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Ausgabe:

1955

Titel/Untertitel:

Philosophie und Religionsphilosophie

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Begründet von Emil Schürer und Adolf von Harnack
Unter Mitwirkung von Professor D. Ernst Sommerlath, Leipzig
HERAUSGEGEBEN VON PROFESSOR D.KURT ALAND, HALLE »BERLIN

NUMMER 9

Spalte

Vom geschichtlichen Denken
in der Theologie. Von w. Triiihaas . 513

Zar johanneischen Tradition.

Von R. Bultmann.........521

Um Herkunft und Frühgeschichte des

Christentums. Von S. Morenz .... 525

Barth, K.: La Priere d'apres les catechismes
de la Reformation (M. Albertz).....545

8enz, E., s. Origenes Werke......539

Björkhem, J.: Die verborgene Kraft
(F. Melzer) ............560

Bogler, Th.: Erneuerung der Liturgie
(J. Beckmann)...........550

Boyce, M.: The Manichaean Hymn-Cycles in
Parthian (C. Colpe).........531

Bring, R.: Das Verhältnis von Glauben und
Werken in der lutherischen Theologie
(W. v. Loewenich)..........542

Custance, J.: Weisheit und Wahn (O. Holtz) 559

Dold, A.: Das Sakramentar im Schabcodex M
12 Sup. der Bibliotheca Ambrosiana
(L. C. Mohlberg)..........553

Doornkaat, H. ten: Die ökumenischen Arbeiten
zur sozialen Frage (H.-D. Wendland) 555

ACHTZIGSTER JAHRGANG

Spalte

Früchtel, L., s. Origenes Werke .... 539

Olasenapp, H.v.: Die Religionen der Menschheit
(Q. Mensching).........534

Hamann, R.: Oeschichte der Kunst. I.
(H. Ladendorf)...........546

Jahrbuch, Liturgisches IV, 1 (L.Fendt) . 551

Klostermann, E., s. Origenes Werke . . 539

Müller-Eckhard, H.: Die Krankheit, nicht
krank sein zu können. (R. Siebeck) . . . 558

Nilsson, M.: Religion as Man's Protest against
theMeaninglessness of Events(Q. Mensching) 534

Noack, B.: Zur Johanneischen Tradition
(R. Bultmann)...........521

Onasch, K.: König des Alls (L.Müller) . . 549

O r igen es Werke XII: Origenes Matthäuserklärung
. III. Fragmente und Indices.
1. u. 2. Hälfte. Hrsg. E. Klostermann, E. Benz,
L. Früchtel (W. Bauer)........539

Pf ah ler, O.: Der Mensch und sein Lebenswerkzeug
(O. Holte).........556

Rabbow, P.: Seelenführung (J. Leipoldt) . . 540

Repo, E.: Der Begriff „Rhema" im Biblisch-
Griechischen. II. „Rhema'* im Neuen Testament
(A. Debrunner).........536

SEPTEMBER 1955

Spalte

Richter, F.: Martin Luther und Ignatius von
Loyola (F. Lau)...........544

Schneider, C: Geistesgeschichte des antiken
Christentums I. u. II. (S. Morenz) .... 525

Wasse, O.: Die Werke und Einrichtungen der

evangelischen Kirche (R. Frick).....561

Wyder, H.: Die Heidenpredigt (F.Melzer) . 563

Von Personen:

Dem Gedenken Werner Elerts (W. Künneth) 563

Bibliographie Werner Eiert...... 567

Siegfried Knak in memoriam (H. Kruska) . 569

Bibliographie Siegfried Knak (M. Bauer) . . 571

Berichte und Mitteilungen:

