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Ausgabe:

1954 Nr. 3

Spalte:

160-161

Kategorie:

Kirchengeschichte: Mittelalter

Titel/Untertitel:

Nürnberger Urkundenbuch; Lfg. 1-3 1954

Rezensent:

Simon, Matthias

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Theologische Literaturzeitung 1954 Nr. 3

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Gelehrte beider Konfessionen (z. B. G. Schnürer und H. v. Schubert
) mit seinen Ergebnissen übereinstimmen und die Hauptlinien
im Charakterbild St. Benedikts als richtig gezeichnet ansehen.

Wenn wir andeuteten, daß das Werk Abt Herwegens seit
25 Jahren immer wieder erschienen sei, so wissen wir doch, daß
die politische Lage seit längerem einem geistigen Milieu in Wirklichkeit
nicht mehr geneigt war. Eine andere stattliche Veröffentlichung
beschäftigte nämlich den gelehrten Ordensmann, mit welcher
er zuerst benediktinischen Nachwuchs in seiner Abtei und
darauf einen angesehenen Schweizer Verlag, der ohnehin seit
gewisser Zeitspanne eine stattliche Publikation aus der Feder des
Laacher Abtes vorbereitete: Sinn und Geist der Benediktinerregel
, Benziger Co, Einsiedeln u. Köln, 1944. — Das hochbedeutsame
Buch, das als Festschrift zum 50jährigen Bestehen der Laacher
Abtei gedacht ist, will „dem Gestalter und Gesetzgeber des
abendländischen Mönchtums" eine entsprechende Huldigung darbieten
, aber auch den umfangreichen Gehalt den Mönchen zu
dauernder Betrachtung unterbreiten.

Abt Ildefons Herwegen von Maria Laach starb am
2. September, nur wenige Tage vor seinem Goldenen Profeßju-
biläum, das am 8. Sept. 1946 fällig gewesen wäre. Es war zu erwarten
, daß man sich nun um die notwendige 4. Auflage seines
Werkes bemühen würde. In der Tat hat ein Laacher Mönch, der
derzeitige Prior P. Emmanuel von Severus, die pietätvolle
Aufgabe auf sich genommen, das Werk seines unvergeßlichen
Abtes neubearbeitet herauszugeben, auch im Interesse aller, die
dem Patriarchen des Mönchtums in Liebe und Verehrung anhängen
. Wenn die Tragik vom Frühjahr 1944 wiederum Monte
Cassino betroffen hat, so sollte neuere Forschung zur Glaubwürdigkeit
der Regula auch ein wachsendes Interesse am Quellenwert
des anderen benediktinischen Dokumentes, den Dialogen Papst
Gregors d. Gr. hinzufügen. Im übrigen beabsichtigt diese Ausgabe
nicht, besondere Änderungen am Text oder der Gestaltung
dieses Buches vorzunehmen, schon aus Dankespflicht und Verehrung
gegen den verewigten Vater und Abt. Allenfalls werden
neue Ergebnisse wissenschaftlicher Untersuchungen es ratsam erscheinen
lassen, in Darstellung und Anmerkungen davon Kenntnis
zu nehmen.

Was die Gestaltung dieser Neuauflage betrifft, so sei zuerst
ihr Inhalt vorgeführt. Das „Vorwort" des Herausgebers (S. 7—9)
P. Em. v. Severus gibt über die Fortschritte der Neuauflage erwünschten
Aufschluß, während die in Monte Cassino unter dem
12. Oktober 1925 gezeichnete Einführung (S. 11—14) die erwähnte
Kritik von Prof. H. Schrörs und die Verteidigung des
verehrten Verfassers samt seinem Mitarbeiter, St. Hilpisch, gebührend
hervorhob. — Im Text selber (S. 15—176) sind dann die
dankenswerten Überschriften kurz, aber sprechend aufgeführt:
1) Der Einsiedler, 2) Der Lehrmeister, 3) Der Abt, 4) Der Vater
, 5) Der Gesetzgeber, 6) statt ursprünglicher Fassung (Allen
Alles) der jetzige Titel: Der Apostel, 7) Der Heilige. Wichtige
textliche Änderungen, etwa im 6. Abschnitt, sind unterblieben.
Dagegen sind die von S. 177 bis 203 laufenden Notizen, besonders
in der 3. und 4. Ausgabe, wissenschaftlich von nicht geringer
Bedeutung, sowohl in historisch-antiker als christlicher und bene-
diktinischer Hinsicht.

Zur Einführung seiner 1.—3. Auflage hatte Abt Herwegen
reichlich Buchschmuck künstlerischer Art beigegeben, den die
Leser einem Mitglied der Laacher Klosterfamilie zu verdanken
haben. Die Illustrierung der 4. Ausgabe hat ganz anderen Charakter
; sie zeigt das benediktinische Leben bildhaft gleichsam im
8.—13. Jahrhundert. Wenn P. v. Severus eingangs von der Typik
der christlichen Heiligenlegende (S. 8) gesprochen hat, so sind
darunter vor allem die frühmittelalterlichen Darstellungen gemeint
, lauter Benediktusbilder vom 8. Jhdt. an. Ins 20. Jahrhundert
hinein gehört die Laacher Darstellung: Der Gesetzgeber.

