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Ausgabe:

1954 Nr. 3

Spalte:

157-158

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

Autor/Hrsg.:

Ludwig, Joseph

Titel/Untertitel:

Die Primatworte Mt 16,18.19 in der altkirchlichen Exegese 1954

Rezensent:

Vielhauer, Philipp

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157

Theologische Literaturzeitung 1954 Nr. 3

158

Druckfehler: Sp. 98 Z. 3 v. u.: Hier. vir. ill. 24, nicht 4; Sp. 387
Z. 5 v. u. ist wohl „u. Tacitus (Agricola)" o. ä. zu lesen; Sp. 419 Z. 34:
Gregor d. Wundertäter, nicht: v. Nyssa. Sp. 579 Z. 12 v. u.: Themison,
nicht Themiston; Sp. 582 Z. 7 v. u.: Nebridius, nicht Nebredius;
Sp. 638 Z. 31: ovo/iaCö/irvoi:; Sp. 640 Z. 17 ist „jetzt" zu streichen.

Mit etwas ungläubigem Lächeln vernimmt man die mit jeder
Lieferung wiederholte Botschaft, daß das Werk im ganzen 6 Bände
umfassen solle: Wir stehen jetzt mit dem Buchstaben B bereits
in der Hälfte des zweiten Bandes! Der Appetit wächst beim
Essen — aber er wächst hier auch beim Lesen, und der Hrsg.
wird sich hoffentlich nicht scheuen, in dieser Weise nur immer
mehr zu bieten. Höchstens bei kleinen Wiederholungen, die mitunter
innerhalb ein und desselben Artikels begegnen, möchte
man ihn bitten, von den Rechten, die ihm zustehen, energisch
Gebrauch zu machen. Gelegentlich wären vermehrte Verweisungen
(ohne Kürzungen!) von einem Artikel auf den andern
willkommen. Vielleicht läßt es sich auch erwägen, ob man nicht
wenigstens ein vorläufiges Mitarbeiterverzeichnis schon jetzt
herausgeben sollte, statt damit bis zu dem doch noch recht fern
liegenden Abschluß zu warten.

Zuletzt noch ein Wort zum künftigen Sigel bei Bezugnahme
auf unser Werk! Schneemelcher hat in seiner
erwähnten Rezension „RACh" in Vorschlag gebracht, da die
Abkürzung RAC schon für die „Rivista di archeologia cristiana"
in Gebrauch sei. Allein, wie selten stößt man auf dieses Zeichen!
Und da die Möglichkeit zu Verwechslungen auch dann meist gering
sein wird, kann ich die Gefahr einer solchen Kollision nicht
tragisch nehmen. Die Herausgeber selbst haben „RAC" in Vorschlag
gebracht, und so weit ich sehe, ist man ihnen darin vielfach
bereits gefolgt — es wird also wohl dabei bleiben können.

Heidelberir H. v. Campenhausen

Ludwig, Joseph: Die Primatworte Mt. 16, 18. 19 in der altkirchlidien
Exegese. Münster/W.: Aschendorff 1952. VIII, 112 S. er. 8° = Neu -
tcstamentliche Abhandlungen. Hrsg. v. M. Meinertz, XIX. Bd., 4. H.
kart. DM 7.50.

Diese Monographie des 1949 verstorbenen Verf. lag 1946
der kath.-theologischen Fakultät Würzburg als Doktor-Dissertation
vor und ist von B. Altaner herausgegeben worden. Der
Herauseeber bezeichnet sie präzis als „theologie- und dogmengeschichtlich
interessante Übersicht über die Entwicklung eines
Teilproblems aus dem großen Fragenkomplex, der zur Geschichte
des Primats gehört" (S. VII f.). Diese Untersuchung ist nicht an
der Auslegungsgeschichte von Mt. 16, 18 f. als solcher oder an
der patristischen Hermeneutik, sondern am Verhältnis der Exegese
dieser berühmten Worte zum Primatsanspruch und zur Prima-
tialdoktrin der römischen Päpste orientiert. Ludwig behandelt in
einem I.Abschnitt (S. 1-6) „Wortlaut und Ursprung" von
Mt. 16, 18 f. unter Voraussetzung der Echtheit knapp, klar und
zurückhaltend; das Fehlen dieser Worte bei Mk. erklärt er psychologisch
, bei Lk. aus dem „Takt" des Reisebegleiters des Paulus
im Hinblick auf den Streit des Apostels mit Petrus in Antiochien
. Dann stellt der Verf. die altkirchliche Exegese von
Mt. 16. 18 f. in vier Abschnitten dar: II (S. 7-36) das Abendland
bis zum Tode Cyprians. III (S. 37-57) das Morgenland bis
zum Tode des Johannes Chrysostomus, IV (S. 58-94) das Abendland
von Papst Stephan I. bis Papst Leo I.; ein „Epiloe" (V.) skizziert
die Entwicklung der orientalischen Exegese bis Johannes
Damascenus (S. 97-104) und der abendländischen bis zu Papst
Gregor I. (S. 104-112).

Die Arbeit ist streng historisch. Der Verf. exegesiert die
Väterexegese sorgfältig aus ihrem literarischen Kontext und geschichtlichem
Zusammenhang. Die Stärke seiner Arbeit liegt in
der Einzelinterpretation. Größere Zusammenfassungen fehlen
fast ganz; doch kann die „Vorbemerkung" zum Epilog (S. 95 f.)
als solche genommen werden. Aber z. T. ist dies Fehlen darin
begründet, daß feste Linien exegetischer Traditionen fehlen.

