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Ausgabe: | 1955 Nr. 10 |
Spalte: | 550-551 |
Kategorie: | Liturgiewissenschaft, Kirchenmusik |
Titel/Untertitel: | Erneuerung der Liturgie 1955 |
Rezensent: | Beckmann, Joachim |
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Theologische Literaturzeitung 1955 Nr. 10
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[Drosdow] zusammengestellt wurde3. Die Kirche ist der geheimnisvolle
Leib Christi, errichtet von ihrem Haupte, Jesus Christus, der
durchdrungen ist vom Hl. Geist und zu einer Einheit alle, die an
Gott glauben, im Himmel und auf Erden vereinigt und verbindet,
und der die Gläubigen sich einfügt durch den allgemeinen (sobor-
nuju) apostolischen Glauben, durch die Mysterien und die Priesterweihe
— das ist durch die von Gott eingesetzte Hierarchie.
In dieser Bestimmung zeigt das Wort „errichtet", — das an
die Worte des Heilandes erinnert „Brecht diesen Tempel und am
dritten Tage will ich ihn aufrichten" (Joh. 2, 12), — auf die Tatsache
, daß der Leib der Kirche durch die Auferstehung Christi ins
Leben gerufen ist; und ferner auf die ständige Belebung der Küche
durch dasjenige Leben, das ihrem Haupte, dem Lebenspender
Christus entströmt (Eph. 4, 16).
VIII. Die Bedeutung der Kirche im Leben des Christen
Die Kirche setzt das Werk Christi fort, der von sich sagt:
„Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben" (Joh. 14, 6). Die
Kirche ist die Bewahrerin des Weges, der Wahrheit und des Lebens
Christi durch die Innehaltung des hierarchischen Aufbaus,
der Lehre der alten Kirche vor der Teilung und der Mysterien.
Um das Leben der Orthodoxen Kirche zu leben, muß man
dem Baum der Orthodoxen Kirche eingepfropft sein, sich von
seinen Wurzeln ernähren, überhaupt sich auf seinem Grund befinden
. Das kann man nur durch die Hierarchie, den Glauben und
die Mysterien erreichen, bei vollem Gehorsam gegenüber den
kirchlichen Anordnungen.
Mit sehr schönen, inspirierten Worten spricht der Metropolit
Nikolaus von Krutizy und Kolomna über die Bedeutung und
das Leben des Christen: „Die von unserm Herrn und Heiland gestiftete
Hl. Kirche wuchs aus der kleinen Familie der ersten Christen
zu einer gewaltigen, auch in Millionen nicht auszuzählenden
heiligen Familie empor. Aus einem winzigen Samenkorn, das
von dem göttlichen Gärtner in die Erde gelegt wurde, wuchs ein
gewaltiger Baum empor, der mit seinen vielen Zweigen die ganze
Welt bedeckt. Und ein kleines Blättchen an diesem Baum ist auch
ein jeder von uns."
Was ist für uns die Kirche? Sie ist unsere Mutter, die uns
fest und liebevoll in ihre mütterlichen Arme schließt. Jeder von
uns ist leiblich von seiner Mutter geboren, und die Kirche, als
unsere geistige Mutter, hat jeden von uns geistig geboren in dem
heiligen Mysterium der Taufe. Die Taufe ist unsere geistige Geburt
; durch sie treten wir in den Schutz der hl. Kirche und werden
ihre und unseres gemeinsamen himmlischen Vaters himm-
') Niederschriften zu dem Buche der Genesis von Metropolit
Philaret, St. Petersburg, 1819, S. 51.
lische Kinder. Die Mutter nährt ihre Kinder anfangs mit Milch,
später, wenn sie gewachsen sind, mit fester Nahrung (vgl. 1. Kor.
3, 2). Unsere Mutter Kirche ernährt uns alle mit geistlicher
Speise: durch ihre Gebote, ihre Segenssprüche, durch die Gnadengaben
des Hl. Geistes, durch die Hl. Mysterien des göttlichen
Leibes und Blutes unseres Herrn, und indem sie uns das Wort Gottes
lehrt und predigt.
Die Mutter erzieht ihr Kind, das sie geboren und genährt
hat; sie lehrt es, was gut und was schlecht ist, sie lehrt es durch
ihr gutes Beispiel und durch ihren guten Rat. Unsere Mutter, die
Kirche, lehrt uns in allen ihren Unterrichtsstunden, die sie uns
gibt, in ihren Gottesdiensten, durch den ganzen Reichtum der
Werke der Hl. Väter und Lehrer der Kirche, durch jedes Beispiel
und durch ihre Gebote, ein Leben zu führen, das des Christen
würdig ist, wie es von dem Herrn Jesus Christus geboten ist und
uns zur ewigen Rettung führt.
