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Ausgabe:

1955 Nr. 5

Spalte:

281-282

Kategorie:

Kirchengeschichte: Mittelalter

Autor/Hrsg.:

Stroick, Clemens

Titel/Untertitel:

Heinrich von Friemar 1955

Rezensent:

Landgraf, August

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Theologische Literaturzeitung 1955 Nr. 5

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doch nicht dazu, die Echtheit der Erzählung als solcher und ihre
Zugehörigkeit zum Kanon zu bestreiten" (S. 88 f.); die wichtigsten
Einwände gegen den 2. Petrusbrief als Werk des Petrus
konnten bisher nicht entkräftet werden, es lasse sich aber auch
nicht beweisen, daß das Tridentinum „eine Glaubensentscheidung
in der Verfasserfrage beabsichtigt" habe, „ihr letztes Wort darüber
hat die Kirche jedenfalls noch nicht gesprochen" (S. 172);
das Comma Johanneum dagegen wird als Glosse anerkannt
(S- 176), da durch eine Entscheidung der päpstlichen Inquisitionskongregation
von 1927 ein solches Urteil zugelassen worden
■st (S. 8*).

Sehr nützlich ist die Beifügung der wichtigsten Quellen zur Kanonsgeschichte
im Urtext im Anhang und die wörtliche Zitierung der widi-
t'gsten Väterzeugnisse in den Anmerkungen. — Ein Versehen dürfte die
Angabe sein, daß die alttestamentlichen Apokryphen im 2. Band von
Kautzschs „Apokryphen und Pseudepigraphen des Alten Testaments"
enthalten seien (S. 8), und daß die Kritik der Reformatoren am Kanon
sich gegen „die katholischen Briefe" (statt „gegen Jakobus und Judas")
gerichtet habe (S. 2 5). — Gelegentlich fehlen auch für einen Grundriß
unentbehrliche Angaben: S. 9: G.F.Moore, Judaism in the First Cen-
furies of the Christian Era I—III, 1927—1930; S. 31: die Fortführung
der neutestamentlichen Handschriftenliste liegt jetzt bei K. Aland (Halle-
Berlin); S. 50: M.Werner. Der Einfluß paulinischer Theologie im
Markusevangelium, 1923; S. 73: Die ersten Vertreter der Zweiquellentheorie
sind C. G. Wilke und C. H. Weisse; S. 108: E. L o h m e y e r,
Briefliche Grußüberschriften, ZNW 1927, 1 58 ff.; S. 173: R.Bult-
m a n n. Die kirchliche Redaktion des 1. Johannesbriefs, In memoriam
F- Lohmeyer, 1951, 189 ff.; S. 179: M. E. B o i s m a r d, „L'Apocalypse"
°u „les Apocalypses" de S. Jean, Revue Biblique 1949, 507 ff.

Marburg/Lahn _ Werner Georg Kümmel

Mehl, Roger: Zur Bedeutung von Kultus und Sakrament im Vierten
Evangelium.

Evangelische Theologie 15, 1955 S. 65—74.
Middleton, Robert G.: The Gospel and the Younger Generation.

Theology Today XI, 1955 S. 468—482.
M o 1 i t o r, Joseph: Das Adysh-Tetraevangelium. Neu übersetzt und

mit altgeorgischen Paralleltexten verglichen.

Oricns Christianus. Hefte für die Kunde des christlichen Orients 37,

1953 S. 30—55; 38, 1954 S. 11—40.

O e p k e, Albrecht: Wie entsteht nach den Schriften des Neuen Testamentes
der Glaube an die Auferstehung Jesu?

Wissenschaftliche Zeitschrift der Karl-Marx-Universität Leipzig, Gesellschafts
-und Sprachwissenschaftliche Reihe 3, 1953/54 S. 109—115.

R i s s i, Mathis: Die Menschlichkeit Jesu nach Hebr. 5, 7—8.
Theologische Zeitschrift 11, 1955 S. 28—45.

Urtaran Diaz, Felix Ortiz de: Esperanza y Caridad en el
Nuevo Testamento.

Scriptorium Victoriense I, 1954 S. 1—50.
V ö ö b u s, Arthur: Das Alter der Peschitta.

Oriens Christianus. Hefte für die Kunde des christlichen Orients 38,

1954 S. 1—10.

Winter, Paul: The Cultural Background of the Narrative in Luke I
and II.

The Jewish Quarterly Review XLV, 195 5 S. 230—242.

— Two Notes on Luke I, II with Regard to the Theory of „Imitation
Hebraisms".

Studia Theologica VII, 2, 1954 S. 158—165.

— Some Observations on the Language in the Birth and Infancy Stories
of the Third Gospel.

New Testament Studics 1, no. 2 S. 111—121.

KIRCHENGESCHICHTE: MITTELALTER

Stroick, Clemens, O.M.I.: Heinrich von Friemar. Leben, Werke,
Philosophisch-Theologische Stellung in der Scholastik. Freiburg:
Herder 19 54. XVI, 286 S. gr. 8° = Freiburger Theol. Studien H. 68.
Kart. DM 15.-.

