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Ausgabe:

1955 Nr. 11

Spalte:

676-679

Kategorie:

Christliche Kunst und Literatur

Autor/Hrsg.:

Mrazek, Wilhelm

Titel/Untertitel:

Ikonologie der barocken Deckenmalerei 1955

Rezensent:

Ladendorf, H.

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Theologische Literaturzeitung 1955 Nr. 11

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kaiische Quelle für die schweizerische Reformation galt seit jeher
die in 3 Bänden gedruckte Reformationsgeschichte Heinrich Bullingers
, des Nachfolgers von Huldrych Zwingli (erschienen Frauenfeld
1838 und 1840). Auf den Wert der Schweizer- und Reformationschronik
Johannes Stumpfs wurde erst in neuester Zeit
aufmerksam gemacht. Nach dem Zürcher Historiker Ernst Gagli-
ardi, der als erster nachdrücklich auf die Bedeutung des Stumpf-
Manuskriptes für die schweizerische Geschichte des 16. Jahrhunderts
hinwies, befaßte sich Leo Weisz mit einzelnen Fragen der
Geschichtsschreibung Stumpfs. Es ist nun sehr förderlich, daß,
nachdem die finanziellen Mittel beschafft werden konnten, die
Allgemeine Geschichtsforschende Gesellschaft der Schweiz die
Edition der Reforniationschronik Stumpfs in die Wege leitete.
Die Einleitung, Kommentierung und Herstellung des Textes lag
in den Händen der Historiker Hans Müller und Fritz Büßer.

Hans Müller faßt in der Einleitung das Notwendige über den
Autor der Chronik, dessen historische Arbeiten, die Bedeutung
und Nachwirkung der Chronik zusammen. Johannes Stumpf
wurde am 23. April 1500 in Bruchsal geboren. Nach einem
Aufenthalt an der Universität Heidelberg (erster Kontakt mit der
Reformation) wurde er Substitut des Protonotars beim bischöflichen
Konsistorium in Speyer. Er trat in den Johanniterorden ein
und wurde, nachdem er die Priesterweihe empfangen hatte, Prior
der Johanniterkommende Bubikon im Zürcher Oberland. Zugleich
besorgte er die Pfarrei des Dorfes. In diesen Jahren schloß sich
Stumpf Zwingli an und wurde der bedeutendste Förderer der
Reformation in der Umgegend. 1543 übernahm dann Stumpf die
Pfarrstelle zu Stammheim. 1562 resignierte er aus Gesundheitsgründen
und zog nach Zürich. Hier starb er 1577/78; das genaue
Todesdatum läßt sich nicht mehr eruieren.

Die bleibende Bedeutung Stumpfs besteht in seiner historio-
graphischen Tätigkeit. Den Anstoß hierzu erhielt er wohl durch die
Heirat. Er ehelichte nämlich 1529 die Tochter des Chronisten
Heinrich Brennwald. Vom Schwiegervater übernahm er den Auftrag
, dessen Schweizer Chronik (in 2 Bänden, Basel 1908 und
1910, durch Rudolf Luginbühl herausgegeben) zu ergänzen und
fortzusetzen. Stumpf kam damit um 1535 zu Ende. In der Folge
betrieb er die Studien weiter und veröffentlichte neben der 1548
im Druck erschienenen großen Beschreibung der Eidgenossenschaft
noch einige religiöse und politische Schriften.

Für die Abfassung seines Chronikwerkes standen Stumpf verschiedene
Quellen zur Verfügung. Sie sind noch nicht bis in alle
Einzelheiten erforscht. Es ist aber festzuhalten: Die Hauptarbeit
bestand für Stumpf zunächst darin, das Chronikmanuskript seines
Schwiegervaters Brennwald zu kopieren, zu erweitern und hierauf
bis zum Jahre 1534 fortzusetzen. Die eigentliche Reformationsgeschichte
ist in den Büchern 8 und 9 enthalten. Die Bearbeiter
der vorliegenden Edition, die in einem zweiten Band zum Abschluß
kommen wird, haben sich darauf beschränkt, die Bücher 7 bis 9
nach dem in der Zentralbibliothek Zürich liegenden Original-
Manuskripten abzudrucken, wobei Buch 7 die Geschichte der Eidgenossenschaft
von Ende 1499 bis 1516, also die Vorgeschichte
der Reformation in der Schweiz, schildert. Mit Buch 8 setzt die
Darstellung der Ereignisse ein, die zur Reformation führen und sie
ausbreiten. Das 9. Buch mit der Geschichte der Glaubensauseinandersetzungen
von 1528 bis 1534 unter Einschluß einer Zwingli-
biographie wird im II. Teil dieser Edition erscheinen. Obwohl erst
beim Vorliegen dieses II. Teiles ein abschließendes Urteil über die
Stumpf-Chronik möglich ist, läßt sich jetzt schon feststellen, daß
eine große Fülle von Stoff vor dem Leser ausgebreitet wird. Einzelnen
Ereignissen widmet der Chronist eine besonders ausführliche
Beschreibung. Dem sog. Jetzerhandel in Bern, dessen Akten
1904 von Rudolf Steck ebenfalls in den Quellen zur Schweizer
Geschichte veröffentlicht wurden, sind z. B. die Seiten 82 bis 98
reserviert, der Ittingersturm von 1524 beansprucht die Seiten
203 bis 233. Stumpf beschränkt sich aber nicht auf die politischen
und kirchlichen Geschehnisse, sondern flicht gern kulturhistorische
Notizen ein. Die Frage, inwiefern Bullingers Reformationsgeschichte
auf Stumpfs Werk beruht, wird, sobald der II. Teil
unserer Ausgabe vorliegt, neu in Angriff zu nehmen sein.

