Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1955 Nr. 10

Spalte:

591-594

Autor/Hrsg.:

Delius, Walter

Titel/Untertitel:

Zur Territorialkirchengeschichte: Berlin-Brandenburg 1955

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2

Download Scan:

PDF

631

Theologische Literaturzeitung 1955 Nr. 10

632

are not so close to establish identity or cven direct dependence. The
character, teadiing and achievement of Jesus supply the unique quality
which makes N.T. Christianity what it is.

C. F. D. Moule, Cambridge: „The Post-Resurrection Appearances
in the Light of Festival Pilgrimages".

Is it possible that the normal movements of pilgrims to and from
the Jerusalem festivals deserve more consideration than is usual in
discussions of the post-resurrection appearances? It is generally assumed
that the two Walking to Emmaus were returning pilgrims. Why not
assume that the Galilean disciples also, after a longer or shorter delay
occasioned by the sabbath and then (John 20, 26) by the Easter events,
returned home? Further, why should not those who were able to go
have gone up to Jerusalem again in due course for Pentecost? lf so,
Mark 14, 28 (jinoägco i'fiä; x.x.X., cf. 16,7) need only nwan, ,When
you return to Galilee, you will find me there already'; and Luke 24,
36—53 may unconsciously represent two incidents, one just after
Passover, one just before Pentecost (assuming that Luke knew nothing
of the 40 days until he wrote Acts — unless, with Menoud, we
find interpolation in Luke 24 and Acts 1). It is possible, too, that
avraktCöfteros (Acts l, 4) may, after all, be equivalent to avvavhCöfttrog,
for avU&iv is used in Matt. 21, 17, Luke 21, 37, of Jesus lodging
(with his friends, presumably, in a house or in temporary quarters) before
the Passover? The Lucan (or, with Menoud, pseudo-Lucan) tradi-
tion does not shrink from representing the risen Lord as eating with
his friends: why not, then, also lodging — or even (Acts 13, 317?)
travclling up to Jerusalem with them? Then Luke 24, 49 (xa&ioaxs ev
xfj nölei ews ov x.x.X. cf. Acts. 1, 5—8) will mean, ,Do not return to
Galilee this time, after Pentecost, as you did previously, after Passover'.

Günther Bornkamm (Heidelberg): Herrenmahl und Kirche bei
Paulus

Das Referat versuchte, den engen Zusammenhang zwischen der
Abendmahlsparadosis 1. Kor. 11, 23—25 mit ihrer Besonderheit und
den sie erläuternden paulinischen Sätzen über Herrenmahl und Kirche
1. Kor. 10, 16 f. aufzuzeigen. Unbeschadet der stärker hellenisierenden
und liturgisch stilisierenden Formulierung hat Paulus ein sehr altes
Überlieferungselement in Gestalt der nur bei ihm (und dem von gleicher
Tradition abhängigen Lukastext) erhaltenen Wendung fisxa zö deutvrj-
aat bewahrt. Diese weist auf eine ursprüngliche, schon bei Mk/Mt
aufgegebene Praxis, bei der Brothandlung und -Wort, und Kelchhandlung
und -Wort durch die dazwischen liegende Mahlzeit getrennt waren
und also jeweils ein Ganzes, nicht nur Teile eines Ganzen zum Inhalt
hatten. Sehr bald muß die Anordnung dahin geändert worden sein,
daß bei der Gesamtfeier die gemeinsame Mahlzeit an den Anfang trat
und erst an ihrem Ende die eigentliche sakramentale Speise (Brot und
Kelch) ausgeteilt wurde. Diese Praxis ist audi in Korinth üblich und
wird als solche auch von Paulus nicht bestritten. Nichts deutet darauf,
daß er in Korinth wieder die alte liturgische Ordnung einführen will1.

Gleichwohl ist die ursprüngliche Trennung von Brot- und Kelchhandlung
und -Worten für das sachliche Verständnis der Einsetzungsworte
bedeutsam. Aus ihr erklärt sich: l) die Wahl des Begriffes acöfia
in allen Einsetzungsberichten, der durchaus nicht von vornherein mit
alfia zu einem Begriffspaar (wie oaof und alfia) zusammengehört.

