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Ausgabe:

1955 Nr. 3

Spalte:

186-188

Kategorie:

Referate und Mitteilungen über theologische Dissertationen und Habilitationen in Maschinenschrift

Autor/Hrsg.:

Storch, Martin

Titel/Untertitel:

Der Mensch zwischen Bios und Existenz und die Aufgabe der Theologie 1955

Rezensent:

Storch, Martin

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185

Theologische Literaturzeitung 1955 Nr. 3

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sierende" Ästhetik übersetzt zwischen „Engel- und Menschensprache''
unter absichtlicher Christusoffenheit ihres „Schemas".

Im theologischen Verständnis ist seit Helmuth Schreiners Arbeit
zur „Menschwerdung Gottes in der Theologie J. G. Hamanns" der Gedanke
der condescensio Dei unangefochtener Deutungsmittelpunkt.
Einige ausländische Darstellungen, Walter Lowries „J. G. Hamann, an
Existentialist" und Evert Jansen Schoonhovens „Natuur en Genade bij
G. Hamann", geben dem Deutungsbereich neue Ausdehnung. Dabei
entwirft letzterer eine der dialektischen Theologie nahestehende Natur-
Gnade Problematik „tuschen scheppingsgeloof en eindverwachtning"
vor allem aus einer Analyse der Schrift „Konxompax". Die Arbeit zeigt
durdi eine kurzgefaßte „Geschichte des Hamann-Verständnisses in der
eyang. Theologie", wie Sohreiners Ergebnis unbewußt den Abschluß
einer 150jährigen theologischen Deutungsgeschichte bildet. Fraglich
bleibt ihr, ob Schreiners einschränkende These zu Hamanns „Symbolismus
", es handle sidi dabei um ein „Signum praebens et exhibens",
der Nähe zu einer unerlaubten analogia entis schon ganz entgangen ist.
Schoonhovens Deutungsprinzip „Natur und Gnade" hat diesem zwar
manche wesentliche Einzelbeobachtung gestattet, ist aber im ganzen zu
weitmaschig, um Hamann restlos zur Darstellung zu bringen. Dann
*ird in einer Untersuchung theologischer Gehalte in Hamanns Werk
der „vir christianus" als „seminiverbius", „Schwätzer vom Heil", betrachtet
: Hamann denkt in der Anthropologie supralapsarisch und in
«er Christologie nicht von der iustificatio, sondern vom inkarnativen
"eilsvollzug her. Beide Gedanken drängen zur sakramentalen Heilszueignung
. Sollte das „Sakrament der Sprache" für Hamann medium
salutis gewesen sein?

Der Verf. erklärt programmatisch: jede Hamanndeutung habe
|leichsam zweidimensional vorzugehen: einerseits die geschichtlichen
Bezüge zu untersuchen und andererseits von einer bewußt diristologisch
gefaßten „Zeugenschaft" des „vir christianus" her zu interpretieren. In
fiesem Sinne müsse als Schlüssel zur Hamanninterpretation der Satz
des Magus gelten: „Es gibt Handlungen höherer Ordnung, für die keine
Gleichung durdi die Elemente dieser Welt herausgebracht werden kann."

c

3 P r e n g 1 e r, Anneliese: Gebete für den Herrscher im frühmittelalterlichen
Abendland und verwandte Anschauungen im gleichzeitigen
Schrifttum. Diss. Göttingen 1950.

t In der Arbeit sind die Gebete der frühmittelalterlichen Sakramente
für die Herrscher, sowie die der Krönungsordines zusammengestellt
n<t miteinander verglichen. Der Vergleich führt auf die Entwicklung
e>ner Königstheologie, die in engstem Zusammenhang mit der damaligen
Theologie überhaupt steht. Während die Gebete der alten, vorlegend
römisdien Sakramentare den Charakter schlichter Fürbitte tra-
1*°, nehmen die im Frankenreich entstandenen Gebete die typologische
chriftauslegung des Alten Testaments auf, was schon durch die Form
u« Gebete nahegelegt wird, die als Paradigmengebete altkirchliche
'radition fortsetzen. Allmählich immer deutlicher wird der Herrscher in
as typologische Schema einbezogen und erscheint schließlich selbst als
Vpus Christi. Als Besieger der Heiden wird er gleizeitig zum mön-
■^'jchen Satan- und Dämonenbezwinger, damit aber auch zum Abbild
j>nd Stellvertreter Christi. Als figura des Himmelskönigs ist der irdische
onig der Lenker des Gottesstaates. — Die Entwicklung gipfelt in den
«beten Hinkmars von Reims für die Krönung Karls des Kahlen als
^onig von Lothringen und für die Krönung Ludwigs des Stammlers.

