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Ausgabe:

1955 Nr. 4

Spalte:

237-238

Kategorie:

Referate und Mitteilungen über theologische Dissertationen und Habilitationen in Maschinenschrift

Autor/Hrsg.:

Kantzenbach, F. W.

Titel/Untertitel:

Johann Michael Sailers ökumenischer Einfluß auf Katholiken und Protestanten (Eine Untersuchung über Grundlegung und Auflösung eines ökumenischen Gedankens in der süddeutschen

Rezensent:

Kantzenbach, Friedrich Wilhelm

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237

Theologische Literaturzeitung 1955 Nr. 4

238

H o 11 z, Gottfried: Niederdeutsch als Kirchenspradie.

Wissenschaftliche Zeitschrift der Universität Rostock, Gesellschaftsund
Sprachwissenschaftliche Reihe 4, 1954/55 S. 151—165.

Jannasch, Wilhelm: Neue Gesamtdarstellungen der Praktischen
Theologie.

Verkündigung und Forschung. Theologischer Jahresbericht 1951/52
3, 1954 S. 172—182.
Kn eil, Fenn: Ein Jahr Vorkonfirmanden-Unterricht.
Monatschrift für Pastoraltheologie 44, 1955 S. 19—29.

Referate über theologische Dissertationen in Maschinenschrift

Herrmann, Ludwig: Ambrosius von Mailand als Trinitätstheologe.
Diss. Heidelberg 1954. 395 S.

Ambrosius von Mailand kommt für den Sieg des nicänischen Bekenntnisses
im Abendland entscheidende Bedeutung zu. Die Dissertation
bemüht sich, seine trinitarischen Anschauungen zu klären und
die Eigenart seiner theologisdien Stellung herauszuarbeiten.

Ein erster Teil der Arbeit beschäftigt sich mit seinen illyrisch-
homöischen Gegnern. Ihre Trinitätslehre (dynamische Einheit, ökonomischer
Aufbau, Christologie vom logos - sarx - Typus) wurzelt ebenso
wie der verwässerte Schularistotelismus in antiochenisch-lukianistischer
Tradition. Nur im Kirchenbegriff begegnet man abendländischen Vorstellungen
(Cyprian). Trotzdem darf eine gewisse Selbständigkeit der
theologischen Bemühung (praktische Orientierung, Biblizismus) nicht
verkannt werden.

Die Theologie des Ambrosius selbst steht von Anfang an in Front
gegen die illyrischen Homöer. Er rechnet sie in polemischer Verallgemeinerung
ohne weiteres den „Arianern" zu. Eine stärkere Reflexion
der trinitarischen Probleme beginnt erst mit der Abfassung von „de
fide" (377/78); doch bleibt das polemische Interesse immer führend.
Die Theologie trägt bei Ambrosius keinen spekulativen, sondern defensiven
Charakter. Ihr Material stammt im wesentlichen aus dem
Osten. Die altabendländischen Begriffe gewinnen dadurch etwas Schillerndes
; die altnicänischen Vorstellungen werden unmerkbar in jung-
nicänische Bahnen gelenkt. Das „homousios" bezeugt jetzt das ewige
Nebeneinandersein der drei Hypostasen von Vater, Sohn und Geist in
der einen göttlichen „usia". Einheit und Dreiheit werden betont, und
die tritheistische Neigung der kappadokischen Theologie wird sogar
noch verstärkt. Der Vorrang des Vaters und seiner „agennesia" wird
in ausdrücklicher Polemik in Abrede gestellt.