Kaum hatten im 1 3. Jahrhundert die jungen Orden der Franziskaner
und Dominikaner in raschem Schwung die Theologie
und Philosophie zu einem wohl durch die Frühscholastik bereits
vorbereiteten, aber doch erst durch das Bekanntwerden des
■ •neuen Aristoteles" ermöglichten Höhepunkt geführt, den Bonaventura
und Thomas von Aquin bedeuteten, als auch schon die
anderen Orden sich mit bedeutenden Gelehrten meldeten und in
edlem Wettstreit sich an der Arbeit beteiligten. In dem hier zur
Besprechung stehenden Werk wird nun die dankenswerte Aufgabe
unternommen, Licht in die Biographie und in die Kenntnis
vom wissenschaftlichen Wirken eines Augustinereremiten, des
wahrscheinlich um 1245 geborenen Henricus von Friemar (bei
Gotha), zu bringen. Er hat seine Studien in Bologna gemacht, war
1290 Provinzial der deutschen Provinz und wurde 1305 Magister
der Theologie in Paris, in einer Zeit also, in der auch Scotus dort
wirkte. Sicher seit 1315 war er wieder in Deutschland und entfaltete
in Erfurt eine glänzende Tätigkeit als Lehrer, Prediger und
aszetischer Schriftsteller. Hier ist er auch am 18. Oktober 1340
gestorben. Gerühmt werden an seiner Person die Demut, der Gebetseifer
und die Nächstenliebe. Die Klärung war nicht immer
ganz einfach, weil sich im Orden der Augustinereremiten noch
andere Mitglieder mit dem Namen Heinrich von Friemar befanden.

Sehr wertvoll ist die vom Verfasser des zur Besprechung stehenden
Werkes vorgenommene Zusammenstellung der gedruckten
Werke des Henricus, die unter sorgfältiger Heranziehung der
Handschriften geschieht, wobei auch die zweifelhaften und unechten
Werke aufgeführt werden. Unter den echten Werken ragt
hervor ein Quodlibet aus der Pariser Lehrtätigkeit und ein Kommentar
zur Ethik des Aristoteles. Mit guten Gründen lehnt Vf.
ab. daß unserm Heinrich der in vielen Handschriften einem Heinrich
von Friemar zugeteilte Kommentar zum 4. Sentenzenbuch
gehöre.

Sehr zu begrüßen ist es sodann auch, daß an der Hand des
Ethikkommentars und des Quodlibets der Standpunkt des Henricus
zu den wichtigsten philosophischen und theologischen Fragen
umschrieben und mit demjenigen anderer zumeist zeitgenössischer
Gelehrter verglichen wird. Er ist von Jakob von Viterbo
beeinflußt, reiht sich in die frühe thomistische Schule ein und
stellt sich dementsprechend in Gegensatz zu Heinrich von Gent,
Gottfried von Fontaine oder auch zu den Franziskanern Gonsal-
vus Hispanus und Duns Scotus. Er war aber aufgeschlossen genug,
sich auch von Scotus durch bessere Gründe belehren zu lassen.
Jedenfalls war er nicht ein überragender selbständiger Denker,
was wohl neben anderem dazu beigetragen haben mag. daß er als
Gelehrter ohne besonderen Einfluß auf die Nachwelt blieb. Sehr
segensreich dagegen war sein Wirken durch seine Predieten und
seine aszetischen und mystischen Schriften, die denn in zahlreichen
Handschriften auf die späteren Generationen weitergercicht
wurden.

Schließlich werden hier noch der Text des Quodlibet pri-
mum, Texte aus dem Kommentar zu den libri Ethicorum, sowie
noch Texte des Johannes de Polliaco und des Thomas de Palliaco
ediert.

Bei der Eigenart der Hochscholastik und insbesondere dem
Umfang des Lebenswerkes der einzelnen Gelehrten ist, wie schon
vor 70 Jahren Ehrle verlangt hat, der Weg der ersten Erkundung
der im zur besprechenden Werk eingeschlagene, nämlich die Untersuchung
der Lehre der einzelnen Autoren. Wie fruchtbringend
dies sein kann, beweist das, was wir hier über Heinrich von Friemar
erfahren. Erst daran anschließend läßt sich ein zuverlässiger
Überblick über die ganze Periode gewinnen.

Bamberg A. M. Landgraf

Strecker, Karlf: Die lateinischen Dichter des deutschen Mittelalters
. 6. Bd.: Nachträge zu den Poetae Aevi Carolini. 1. Teil. Mit
Unterstützung von Otto Schumann f hrsg. Weimar: Böhlau
1951. VII, 230 S. 4° = Monumenta Germaniae Historica. Poetarum
Latinorum Medii Aevi. VI, I. DM 26.—.

Der Band enthält von Karl Strecker und Norbert Fickermann
bearbeitete Ergänzungen zur karolingischen Dichtung. N. Fickermann
bringt drei Nachträge zu Gottschalks Gedichten (Poetae
3, 724 ff.), ein 1931 von G. Morin als gottschalkisch erkanntes
Horarium, die von Fickermann selbst (Rev. Bened. 44 1932.
314 ff.) dem Gottschalk zugewiesene Exhortatio poenitendi, ein
kurzes hexametrisches Fragment, das unabhängig voneinander
B. Bischoff und C. Lambot als Gottsdhalks Eigentum erkannten.
Studiert man den Überlieferungszustand der neuen Gedichte,
dann erkennt man, daß Fickermanns Herstellung des Textes eine
philologische Leistung ist. — Die übrigen Dichtungen des Bandes
edierte K. Strecker. Bevor ich ausführlicher auf die wichtigste,
das Walthariusepos, eingehe, nenne ich die anderen Stücke.