!e deutschen Gebete krönen die Entwicklung nur, indem sie dem Herrscher
die ihm seit langem zukommenden Prädikate nun auch gleichsam
'ziell beilegen. — Das herangezogene Schrifttum bestätigt die aus der
Pachtung der Gebete gewonnenen Ergebnisse. —
i j ^as ^aP'tel üher die Gebete Hinkmars von Reims ist gedruckt
|J der Zeitschrift für Kirchengeschichte, 4. Folge I, LXIII. Bd. 1950/5 1,
Heft III.)

'ephenson, Gunther: Gottheit und Gott in der spekulativen
Mystik Meister Eokharts. Eine Untersuchung zur Phänomenologie
"nd Typologie der Mystik. Diss. Bonn 1954. 239 S. 4- 5 Skizzen.

ver ^f'8*8'" Icirchenhistorischen und philosophischen Fragestellungen
m tH j dieSe SArift' die Probleme der Eckhartschen Mystik mit den
^ethoden der Vergleichenden Religionswissenschaft zu lösen. Unter
m Aspekt einer Erforschung der Mystik im allgemeinen gilt es, die
esensart der Eckhartschen Mystik als besonderen Typus vergleichend
j auszustellen. Das geschieht an Hand des Zentralproblems aller Rc-
si°n: des Gottes„begriffs". der in der Theologie Eokharts die For-
din f j. vor die 8rößten Ratse' stellte. Eckharts Verhältnis zum

nsthchen Erbe wird dadurch entscheidend bestimmt. —
lol e'ner Ein'eitung zur Klärung methodischer Fragen und phi-

har°t8A Vorausle,zun?en erhält die Frage nach dem Wesen der Edc-
ihr " Mystik in einem ersten phänomenologischen Teil (I, S. 17)
sprachliches Fundament durch eine kritische Aufgliederung der la-

tein. und mhd. Textaussagen hinsichtlich der Relation von „gotheit"
und „got", womit das Hauptthema der Arbeit, Impersonale und personale
Frömmigkeit, im Aufriß erscheint. Die Textinterpretation geht
dabei besonders auf die Bedeutungsnuancen beider Termini ein und
kommt zu dem Ergebnis, daß das Schwergewicht theologischer Aussagen
trotz geringeren Vorkommens auf dem unpersönlichen Begriff
„gotheit" liegt. —

Der systematische Teil (II) verbindet die Darstellung des Eckhartschen
Gottesproblems mit einem Grundgedanken, der die Interpretation
wie ein roter Faden durchzieht: das Verhältnis Eckharts zu Gott und
Welt wird das eine Mal unter dem Blickwinkel theoretisch-betrachten-
der Spekulation gesehen, das andere Mal als ein unmittelbares existen-
tiell-religiöses Erlebnis begriffen. —

So wird im ersten Abschnitt (A, S. 52) Eckharts spekulatives Weltbild
unter dem Aspekt der Relation von Gottheit und Gott entwickelt.
Die Probleme von Einheit und Vielheit, Emanation und Schöpfung,
Sein und Nichts, Ruhe und Werden, Zeit und Ewigkeit gelangen hier
zu näherer Untersuchung. Besondere Beachtung findet die alte Pantheismusfrage
. Es zeigt sich, daß dieses kosmische System auf dem Krcis-
schema als einer besonders der Mystik zugrundeliegenden Denkform
basiert.

