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Ausgabe:

1955 Nr. 1

Spalte:

28

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Eichrodt, Walther

Titel/Untertitel:

Israel in der Weissagung des Alten Testaments 1955

Rezensent:

Galling, Kurt

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Seite 1

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Theologische Literaturzeitung 1955 Nr. 1

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Anteil von P streicht er jetzt ganz. Dem planvoll angelegten deu-
teronomistischen Josuabuch läßt er in einer sekundären deutero-
nomistisdhen Bearbeitung 13,1—21,42 und 24,1—33 angefügt
sein. Die beiden Buchhälften haben ganz getrennte Vorgeschichte.
Die Landnahmeerzählung (c. 1—12), eine Reihe ätiologischer Einzelsagen
und zwei Kriegserzählungen, stammt aus benjaminiti-
scher Tradition, am Gilgalheiligtum entstanden und gepflegt, ist
aber ausgeweitet zu einer Darstellung gesamtisraelitischer Ereignisse
in Zusammenhang mit der Rolle des Heiligtums und seines
Jahresfestes. Für 13, 1—24,42 gilt das frühere Urteil; c. 24 ist
vordeuteronomistische Sondertradition. Literarische Beziehungen
zum Pentateuch und dessen Quellenschriften werden nicht mehr
anerkannt.

Im Kommentar selber ist der frühere Charakter beibehalten.
Doch ist neuere Literatur eingearbeitet, gelegentlich, wie z. B.
S. 131 in der Frage der Levitenstädte (c. 21) gegenüber Albright
oder S. 15 hinsichtlich der Quellen von c. 13—19 gegenüber Mo-
winckel, kurz dazu Stellung genommen. Auch hat immer erneute
Beschäftigung mit den einzelnen Fragen mitunter zu einer leisen
Modifikation des früheren Urteils geführt; so ist die Rolle der
Lade beim Jordanübergang jetzt etwas positiver (S. 3 3), die Möglichkeit
, die Lage des Gilgal zu bestimmen, zurückhaltender beurteilt
(S. 25); und wenn es früher zu c. 24 hieß, Josua habe bei
der Begründung des Zwölfstämmeverbandes „wahrscheinlich"
eine entscheidende Rolle gespielt, so ist jetzt daraus ein „möglich
" geworden. Lücken in der Heranziehung der Literatur scheinen
nicht vorzuliegen. Die Ergebnisse der letzten Grabungen in
Jericho durch Miss K. Kenyon 1952 und 1953 (vgl. die „Illustra-
ted London News" vom 3. und 17. Oktober 1953) standen für
S. 21 noch nicht zur Verfügung.

Die Bedeutung des Kommentars auch in seiner neuen Gestalt
ist mit dem Gesagten gegeben; zu einer Stellungnahme im einzelnen
ist hier nicht der Ort.

Basel W. Baumgartner

Hertzberg, Hans Wilhelm: Die Bücher Josua, Richter, Ruth.
Obers, u. erkl. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1953. 283 S.
gr. 8° = Das Alte Testament Deutsch. Neues Göttineer Bibelwerk,
hrsg. v. V. Herntrich u. A.Weiser, Teilbd. 9. DM 9.40; Lw. 11.40.

Die Übersetzung und Erklärung der Bücher Josua, Richter
und Ruth auf 28 3 Seiten zu bewältigen, ist eine schwierige Aufgabe
, heute insbesondere für Josua und Richter noch sehr viel
schwieriger in vielem Betracht als vor ein paar Jahrzehnten. Das
gilt auch dann, wenn man bedenkt, daß das „Alte Testament
Deutsch" grundsätzlich für weitere Kreise bestimmt ist und daß
deshalb vieles, was in einem zünftigen Kommentar nicht fehlen
darf, weder erwartet noch dargeboten werden kann. Aber es hat
nun auch seinen besonderen Reiz für den Bearbeiter, daß er auch
unter der Voraussetzung dieses Verzichtes den Benutzern des
Buches das zu bieten vermag, was ihnen einen vollen Eindruck
von der vielfältigen Problematik der Bücher und dem dennoch
Erreichbaren und Wesentlichen zu gewähren geeignet ist und
dann auch den Verfasser selbst befriedigt, dem dies nur von jener
vollständigen Beherrschung des Stoffes aus möglich ist, die zu
einem zünftigen Kommentar nötig ist. Man muß sagen, daß in
alledem Hertzberg eine besonders glückliche Hand hat. Es handelt
sich ja auf der einen Seite um die philologische Interpretation
der Texte, um die heute in Neubau begriffenen literaranalytischen
Fragen, um die überlieferungsgeschichtliche Durchdringung der
Stoffe, um die archäologischen, historischen, topographischen,
kultgeschichtlichen und theologischen Probleme in ihrer Vielfalt
wie in ihren Einzelheiten, auf der andern Seite aber auch um die
Erfassung der das Ganze zusammenhaltenden und überwölbenden
theologischen Aussagen des oder der Verfasser der uns vorliegenden
Bücher, deren Arbeit wir diese verdanken. Gerade dieses
letztere ist ja doch das, worauf es bei diesen biblischen
Büchern in ihrer Substanz für sich und im Zusammenhang des
großen „Geschichtswerkes" ankommt. Hertzberg geht es darum,
eben dies ganz zur Geltung zu bringen, ohne all jenes andere
zu vernachlässigen oder zu verbiegen. Dieser Eindruck hat t&
mir bei wiederholter Lektüre bestätigt und vertieft. Es wäre bei
der Fülle der Probleme leicht, Einzelheiten herauszugreifen, wo
der Referent anderer Ansicht ist, aber es ist nicht so, daß sie das
Gesamturteil in Frage stellen würden.

