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1955 Nr. 4

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Ökumenik, Konfessionskunde

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Neuerscheinungen

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Theologische Literaturzeitung 1955 Nr. 4

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dem aus dem Ganzen das eine oder andere Stück herauszubrechen
und aus diesem Stück ein Scheinganzes zu gestalten; 4.) wie dieser
Lockung nicht bloß „Phantasten, Grübler, Enthusiasten" anheimfallen
, sondern auch „lebendige Christen", welche „Gewalt
gebrauchen", um den ihnen gemäßen Pfad zu suchen, zu finden,
zu verkündigen und missionarisch auszuwirken; 5.) daß aber die
Wahrheitsfrage den Ausschlag geben wird.

Augsburg Leonhard Fendt

Devadutt, V. E.: After Evanston — What?

Theology Today XI, 1955 S. 435—441.
Galot, Jean: Le Congres Mariologique International.

Nouvelle Revue Theologique 86, 1954 S. 1086—1087.
Homrighausen, Elmer G.: The Church in the World. Evanston.

Theology Today XI, 1955 S. 534—549.
Hromadka, Joseph L.: The Witness of the Reformed Churches in

the Present Ecumenical Situation.

The Princeton Seminary Bulletin XLVIII, 1955 S. 14-18.
d' I z a r n y, R.: L'Organisation internationale de l'Apostolat des La'ics.

Nouvelle Revue Theologique 87, 1955 S. 184—187.
Kegel, Martin: Inwieweit ist die Grundordnung der Evangelischen

Kirche in Berlin-Brandenburg reformbedürftig? Ein Diskussionsbeitrag.

Gesellschaft zur Förderung Evangelisch-Theologischer Wissenschaft

S. 5—38.

Die Kirche. Bericht der Theologischen Kommission für Glauben
und Kirchenverfassung. Vcröffentlidit im Auftrage des Ausschusses
für Glauben und Kirchenverfassung im Ökumenischen Rat der Kirchen
. Kleine Texte für Vorlesungen und Übungen. Begründet von
Hans Lietzmann, hrsg. von Kurt Aland. 176. Verlag Walter de Gruy-
ter & Co. Berlin 1955.

L a u t h, Reinhard: Zur Genesis der Großinquisitor-Erzählung (zugleidi
Hinweise zum Verhältnis Dostoewskij/Solowjew).
Zeitschrift für Religions- und Geistesgeschichte VI, 1954 S. 265—276.

Lettenbauer, Wilhelm: Das Motiv des Fatums bei Dostojewski).
Münchener Theologische Zeitschrift 2, 1951 S. 306—315.

— Das Wort für „Frieden" bei den Slaven.

Münchener Theologische Zeitschrift 1, 1950, 1 S. 45—52.

ETHIK

, B r a u n, F.-M., Delville, H., Descamps, A., Driessen, P.,
D u y c k a e r t s, F., F 1 a c e 1 i e r e, R., J e a n s o n, F., Lech
i c q, I„ Leonard, A., O 1 i v i e r, B., Robert, H.-D.,
S p i c q, C.: Morale chretienne et requetes contemporaines. Tour-
nai-Paris: Casterman 1954. 291 S. 8° = Cahiers de l'actualite reli-
gieuse. Bfr. 90.—.

Dieses Buch ist das Ergebnis einer gemeinsamen Arbeit bei
einer Tagung in La Sarte ä Huy in Belgien. Wie der Titel anzeigt
, handelt es sich nicht um eine kurzgefaßte theologische Moral
. Manche Frage, die den katholischen Ethiker heute stark beschäftigt
, bleibt unerwähnt. Und doch bietet das Buch mehr, als
im Titel ausgedrückt ist. Man könnte von einer Einführung in
die katholische Theologie der Gegenwart sprechen, aber eben
aus der Sicht des Ethikers heraus. Wie die katholische Theologie
der Gegenwart von überall her Anregungen aufnimmt, wie sie
sie verarbeitet, ihrem Denken einfügt, das wird in diesem Buch
sehr schön sichtbar. Es verbindet sich in diesem Buch eine gewisse
Kühnheit, eine große Aufgeschlossenheit mit der Sicherheit der
offiziellen katholischen Theologie. Das sind wohl Kennzeichen
des neueren Thomismus. Die meisten Mitarbeiter sind auch Tho-
misten.

Inwiefern kann von einer Einführung in die katholische
Theologie gesprochen werden? Die Neutestamentier Descamps
, Spicq und Braun schreiben über die Ethik der
Synoptiker, über die paulinische Ethik, über Ethik und Mystik
bei Johannes. Im heutigen Katholizismus wird die Bibel eifrig
studiert; die Ethik soll sich durch dieses Studium befruchten lassen
und die Gefahr der Verrechtlichung wohl beachten. Die Mitarbeiter
an diesem Buch sind sich dieser Gefahr wohl bewußt und
darum geben sie den Neutestamentlern ausgiebig das Wort. Das
Leben des von Christus Freigemachten ist frei von jedem Moralismus
(66). Das vernimmt Spicq bei Paulus. Das bedeutet