Im übrigen muß betont werden, daß der Patriarch von Monte
Cassino nicht gleichzeitig Charakter- und Lebensbild hinterlassen
hat, sondern eine Charakterisierung des einzigartigen Vaters der
abendländischen Mönche, dazu aber auch ein bewegtes Leben auf
Grund der ziemlich umstrittenen Dialoge Gregors d. Gr. Die beiden
ungleichartigen Quellen tragen je in ihrer Art bei zum Bilde
des heiligen Ordensvaters. Fast möchte man annehmen, daß auch

der große Papst nicht geringe Beiträge zum Persönlichkeitsbild
St. Benedikts geleistet hat. So danken wir, wie vorher dem Laacher
Historiker für die Mitarbeit am Lebenswerk seines Abtes,
so neuerdings dem Prior von Maria Laach, daß er das kostbare
Buch seines unvergessenen Vaters in dankenswerter Neubearbeitung
zugänglich gemacht hat. Möchte einem weiten Publikum
dankbar bewußt werden, was das köstliche literarische Produkt
seines großen Abtes bedeutet!

Iieuron J. Uttenweiler

Nürnberger Urkundenbuch. Hrsg. v. Stadtrat zu Nürnberg. Bearb. vom
Stadtarchiv Nürnberg. Lfg. 1—3. Nürnberg: Im Selbstverlag des Stadtrates
1951/53. 480 S. gr. 8°.

Seit über einem halben Jahrhundert vorbereitet und sehnlich
erwartet erscheint nun endlich das „Nürnberger Urkundenbuch
". Sein Erscheinen fällt in eine Zeit, in der die Herausgabe
von Urkundenbüchern ernsthaft umstritten wird. Auf dem Deutschen
Archivtag 1952 wurde mit sehr beachtlichen Gründen darauf
hingewiesen, daß auch in solchen Quelleneditionen ähnlich
wie im Archivwesen überhaupt vom Betreffsystem abgegangen
und wie dort zum Erwadhsungs- so hier zum Verwahrungsgrundsatz
übergangen werden sollte. Wenn die einzelnen Archive ihre
Urkunden ganz oder in Regesten veröffentlichen würden, käme
die Wissenschaft sehr erheblich schneller zu einem ausreichenden
Quellenmaterial, als wenn für jede einzelne Stadt in sämtlichen
Archiven Europas die sie betreffenden Urkunden herausgesucht
werden müßten. Bei Veröffentlichungen, die erst neu in Angriff
genommen werden, empfiehlt es sich zweifellos, so zu verfahren.
Für Nürnberg aber waren die Unterlagen durch die jahrzehntelange
Sammeltätigkeit bedeutender Forscher bereits in solchem
Ausmaße vorhanden, daß es nicht zu verantworten gewesen
wäre, nun nicht doch ein Urkundenbuch wenigstens bis zu dem
Zeitraum, in dem das Quellenmaterial nicht allzu mächtig anschwellen
würde — bis zum Jahr 1300 — zu veröffentlichen.

Daß diese Arbeit jetzt zustande kam, ist dem glücklichen
Zusammentreffen einiger günstiger Umstände zu verdanken. Das
Jahr 1950 brachte die Neunhundertjahrfeier der Stadt Nürnberg.
Der Stadtrat zeigte gleichzeitig neben seiner energischen Berücksichtigung
der sozialen Bedürfnisse auch volle Aufgeschlossenheit
für kulturelle Aufgaben. Vor allen Dingen aber hat das Archiv
gegenwärtig in Dr. Gerhard Pfeiffer, dem Vorstand seines Stadtarchives
, einen Mann, der durch seine wissenschaftliche Befähigung
, seine Arbeitskraft und seinen Schaffensdrang der rechte
Mann für eine solche Arbeit ist. Wenn das Buch auch unter dem
Titel einer Gemeinschaftsarbeit erscheint, so ist es doch kein
Geheimnis, daß das entscheidende Verdienst an ihm dem gegenwärtigen
Stadtarchivdirektor zukommt.

Seine Arbeit beschränkte sich nicht einfach darauf, das in einheitliche
Form zu bringen, was seine Vorgänger — vor allem Mummenhoff
und Schaffer — vorbereitet haben. Er verglich jede Urkunde — gleichgültig
, ob es sich um eine vollständige Wiedergabe oder um ein Regest
handelte — so weit als irgend möglich noch einmal persönlich — zumeist
nicht nur fürs Manuskript, sondern sogar noch einmal am Korrekturbogen
mit dem Original — wenigstens in der Mikrokopie am Lesegerät —
und ergänzte darüber hinaus nicht nur den wissenschaftlichen Apparat
bis zur Gegenwart, sondern führte ihn auch weithin neu fort. Urkunden
, die ihrem Inhalt nach für Nürnberg in Betracht kommen, werden
im Wortlaut wiedergegeben. Ausnahmen werden nur dann gemacht —
und da mit vollem Recht —, wenn es sidi etwa bei Ablaßprivilegien um
Neuausstellungen handelt, die inhaltlich nichts Neues bringen. Dem Urkundenabdruck
wird eine kurze Inhaltsübersicht vorangestellt und der
Überlieferungsstand vorausgeschickt. Bei diesem wird genau untcrsdiic-
den nach Original, beglaubigter Abschrift, Abschrift, Druck und Regest.
Das Original wird in ausreichender Weise beschrieben, überall wird der
archivalische Standort oder das Buch zuverlässig angegeben. Lesartverschiedenheiten
oder Verbesserungsvorschläge und in beschränktem
Maße inhaltliche Ergänzungen folgen am Schluß. Bei Regesten fehlt —
wie üblich — die Inhaltsangabe. Der Überlieferungsstand kommt infolgedessen
erst nach dem Regest. In ausführlicher Weise wird bei den Regesten
der Urkundenwortlaut selbst gebracht. Dadurch macht sich das
Fehlen einer Inhaltsübersicht manchmal unliebsam bemerkbar. Regesten
werden gebracht, wo Nürnberg lediglich als Ausstellungsort oder als
Sitz oder Heimat eines Zeugen in der Urkunde vorkommt. Daß dabei
nicht alle Urkunden, in denen solche Zeugen genannt werden, als volle
Regesten aufgenommen wurden, ist natürlich. Diese Urkunden werden