Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1955 Nr. 6

Spalte:

340-342

Kategorie:

Bibelwissenschaft

Autor/Hrsg.:

Böhlig, Alexander

Titel/Untertitel:

Die griechischen Lehnwörter im sahidischen und bohairischen Neuen Testament 1955

Rezensent:

Garitte, Gérard

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2

Download Scan:

PDF

339

Theologische Literaturzeitung 1955 Nr. 6

340

gehend von 'A gehandhabten Regel zuzuschreiben (S. 29 f.). Ebenso
entspricht die Wiedergabe von J"lM („geschlagen") durdi ä(pt]fisvoy
der mechanischen Praxis des 'A (S. 38 f.), so daß die Vorstellung vom
„aussätzigen Messias" für 'A nicht vorausgesetzt werden darf. Zur Beantwortung
der Frage nach der Auffassung, die 'A vom leidenden
Knecht gehabt hat, sind nun die Stellen von größter Bedeutung, an denen
'A von seinen Regeln oder von einer wortwörtlichen Wiedergabe
des hebr. Textes abweidit. Der Verf. meint, aus ihnen schließen zu
können, daß 'A unter dem Knecht eine in der Zukunft auftretende Gestalt
versteht (S. 34 f.). Wenn dann 'A ßeßr)Xa>iisvoe („entweiht") für
ferro („verwundet", „getötet") setzt (53, 5), so ergibt sich für Hegermann
daraus, daß 'A hier eine Deutung auf das Messiasleiden vornimmt,
weil sich dasselbe Verständnis auch Test. Benj. 3, 8 finde (S. 40). Doch
bleibt der Verf. den Beweis dafür schuldig, daß diese Stelle aus den
Zwölfertestamenten zu Recht als messianisch in Anspruch genommen
werden darf. Wenn Jakob hier im Segen über Joseph sagt, in ihm werde
die Weissagung erfüllt werden, „daß der Unschuldige für Gottlose befleckt
werden soll und daß der Sündlose für Sünder sterben soll" (armenische
Version), so liegt darin nur ein schwacher Anklang an Jes. 53
vor. Aber keinesfalls darf dieser Beleg einfach der späteren Vorstellung
vom Messias ben Joseph zugerechnet werden, da diese nirgendwo auf
ältere Traditionen zurückgeführt wird und „lediglich als ein Gebilde jüdischer
Schriftgelehrsamkeit anzusehen" ist (Billerbeck II, S. 294). Test.
Benj. 3, 8 wird vielmehr Joseph als ein leidender Gerechter bezeichnet,
nicht als Vorbild des Messias. Diese Parallele darf somit nicht herangezogen
werden. Läßt sich dann aber „mit ziemlicher Sicherheit erkennen
, daß 'A den Knecht von Jes. 53 als den Messias verstand" (S. 112)?

Theodotion wollte den Text der LXX nach dem hebr. Text korrigieren
und ist seinerseits mehrfach von 'A abhängig. Er strebt eine
wortgetreue Übersetzung an und ist wahrscheinlich dabei von einer
antichristlichen Polemik mitbestimmt (S. 51). Ist nun aber die Wahl
der Bedeutung „Säugling" für pJ'P statt „Sproß", „Zweig" als ein
Anzeichen messianischen Verständnisses zu bewerten (S. 46)? Kennt
k) den Gedanken von dem fürbittenden Eintreten des Messias (S. 48)?
Am ehesten möchte man an ein messianisches Verständnis denken, wenn
ö am Schluß des Liedes sagt, der Knecht werde schonungsloses Gericht
halten. Hegermann vermutet hier wohl mit Recht antichristliche Polemik
(S. 52).

Der Judenchrist Symmachus fertigte eine neue selbständige Übersetzung
an und hat wahrscheinlich in dem Knecht Jesus gesehen (S. 5 3—66).
Da seine Wiedergabe des Kapitels vermutlich durch christliches Verständnis
bestimmt ist, bleibt es überaus sdiwierig, aus dem Text von 2'
auf ihm vorliegende jüdische Deutungstraditionen zurückzuschließen.