Denn dies geht aus der vorliegenden Untersuchung mit
Deutlichkeit hervor, daß Ursprung und Ausbildung der römischen
Primatialidce nicht von Mt. 16, 18 f. herkommen, sondern daß
diese Stelle sekundär und relativ spät als Schriftbeweis zur Stützung
des längst bestehenden Primatsanspruchs des römischen

Bischofs herangezogen wird. Die bis zum 5. Jhdt. sehr vielschichtige
Exegese der griechischen und syrischen Väter trägt nichts für
den römischen Primat bei; es läßt sich sogar gelegentlich eine
Polemik gegen ihn nicht verkennen, etwa bei Theodoret von
Kyros (S. 101 f.). Im Abendland gibt es nach Ludwig zwei örtlich
und sachlich verschiedene Interpretationen der Mt.-Stelle, die
sich schließlich bei dem Klassiker der Primatialdoktrin und
-praxis, LeoL, zu einer eindrucksvollen Synthese vereinigen;
in der nordafrikanischen Kirche wird Mt. 16, 18 f. auf die Vergebungsgewalt
, die Petrus für die ganze Kirche erhalten hat, bezogen
, in Rom auf den Primat des römischen Bischofs als des
Nachfolgers Petri, zunächst in Sachen des Glaubens, dann auch
der Jurisdiktion. Ludwigs versuchter Nachweis, daß der erste
Zeuge der nordafrikanischen Theorie, Tertullian, auf einer katechetischen
Gemeindetration fußt, scheint mir geglückt; nicht geglückt
dagegen die Argumentation für die Verwendung von
Mt. 16, 18 f. zur Stützung der Primatialdoktrin schon z. Zt.
Kallists — Ludwig schließt daraus, daß Kallist sich im Unterschied
zu Agrippinus für seine Bußpraxis nicht auf Mt. 16, 18 f. gestützt
hat, daß „die Stelle damals schon in Rom ausschließlich
mit der Primatialdoktrin in Verbindung gebracht wurde und deshalb
für sonstige theologische Begründungen nicht mehr in Betracht
kam" (S. 17); ein solches argumentum e silentio ist wenig
überzeugend. Mit Sicherheit läßt sich die Verwendung der Mt.-
Stelle für den Primatsanspruch von der Mitte des 4. Jhdts. ab
nachweisen (vor allem bei Optatus von Mileve, Hieronymus
und Leo). Doch die Exegese dieser Stelle bei Cyprian, Ambrosius
und Augustin — um nur die größten Namen zu nennen —
sieht anders aus, und die „römische" Exegese hat sich sogar im
Abendland des 6. und 7. Jhdts. nicht restlos durchgesetzt.

Der Wert der Arbeit liegt in dem Reichtum und der besonnenen
Interpretation des Materials. Er wird auch dadurch
nicht geschmälert, daß der Verf. die Väterexegese nach ihrem
Verhältnis zur römischen Primatialdoktrin wertet und Zensuren
wie „die tragische Schuld Cyprians" (S. 35) oder die „opportunistische
Exegese" des Ambrosius (S. 68) und dgl. austeilt, da
ja die Zuverlässigkeit der Darstellung dadurch nicht beeinträchtigt
wird.

Es sei noch auf ein Versehen hingewiesen: S. 64 Anm. 8 und 9,
S. 66 Anm. 21 und S. 68 Anm. 3 8 finden sich Hinweise auf „H. v. Cam-
penhausen a. a. O. . . .", ohne daß vorher oder nachher der Titel genannt
wird; der Kundige weiß freilich, daß „Ambrosius von Mailand
als Kirdienpolitiker" (1929) gemeint ist.

Bonn Philipp Vielhuuer

KIRCHENGESCHICHTE: MITTELALTER

Herwegen, Ildefons: Der heilige Benedikt. Ein Charakterbild.
4. Aufl. (Neubearb. u. hrsg. v. P.Emmanuel (v. Severus). Düsseldorf:
Patmos-Verlag [1951]. 204 S., 4 Taf. 8°. Lw. DM 9.60.

Vor bald 25 Jahren ist das klassische Werk des f Abtes von
Maria Laach, dem benediktinische Ordensgeschichte längst vor
seiner Erhebung zur äbtlichen Würde (1913) am Herzen gelegen
war, erstmals im Druck erschienen. Zwar glaubte nachher der
namhafte Bonner Kirchenhistoriker Dr. Heinrich Schrörs allzu
kritisch die Glaubwürdigkeit der auf bald zwanzigjährigem Studium
beruhenden Arbeit anzweifeln zu können (Zeitschrift für
kath. Theol. 45, 1921, Innsbruck, S. 169-207). Außer anderen
Autoren deutscher und ausländischer Zunge hat Abt Herwegen
mit einem seiner getreuen Schüler in mehrjähriger Forschungsarbeit
das Hauptproblem: „Die Quellen zum Charakterbild des
hl. Benedikt" von P. Stephan Hilpisch (in Zeitschrift für kath.
Theol. 49, 1925, S. 358-386) sorgfältig untersucht. Zwei folgende
Auflagen (1922 und 1926) sind es gewesen, die prüfend
einerseits auf Prof. Schrörs und andererseits auf die Studien der
Laacher Mönche eingegangen sind: je mit ganz verschiedenem Ergebnis
! Man mußte sich wundern, daß der Bonner Gelehrte die
Eigenart des Heiligen von Monte Cassino ohne Bedenken in
Zweifel ziehen konnte, während die Mehrzahl benediktinischer
Gelehrten für das „Charakterbild von St. Benedikt", wie es der
verehrte Laacher Abt seit 20—30 pietätvoll gezeichnet, Verständnis
gezeigt hat. Der Verf. schätzte sich glücklich, daß namhafte