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Ausgabe: | 1955 Nr. 5 |
Kategorie: | Kirchengeschichte: Mittelalter |
Titel/Untertitel: | Neuerscheinungen |
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Theologische Literaturzeitung 1955 Nr. 5
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Walthariusepos gegen diese genau abzugrenzen. — Abgesehen von der
Ursprungsfrage ist die Panzersdie Arbeit wertvoll durch den Nachweis
v°n Statius- und Ovidparallelen, die manche Merkwürdigkeit des Epos
erklären (so ist z. B. das Wiederanfügen der abgeschlagenen Köpfe
'v- 115S), in das viel hincingeheimnist worden ist, eine Reminiszenz an
Statius Thebais 3, 132). Die nach Panzer gefundenen Statius-Zitate findet
man vollständig bei O. Schumann, Studien zur deutschen Philologie
des Mittelalters, F.Panzer dargebracht, 1950, 12 ff. —
Eine Bemerkung zu dem vielverhandelten Vers 1059: His dictis
'orquem collo circumdedit aureum. Liest man die zwei vorangehenden
Verse mit, so kann 1059 nicht mißverstanden werden. Waltharius ruft
seinem Gegner, bevor er ihm das Haupt abschlägt, zu: morere ... et haec
s"b Tartara transfer (1057) Enarrans soeiis, quod tu sis ultus eosdem
(1058). Waltharius will dem Trogus etwas mitgeben, was ihn im Toten-
reich als Rächer seiner Genossen ausweisen soll. Auf diese Verhöhnung
des Todgeweihten wird 1059 gesagt, daß Waltharius dem Trogus diesen
..Rache-Ausweis", eine goldene Siegerkette, um den Hals legte. Das sehr
ironisch gemeinte torques aureus ist eine höhnische Anspielung auf den
Blutstreif des enthaupteten Trogus, den dieser, wie nach abergläubischer
Vorstellung alle Enthaupteten, als Geist um den Hals tragen wird (vgl.
Müller-Bergström. Handwörterbuch des Deutschen Aberglaubens II, 855 ;
es tritt hinzu eine Stelle aus Goethes Faust I, Walpurgisnacht: „Wie
sonderbar muß diesen schönen Hals / ein einzig rotes Schnürchen schmük-
1<en / nicht breiter als ein Messerrücken", sagt Faust von Gretchen).
Leipzig Horst Kusch
Bakhuizen van den Brink, J. N.: Bonifatius, bisschop ea
martelaar.
Nederlands Theologisch Tijdschrift 8, 1954 S. 321—326.
Beu mann, Helmut: Kreuzzugsgedanke und Ostpolitik im hohen Mittelalter
.
Historisches lahrbuch 72, 1953 S. 112—132.
Beumer, Johannes S. J.: Die marianische Deutung des Hohen Liedes
in der Frühscholastik.
Zeitschrift für katholische Theologie 76, 1954 S. 411—139.
Bise hoff, Bernhard: Eine mittelalterliche Ovid-Legende.
Historisches Jahrbuch 71, 1952 S. 268—273.
Blumenkranz, B.: Un pamphlet juif medio-latin de polemique
antichretienne.
Revue d'Histoire et de Philosophie Religieuses 34, 1954 S. 401—413.
B r a d y, Ignatius: Two Sources of the Summa de homine of Saint Albert
the Great.
Recherches de Theologie ancienne et medievale XX, 1953 S. 222—271.
B ü 11 n e r, Heinrich: Aus den Anfängen des abendländischen Staatsgedankens
. Die Königserhebung Pippins.
Historisches Jahrbuch 71, 19 52 S. 77—90.
— Die Statuten des Binger St.-Martin-Stiftes vom Jahre 1160.
Historisches Jahrbuch 72, 1953 S. 162—170.
Cabaniss, Allen: The Personality of Amalarius.
Church HistoryXX, 1951 S. 34—11.
Cary, G. A.: A Note on the Mediaeval History of the Collatio Ale-
xandri cum Dindimo.
Classica et Mediaevalia XV, 1954 S. 124—129.
KIRCHENGESCHICHTE: HEFOBMATIONSZEIT
Luther, Martin: Von der Freiheit eines Christenmenschen. Hrsg.
L. E.Schmitt. 3. Aufl. Tübingen: Niemeyer 19 54. 90 S. 8° =
Neudrucke deutscher Literaturwerke Nr. 18. DM 3.60.
Die Theologen und Germanisten werden es begrüßen, daß
die Neuauflage der Knaakeschen Ausgabe von 1879 jetzt Luthers
Sendbrief an den Papst Leo X. und die große Reformationsschrift
Von der Freiheit eines Christenmenschen in einem schönen lateinisch
-deutschen Paralleldruck bringt, weil ihnen dadurch mancherlei
Möglichkeiten für ihre Übungen, für die sie in erster
Linie gedacht ist, zuwachsen. Die Einleitung folgt in der Aufführung
der ersten Drucke beim Sendbrief der W A, bei der
zweiten Schrift Knaake; sie verzeichnet die wichtigste neuere
Literatur, vor allem die, die das Sprachliche der lateinischen und
deutschen Drucke erschließen hilft. Den deutschen Texten sind
Anmerkungen beigegeben, die bei I der Ausgabe von Gemen,
hei II dazu der von Berger verpflichtet sind. Der lateinische
Text schließt sich dem der WA an, der deutsche sucht
erfreulicherweise „engsten Anschluß an die ältesten Originaldrucke
". Wer sich um die buchstabengetreue Wiedergabe eines
Druckes jener Zeit gemüht hat, weiß, daß das in der Praxis gar
nicht so einfach ist.