Der Leser des I. Teils der Chronik von Stumpf hätte sich einen
ausführlicheren Kommentar gewünscht. Denn nicht zu knappe sachliche
Hinweise erleichtern den Gebrauch einer solchen Ausgabe wesentlich I

Der Übersichtlichkeit hätte es gedient, wenn Seite 148 der Beginn des
8. Buches deutlicher hervorgehoben wäre, entsprechend dem Titel auf
Seite 1 (Beginn des 7. Buches). In der Zitation von Zwingiis Werken
(Corpus Reformatorum) zeigt sich ein gewisses Schwanken: Zwingiis
Werk, Egli und Finsler [S. 174]; Zwingli, Sämtl. Werke, ed. Egli und
Finsler [S. 176]; Zwingli, Werke (Egli und Finsler) [S. 186]; Richtig
wäre: Zwingli, Sämtl. Werke (Corpus Ref.).

Zürich Rudolf Pfister

GESCHICHTE DER CHRISTLICHEN KUNST

B o g I e t, Theodor, P.: Aphorismen zur christlichen Kunst. Maria-
Laach: Ars Liturgica 1954. 80 S., 1 färb. Taf. kl. 8°. DM 4.20.

Auf 74 Seiten werden dem Leser 95 kurze Texte geboten, die
nach 12 Hauptgesichtspunkten gegliedert sind, z. B. Kirche und
Kunst — Mysterium der Kunst — Verkündigung usw. Wenn ein
Benediktiner über christliche Kunst schreibt, so kann er unserer
Aufmerksamkeit gewiß sein, auch wenn wir theologisch nicht gleich
in allem mit ihm einig gehen. Verf. nennt die tiefste Aufgabe
des christlichen Künstlers „eine priesterliche" (S. 30) und bezeichnet
als das einzige Anliegen der großen christlichen Kunst der
Vergangenheit, „die Herrlichkeit Gottes sollte anschaulich werden,
nicht die Verherrlichung des Menschen" (S. 36). Er weist der christlichen
Kunst einen Anteil an der Verkündigung der Kirche zu.
Aber was immer er auch an Richtigem sagt, er verhält sich mehr
beschreibend und darstellend, er greift in das gegenwärtige Gespräch
über diese Fragen nicht ein. Deshalb dringt er wohl auch
nicht in allem in letzte Tiefe der Erkenntnis vor (so fehlt z. B.
alles Zwielichtige und Versucherische, die Frage des Mißbrauchs
christlicher Kunst sowie des Bösen in ihr).

Eine kurze Schlußbemerkung teilt mit: „Die vorstehenden
Aphorismen stellen zum Teil Ausschnitte aus bereits veröffentlichten
Vorträgen des Verfassers dar." Auf diese Weise gewinnt
man aber keine Aphorismen. Hätte Verf. seine Ausführungen
„Gedanken" genannt, so wäre hier keine kritische Anmerkung
mehr nötig gewesen. Doch der Aphorismus ist eine bestimmte
literarische Stilform, durch die in eigenwilliger Weise eine oft
überspitzte Aussage gemacht wird. Nach dem „Reallexikon der
deutschen Literaturwissenschaft" *1955, Band I S. 97, zeichnet der
Aphorismus sich durch Originalität sowie durch Kürze und Bündigkeit
aus. Zur Probe sei Nr. 26 unverkürzt wiedergegeben: „Die
Stellung des Künstlers im Corpus Christi Mysticum, seine Aufgabe
, sein Dienst, seine Gliedfunktion im Lebensorganismus der
Kirche ist eine außerordentliche" (S. 27).

Künzelsau Friso Melzer

Mrazek, Wilhelm: Ikonologie der barocken Deckenmalerei. Wien:
Rohrer in Komm. 1953. 88 S., 6 Abb. gr. 8° = öst. Akademie d.
Wiss., Philos.-hist. KL, Sitzungsberichte, 228 Bd., 3. Abh. DM 4.50.

Die Bemühungen der Kunstgeschichte haben sich, etwa im
letzten Jahrzehnt, in auffälliger Weise gewandelt. An die Stelle
analysierender Formuntersuchung, die im Übergang von der Gestalterfassung
zu einem subtilen Händescheiden unfruchtbar zu
werden drohte, ist eine Inhaltsforschung getreten, die nicht nur
auf ein näheres Sachverständnis ausgeht, sondern auf eine Bestimmung
des Verhältnisses der Kunst zu den einzelnen Lebensgebieten
. So wichtige Gewinne eine allgemeine Realienkunde
erzielen kann, so bliebe doch sehr zu beklagen, daß die Kunstgeschichte
die Formanalyse, die früher so meisterlich gehandhabt
worden ist, nicht festhalten konnte, wenn nicht in der Erkenntnis
der Unauflöslichkeit von Form und Inhalt eine neue Einsicht
gewonnen wäre, die eine stilgeschichtliche Betrachtung der inneren
Form ermöglicht, der Form, die auch im Gehalt, im Ergreifen
und Verarbeiten bestimmter Inhalte deutlich wird. Die methodischen
Ausgangspunkte einer solchen neuen Richtung in der
Kunstgeschichte sind noch sehr verschiedener Art. Dem Verlust
an Formanalyse, der nicht geleugnet werden kann, steht immerhin
ein Gewinn für das allgemeine Verständnis des Kunstwerkes
gegenüber. In ihm sind Ansätze erkennbar, die dazu führen wer-