Eindeutig messianisch ist Jes. 53 nun im Targum aufgefaßt worden
. Doch in welchem Sinne? Durch künstliche Umdeutungen sind sämtliche
Leidensaussagen nicht mehr auf den Knecht, den Messias bezogen,
sondern auf das Elend Israels oder die Bestrafung der Völker. Nun
liegen der uns überlieferten jungen Fassung des Prophetentargum gewiß
ältere Traditionen voraus, die später überarbeitet und im Falle von
Jes. 53 infolge antichristlicher Polemik überdeckt worden sind. Aber
es ist kaum möglich, diese älteren Deutungstraditionen sicher zu ermitteln
(vgl. S. 122—125 u. ö.). Bei der atomisierenden Deutungsweise
des Targum (S. 118) und der Neigung der Targumexegese zu
Einzelausdeutungen (S. 12 5) kann man nioht folgern, das messianische
Verständnis der gegenwärtigen Fassung des Targum setze notwendig
eine ältere messianische Interpretation auch der Leidensworte voraus.
Die Andeutungen, die der Verf. dafür zu finden meint, sind zu schwach,
um die Beweislast tragen zu können. Abgesehen davon bleibt zu fragen
: In welche Zeit gehören die Tg. Jes. 53 vorausliegenden Traditionen
? Reichen sie mit Sicherheit in das vorchristliche Judentum zurück?
Gegen Ende des 2. Jhdt. n. Chr. ist auch in rabbinischen Belegen der
Gedanke eines leidenden Messias nachweisbar I

Als letzter Zeuge wird die Peschitta befragt. Dabei schließt sich
der Verf. der von P. Kahle geäußerten Vermutung an (The Cairo Ge-
niza, London 1947, S. 184 ff.), daß die Peschitta AT jüdischen Ursprungs
sei. Für diese Vermutung scheint mir vor allem das auf S. 24 beigebrachte
Argument stark ins Gewicht zu fallen, daß im NT die alt-
testamentlichen Zitate nach der Peschitta AT angeführt werden, so daß
man daraus vielleicht auf eine ältere, schon fest eingebürgerte syrische
Übersetzung des AT schließen darf. Doch gilt dieser Schluß ohne weiteres
für die ganze Peschitta in der uns vorliegenden Gestalt? Jüdische
Traditionen sind zweifelsohne bei deren Anfertigung von Einfluß gewesen
. Aber der schlüssige Beweis für den jüdischen Ursprung der Peschitta
als ganzer steht noch aus. Jedenfalls ist diese doch nur in christlicher
Gestalt auf uns gekommen. Daher kann Jes. 53 in der Peschitta
nicht ohne weiteres für das vorchristliche Judentum in Anspruch genommen
werden.

Die Einzeluntersuchung ergibt, daß die Peschitta sich sehr eng an
den hebr. Text anlehnt. Sie deutet den Knecht von Jes. 53 auf eine
Einzelperson, „die in der Zukunft erwartet wird; die leidet, um damit

die Schuld anderer stellvertretend zu sühnen, ... die stirbt und begraben
wird, verurteilt trotz ihrer Schuldlosigkeit, die dann erhöht
wird und im Endgericht Vergebung vermittelt" (S. 127). Hier möchte
man fragen, ob dieses Resultat einfach mit dem Prädikat „messianisch'
belegt werden darf. Wenn ja, muß dann nicht auch der hebr. Text von
Jes. 53 als messianisch bezeichnet werden? Und könnte das zu Recht
behauptet werden? Sind die Unterschiede der Peschitta zum hebr. Text
so erheblich, daß man dem einen messianisches Verständnis zuerkennen
darf, dem anderen nicht?

