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Ausgabe:

1955 Nr. 5

Spalte:

304-306

Kategorie:

Interkulturelle Theologie, Missionswissenschaft

Titel/Untertitel:

The Anderson-Smith Report on Theological Education in Southeast Asia 1955

Rezensent:

Meyer, H.

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303 Theologische Literaturzeitung 1955 Nr. 5 304

In der Bearbeitung des Materials werden Schwerpunkte erkennbar,
wie die in Auswahl angeführten Stichwörter dartun möchten:

1. Volkswirtschaft: Agrarpolitik, Arbeit, Auswanderung.
Banken, Bauerntum, Bergbau, Betrieb, Bevölkerungsprobleme, Binnenwanderung
, Bodenrecht, Dorf, Familie, Geld, Genossenschaften, Großstadt
, Handwerk, Kapital, Kredit, Lohn, Landwirtschaft, Rentabilität,
Steuer, Vertrag, Währung, Wirtschaftspolitik, Wohnung.

2. Gesellschaftswissenschaft: Aufstieg - Abstieg -
Auslese, Jugend (reich gegliedert), Kind (unehelich), Kriminalität, Literatur
(sozialkritische), Masse, Mode, Mittelstand, öffentliche Meinungbildung
, Parteien, Schmutz und Schund, soziale Sicherheit, Sozialpsychologie
, Verelendung, Zeitung.

3. Politik: Amerikanismus, Anarchismus, Arbeiterbewegung,
Bevölkerungspolitik, Gewaltenteilung, Ideologie, Imperialismus, Parteien
, Liberalismus, Marxismus, Staatsformen der Gegenwart.

4. Spezielle Gegenwartsprobleme: Frieden und Krieg.
Gleichberechtigung, Glücksspiel (Toto), Grenzmoral, Lastenausgleich,
moralische Aufrüstung, Onkelehen, Vertriebenenprobleme, Wiederaufbau
, Wohnungswirtschaft.

Über die vielen Themen wird stets durch Sachkenner referiert
, oft in sehr ausführlichen Artikeln. Unter den Bearbeitern
begegnen uns Professoren, Verwaltungsdirektoren, Diplomvolkswirte
, Regierungsräte, Staatsanwälte, Industriekaufleute, Akademiedirektoren
, Chefredakteure, Diplompsychologen u. a. Die
Berichterstattung ist immer wissenschaftlich fundiert und geschieht
ohne Vorzensur einer weltanschaulichen, politischen
oder konfessionellen Richtung. Der Gespaltenheit Deutschlands
muß der schmerzliche Tribut gezahlt werden: „Es ist freilich
klar, daß in starkem Maß von westdeutschen Verhältnissen
ausgegangen werden mußte. Solange die Trennung unseres Vaterlandes
besteht, wird das nicht zu vermeiden sein. Aber wir haben
uns redlich bemüht, nach .rechts und links', nach Ost und
West über die Zäune zu sehen."

Nun will das Lexikon mehr als informieren. ,,Es will den
evangelischen Standpunkt zu den verschiedenen Fragen des sozialen
Lebens deutlich machen." Wie geht es dabei vor?

1. Es führt in die Geschichte.

Einige Stichwörter: Abendland, Bauernkrieg, Liberalismus, Proletariat
, Restauration, UdSSR, Unescu. Dazu eine Menge Artikel über
geschichtliche Persönlichkeiten, z. B. Naumann, Rodbertus, Schmoller,
Thünen, Gustav Werner, Wichern.

2. Es müht sich um ethische, dogmatische und philosophische
Wertungen.

Beispiele: Gewissen, Gottebenbildlichkeit, Kasuistik, Liebe, Nachfolge
, Zweireichelehre, Ehe, Eigentum, Gemeinschaft, Gerechtigkeit,
Gesetz und Evangelium, Schuld.

Hier führen die Theologen das Wort, die sich in größeren
und kleineren Artikeln um grundsätzliche evangelische Klarheit
und um Gegenwartsbezogenheit bemühen. Letztere ist bei ihnen
wie bei den Mitarbeitern aus andern Disziplinen und Fakultäten
so betont, daß das Werk ganz der Gegenwart gehört, darum aber
auch der Begegnung mit der wirklichen Welt nicht sehr lange
dienen wird. Aus dem Redaktionsausschuß seien folgende Theologen
namhaft gemacht: Delekat, Greeven, Schrey, Wolf-Göttingen
, Wolf-Bethel.

Durdi die Wahl einer kleinen Type und eines engen Satzes,
welche die gute Lesbarkeit noch erlauben, und durch reichen Ge •
brauch von Abkürzungen gelang die Beschränkung auf einen
Band.