Die Kirche, als unsere wahre Mutter, begleitet jeden von
uns in seinem ganzen irdischen Leben: in den Freuden, in den
Leiden, in allen wichtigen Lagen unseres irdischen Lebens betreut
sie uns und ruft Gottes Segen auf uns herab. Als Mutter, die sich
um ihre Kinder sorgt, sendet unsere heilige Kirche täglich ihre
Gebete empor für die Seefahrenden, Reisenden, Notleidenden,
Leidtragenden und für diejenigen, die aus irgendeinem Grunde
nicht zum Gottesdienst in die Kirche kommen können.
Alle umfängt sie mit ihrer Liebe, ihrem Gebet, ihrem Segen.
Oh, welch Glück, Kinder der Hl. Orthodoxen Kirche zu sein!
[Es kommt die Todesstunde für einen jeden von uns. Mit
ihrem letzten Geleit und Segen wird unsere Kirche unseren unsterblichen
Geist auf den Weg des ewigen Lebens weisen.]
Auch im Tode treten wir nicht aus den Schutz der Hl. Orthodoxen
Kirche heraus. Wir gehen nur aus der irdischen Kirche
in die Himmlische Kirche hinüber. Die Himmlische Kirche bilden
alle Heiligen und die Seelen aller gläubigen Kinder Christi. Wir,
die wir hier leben und sie, die Kinder der Himmlischen Kirche,
stehen miteinander in einer ununterbrochenen Gebetsverbindung.
Zu den Heiligen bitten wir als zu unseren Fürbittern vor dem
Angesicht Gottes und für die uns nahestehenden Gestorbenen
bringen wir Gebete für ihre Ruhe dar. Die Gebete zu den Heiligen
erbitten für uns den Segen Gottes. Die Gebete für die Toten
erleichtern diesen ihr Los nach dem Tode; und wenn wir selbst
gestorben und mit der Himmlischen Kirche vereinigt werden, so
werden wir glücklich sein, das Wehen der für uns in der irdischen
Kirche gesprochenen Gebete zu spüren.
Nur muß man würdig sein, in diese Himmlische Kirche einzugehen
! Man muß leben und sterben als wahrer Christ und
wahres Kind der irdischen Kirche, und danach wird unseres Glük-
kes in den Armen der Himmlischen Kirche kein Ende sein.
Die Kirche und die Welt der Arbeit
Von Hans J ä n i c k e, Halle (Saale)
Im Luther-Verlag Witten erschienen die Reden und Entschließungen
der Synode der EKiD von Espelkamp 1955 zu ihrem
Hauptthema: Die Kirche und die Welt der Arbeit, herausgegeben
mit Zustimmung der Synode von Klaus von Bismarck und
mit einem Geleitwort von Bischof D. Dibelius versehen1. Das
vorliegende Buch enthält die vier Hauptreferate der Synode, nämlich
Bischof D. Dr. Lilje: Die geistesgeschichtlichen Hintergründe
für die Welt der Arbeit, Dr. Eberhard Müller: Der Strukturwandel
des menschlichen Lebens, Henry L i 11 i c h: Stellung und
Aufgabe des evangelischen Arbeiters im Betrieb und in der Gesellschaft
, Horst S y m a n o w s k i: Der kirchenfremde Mensch
in der Welt der industriellen Arbeit. Den vier Vorträgen ist die
Entschließung der Synode zum Hauptthema hinzugefügt. In sieben
Anlagen, die den Gliedkirchen zur Kenntnis und Praktizierung
zugeleitet wurden, werden zum Thema eine große Anzahl
praktischer Vorschläge geboten.
') Die Kirche und die Welt der industriellen
Arbeit. Reden u. Entschließungen d. Synode d. Evang. Kirche in
Deutschland. Espelkamp 1955. Hrsg. mit Zustimmung der Synode v.
Klaus v. Bismarck. — Witten: Luther-Verl. [1955]. 79 S. 8°. DM 1.50.
Es kann nicht Aufgabe dieses Berichtes sein, die Fülle der
Fragen und Gesichtspunkte auszubreiten, die zu dem Thema hier
geboten werden. Es fällt zunächst auf, daß sämtliche Referenten
den westlichen Gliedkirchen angehören. Sind gewiß auch eine
Reihe von Erscheinungen und Problemen im Osten und Westen
die gleichen, so werden dem Berichterstatter aus einer östlichen
Gliedkirche naturgemäß gerade in der Beurteilung der praktischen
Vorschläge Grenzen gesetzt sein. Freilich wird an einem so
entscheidenden Punkt der kirchlichen Aufgaben auch deutlich werden
, daß die Kirche im Osten und Westen ein Leib mit gemeinsamem
Kreislauf und Pulsschlag ist.
I. Der Ausgangspunkt der Untersuchungen zu dem Thema
ist der Strukturwandel des Lebens heute, wie ihn die moderne
industrielle Arbeit mit sich gebracht hat. Man wird sich bei einer
Diagnose der modernen Arbeitswelt zunächst ethischer und religiöser
Wertungen enthalten müssen. Es gibt auch eine grundsätzliche
christliche Verdächtigung der Welt und der modernen Entwicklung
, die notwendig an der Sache vorbeireden muß. Sie sieht
am Rande vielleicht nur noch die schreckliche Möglichkeit einer