Wesentlidi ist die neue Bedeutung, die die Christologie gewinnt.
Ambrosius entwickelt sie in der Aufnahme abend- und morgenländischer
Anregungen wesentlich zur Stützung der nicänischen Trinitätslehre
. Der Schematismus der Zweinaturenlehre dient dazu, alle gegnerischen
Angriffe, die sich aus der Historia Christi ergeben, schlagend
zu erledigen. Aber auch die Illyrier erkennen ihrerseits den polemischen
Wert einer gut ausgebauten christologischen Position. So schiebt sich
die christologische Frage schon im Endstadium des trinitarischen Streits
und durch ihn in den Vordergrund. — Im einzelnen ist es deutlich, daß
Ambrosius in der Lehre vom heiligen Geist noch eine gewisse Verlegenheit
begründet. Die Homousie wird in negativer Abgrenzung gegen
die Kreatur nicht aus dem innertrinitarischen Verhältnis heraus gewonnen
. Das „filioque" ist bei Ambrosius nicht nachweisbar. Mit dem
Abschluß der drei dogmatischen Werke ist seine Trinitätslehre abgeschlossen
; eine Weiterentwicklung findet nicht mehr statt.

Ambrosius ist als Trinitätstheologe ohne besondere Originalität
und denkerische Tiefe, dazu noch stärker als Hilarius von griechischen
Vorbildern abhängig. Der Bibeltheologe macht aus seiner Abneigung
gegen die Philosophie kein Hehl. Die abendländische Eigenart seiner
Theologie zeigt sich in der Rundung und Straffung der Gedanken, in
dem sicheren Eintreten für die Einheit der Person Christi (trotz des
Zweinaturenschemas) und in der entschiedenen Ablehnung der Vorstellung
eines apsychischen Leibes Christi gegen die Illyrier und Apollinaristen
. Der Kirchenpolitiker hat es verstanden, die ganze Trinitätslehre
in eine Form zu bringen, in der sie gegen jede Abweichung von
der orthodoxen Lehre leicht zu verteidigen und als Waffe zu gebrauchen
ist.

Eine Beilage beschäftigt sich mit der Entstehung, dem Aufbau und
den Quellen von ,,de incarnationis dominicae sacramento". Ambrosius
verstärkt und vertieft hier seine Polemik gegen die Illyrier und insbesondere
gegen Palladius von Ratiara, indem er sie mit der Abwehr
des Apollinarismus verbindet. Eine starke Benutzung der athanasiani-
schen Epistel ad Epictetum läßt sich eindeutig nachweisen.

Kantzenbach, F. W.: Johann Michael Sailers ökumenisoher Einfluß
auf Katholiken und Protestanten (Eine Untersuchung über Grundlegung
und Auflösung eines ökumenischen Gedankens in der süddeutschen
Erweckungsbewegung.) Diss. Marburg 1955. 220 S.

Im Teil A wird die im Kreise um Johann Michael Sailer lebendige
Wechselwirkung zwischen den Konfessionen untersucht. Sai
lers irenische Grundeinstellung ist die Voraussetzung für seine

ökumenischen Begegnungen. Sie wird nach einem auf Sailer konzentrierten
kritischen Überblick auf die Geschichte des ökumenischen Gedankens
von Luther bis Zinzendorf in ihren Ursprüngen in der theologischen
Position seines Lehrers Benedikt Stattler aufgewiesen. Sailers
theologische Entwicklung, die Quellen seiner Frömmigkeit (Frömmigkeit
der Innigkeit, Mystik, Gebet) und seine Stellung zu dogmatischen
Zentralproblemen (Christozentrismus und die Frage nach Konfession
und Kirche) machen seine ökumenischen Gedanken und sein ökumenisches
Wirken verständlich. Seine ökumenische Aufgeschlossenheit wird
von vielen Persönlichkeiten und Tendenzen seiner Zeit gefördert, wenn
auch Schwierigkeiten bestehen. Am treusten bewahrte den ökumenischen
Gedanken Sailers Martin Boos, der in Teil B die Reihe der behandelten
Sailerschüler eröffnet.