Der zweite Abschnitt (B, S. 140) stellt die erlebnishafte Begegnung
des Mystikers mit Gott in den Mittelpunkt und versucht von hier aus
zur Lebensmitte der Eckhartschen Religion vorzudringen. Es ergeben
sich dabei wiederum eigentümliche Differenzierungen zwischen den Erlebnisinhalten
von „gotheit" und „got". — Nacheinander werden die
mystische Unheilssituation („Sünde"), der ethische Stufenweg zu Gott
und schließlich der mystische Einigungsakt selbst in ihrer typisch Eckhartschen
Problematik als Ausdrude mystischen Lebensgefühls dargestellt
.

Der zusammenfassende dritte Abschnitt (C, S. 212) sucht auf der
Basis dieses objektiven und subjektiven Wahrheitsbegriffs theoretische
Spekulation und mystisches Einheitserlebnis auf ihre gemeinsame geistige
Wurzel zurückzuführen. Diese „Mitte" als Ursprung und Ziel
wird von mystischem Denken und Fühlen stets als „das EINE" bezeichnet
. —

Der typologische Teil (III. S. 217) zieht die mannigfachen Ergebnisse
des Hauptteils unter dem Gesichtspunkt einer vergleichenden Typologie
der Mystik zusammen. — Auf das erste Kapitel (A) entfällt
dabei eine allgemeine Aufgliederung mystischer Erlebnisse, Ausdrucksformen
und Möglichkeiten, die den Rahmen für eine Standortbestimmung
Eckhartscher Wesensart abgeben. — Gemeinsames und Verschiedenes
, Allgemeines und Individuelles unter den mystischen Religionsformen
wird in der Sdilußbestimmung der Eckhartschen Mystik (B) näher
abgegrenzt und gezeigt, daß alle wesentlichen Merkmale impersonaler
Seins- oder Einheitsmystik voll und ganz auf Eckhart zutreffen,
so daß das beschriebene Verhältnis von Gottheit und Gott neben anderen
Momenten lediglich als Akzidentien des impersonalen Kerns angesehen
werden dürfen und die Sonderform seiner Mystik konstituieren
. — Die Frage nach dem christlichen Charakter seiner Mystik (C)
stellt sich religionswissenschaftlich als die Frage nach einem gläubigprophetischen
Frömmigkeitszug dar. Ihre positive Beantwortung fußt
wiederum auf dem Verhältnis von „gotheit" und „got" in Weltbild
und Erlebnis. —

Storch, Martin: Der Mensch zwischen Bios und Existenz und die
Aufgabe der Theologie. Diss. Tübingen 1954. 234 S.

Die Arbeit ist hervorgegangen aus Studien zur Philosophie des
biologischen Denkens und der Existenz, soweit dieses es unternimmt,
gültige Aussagen über den Menschen zu machen, und ihrer Konfrontierung
mit dem christlichen Schöpfungsglauben.

In dem längsten ersten Kapitel (7—109) wird „das Denken auf
dem Bios" in möglichst umfassender Weise entwickelt. Zunächst in der
allgemeinen Problematik des Kampfes zwisdien Vitalismus und Mechanismus
, Telcologie und Physikalismus (Darwin, Driesch. Bergson,
v. Weizsäcker, Jordan), dann in der Zuspitzung auf das Geheimnis und
Rätsel des Menschen, wie er sich im Licht der biologischen Fragen abhebt
. Ein besonderer Abschnitt wird ferner der Behandlung der Wahrheitsfrage
und der Ethik durch das biologische Denken gewidmet, also
den Grundlagen der Lebensphilosophie im weiteren Sinne (Klages.
Bergson, Krannhals, Carrel u. a.), und schließlich als eine besonders eindrückliche
Gestalt allseitig durchgeführter biologischer Metaphysik die
„Bauhütte" E. G. Kolbenheyers dargestellt. Abschließend wird das biologische
Denken, auch abgesehen von seinen metaphysischen Ansprüchen,
als ein wesentliches Ferment der „Aufklärung" unserer Zeit, und zwar
als das Denken des organischen Gesetzes, als das Denken des Lebensgeschehens
in der Zeit und als das Denken des die Subjekt-Objekt-
Spaltung überwindenwollenden Erlebens charakterisiert. —

Das zweite Kapitel (110—172) behandelt das „Denken der Existenz
", und zwar in 3 Abschnitten: 1.) Der Ausfall des Denkens in die