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1955 Nr. 6

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Kirchengeschichte: Reformationszeit

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Neuerscheinungen

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Theologische Literaturzeitung 1955 Nr. 6

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kam zum Vorschein unter dem Nachlaß eines polnischen Studenten
im 16. Jahrhundert, der in Tübingen ermordet wurde. Das
Manuskript enthält ein Vorwort von Alphonsus Lyncurius Tarra-
conensis. Dieses Pseudonym war lange bekannt als das eines
Mannes, der kurz nach dem Tode von Servetus eine Apologie für
ihn schrieb, doch wurde die Identität nie aufgedeckt. Nun aber
erfahren wir, daß, als das Manuskript und das Vorwort in Tütingen
an das Licht kamen, das Pseudonym unverzüglich von
Vcrgerio seinem Landsmann Celio Secondo Curione zugeschrieben
Wurde. Das Vorwort sagt aus, daß Servetus ihm gegen dreißig
Abhandlungen anvertraute, deren Titel angegeben sind. Das nun
gefundene Manuskript war eins von diesen. Glücklicherweise
wurde es damals nicht beschlagnahmt, sondern konnte in die
Hände eines anderen polnischen Studenten übergehen, unter dessen
Habseligkeiten Professor Kot es in Stuttgart aufstöberte.
Dieser bemerkenswerte Fund erklärt überdies, wie der Pariser
Entwurf der Restitutio, eine frühere Fassung der gedruckten
Ausgabe, in die Hände des Horatius Curio, des Sohnes dieses
Celio, kommen konnte.

Die anderen Teile von Kots Artikel halten Pierre de Go-
niandz für den ersten Apostel der Ideen von Servetus in Polen
und besprechen überdies seine Beziehung zu Blandrata, Jaques
Palcologus und zu den Polnischen Brüdern.

Jean Jacquot bespricht die Haltung der A f f a i r e
S c r v e t gegenüber in den Erörterungen zur Zeit der Aufhebung
des Edikts von Nantes. Jurieu und Bayle taten ihr Bestes, Calvin
nicht zu hart anzufassen, doch bestätigten andere Protestanten
ohne irgendwelchen Vorbehalt die Kritik von Castellio.

F. Rüde druckt Dokumente, die zeigen, daß Servetus während
seines Aufenthaltes in Vienne die französische Staatsbürgerschaft
erhielt. Diese Dokumente zeigen überdies, daß Servetus
eine Zeitlang im erzbischöflichen Palast durch die Gönnerschaft
des Erzbischofes Pierre Palmicr lebte.

H. de la Fontaine Verwey untersucht die Frage
nach dem anonymen Übersetzer der Contra Libellum
C a 1 v i n i in das Holländische. Es werden überzeugende Gründe
angeführt, daß er mit Reinier Teile identisch sei, von dem ein
interessanter Bericht gegeben wird.

J. Lindeboom macht den scharfsinnigen Versuch einer
Höherbewertung der Bedeutung Castellios in der Geistes- und
Frciheitsgeschichtc. Erasmus wird als biblischer, Castellio als
rationalistischer Humanist beschrieben. Er könnte ebenso ethischer
Humanist genannt werden. Sein Rationalismus und Relativismus
liefen Gefahr, das wahrhaftige Konzept der Wahrheit zu
zerstören. Seine Stärke lag in seiner tiefen Humanität. Es ist
leichter, die Fortsetzung seiner Ideen aufzuzeigen, als den direkten
Einfluß seiner Schriften.

Helena W. F. Sellwag unternimmt eine interessante
Studie von Castellios Dialogi Sacri, indem sie sie mit den
Pädagogischen humanistischen Handbüchern vergleicht. Es ist kennzeichnend
für Castellios Dialoge, daß ihr Inhalt vollkommen
biblisch ist. Sie haben keine geringere Gewandtheit in Stil und
Entwicklung aufzuweisen.

Die Studie über Castellios französische Bibel von J. van
Andel zeigt nach einem Vergleich mit der Genfer Bibel von
1 5 5 3 nach einer tiefgründigen Prüfung, daß Castellios Fassung
nicht den Eindruck einer Übersetzung macht, sondern den einer
unabhängigen französischen Komposition.

Heinz Liebin g, der über Castellios Theorie der biblischen
Interpretation schreibt, entdeckt, daß der Geist das Mittel
der Interpretation zu sein hatte, welcher auf der formalen Seite
mit der Vernunft, auf der inhaltlichen jedoch mit Moralität gleichzustellen
sei. In der Bibel ist das für wahr zu halten, was mit
sich selbst und der Welt der Natur übereinstimmt und schöpferisch
für die Güte unter den Menschen wirkt.

V. L. S a u 1 n i e r veröffentlicht einen Teil der Grabrede von
Jean Rouxel, in dem ausgesagt wird, daß er an der Übersetzung
der Sibyllinischen Orakel mit Castellio zusammenarbeitete
. Viele interessante Einzelheiten über Castellios Gewohnheiten
sind darin eingeschlossen. Die aus den Zitaten der Grabrede
erwachsenden chronologischen Probleme werden sorgfältig
erörtert.

Delio Cantimori studiert Castellios Vorworte und
Anhänge zu den seinen Ausgaben der Theologia Germanica
und der Imitatio Christi, in denen die Selbstverleugnung
Christi und die Not, die seine Nachfolger zu erdulden
haben, nachdrücklich betont werden.

ElisabethFeist Hirsch, die im Jahre 1937 zum
ersten Male den Text von Castellios De arte dubitandi
veröffentlichte, schätzt hier ihre Bedeutung für die religiöse Freiheit
ein. Sie findet die Kernpunkte in der Erklärung der Willensfreiheit
und in der Behauptung der Autonomie der Vernunft, die
eine Unterscheidung möglich macht zwischen dem, was man in
Sachen der Religion wissen und nicht wissen kann.

Zusammft mit einer kurzen Einleitung druckt S. v a n der
W o u d e die gesamten Abschnitte, die in Castellios D e f e n s i o
suarum translationum zensuriert wurden.

Bruno Becker hatte das besondere Glück, ein „corpus"
von Handschriften aus der Feder Castellios zu entdecken, die durch
J. Wetstcin von Holland nach der Schweiz übermittelt wurden.
Der Anti-Bellius wartet noch auf seine Veröffentlichung.
Als einen Anhang zu diesem Artikel gibt Becker Verteidigungsfragmente
von Castellio, erhalten bei Wetstein, wieder, ebenso
drei Briefe an Castellio, Teile der Disputati o, zusammengefaßt
, doch nicht gedruckt von Buisson, und Teile einer französischen
Übersetzung des David Joris, möglicherweise das Werk
von Castellio.

Alles in allem enthält dieses Buch eine bemerkenswerte
Fülle an neuem Material für das Studium von Servetus und
Castellio.

New Haven/Conn. _ Roland W. Bainton

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