Der Verfasser ist sich sehr wohl der großen Schwierigkeiten,
die seine Aufgabe ihm bietet, bewußt. Er geht daher auch sehr
behutsam an den Versuch heran, aus den Fragmenten der hexa-
plarischen Überlieferung ein einheitliches Bild zu rekonstruieren.
Sorgfältig wird jeder Beleg abgewogen, oft ein Fragezeichen oder
ein „vielleicht" gesetzt. In der abschließenden Zusammenfassung
durchbricht der Verfasser jedoch die sonst gewahrte vorsichtige
Zurückhaltung und stellt thetisch einige nicht genügend gesicherte
Behauptungen auf: 'A, & und 2 sollen einhellig bezeugen, daß der
Messias leidet und stirbt (S. 130). Es finde sich eine erstaunliche
Nähe zu der Verwendung der Perikope Jes. 53 im NT (S. 130).
Auch die in Tg. Jes. 53 und in der Peschitta zu erkennenden Deutungstraditionen
, die bis 100 v.Chr. (!) zurückreichten, wiesen
auf messianische Deutung von JeS. 53, einschließlich der Leidensaussagen
(S. 131). Wie aber soll nun dieses Ergebnis in das im
Judentum vorherrschende Bild vom Messiaskönig eingeordnet
werden? Es paßt schlechterdings nicht hinein. Zur Erklärung dieses
Widerspruches beruft sich der Verf. auf Gegensätze verschiedener
Schultraditionen (S. 131). Aber wo werden diese greifbar?
Doch schwerlich in Kreisen Johannes des Täufers (S. 132).
Joh. 1, 29 handelt es sich wahrscheinlich um ein altes Wort aus
judenchristlicher Tradition. Aber kann es ohne nähere Begründung
in die Zeit vor der Kreuzigung Jesu hineinversetzt und dem
Täufer unbedenklich zugeschrieben werden? Wie reimen sich dazu
die in den synoptischen Evangelien aufgezeichneten Worte des
Täufers über das Auftreten des Kommenden? Es scheint, daß Hegermann
selbst das Empfinden hat, zu kühn von der These eines
leidenden Messias im vorchristlichen Judentum gesprochen zu
haben, denn er schränkt diese sogleich dadurch wieder erheblich
ein, daß er sagt: „Über den Kreis der Gelehrten drang diese Tradition
nicht hinaus, sie konnte keine Popularität erringen und
wurde auch von den Lehrern nicht wirklich ernst genommen"
(S. 132). Kann man dann aber wirklich noch sagen, das vorchristliche
Judentum habe — wenn auch nur in einigen Kreisen
bzw. in einer Schulrichtung — die Erwartung eines leidenden Messias
nach Jes. 5 3 gekannt? Müßte nicht erneut gefragt werden,
auf Grund welcher Voraussetzungen im Judentum auch die Leidensaussagen
von Jes. 53 messianisch — seit etwa 150 v. Chr. ist
diese Deutung sicher nachweisbar — verstanden worden sind?
Sind dabei nicht vielleicht doch die schweren Erfahrungen der Bar
Kochbazeit von bestimmender Bedeutung geworden? Hegermanns
gelehrte Abhandlung, deren Stärke in den gewissenhaften Einzelanalysen
liegt, gibt somit zu neuen Fragen Anlaß, die der Forschung
als Aufgaben gestellt bleiben.

Mainz/Bonn Eduard Löhs e

B ö h I i g, Alexander: Die griechischen Lehnwörter im sahidisdhen und
bohairischen Neuen Testament. Dazu: Register und Vergleichst ab eilen.

München: Lerche/vorm. Calve, Prag/1954. IX, 427 u. II, 121 S. autogr.
gr. 8° = Studien zur Erforschung des christlichen Ägyptens, H. 2 u. 2a.
DM 30.-.

Dans la preface de son Coptic Dictionary, ter-
mine en 1939, W. E. Crum ecrivait: „The book being a dictionary
of the Coptic language, the countless Greek words, scat-
tered through every class of text, cannot claim inclusion" (p.
VIII). On sait qu'en effet, dans les textes coptes, le vocabu-
laire est, pour un cinquieme environ, fait de mots grecs; ces
„countless Greek words" etant bannis des colonnes du thesau-
rus de Crum (comme des anciens dictionnaires coptes), une im-
portante fraction du vocabulaire de nos textes coptes est tou-
jours ä-dtjoavQiOTOS. Le Prof. L. Th. Lefort a souvent montre
combien cette anomalie est regrettable, non seulement pour la
lexicographie copte elle-meme, mais aussi pour l'etude du
„Spätgriechisch" (Melanges Bidez, Bruxelles, 1934, P-
569—578; Coptic Studies in Honour of W. E.