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Ausgabe:

1954 Nr. 3

Spalte:

178-179

Kategorie:

Referate und Mitteilungen über theologische Dissertationen und Habilitationen in Maschinenschrift

Autor/Hrsg.:

Schunck, Klaus-Dietrich

Titel/Untertitel:

Die Quellen des I. und II. Makkabaeerbuches 1954

Rezensent:

Schunck, Klaus-Dietrich

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Theologische Literaturzeitung 1954 Nr. 3

178

R o s e n b o o m, E. E.: Die Idee einer christlichen Universität im theologischen
Denken von Abraham Kuyper. Diss. Göttingen 1950,
219, 107 S.

Vf. verfolgt die Absicht, für eine künftige theologische Neufassung
des Wirklichkeits- und Wissenschaftsbegriffes und der ihm zuzuordnenden
Universitätsidee, bzw. für eine theologische Enzyklopädie aller
Wissenschaften Vorarbeit zu leisten, indem er an dem Beispiel der
1880 in Amsterdam von Abraham Kuyper gegründeten „Vrijen Uni-
versiteit" die Möglichkeiten und Irrwege einer theologischen Fassung
des Wissenschaftsbegriffes und der ihm zugeordneten Universitätsidcc
darstellt und z.T. kritisch oder weiterführend zu prüfen versucht.

Seiner Absicht entsprechend gliedert Vf. seine Studie in drei einander
zugeordnete Teile, von denen der erste sich als „Historischer
Teil" a) mit der Geschichte der Universität und des sie beseelenden
Wissenschaftsgedankens von Augustin bis zur Aufklärung, b) mit der
theologischen und kirchenpolitischen Lage in Holland von 1796 bis zur
Gründung der „Vrijen Universiteit", c) mit dem Hochschulwesen in
Holland seit dem Jahre 1798 bis zum Eingreifen Kuypcrs in die Hochschulpolitik
und d) mit der Entwicklung Kuypers zum Theologen und
Staatsmann und der Geschichte der von ihm gegründeten Universität
befaßt.

Der zweite „Systematische Teil" gibt eine Darstellung der von
Kuyper entworfenen Universitätsidee, wobei zunächst Idee und Begriff
einer „Christlichen Wissenschaft" und dann die Idee einer diesem
Wissenschaftsbegriff entsprechenden „Christlichen Universität" erörtert
und aus den zahlreichen Quellen erhoben werden.

Aus Kuypcrs Theologie, deren Analyse Vf. besondere Aufmerksamkeit
widmete, ergeben sich als theoretische Grundlage seines Wis-
senschaftsbegriffcs die „Gercformeerden bcginselen" („die reformierten
Prinzipien"), nämlich a) die „absolute Souveränität Gottes", b) die
„Gottebcnbildlichkeit des Menschen", c) die Lehre vom „Ratschluß
Gottes", d) die Lehre von der Sünde, e) die Lehre von der „Partikularen
" und f) die Lehre von der „Allgemeinen Gnade". Die Untersuchung
zeigt dann im einzelnen, wie sich dieses theologische Fundament
auf Kuypers Fassung des Wisscnschaftsbegriffcs ausgewirkt hat.

In der Darstellung von Kuypers Universitätsidee tritt der seit Kuyper
im niederländischen Calvinismus heimisch gewordene Gedanke der
„organisatorischen Antithese" stark in den Vordergrund. Bei der Erörterung
des Verhältnisses der Wissenschaft und Universität zur staatlichen
Ordnung steht Kuypers staatsrechtliches Prinzip der „Souveränität
Gottes im eigenen Kreise" im Mittelpunkt der Analyse. Weniger
Beachtung hat der Vf. Kuypers Gedanken über das Verhältnis der Wissenschaft
und der Universität zu den organisierten Kirchen gewidmet.
Endlich deutet die Studie an, welche weltumspannende Bedeutung Kuyper
selbst seiner Universität im Entwicklungsprozeß der Menschheitskultur
zugedacht hat.

Der Versuch einer weiterführenden Kritik schließt die umfangreiche
Untersuchung ab, der noch ein Bericht über die „Kuyper-Forschung",
eine kurzgefaßte „Kuypcr-Bibliographie" und eine Zeittafel zur Kuy-
pcr-Biographic beigefügt wurden.