nicht eine Wendung zur Verkündigung der Reformatoren; darüber
besteht kein Zweifel. Aber — und das darf der evangelische
Theologe feststellen — es ist auch nicht so, daß Paulus von
Thomas v. Aquin her besser verstanden wird als in der wirklich
evangelischen Auslegung. An entscheidenden Stellen hören wir
nicht Paulus, sondern Thomas. Was auffällt, ist, daß das Zeugnis
des Alten Testamentes nicht vernommen wird. Es geht uns
nicht darum, die Ethik des Neuen Testamentes durch die Sozialethik
des Alten Testamentes zu ergänzen; so drückte man sidi
wohl früher aus. Die Arbeit am Alten Testament hat gezeigt,
daß Gottes Erwählung, Gottes freie Liebe und Gnade Voraussetzung
ist für das Verständnis des Lebens der Glieder des Volkes
Gottes. Die theologische Ethik kommt an dieser Erkenntnis
nicht vorbei. Es fehlt nicht an katholischen Theologen, gerade
unter den französisch Schreibenden, die es aussprechen. Die Verfasser
des vorliegenden Buches hören lieber auf die Philosophen,
Soziologen und Psychologen als auf die evangelischen Exegeten
und Dogmatiker, als auf die Bibel selber, als auf das Alte Testament
. Diese etwas zugespitzte Formulierung läßt nicht außer
acht, daß der Beitrag der Neutestamentier für den Gang der hier
vorliegenden gemeinsamen Arbeit wichtig ist. Am Schluß des
ersten Hauptabschnittes werden die griechische und die neutesta-
mentliche Ethik einander gegenübergestellt. Gerade hier muß
der Leser mit kritischem Sinn lesen. Hier wird es deutlich, daß
das Zentrum der theologischen Ethik übersehen ist.

Der Beitrag über die Bedeutung des Soziologischen für das
sittliche Leben zeigt, wie lernbegierig, wie anpassungsfähig, wie
wenig starr und rechthaberisch der römische Katholizismus in
mancher Beziehung ist. Der Verfasser, P. Prudent Driessen,
erwähnt eine Frage, die ihm gestellt wurde: ob der Papst 1891
beim Erlaß der Enzyklika „Rerum Novarum" wirklich über die
sozialen Verhältnisse unterrichtet gewesen sei. Er fügt dann selber
hinzu: „Nous sommes toujours en arriere par manque d'in-
formation sociologique" (157). Das Verständnis der Freiheit bei
Jaspers wird positiv gewürdigt. Francis J e a n s o n, Mitarbeiter
der weltoffenen Zeitschrift „Esprit", verwandt den „Frankfurter
Heften", schreibt über „La conduite humaine Selon J.-P. Sartre".
Er warnt davor, vorschnell im Namen des Glaubens gegen den
Unglauben zu Felde zu ziehen (173). In dieser Gefahr sind viele
Christen Sartre gegenüber; sie überhören damit seinen Protest
gegen einen unechten Glauben, gegen eine moralische Ordnung!
die Vorurteile schützt (178). Besonders wichtig und lehrreich ist
der Aufsatz von Bernard O 1 i v i e r über die Erneuerung der
theologischen Ethik. Ein Thomist, ein Verteidiger der Scholastik
, ist bemüht, denen im Aufbau einer theologischen Ethik Gehör
zu verschaffen, die eine Theologie des Kerygma fordern. Die
Theologie soll stärker auf die Verkündigung der in der Bibel bezeugten
Wahrheit gerichtet sein als es in den Systemen der scholastischen
Theologie geschieht. Als Vertreter der Theologie der
Verkündigung wird Urs von Balthasar genannt. Im Mittelpunkt
einer solchen Ethik müßte stehen die göttliche Berufung und. der
Glaube, der diesem Ruf antwortet. Um aber am Leben des Reiches
Gottes teilzuhaben, muß der Mensch gesinnt sein, wie die
Bergpredigt es ausdrückt: er muß sein Elend erkennen, er muß
demütig sein (228/9). Das neue Leben ist das Leben des Sohnes:
„Pour marquer ce caractere du renouvellement qui s'opere en
nous, peut-etre serait-il bon d'axer la definition de la gräce sur
l'idee de partieipation ä la vie de Dieu comme fils dans
le Fils" (229). Von hier aus übt der Verfasser Kritik an der in der
katholischen Ethik so oft gebotenen, der aristotelisch beeinflußten
Tugendlehre. „II est donc necessaire de revoir tout le
traite des vertus dans ce climat speeifiquement chretien" (232).
Die katechetische Theologie — Olivier schlägt diesen Ausdruck
vor statt Theologie des Kerygma — soll aber nicht die wissenschaftliche
Theologie ersetzen oder neben ihr gehen, sondern in
sie eingehen, sie leiten. Das ist aber nach dem Verfasser geschehen
in der Moraltheologie des Thomas, v. Aquin.

Jacques Leclercq, der Verfasser eines bekannten mehrbändigen
Naturrechtes, schreibt, daß sein Buch „L'enseignement
de la morale chretienne" in Belgien, Deutschland und Frankreich
freundlich aufgenommen, in Kanada heftig kritisiert worden ist.
So wird es auch dem jetzt besprochenen Buch ergehen. Eine kon-