Die Christliche Theologische Akademie in
Warschau (H. Kruska)........571

Neue Bücher ...........573

Wichtige Mitteilung für die Leser in der
Bundesrepublik..........575

Vom geschichtlichen Denken in der Theologie

Von Wolfgang Triiihaas, Göttingen

Hermann Dörries zum 60. Geburtstag

Das, was wir „moderne Theologie" nennen, beginnt mit
dem Eintritt geschichtlicher Fragestellungen in die Theologie.
Alle Sachfragen der Theologie, alle Glaubensfragen beginnen im
Gewände geschichtlicher Probleme aufzutreten. Die Dogmatik
versteht Kosmologie und Anthropologie, d. h. die Lehre vom
Urständ und vom Sündenfall als geschichtliche Anfänge. Die
Eschatologie wird zum Ende der Geschichte in geschichtlicher
Form. Dazwischen erstreckt sich die Heilsgeschichte: der Zeit der
Vorbereitung und Weissagung folgt die Zeit der Erfüllung und
dann die Zeit der Kirche. Dieses geschichtliche Schema kann natürlich
verschieden profiliert werden. Im Cocceianismus gewinnt
die Heilsgeschichte die Form einer Abfolge von Bundesschlüssen,
von foedera, wobei ein Bundesschluß den nächsten nicht nur überbietet
, sondern auch unter Umständen außer Kraft zu setzen vermag
. In den Anfängen der geschichtlichen Umformung der christlichen
Lehrüberlieferung offenbart sich das Bewußtsein einer besonderen
Stärke: man beruft sich darauf, in dieser Form die biblische
Geschichtsüberlieferung selbst nachzuzeichnen. Das Bewußtsein
dieses Vorzuges wird verstärkt, wenn die Dogmatik solchermaßen
mit der Exegese Hand in Hand geht, und vollends dadurch,
daß sich das System zu einem harmonischen Organismus abrundet
, wenn sich Weissagung und Erfüllung, Typus und Gegentypus
entsprechen, wo der erste Geschichtsanfang in Adam in Analogie
zum zweiten Geschichtsanfang in Christus steht, die erste Erfüllung
der Weissagung auf eine zweite und endgültige hinweist
und sich um „Christus als Mittelpunkt der Geschichte" die Heilsgeschichte
als engerer Ring, die Weltgeschichte als weiterer Kreis
konzentrisch lagert.

Man könnte, von allen Einzelheiten der Problematik dieses
heilsgeschichtlichen Entwurfs einmal abgesehen, fragen, ob diese
Art, theologische Lehrsätze „geschichtlich" zu verstehen, nicht

selbstverständlich ist. Jesus Christus hat einen geschichtlichen
Ort, seine Geburt, sein Leiden, Sterben und Auferstehen, das
alles weist doch auf geschichtliche Daten, die Entstehung der Gemeinde
an Pfingsten und die Ausbreitung der Kirche drängen auf
eine geschichtliche Form des Aufrisses auch der Theologie. Die
Ansicht von der Selbstverständlichkeit dieser geschichtlichen Fassung
dogmatischer Lehrsätze ist aber irrig. Sie ist es aus drei
Gründen.

f. Jedes Geschichtsbild ist das Ergebnis einer spekulativen
Reflexion. Jedes Geschichtsbild bringt die bekannten Daten des
Gewesenen in eine gedachte Ordnung. Es bedarf keiner großen
Bemühung, um von den Anfängen der heilsgeschichtlichen Theologie
an die systematisierenden Zutaten festzustellen, die gleichsam
zu dem Rohstoff der biblischen Texte hinzutreten, ihn ordnen
und glätten, ihm Typen und Analogien abgewinnen und
schließlich das Ganze zu einem grandiosen System zusammenkomponieren
. Das alles liegt aber so jedenfalls im Material der Texte
nicht darin.

Und es kommt etwas anderes hinzu. Jedes Gesamtbild, auch
das „biblische", setzt nicht nur eine Abstraktion voraus, sondern
es versetzt uns auch in eine betrachtende Distanz. Auch im heilsgeschichtlichen
Aufriß der Dogmatik kann man gleichsam seinen
eigenen Standort einzeichnen wie auf einer Landkarte, im Unterschied
von anderen Orten, an denen man sich nicht befindet1. Und

*) Alles „heilsgeschichtliche" Denken, so biblisch es sich gibt,
greift über die Schriftauslegung hinaus zu einer Deutung der Kirchengeschichte
. Ganz gleich, welches biblische Einteilungsschema verwendet
wird, das der Schöpfungstage oder der Danielischen Weltmonarchictt,
das trinitarische oder das binitarische nach den beiden Testamenten,
immer ist die eigene Stationsbestimmung ein wesentlicher Gesichtspunkt
und ein unaufhebbares Ferment der Subjektivität. Vgl. auch E.Wolf:

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