2) Auch die Besonderheit der paulinischen Formel im Kelchwort
erklärt sich von hier aus. In ihr ist r) xatvrj dta&rjxrj Prädikatsnomen,
al/a.a dagegen gehört zur attributiven Bestimmung (bei Mk/Mt umgekehrt
), acöfia und öadirjxrj also werden parallelisiert, nicht acöfia und
alfia. Dies ist keineswegs eine unwesentliche Formulierungsvariante2,
für Paulus besteht auch kein Grund, hier von einer „Inkongruenz"
der Begriffe zu sprechen3. Von einer solchen wäre nur unter der für ihn
noch nicht gültigen Voraussetzung zu reden, daß öcöuo und alua ein
Begriffspaar und also Teile eines Ganzen seien. Auch das paulinische
Kelchwort enthält eine Ganz-Aussage: „Dieser Kelch ist die neue Heilsordnung
in kraft meines Blutes."

Von hier aus verstehen sich die Sätze l.Kor. 10, 16 (der einzige
authentische Kommentar im NT zu den Einsetzungsworten überhaupt!)
und 10, 17. Der ekklesiologischen Folgerung, die erst das spezifisch
paulinische Verständnis des Herrenmahls ausspricht4, liegt nur das
Brotwort zugrunde, und zwar mit dem seiner Formel eigentümlichen
tö vnso vficöv. Die Hingabe Christi für uns involviert für Paulus zugleich
das Leben der Glaubenden für ihn (2. K. 5, 14 ff.). Das acöfia
Christi, das wir im Sakrament empfangen, schließt uns, die Empfangenden
, als acöfia Xqioxov (= exxXrjoia) zusammen. Der 10, 17 ausgesprochene
Gedanke hat für Paulus nicht nur den Charakter eines Vergleiches
und einer moralischen Anwendung, das ia/icv in V. 17 hat den-

') Gegen Joh. Weiß, Das Urchristentum (1917), S. 510.

2) So J.Jeremias, Die Abendmahlsworte Jesu (19492), S. 84.

3) Vgl. M. Marxsen, Ev. Theol. 1952/53, S. 296 ff.; zur Frage vor
allem E. Käsemann, Ev. Theol. 1948, S. 278 ff.

*) Vgl. E. Käsemann, a. a. O. S. 264 ff.

selben Realitätscharakter wie das emi'v der Einsetzungsworte ll,23ff.
(dessen Sinn durch den Begriff der objektiven xoivoyvla 10, 16 sichergestellt
ist). 10, 17 ist darum zu paraphrasieren: „Denn der Leib, der
uns in diesem Brot dargereicht und für uns hingegeben ist, ist einer,
und darum sind wir, die vielen, ein Leib, der Leib Christi."

Der Gegensatz zwischen Paulus und den Korinthern l.K. 11, 17—34
will von da aus begriffen werden. Keineswegs haben die Korinther den
Sakramentscharakter des Herrenmahles vergessen, wie weithin angenommen
wird, vielmehr sind sie, wie schon l.K. 10, 1—13 und
v. 14—22 zeigen, sehr handfeste Sakramentalisten. Von der eigentlichen
Sakramentshandlung (am Ende der ganzen Feier) waren ja auch die zu
spät Kommenden nicht ausgeschlossen. Man wird sich darum wenig
Skrupel über die den Armen erwiesene Lieblosigkeit gemacht haben.
Für die Korinther war das Sakrament ohne Frage so etwas wie ein
rpänimxov n&avaai'a<;. Für Paulus jedoch schließt die rechte Sakramentsfeier
die Erkenntnis ein, daß der im Sakrament empfangene Leib Christi
uns zum Leibe Christi macht, in dem einer für den anderen in der Liebe
verantwortlich ist. Das heißt für ihn: öiaxnlvFiv to acöfia (11,29).
Darum sind die Mißstände in Korinth unerträglich und eine Infragestellung
der Sakramentsfeier überhaupt (11, 20). Ergebnis: die Frage des
rechten Sakramentsverständnisses ist für Paulus nicht, wie in späterer
Zeit, die Frage nach dem Charakter der Elemente, sondern die Frage
nach dem untrennbaren inneren Zusammenhang von Herrenmahl und
Kirche.

Eduard Schweizer (Zürich): Nachfolge und Glaube an Jesus,
den Herrn, von Jesus bis zur hellenistischen Gemeinde

Die moderne Welt gleicht eher der hellenistischen Gemeinde mit
ihrer Weltangst als der palästinensischen mit ihrem Sündenbewußtsein.
Wie redet das NT in diese Situation hinein?

