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1955 Nr. 11

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Neues Testament

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Theologische Literaturzeitung 1955 Nr. 11

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im weiteren nicht aktuell.) Natürlich: einem evangelischen Ausser
kommt so etwas nicht in den Sinn; aber er, der Evangelische,
Wird mit derselben Spekulation kraft gewisser Nebenzüge der
Weichnisse auf seine oder seiner Schule oder seines Bekenntnisses
Herzensanliegen zusteuern. Was nun? Es ist das Eingeständnis
fällig; Was in der Gleichnisauslegung über das Tertium compa-
rationis hinausgeht, das liegt in einer Dämmerung, welche keinem
Ausleger eine klare Sicht gestattet! Also muß man in dieser
Sphäre jedwedem Ausleger seine Eskapaden zubilligen — oder
die Jülicherischen Grenzen einhalten. Diese Jülicherische Hermeneutik
nimmt schon Rücksicht darauf, daß etwa Jesus selbst Nebenzüge
seiner Gleichnisse als für die Verkündigung des Reiches
Rottes bedeutsam bezeichnete — wobei sofort berücksichtigt
Wird, daß die Überlieferung der Gleichnisse Jesu mit neuen Farben
arbeitete, die nicht einfach mit Jesu Absicht identisch sind.
Man hat einst den ausgezeichneten Berliner Franz Karl Ludwig
Steinmeyer („Die Parabeln des Herrn", Berlin 1884) wegen seiner
geistreichen Ausnützung der Nebenzüge (die Hauptsache
"lieb ihm dennoch „der eigentliche Schwerpunkt" des Gleichnisses
) zu den „merkwürdigen" Gleichnis-Exegeten gestellt —
Warum soll Steinmeyer „merkwürdiger" sein als seine heutigen
Parallelen? Das alles soll nur besagen: Man bleibe bei den von
Jülicher abgesteckten Grenzen!

Natürlich hat Moschncr volle Freiheit, die „Hodizeit von Kana"
(Joh. 2, l—ii) als „ein Wandlungsmahl am Anfang der Rcichsgründung"
*u deuten; den „reichen Fischfang" (Lk. 5, 1—11) als ein „Sinnbildwun-
der" zu behandeln; bei Joh. 21,15—17 die römische Petrus-Frage anzuschneiden
; in Joh. 3, 1—8 die Wiedergeburt sakramental zu fassen.
Was die eigentlichen Gleichnisse Jesu anlangt, so ist Lk. 17, 7—10 audi
jn Moschners Auslegung die Herausholung des Tertium: „Auch wenn
fc alles getan habt ... so seid und bleibt ihr „geringe Knechte, die
nicht mehr getan haben als ihre Schuldigkeit". Das Gegenstück hiezu
s'eht Moschncr in Mt. 24,45—51: „Der Herr kann über das bloße
Feststellen recht geleisteten Dienstes hinausgehen und den getreuen
Knecht belohnen." Der Gipfel wird in Lk. 12, 35—40 erreicht: „Nun
hebt Er bis ans Ende." Es gehört aber schon in die Problematik „Nebenzüge
" hinein, wenn Moschner beim „Schatz im Acker" (Mt. 13,44)
nicht bloß die „Kostbarkeit" als Tertium hat, sondern auch das „alles
Verkaufen" ausdeutet; und daß er hier die Linien bis auf Ablaß, Reliquien
, Heiligcnverchrung, Wallfahrten und noch einiges auszieht (für
■•Schatzgräber"!), das liegt so „jenseits des Gleichnisses", daß man befremdet
ist. So muß man Moschner auch fragen, ob es wirklich im
Sinne des Gleichnisses ist, wenn er bei der „kostbaren Perle" (Mt. 13,
45) das „Suchen" (gegen das „Finden" von Mt. 13,44) hervorhebt,
das „Prüfen", den Gedanken „Er verkaufte alles und kaufte dafür".
Mt. 7, 21—23 ist kein Gleichnis, sondern eine Drohung. Beim „Säe-
niann und Samen" (Mt. 13,4—9) müßte Mosdiner erst beweisen können
, daß die „Auslegung" Mt. 13, 18—32 wirklich von Jesus selbst
Und nicht aus der Überlieferung stammt — denn das Gleichnis selbst
hat sein Tertium in dem Gedanken, welchen Moschner am Schlüsse
seiner Deutung als „etwas wunderbar Tröstlidies" beifügt: Wenn auch
drei Viertel der Aussaat hoffnungslos sind, das eine Viertel trägt
Frudit, „ein endlos sich dehnendes goldenes Meer". Die „selbstwach-
sendc Saat" (Mc. 4, 26—29) überschreibt Mosdiner „Die wachsende
Saat", findet das Tertium aber mit der gewöhnlichen Auslegung in dem
••Von selbst" — allein nachher überdeckt er es mit zuviel geistvoll
Herbeigeholtem. Beim „Senfkorn" (Mt. 13.31 f.) stellt Moschner das
Tertium mit den Auslegern so heraus: „Aus so kleinem Anfang ein
s° großes Gewächs — wie beim Reiche Gottes." Aber er setzt hinzu:
*egcn dieses kärglichen „Klein-Groß" hätte Jesus kaum (Mt. 13,9.43)
gesagt: „Wer Ohren hat zu hören, der hörel" Und so läßt Moschner
eine biologisdic Theologie folgen, die gewiß ihr Interesse hat; aber
man hört da keineswegs Jesus reden, sondern Mosdiner selbst/ (Wozu
S. 150 über die Reformation den Stab brechen?). Auch im „Sauerteig-
Gleichnis" (Mt. 13, 33) Sicht Moschner nicht nur die Durchsäueruug
Von viel Mehl mit wenig Sauerteig, sondern er hält sich mit Lust beim
ganzen Komplex „Natur", „katholische Kirche" aufl Bei den „Arbeitern
im Weinberg" (Mt. 20, 1—16) stimmt die Angabe des Tertium
mit: „Das Harte des Rechts verklärt sich hinüber in das Leichte und
Selige der Gnade" — bloß würden wir es weniger „poetisch" fassen.
Ebenso bei den „Talenten" (Mt. 25, 14—30) und den „Pfunden"
(Lk. 19, 11—27) heißt das Tertium streng: WirketI (nämlich: mit dem,
Was ihr empfangen habt!). Mt. 18,21—35 hat zum Tertium Mt. 5,45.
Dagegen deckt Moschncr im Gleichnis von den „klugen und törichten
Jungfrauen" (Mt. 25, 1—13) das Tertium „Es gibt ein Zuspät!" durch
'eine „Anwendung" zu — begreiflich übrigens, da wir ja nicht sagen
können, was Jesus mit dem „Öl" gemeint hat (Moschner deutet das
■■Ol" auf die Jungfräulichkeit als „die höchste, die allumfassendste Form
des Liebens ... die am meisten katholische"). Die Gleichnisse vom