Nach einer biographischen Orientierung werden die theologischen
Zusammenhänge zwischen Sailer und Boos und Sailers Verhältnis zur
Allgäuer Erweckungsbewegung im Frühstadium untersucht. Die Erwek-
kung des M. Boos und seine Christuspredigt steht theologisch in engem
Zusammenhang mit seiner ökumenischen Einstellung, die mit der konfessionellen
Einstellung des Johann Baptist Langenmeyer und der Anna
Schlatter systematisch verglichen wird. Johann Evangelista Goßner und
die immer stärker werdende Gefährdung des ökumenischen Gedankens
Sailers werden methodisch so behandelt, daß nadi einer biographischen
Einführung die theologischen Grundlagen (Rechtfertigung und Christozentrismus
) behandelt werden. Originalquellen sind z. T. dem Kapitel
„Johann Evang. Goßner und Christ. Friedr. Buchrucker" zugrunde gelegt
. Bevor die interkonfessionelle Tendenz Goßners aufgewiesen wird,
zeigt die Arbeit Goßners persönlidies Ringen mit der konfessionellen
Frage, seine interkonfessionellen Pläne — ihre Verwirklichung und das
Scheitern — auf. Abschließend werden die Wirkungen Goßners auf
Moritz August v. Bethmann-Hollweg und Carl von Richthofen behandelt
. Ein Exkurs, z. T. auf Originalquellen basiert, befaßt sich mit den
Beziehungen zwischen J. M. Sailer und J. Tranz. Sailers indirekte Wirkung
auf Aloys Henhöfer wird untersucht und führt zu folgenden Feststellungen
: Die Erweckung führt Henhöfer zur Relativierung, nicht zur
Neutralisierung der Konfession; Henhöfers ökumenischer Gedanke setzt
die Kirchen voraus; die Geschichte von Henhöfers Konversion erhellt
seine ökumenische Einstellung. Z. T. nach Originalquellen wird der
Laientheologe Johann Carl Passavant behandelt, der als theologischer
Außenseiter den ökumenischen Ansatz Sailers bewahrt. Einer biographischen
Einführung folgt die Charakteristik Passavants als eines
Laientheologen (wie auch Joh. Friedr. von Meyer, sein Frankfurter Landsmann
, einer war). Die Schwierigkeiten bei seiner eigenen konfessionellen
Entscheidung werden erläutert und gezeigt, daß sein ökumenisches
Ideal echte Impulse Sailers aufnimmt.

In Teil C wird die Krise und Auflösung der ökumenischen Gedanken
Sailers bei den Ausläufern der süddeutschen Erweckungsbewegung
J. E. G. Lutz und Ignaz Lindl dargestellt. Die Beurteilung von
Joh. Evang. Georg Lutz und seiner Schwankungen in der konfessionellen
Entsdieidung wird möglich nach Behandlung der Beziehungen zwischen
Sailer und Lutz, anderer Einflüsse bei Lutz und des Charakters seiner
Erweckungsbewegung im Donaumoos, seiner Experimente in der konfessionellen
Bindung. Lutz wird als konfessioneller Indifferentist erwiesen
; jedoch scheint sein Anschluß an den sog. „Irvingianismus"
(die von England ausgehende kathol.-apostol. Bewegung) von ökumenischen
Gedanken her motiviert zu sein. Ignaz Lindl stellt als konfessioneller
Indifferentist eine über Sailer weit hinausführende Stufe in
der Entwicklung der süddeutschen Erweckungsbewegung dar. Lindl
kämpft unter Aufnahme von Ideen Jung-Stillings und in Verbindung
zum Kreis der Frau von Krüdener gegen jedes äußere Kirchentum. Er
kann in Rußland seinen pseudoökumenischen Traum zeitweise verwirklichen
, entstellt aber hier wie in seiner späteren Sektenwirksamkeit
(unter den Nazarenern) den ökumenischen Gedanken Sailers gänzlich.
Auf ausführliche Zitate aus Originalquellen (Abschriften) wurde für
Lindl verzichtet, da sie keine theologische Bedeutung beanspruchen können
. Teil D bietet einen zusammenfassenden Abschluß.

Lempp, Walter: Bund und Bundeserneuerung bei Jeremia. Diss. Tübingen
1955. 164 S.

Die Arbeit setzt sich in der Hauptsache mit der letzten Untersuchung
dieses Gegenstandes durch Heinz Ortmann, Der Alte und der
Neue Bund bei Jeremia, Dissertation Berlin 1940 auseinander. Ort-