S c h ö n w e i s s, Hans: Die katholische Lehre von der Heilsgewißheit.
Eine systematisch-kritische Untersuchung. Diss. Tübingen 1951,
346 S.

Nach einer Abgrenzung des Themas, d. h. vor allem des Begriffs
„Hcilsgewißhcit" gegen den verwandten Begriff „Glaubensgewißheit",
werden in einem 1. Kapitel die Objekte der Heilsgewißheit (Heil,
Gnade, Sündenvergebung, Rechtfertigung), wie sie die katholische Lehre
auffaßt, dargestellt, die Auswirkung dieser Auffassung auf das Zustandekommen
einer Heilsgewißheit untersucht und das Ganze am Neuen
Testament sowie an Luther und den evangelischen Bekenntnisschriften
kritisch gemessen. Dabei zeigt sich, daß der Katholizismus alle diese
Objekte als o n t i s c h e Größen auffaßt, d. h. als etwas Seinshaft-Ge-
gebencs. Zuständlichcs, ja sogar Physisch-Substanzhaftes im Sinn des
aristotelischen Substanzbegriffs. Von dieser Auffassung her ist es aber
unmöglich, zu einer unmittelbaren persönlichen Heilsgewißheit zu
kommen; man kommt höchstens zu einer „Glaubensgewißheit". Im
Neuen Testament und im reformatorischen Denken dagegen werden jene
Größen personal gefaßt und ermöglichen daher eine Gewißheit um
ihre Geltung nicht nur an sich, sondern für midi. In einem 2. Kapitel
wird dann die Begründung der Hcilsgewißhcit in der katholischen
Lehre untersucht. Es ergibt sich, daß Hcilsgewißhcit. eben von jener
ontologischen Grundlinie her, nie unmittelbar, sondern immer nur
mittelbar zu erreichen ist: über einen Schluß von der beim Menschen
vorliegenden Disposition auf die dann mit Notwendigkeit erfolgende
Rechtfertigung, vor allem auch in den Sakramenten (und vom Verdienst
auf die Belohnung, die in der Seligkeit besteht), oder über einen
Sd,luß von den Wirkungen der Rechtfertigung in der Seele des Mcn-
«chen zurück auf die erfolgte Rechtfertigung. Darüber hinaus kennt die

katholische Lehre einen allerdings in der Regel sehr seltenen Fall von
unmittelbarer Heilsgewißheit: die Privatoffenbarung an den einzelnen
über sein persönliches Seelenheil. Demgegenüber wird die Heilsgewiß-
heit im Neuen Testament und bei den Reformatoren auf die objektive
Tatsache des Wortes Gottes gegründet, das der Mensch im Glauben
auf sich persönlich bezieht. Im 3. Kapitel wird gezeigt, wie der Katholizismus
aus den angegebenen Gründen gar keine eigentliche Heilsgc-
wißheit, sondern nur eine „Wahrscheinlichkeitsgewißheit" kennt, die
er dann in verschiedene Arten von Gewißheit aufgliedert, denen wieder
verschiedene Grade von Gewißheit zu eigen sind (durch zahlenmäßige
Vermehrung und zeitliche Häufung der Gewißheitsgründe kann der Gewißheitsgrad
gesteigert werden!): auf diese Weise wird die niederdrückende
Tatsache, daß der katholische Christ keine wirkliche persönliche
Gewißheit um sein ewiges Heil hat, etwas verschleiert und
abgemildert. Die Bibel kennt dagegen nur eine absolute Heilsgewißheit,
keine Stufen und Grade von Gewißheit. — Im folgenden Kapitel (4.)
werden die Konsequenzen der beiderseitigen Positionen an einein besonders
wichtigen Punkt aufgezeigt: an dem Problem der Selbstgewißheit
der Heilsgewißheit. Die katholische Lehre lehnt die Möglichkeit
einer Selbstgewißheit ab, d. h. sie behauptet, der Mensch könne seines
Glaubens nicht gewiß werden. Er könne es auch wieder nur mit Wahrscheinlichkeit
. Allerdings versucht die katholische Lehre an dieser Stelle
die Kirche als Garantin einzuschalten. Nach neutestamentlicher und reformatorischer
Anschauung aber eignet dem Glauben unmittelbare Gewißheit
nicht nur bezüglich seines Gegenstandes, sondern auch bezüglich
seiner selbst. Ohne das wäre der Glaube nicht Gewißheit. In einem
letzten Kapitel (5.) wird die scheinbare Ähnlichkeit der katholischen
und evangelischen Auffassung von Gewißheit und Sicherheit (certitudo
und securitas) untersucht und ihre grundsätzliche Unterschiedenheit
nachgewiesen.