„Fisdinetz" (Mt. 13, 47—56) und vom „Unkraut unter dem Weizen"
(Mt. 13, 24—30) dürften weniger darauf hinausgehen, „daß das Böse
immer audi da ist", als auf die Mahnung zur Geduld mit dem „Unkraut
" und den „schlechten Fischen" in der Jüngerschaft, b i s Gott
selbst im Endgericht die Scheidung vollzieht. (Wieder allegorisiert die
„Deutung" Mt. 13, 36 ff., aber hat nidit auch sie den Ton auf 13,41?).
Beim „hochzeitlichen Mahl" (Mt. 22, 1—14) hat zweifellos Mt. 22,
11—14 ein anderes Tertium als Mt. 22, 1—10; hier: Verwerfung der
Männer, welche die Einladung angenommen hatten und doch nicht kamen
— dort die Verwerfung des Gastes, dem das hochzeitliche Kleid
fehlte. (Die Rätsel, weldie beide Gleichnisse aufgeben, abgerechnet).
Der „verlorene Groschen" (Lk. 15, 8—10), das „verlorene Sdiaf" (Lk.
15,3—7), der „verlorene Sohn" (Lk. 15, 11—32) stehen bei Mosdiner
unter der guten Überschrift „Gnade". Aber sollte nicht deutlicher hervortreten
, daß diese Gleichnisse ihr „Hartes" darin haben: sie erwek-
ken den (beabsichtigten) Anschein, als ob begnadigte Sünder Gott wertvoller
seien als die Gerechten von Haus aus! Gerade dieses „Harte"
löst Moschner beinahe auf, wenn er z. B. den Sohn, der vom Felde
kommt als „neidisch" hinstellt, während dieser Sohn deutlich der Vertreter
der von Haus aus Gerechten ist. — Was noch folgt: „Weinstock
und Rebzweige" (Joh. 15, 1—9), „Brot und Wein" (die Brotvermeh-
rungs-Perikopen), „die Eucharistie-Rede nach der Brotvermehrung '
(Joh. 6, 32—59), die „Einsetzung der heiligen Eucharistie" (Mt. 26,
26—28 und Parallelen), die „Braut des Lammes" (Off. 21, 1—27;
22, 1—5; 17—20) — das sind „Andachten" mit Qualität.

Darüber aber soll kein Zweifel bleiben: Das Buch Moschners
ist bibelmächtig, fromm, interessant, im ganzen exemplarisch dafür
, wie ein selbständiger Katholik sich und anderen an der Bibel
über den heutigen Katholizismus ein gutes Gewissen macht.

Augsburg _ Leonhard he nd t

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Die Rede geht aus von der Not der heute unumgänglichen
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? Und doch läßt sich die Frage nach einem letzten Sinn der