Neben der Anerkennung kann leider die Kritik nicht fehlen
, die sich selbstverständlich hier nicht auf Einzelheiten richten
darf — in ihnen wird der Fachvertreter abweichen, anders akzentuieren
, auch widersprechen dürfen —, sondern auf die Anlage
des Ganzen. Selten ist uns die Problematik des Nachschlagewerkes
so deutlich geworden wie hier:

1. Wegen der Ungewohntheit und Unbekanntheit von
Stichwörtern, z. B. Aufstieg-Abstieg-Auslese, Betriebskern, Grenzmoral
, Neosozialismus, Staatsromane. Man muß zuvor wissen,
daß solche Artikel möglich und zu erwarten sind, d. h. praktisch,
daß man das Buch Seite um Seite geprüft haben muß, bevor man
es als Nachschlagewerk verwenden kann. Der Theologe kennt
nicht alle volkswirtschaftlichen und gesellschaftswissenschaftlichen
Stichwörter, der Politiker nicht die theologischen, also
müssen sie sich erst orientieren wie in einem normalen Buch, bevor
sie es in seiner Eigenart nutzen können. Der Verlegenheit
hätte durch eine beigefügte systematische Übersicht abgeholfen
werden müssen, wie sie vorbildlich die RGG 2. Aufl. zu Beginn
des Registerbandes darbietet.

2. Die Technik der Stich Wortwahl leidet u. E. unter zuviel
Unklarheit und Inkonsequenz. Wer sich über die Berufsausbildung
in der Landwirtschaft informieren will, wird das Stichwort
„Landwirtschaft", nicht „Berufsausbildung" aufsuchen; das Le-
xikon aber verfährt umgekehrt. Dasselbe gilt von „Finanzwesen
der Ev. Kirche", „Gleichberechtigung von Mann und Frau",
„öffentliche Wirtschaft", „politische Predigt" u. a. — Weiter:
Manche Sachbegriffe und ihre Artikel sind unauffindbar; so
„Landarbeiter", in welchem Fall man „Bauerntum und Landarbeiter
" aufschlagen muß; „Staatsromane" steht unter „Literatur
", soziale Krankheiten (Tuberkulose, Geschlechtskrankheiten
Suchtkrankheiten u. a.) unter „Großstadtkrankheiten".

3. Dem wäre keine größere Bedeutung beizumessen, wenn
das Verweisverfahren genügend entwickelt wäre. Das aber ist
nicht der Fall. Wohl findet sich z. B. unter „Kirche" der Hinweis
auf „Finanzwesen", unter „Landwirtschaft" auf „Berufsausbildung
" und „Frauenberufe"; aber es fehlt unter „Sozialismus
" der Hinweis auf „Neosozialismus", unter „Literatur" auf
„öffentliche Meinung", unter „Psychologie" auf „Arbeitspsychologie
" und „Sozialpsychologie", und kein Stichwort „Staatsromane
" verweist auf „Literatur" u. a.

So ist bei der Vorbereitung auf eine zweite Auflage, die
sicher zu erwarten sein wird, eine redaktionelle Generalüberholung
dringend zu fordern, wenn der reiche, gediegene und unentbehrliche
Inhalt des Buches voll genutzt werden soll.

Rostock O. Holtz

MISSIONSWISSENSCHAFT

The Anderson-Smith Report on Theological
Education in Southeast Asia, especially as it relates
to the Training of Chinese for the Christian Ministry. The Report
of a Survey Commission 1951—1952. New York: Board of Foun-
ders, Nanking Theological Seminary [1952]. IV, 98 S. gr. 8°.

Das Theologische Seminar in Nanking (China) wurde gemeinsam
von vier Missionen (zwei der Presbyterianer, eine der Dis-
ciples of Christ und eine der bischöflichen Methodisten) unterhalten
. Als 1950 die Arbeit der amerikanischen Professoren ein
Ende fand und auch jede geldliche Unterstützung des Seminars
durch das Ausland verboten wurde, beschloß der Verwaltungsrat
der Stiftung, durch die das Seminar bisher wesentliche Einkünfte
erhalten hatte, eine beträchtliche Summe für eine Studienreise
der beiden Herren Dr. Anderson und Dr. Smith (beide früher mit
dem Nanking Theological Seminary verbunden) zur Verfügung
zu stellen. Sie sollten die Möglichkeiten und Notwendigkeiten
theologischer Ausbildung von im Ausland lebenden chinesischen
Christen (Gesamtzahl der Auslandschinesen mehr als 21 Millionen
!) erkunden und dabei auch die Probleme solcher Ausbildung
in ganz Südostasien studieren; eine wichtige Aufgabe, die ganz
in der Linie der vom Internationalen Missionsrat als möglicher
Interimslösung angeregten Aktivität der China-Missionen liegt.
Der vorliegende Band faßt das Ergebnis der Studienreise zusammen.

Die beiden Verfasser des Berichtes haben alle Länder mit
starken chinesischen Bevölkerungsteilen (Burma, Thailand, Malaya
, Indonesien, Philippinen, Hongkong, Formosa, Japan und
Hawaii) und das führende Land Südostasiens, Indien, in dem kurzen
Zeitraum von 4 Monaten besucht (S. IV). Der Eindruck, den
sie von dem Status der chinesischen Christen in diesen Ländern
gewonnen haben, wird sorgfältig in 11 Kapiteln registriert und
mit statistischem Material unterbaut (S. 2—8 3). Man kann freilich
die Frage nicht ganz unterdrücken, ob man — auch mit Hilfe
informierter Persönlichkeiten an Ort und Stelle — bei solchen
„fliegenden" Besuchen ein echtes Bild der Lage und ihrer Probleme
gewinnen kann. Ob z. B. der Kali-Tempel in Calcutta und
der „ungebildete rohe" Priester, dem man dort begegnete, wirk-