S c h u n c k, Klaus-Dietrich: Die Quellen des I. und II. Makkabäer-
buches. Diss. Greifswald 1953, 156 S.

Unter den Apokryphen des AT zeichnen sich das I. Mkk und
II Mkk durch eine eigentümliche Parallelität aus: Setzt das I. Mkk mit
den Ereignissen unmittelbar vor der Erhebung der Makkabäer ein, um
bis zum Ende Simons zu berichten, so bricht das früher beginnende
II. Mkk bereits auf dem Höhepunkt der Wirksamkeit des Judas seine
Darstellung ab. Wird somit die Zeit des Judas zu ihrem größten Teil
in beiden Büchern überliefert, so ist es letztes Anliegen der Arbeit,
das alte Problem: „Besteht eine Verbindung zwischen dem I. Mkk und
dem 11. Mkk und welcher Art ist diese" einer Lösung näher zu bringen.

Die Untersuchung wird in der Weise geführt, daß zunächst allein
das I. Mkk als die in ihrer Entwicklungsgeschichte einfachere Schrift
analysiert wird. Nachdem als Grundlage für alle weiteren Ausführungen
im l.Kap. nochmals in Anlehnung an Ettelson nachgewiesen worden
ist, daß das Buch in seiner heutigen Gestalt als Werk eines Autors
zu begreifen ist, beschäftigt sich die Arbeit in einem weiteren Abschnitt
mit dem chronologischen Problem. Schon Kahrstedt (Abh. GGW,
XIX, 2) und Bidcermann (RE Pauly-W„ 14.1) erkannten, daß im
1. Mkk zwei verschiedene Chronologien nebeneinander stehen; von
einem anderen Ausgangspunkt her führt die vorliegende Untersuchung
über sie hinaus zu einer Einordnung sämtlicher Datierungen in eine
seleukidisch (ab Herbst 312 v. Chr) und eine jüdisch (ab Frühjahr
312 v.Chr.) zählende Ära.

Auf dieser Grundlage aufbauend, hat das 3. Kap. die eigentliche
Quellenanalyse des 1. Mkk zum Inhalt. Nach Herausnahme der in den
Text eingeflochtenen Urkunden, die durchweg aus einem Jerusalemcr
Tempel- und Staatsarchiv verständlich sind, wird, von den seleukidi-
schen Datierungen ausgehend, zunächst eine syrische Königschronik
ausgeschieden. Charakteristisch für diese ist, daß ihre sämtlichen Notizen
mit einem syrischen König oder Thronprätendenten in Verbindung
stehen, wobei sie es, nicht allzu breit erzählend, besonders schätzt,
chronologische Fixierungen, besonders der Antrittsjahre der Könige,
zu geben.

Verteilen sich demgegenüber die jüdisch datierten Ereignisse auf
mehrere Quellenschriften, so dürfte in Sonderheit für die Zeit des Judas
unter Heranziehung von 9, 22 eine gesonderte Quelle in Anspruch
zu nehmen sein. Sie ist am besten als Judas-Vita näher zu umschreiben;
ihr Autor zitiert gern aus den älteren Schriften des AT, ihre Tendenz
ist deutlich antisyrisch, als Verfasser könnte man vielleicht den jüdischen
Historiker Eupolemos annehmen. Für die folgenden, wesentlich
kürzeren Berichte von Jonathan und Simon, die beide zugleich Hohepriester
waren, scheinen dem Autor des I. Mkk hingegen hohepriesterliche
Jahrbücher (vgl. 16.24) als Vorlage gedient zu haben; neben
ihnen wie der Judas-Vita verarbeitete er auch noch geringe mündliche
Überlieferung. Auf einer besonderen Tradition dürfte schließlich die
Erwähnung des Mattathias und seiner Wirksamkeit in I. Mkk 2 beruhen
, wobei freilich erst der Verfasser I. Mkk einige dieser Abschnitte
von Judas, d.h. aus der Vita, auf Mattathias übertrug.