Ein Vergleich von II mit dem A-Exemplar der Lutherhalle ergab
eine Reihe kleiner Unstimmigkeiten bei der Scheidung der beiden r
beim n-Strich über Vokalen und bei der Zeichensetzung. Darüber hin
aus sind zu bessern S. 39, 5 alle in allt, 41, 24 geschehn in geschehen
, 45, 8 gebot in geholt, 45, 36 aus in auß, 53, 10 seinen in
seynen, 73,9 vnsers in vnßers, 73,16 nit allem in nii allein,
75, 1 Lucc. in Luce., 75,6 sondern in sondernn, 75,8 ursach in
vrsach, 75, 13 Und in Vnd, 77, 15 platen in platen, 77, 19 gutes
thu in guts thü. In 59, 42 und 65, 32 ist die liegende 7 falsch wiedergegeben
; A hat keine ö und ü; 65,4 ist die Bogenbezeichnung nicht
E, sondern C. Die offensichtlichen Druckfehler des Originaldruckes sind
im Text verbessert und in den Anmerkungen verzeichnet; hinzuzufügen
sind 51 letzte Zeile Junpfrawen und 63, 12 weyheyt (für weyhef).
Zu 59, 9 wird angemerkt, daß rechtertig kein Druckfehler sei, im Text
steht aber gerade rechtfertig (Orig. rechtertig). In der Anmerkung
zu 41 Abschn. 5 muß umgesetzt werden, A hat ampts geholften (wie
im Text steht), ampts willen ist Besserung. In 6 5, Abschnitt 24 (nicht
64, 24) hat A an heben, nicht an haben, wie die Anmerkung angibt.
S. 89 (zu 61, 21) kann man das lutherische Irum wohl nicht mit unserm
fromm wiedergeben.
Halle/Saale Karl Bischoff
H e i n s i u s, Maria: Das unüberwindliche Wort. Frauen der Reformationszeit
. München: Chr. Kaiser 1951. 164 S., 7 Taf. gr. 8°. Hlw.
DM 8.75.
Dies Buch zeichnet Lebensbilder von fünf Frauen aus den
Anfangszeiten der Reformation. Drei von ihnen: Kath. Zell in
Straßburg, Marg. Blarer in Konstanz, Wibrandis Rosenblatt au«
Basel, später ebenfalls in Straßburg, gehören zu dem so eng verbundenen
Freundeskreis der Führer der evangelischen Bewegung
im Oberdeutschen Raum von Konstanz bis Ulm und Augsburg,
mit Straßburg als dem Mittelpunkt; Olympia Morata, die in
Deutschland ihre zweite Heimat findet, gehört zu den vom reformatorischen
Glauben erfaßten italienischen Humanisten am
Hof von Ferrara; Argula Grumbach endlich gehört einem oberfränkischen
Rittergeschlecht an. Sie alle haben im „unüberwindlichen
Wort" Gottes den festen Halt ihres so verschieden verlaufenden
Lebens, Kraft zu unermüdlicher Tätigkeit und zum
Ausharren, Mut zum Zeugnis für ihren Glauben gefunden.
Katharina Schütz, die tief im evangelischen Glauben
wurzelnde, in allen Glaubensdingen gelehrte Gattin des gebannten
Priesters Matthias Zell in Straßburg, opfert Zeit. Kraft,
Vermögen in der Fürsorge für die Kranken, die Sterbenden, die
Gefangenen, die zum Tode Verurteilten, — „mein Mann hat
mich gern der Gemeinde geschenkt" —I Sie sorgt ebenso für
Schüler und Studenten, vor allem aber für die um des evanfeli-
schen Glaubens willen Vertriebenen aus Frankreich. Italien,
Oberösten-eich — „mein Mann befahl mir, armer und verjagter
Leute Mutter zu sein"! Daneben aber greift sie zur Feder, um
in Briefen, Sendschreiben und Bibclauslegungen Traurigen und
Verlassenen den Trost des Evangeliums zu geben, um für das,
was sie als Recht erkannt, einzutreten, um Mißstände zu beseitigen
. Ein Leben immer tätiger Liebe und erbarmender Hingabe
, beständigen Studiums von Gottes Wort, verbunden mit
dem Mut zu öffentlichem Zeugnis für die Wahrheit, so zieht
dies Lebensbild an uns vorüber.
Margarete Blarer, die „Erzdiakonisse der Kirdie
von Konstanz", die „unvergleichliche Zier des Evangeliums",
verzichtet um ihres Dienstes an verlassenen Kindern, Kranken
und Alten willen auf die Ehe. Sie steht zugleich in der humanistischen
Bewegung jener Zeit — mitten in ihrem Liebesdienst
gibt sie sich dem Studium des Lateinischen hin. Durch 10 Jahre
führt sie einen Briefwechsel mit ihrem Freunde Butzer; mit ihm
und ihren Brüdern trägt und durchleidet sie den dogmatischen
und politischen Kampf um die Erneuerung der Kirche. Von dem
ganzen Freundeskreis, der ihren Rat und ihren Trost mündlich
und schriftlich immer wieder sucht, wird sie wegen ihres klaren
Urteils in theologischen Fragen und wegen ihrer unerschöpflichen
Güte hoch geschätzt. Sie ist aber auch aufs innigste verbunden
mit den Familien der Freunde und Verwandten, deren Freude
und Leid sie von Herzen mitträgt. So ist Margarete Blarer am
Anfang der Reformationszeit das leuchtende Vorbild aufopfernder
evangelischer Frauendiakonie in der Kirche. Ihr Leben und