Daß beide, Josua und Richter, dem gleichen Bearbeiter gegeben
worden sind, erweist sich als günstig, und auch, daß dazu
noch Ruth gestellt ist, hat manches für sich. Das Büchlein, so
wenig es literaranalytische Schwierigkeiten bietet, enthält eine
Menge Probleme, über die große Verschiedenheit der Meinungen
besteht. Mehrere Lösungen von Fragen scheinen sich als von
Aussagen des Buches ausgehend zu empfehlen, werden aber bei
näherem Zusehen problematisch. Der Referent hat gegen diejenigen
, für die sich Hertzberg entscheidet, mehrfache Bedenken
anzumelden und vermag sich, auch trotz Rudolphs sehr bemerkenswerten
Kommentars, zur Annahme einer Entstehung des
Buches jedenfalls in der vorliegenden Form in anderer als früh
nachexilisdier Zeit nicht zu entschließen.

Münster (Westf.) Johannes H e r r m an n

Eichrodt, Walther, Prof. D.: Israel In der Weissagung des Alten
Testaments. Ein Vortrag. Zürich: Gotthelf-Verlag [1951]. 50 S. 8°.
kart. sfr. 2.70.

Schrenk, Gottlob, Prof. D.: Die Weissagung über Israel im Neuen
Testament. Zürich: Gotthelf-Verlag [1951]. (Auslieferung f. Deutschland
: Anker-Verl., Frankfurt/M) 75 S. 8°. sfr. 4.—.

Die beiden thematisch mittelbar auf einander bezogenen
Schriften sind vom christlichen Glauben her an der Judenfragc
orientiert. Die Skizze Eichrodts, die das ebenso ausgedehnte wie
komplexe Thema der Unabgeschlossenheit des AT anvisiert, geht
von der Frage aus, was es um den Erwählungsanspruch der „Synagoge
" als dem „schattenhaften Doppelgänger" der Kirche sei.
Ja, dieser Aspekt bestimmt im ganzen und im einzelnen die Darlegungen
des Verfs.. Eichrodt versteht den Terminus „Weissagung
" im allgemeineren Sinne (wogegen sich neuerdings Fr.
Baumgärtel gewendet hat): im Grunde sei das AT als Ganzes
Weissagung, es dränge einer Vollendung entgegen, eine Vollendung
, die im Gottesreich in Christus gegeben sei. „Nur wer
in Christus seinen persönlichen Heiland und Messias ergriffen hat
und sich von ihm in das Geheimnis der göttlichen Offenbarung
einführen läßt, der vermag das eigentliche Anliegen und den zentralen
Inhalt der biblischen Weissagung zu erkennen" (S. 16).
In neuem Ansatz wird sozusagen inneralttestamentlich dargetan,
daß in der Geschichte Israels bis zur Makkabäerzeit im unentschiedenen
Nebeneinander von Sakralbund, politisch verstandenem
Gottesvolk und hierarchisch geordneter Gemeinde das
Unabgeschlossene erkennbar sei, „das einer autoritativen Lösung
wartete". Eichrodt sieht diese Lösung in Jesus Christus als dem
messianischen König, wobei er durchaus mit Recht betont, daß
das nicht in einer mathematischen Beweisführung dargetan werden
könne, sondern die Glaubensentscheidung zur Voraussetzung
habe.

Die am Neuen Testament orientierte Studie von Schrenk
will die Frage beantworten, wie Jesus, die Synoptiker. Johannes,
die Apostelgeschichte, Paulus (l. Thess. 2 und Rom. 9 ff.) und die
Apokalypse über Israel gedacht und gesprochen haben. Ausführlich
spricht der Verf. über das Millenium in Apk. 20 und seine
jüdischen Voraussetzungen. „Die Urchristenheit sah die Hoffnung
auf eine Bekehrung Israels zu Jesus Christus schon in Jesu
Wort vorgezeichnet (Mt. 23; Lc. 13). Zur universalen Endgemeinde
, die nicht mit der Idee einer Fortexistenz des israel. Volkes
verbunden ist, gehört auch das sich bekehrende Israel."

Obwohl bei dem knappen Raum naturgemäß beide Studien
mancherlei exegetische und systematische Fragen offen lassen,
mag man in ihnen den Aufruf verstehen, daß die christliche Kirche
, der das AT vom Neuen Testament her als „heilige Schrift"
vorgegeben ist, die Tatsache, daß es bis auf diesen Tag ein am
AT als alleiniger Schrift orientiertes Judentum gibt, ernsthaft zu
durchdenken, und zugleich die Verheißung zu bezeugen hat,
von der sie lebt.

Mainz Kurt Galling

NEUES TESTAMENT

Taylor, Vincent: The Names of Jesus. London: Macmillan Sc Co.
1953. 179 S. 12s 6d.

In diesem Buch stehen die im NT auf Jesus angewendeten
Titel oder Namensgebungen zur Sprache. Der Verfasser zählt de-