I. Jesu Ruf zur Nachfolge ist völlig anders als der eines Rabbi:
in ihm tritt Gott selbst in das Leben des Jüngers, in ihm geschieht
Gnade. Eben deswegen hebt er alle andern Bindungen so radikal auf
und gibt dem Jünger Hoffnung. Jesu Weg ist der des leidenden und
erhöht werdenden Gerechten im Judentum; aber er geht ihn als der
..eschatologische" Gerechte, der alles Bisherige erfüllt und Gottes Reich
bringt.

II. Die Gemeinde nach Ostern sieht darin nicht nur ein Vorbild,
das sie nachahmt. Auch als Erhöhter bleibt Jesus der Herr, der sie in
die Nachfolge ruft.

III. Daß Jesu Weg ein grundsätzlich anderer ist als der seiner
Nachfolger, ist schon früh festgehalten in der Aussage, daß er ihn
„für uns" ging (l.Kor. 15, 3); aber erst bei Paulus wird dies zum zentralen
Glaubensbekenntnis. Die Einzigartigkeit Jesu konnte darin nicht
gut ausgeprägt werden, da das Judentum jedes Leiden eines Unschuldigen
als stellvertretend ansah.

IV. Für die allererste Gemeinde bedeutet Ostern die Einsetzung
Jesu in die Herrenstellung. Boussets These, daß der Kyrios-glaube erst
in der hellenistischen Gemeinde entstanden sei. läßt sich aus vielen
Gründen nicht halten. Apk. 14, 4 und Joh. 1, 3 5 ff. zeigen, wie die Gemeinde
Jesu Worte von der Nachfolge in der neuen Situation weitergebildet
hat. Aber auch die sogenannte „Christusmystik" des Paulus
kennt ja den alten Gedanken, der den Mysterien fremd ist, daß der
Jünger teilhat am Leiden seines Herrn, um dann einst mit ihm
erhöht zu werden. •

V. Die Überordnung Jesu bleibt gewahrt: (a) erst seine Erhöhung
zum Vater ermöglicht die Erhöhung des Jüngers. Sie ist erfolgt
in dem absoluten Gehorsam am Kreuz, der Gott und Welt wieder versöhnt
hat (Joh.); sein Eingang ins himmlische Heiligtum ermöglicht
seine Fürbitte für uns (Hebr.); seine Herrschaft zur Rechten Gottes
unterwirft alle Feinde, die gegen uns stehen (Phil. 2, 10 f.; Kol. 2, 15;

1. Petr. 3, 22).

VI. (b) Als Jesus Levi in die Nachfolge rief, trat damit Gott selbst
in das Leben des Jüngers. Phil. 2, 6 ff. hat dies zu Ende gedacht: Jesus
kommt aus der Präexistenz bei Gott (ebenso Joh., Hebr.).

VII. Die Verkündigung des Evangeliums an die hellenistische Gemeinde
hält also fest: (a) Jesu Weg ist dem des Jüngers absolut vorgeordnet
: 1. Jesus kommt aus göttlicher Herrlichkeit in die Welt und
eint so Himmel und Erde (Joh., Hebr., Phil. 2, 6 ff., 1. Tim. 3,16);

2. Jesu Erhöhung zur Rechten Gottes zieht den Jünger nach sich
(Joh. 12, 32), ermöglicht die Fürbitte, die ihm den Weg zu Gott öffnet
(Hebr.), besiegt die Feinde, die ihm entgegenstehen (Phil. 2, 9 f.,
l.Tim. 3, 16) — (b) Jesus nimmt seine Jünger mit auf seinen Weg:
1. ihr Gehorsam ist ein Teilhaben an seinem Gehorsam (Joh.), 2. sie
werden verstanden von dem, der in allem ihnen gleich geworden ist
(Hebr.), 3. indem sie ihn besingen, beugen sie schon jetzt ihre Knie
vor ihm (Phil. 2, 6 ff.; 1. Tim. 3, 16).

Damit sind die wichtigsten Momente der allerersten Nachfolgeworte
festgehalten: 1. im Ruf Jesu tritt Gott selbst in das Leben des
Jüngers, 2. in der Nachfolge hat der Jünger teil am Gehorsam und am