den Einzelszenen,
und die Typen lassen sich noch deutlicher voneinander abgrenzen.

Es ist aufschlußreich, die verschiedenen Darstellungen der ersten
irdischen Arbeit der Stammeltern zu vergleichen. Die spanisch-nordafrikanische
Fassung (Ashburnham-Pentateuch) schließt sich eng an den
Genesistext an, der in den Fluchversen Gen. 3, 14 ff. einen Hinweis auf
die menschliche Arbeit enthält: Adam pflügt und Eva hat Kain und
Abel auf dem Schoß. Den gleichen streng biblischen Geist zeigt auch
die älteste römische Fassung, von der wir Nachricht haben (Nachzeichnungen
verlorener Wandmalereien cod. vat. barb. lat. 2733 und 4406/7).
Die alexandrinische Fassung (Cotton-Bibel, Mosaiken von S. Marco) dagegen
zeigt Adam zwar bei der Bearbeitung des Ackers, Eva aber beim
Spinnen. Das Spinnen hat keine Beziehung zum Genesistext. Es war zur
Zeit der Entstehung der Bilderfolge eine der wichtigsten weiblichen Arbeiten
. Auf byzantinischen Elfenbeinen hilft Eva dem Adam bei dzr
Ernte oder beim Schmieden. Hier haben apokryphe Schriften eingewirkt.
Vielleicht darf man außerdem an Gen. 2, 18 denken, wo Eva als die Gehilfin
des Adam bezeichnet wird. Auf apokryphe Vorstellungen geht
auch das Arbeitsbild der Homilien des Gregor von Nazianz zurück:
Statt der Feldarbeit selbst wird die Übergabe der Hacke an Adam durch
einen Engel dargestellt. In den Homilien des Jakobus ist das Arbeitsbild
überhaupt unterdrückt worden, obwohl für die Illustration der Geschichte
von Adam und Eva ein ganzes Blatt zur Verfügung steht.

Es zeigt sich also, daß der Ernst der Fluchverse in der westlichen
Kunst viel intensiver zum Ausdruck kommt als in der östlichen. Dem
entspricht es, daß im östlichen Kunstkreis Adam besonders gern in seiner
Gottesebenbildlichkeit und gro'ßen Machtvollkommenheit dargestellt
wird, bei der Benennung der Tiere. Die Szene taucht im Westen verhältnismäßig
spät auf, vielleicht ist sie aus östlichen Vorbildern übernommen
worden. Im Osten gehört sie nicht nur zum festen Bestand der
erzählenden Zyklen, sondern kann auch selbständig auftreten. Bischof
Neon von Ravenna hatte für die Dekoration seines Speisezimmers die
Benennung der Tiere als großes Mittelbild einer ganzen Wand gewählt,
dem Schöpfung, Sündenfall und Vertreibung nur als kleinere Nebenbilder
zugeordnet waren (Bericht des Agnellus). Ein byzantinisches Elfenbeindiptychon
stellt diese Szene sogar als einzige alttestamentliche einer
neutestamentlichen gegenüber.

Aus dem zweiten Teil der Arbeit seien nur einige Ergebnisse des
Kapitels über die französische Bauplastik herausgegriffen: Die Sünden-
falldarstellung an der Fassade von St.-Trophime in Arles wiederholt mit
erstaunlicher Treue ein Sarkophagrelief aus der Zeit um oder kurz
nach 330. Das Kapitell mit Adam und Eva in Notre-Dame-du-Port in
Clermont-Ferrand ist nach Temperament und beachtlichen Einzelzügen
der gallischen Sarkophagplastik aus der Zeit um 300 verpflichtet Mehrere
der besten burgundischen Stücke erinnern in Szenenauswahl und Stimmung
an byzantinische oder im weiteren Sinne östliche Miniaturen Die